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SUMMER BREEZE 2023: Der Festivalbericht

Mit 45.000 Besucher:innen und über 120 Bands auf vier Bühnen ist das SUMMER BREEZE für viele Fans seit Jahren ein absoluter Pflichttermin im Festival-Sommer. Warum das auch 2023 der Fall ist, zeigt das vielfältige Line-up genauso wie das offene Ohr der Veranstalter:innen, welche sich das Feedback aus dem letzten Jahr ganz offensichtlich zu Herzen genommen haben.

Summer Breeze 2023 – Navigation

Dienstag, 15. August 2023

Despise | Thormesis | Skeleton Pit | Revel in Flesh | Final Breath

Mittwoch, 16. August 2023

Blasmusik Illenschwang | Corvus Corax: Era Metallum | Gatecreeper | Kataklysm | Epica | Bleed From Within | Ad Infinitum | Megadeth | Soilwork | Vorga | In Extremo | Nanowar of Steel

Donnerstag, 17. August 2023

Chaosbay | Be’Lakor | Setyøursails | Archspire | Storm Seeker | Of Virtue | End of Green | Stick To Your Guns | Wolfheart | Beartooth | Obituary | Trivium | Amenra | Ahab | Sleep Token

Freitag, 18. August 2023

Bloodred Hourglass | Imminence | Orbit Culture | Fit For An Autopsy | Legion of the Damned | While She Sleeps | Soen | Fuming Mouth | Dying Fetus | Powerwolf | Eluveitie | Long Distance Calling | Shadow of Intent

Samstag, 19. August 2023

Twilight Force | Valkeat | Implore | Brand of Sacrifice | Dragonforce |
Rage | Hatebreed | Killswitch Engage | Iotunn | In Flames | Hammerfall |
Zeal & Ardor | Perturbator

Fazit | Impressionen

Dienstag, 15. August 2023

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Noch nie haben wir im Vorfeld so minutiös die Wettervorhersage der kommenden Tage studiert; dabei jede noch so kleine Änderung derart akribisch beäugt. Tatsächlich ist ausgerechnet die meteorologische Lage das Gesprächsthema, das in diesem verregneten August in aller Munde ist. Spätestens seit dem Schlamm-Fiasko in WACKEN, das die Veranstalter offiziell zu einem Anreise- und später Einlassstopp veranlasste, sowie der Hochwasserkatastrophe im slowenischen Velenje, dem auch der letzte Festivaltag der METAL DAYS zum Opfer fiel, klebt ein Auge stets auf dem lokalen Regenradar.

Als wir uns am Dienstagmorgen also endlich auf den Weg gen Dinkelsbühl machen, atmen wir erstmal auf: Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, würde das SUMMER BREEZE OPEN AIR 2023 doch noch ins Wasser fallen. Die Chance auf Gewitter sei zwar gegeben und ganz ohne Regentropfen werde man wohl nicht durch die vier bis fünf Tage kommen, insgesamt aber blicken wir einer vorwiegend sonnigen Woche entgegen.

Dabei hat das Festival direkt am Anfang mit einer ganz anderen Herausforderung zu kämpfen. Nicht eben mit dem leichten Regen, der mittags um Sinbronn bei Dinkelsbühl herunterfällt, sondern mit der Blechlawine, die sämtliche Zufahrtswege blockiert. Auf ein größeres Verkehrsaufkommen habe man sich vorab bereits eingestellt, dass letztendlich aber rund zwei Drittel der knapp 45.000 Besucher:innen schon den Frühanreisetag für sich nutzen wollten, trifft selbst die Organisatoren überraschend. Insofern können wir uns fast noch glücklich schätzen, als wir den Anfahrtsstau nach rund viereinhalb Stunden bewältigt wissen – einige wenige Pechvögel harren letztendlich fast doppelt so lange aus, bis sie endlich den Campingplatz beziehen dürfen.

Wer den Anreisestau bewältigt hat, darf die ersten Stunden des SUMMER BREEZE mit einem Konzertabend genießen

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Die Folge der Anreisestrapazen: Auch wir müssen etwas auf die Tube drücken, damit das eigene Zelt rechtzeitig steht, um es noch pünktlich bis zur Party Stage zu schaffen. Dort gibt es wie in den Jahren zuvor nämlich auf dem Campground ein kleines Abendprogramm mit insgesamt fünf Acts. Von Rock’n’Roll bis Death und Thrash Metal ist also schon vor der offiziellen Eröffnung des SUMMER BREEZE am Mittwoch eine kleine, aber feine Auswahl an Musik geboten, die wir trotz der mittlerweile schweißtreibenden Temperaturen nur ungern verpassen möchten.

Ein Vorhaben im Übrigen, mit dem wir nicht alleine sind. Denn obgleich sich in der geballten Hitze vor dem offiziellen Merchandise-Zelt eine gewaltige Schlange bildet, warten auf dem Party-Areal, wo selbstverständlich auch eine Reihe hochpreisiger Verpflegungsoptionen zur Auswahl stehen, bereits einige Fans auf den Beginn der ersten Show. Dass die Bühnenaufbaut den vorderen Reihen gar etwas Schatten spendet, ist natürlich ein willkommener Bonus.


DESPISE

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Zugegeben, so richtig gut gefüllt ist das Areal um Punkt fünf noch nicht, doch aus der Fassung bringen lassen sich die Aalener DESPISE dadurch nicht. Schließlich sammelte mit Klaus Wieland und Martin Beuther die Gitarrenfraktion der Band bereits SUMMER BREEZE-Erfahrung, als man mit VOODOO KISS die letztjährige Ausgabe des Festivals an eben jener Stelle eröffnen durfte.

Mit schmissigem und unverkrampftem Rock’n’Roll, der hier und da auch mal in härtere Gefilde abdriftet, findet das Quartett jedenfalls schnell Zugang zum fröhlichen Publikum, das Songs wie „Medicine“ oder „Rock’n’Roll Player“ zunächst aufmerksam verfolgt und sich in der zweiten Hälfte des Gigs schließlich doch aus der Reserve locken lässt: Der kleine Moshpit während „Fight Them Down“ ist der beste Beleg dafür, wie ansteckend die Kompositionen DESPISEs im Live-Kontext wirken können. Eigentlich sollte es also nicht verwundern, dass sich in „I Wanna Be Your Man“ sogar die hiesige Fauna ein Bild vom Auftritt des Vierers machen will: Über den Köpfen der Zuschauer bahnt sich tatsächlich ein ausgestopfter Dachs den Weg nach vorne in die erste Reihe. Vielleicht nicht das Groupie, das man sich als Rockmusiker in dieser Situation wünscht, aber ein Symbol der ausgelassenen Stimmung, die schon am späten Nachmittag auf dem Party-Square herrscht.

Fotogalerie: DESPISE


THORMESIS

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Rein auf dem Papier sollten THORMESIS daher eigentlich die Gemütslage drücken: Durchzogen von einem tragenden Hang zur Melancholie ist der atmosphärische Post Black Metal der Rothenburger eigentlich Musik für die späten Abendstunden. Ihre volle Wirkung können die teils ausladenden Kompositionen wie „Sterbend Herz“ somit bei strahlendem Sonnenschein kaum entfalten und doch finden sowohl wir als auch die versammelten Fans genügend Anknüpfungspunkte, um selbst in diesem Szenario in den Stücken des Quartetts zu versinken.

Während begleitende Piano-Tracks hier und da die Schwermut nach außen kehren, schließen wir auch mal für ein paar Momente die Augen, um den klagenden Unterton von „You Are The Parting“ mit seinen dosierten Clean-Vocals bewusst aufzunehmen. Während wir neben altem auch das neue Material („Elusive“) vorwiegend im Stillen genießen, beweist der Party-Square analog, dass die Musik THORMESIS‘ im Zweifelsfall auch tagsüber anstachelnd wirken kann. Wir sind schließlich gerade einmal bei der zweiten Band des Festivals angelangt, als der erste Crowdsurfer samt Rollstuhl nach vorne gehievt wird – das sieht man auf einer Black-Metal-Show tatsächlich nicht alle Tage.

THORMESIS Setlist – ca. 45 Min.

1. Sonnen
2. Nosce Te Ipsum
3. Sterbend Herz
4. Still The Claim
5. Falling Depth
6. Elusive
7. You Are The Parting

Fotogalerie: THORMESIS


SKELETON PIT

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Dass mit SKELETON PIT anschließend eine waschechte Thrash-Kapelle in den Startlöchern steht, ist daher als regelrechter Glücksfall zu werten. Denn wo könnte sich die aufgestaute Energie der Menge besser entladen, als im „ersten amtlichen Moshpit des Festivals“, wie das Trio vor „Hit In The Pit“ lautstark einfordert. Dem Titel wird man in Dinkelsbühl dann auch gerecht, wobei sich der Oldschool-Anstrich der schmissigen Songs nicht nur in den Uptempo-Tracks à la „Spreading The Virus“ bemerkbar macht.

Mit einer ordentlichen Ladung Groove lädt „Violent Raid“ zum Nacken-Workout ein, während die Fans in „Iron Fist Punch Attack“ kurzzeitig gar die harten Bandagen abstreifen, um im Takt zu klatschen. In dieser Manier geht es eine Dreiviertelstunde lang Schlag auf Schlag, bis sich die hoch engagierten und auf der Bühne offenbar unermüdlichen SKELETON PIT mit dem treibenden „Tits To Die For“ von der Party Stage verabschieden.

SKELETON PIT Setlist – ca. 45 Min.

1. Skull Splitting Attack
2. Spreading The Virus
3. Like Vultures
4. Hit In The Pit
5. Iron Fist Punch Attack
6. Awaken The Claw
7. Phantom Fire
8. Violent Raid
9. Nuclear Thrash Mutants
10. Tits To Die For

Fotogalerie: SKELETON PIT


REVEL IN FLESH

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Die Abendsonne verschwindet langsam hinter dem Horizont, als REVEL IN FLESH als vorletzter Act des Tages ein wenig an der Härteschraube drehen. Auf den rohen Death Metal der Formation haben die versammelten Anhänger:innen der Band offenbar schon einige Zeit gewartet, so schnell wie bereits zu Beginn der Show die Fäuste nach oben schießen.

Mit getragenem Material wie „Fortress Of Gloom“ und Uptempo-Moshern à la „Deathkult Legions“ oder „Shadowbreeder“ demonstriert das Quintett die gesamte Macht der alten Schule, ohne dabei ein gewisses Gespür für Melodie außer Acht zu lassen. Auf diese Weise finden die Baden-Württemberger ein nahezu ideales Gleichgewicht für das in Teilen durchaus feucht-fröhliche Publikum, welches Frontmann Ralf Hauber durch markige Growls und ausdrucksstarke Gestik zu jedem Zeitpunkt in Schach zu halten weiß.

Fotogalerie: REVEL IN FLESH


FINAL BREATH

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Ein wenig Geduld müssen wir für den Dienstagsheadliner mitbringen: Zu den ohnehin schon arg großzügig angesetzten Umbauzeiten kommen letzten Endes weitere 15 Minuten Verspätung hinzu, so dass erst eine geschlagene Stunde später das Intro der Death-Thrash-Formation vom bevorstehenden Auftritt kündet. Die Bühne ist zwischenzeitlich in dichten Nebel gehüllt, aus welchem sich die Silhouetten zweier Mönchsroben schälen – keine angeheurten Statisten im Übrigen, wie die Totenschädel offenbaren, welche gelegentlich unter den Kapuzen auszumachen sind.

Die bedrohliche Atmosphäre lässt jedenfalls den bevorstehenden Sturm erahnen, den FINAL BREATH nur wenige Momente später höchstpersönlich losbrechen lassen. Mit ihren Death-Thrash-Keulen hat der Fünfer aber auch das ideale Werkzeug im Gepäck, um die Kraftreserven des langsam ungeduldig gewordenen Publikums in die richtigen Bahnen zu lenken. Während uns die sympathische Band ihren unnachgiebigen Genre-Mix auf entschlossene Weise um die Ohren knallt, herrscht vor der Bühne schon bald munteres Treiben. Tracks vom Schlage eines „Yearning For Next Murder“ oder „Eyes of Horror” ohne Moshpit wäre ja auch so etwas wie ein Frevel.

FINAL BREATH knallen dem SUMMER BREEZE die komplette Breitseite um die Ohren

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Mit regelrechter Spielfreude im Gesicht und gut abgemischtem Sound im Rücken, der lediglich zu Showbeginn das Mikro Patrick Gajdas etwas vernachlässigt, bekommt das SUMMER BREEZE am Vorabend des offiziellen Festivalbeginns noch einmal die komplette Breitseite um die Ohren. Ein kurzweiliger wie runder Abschluss, bei dem das nun ordentlich gefüllte Party-Areal trotz des langen Anreisetages ein letztes Mal erstaunliche Ausdauer beweist.

Fotogalerie: FINAL BREATH


Mittwoch, 16. August 2023

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Nach der etwas gehetzten Ankunft am Vortag nutzen wir den heutigen freien Vormittag auch dazu, das eigene Camp ein wenig einzurichten. Dass uns dabei schon die Morgensonne erste Schweißperlen auf die Stirn zaubert, verheißt für den späteren Tag nicht unbedingt Gutes. Immerhin steht eine ganze Menge Programm auf unserem Notizzettel: Ab 15 Uhr eröffnet traditionell die örtliche Kapelle den ersten offiziellen Festivaltag, woraufhin wir die Qual der Wahl haben. Auf vier Bühnen erwarten uns heute namhafte Acts wie SOILWORK, KATAKLYSM, IN EXTREMO, EPICA und natürlich der Headliner MEGADETH genauso wie aufstrebende Künstler:innen à la AD INFINITUM oder VORGA.

Alles werden wir nicht mitnehmen können, aber einen bunten Querschnitt wollen wir bei insgesamt mehr als 120 Bands doch abdecken. Dabei kommt uns das gewohnt großzügig abgesteckte Infield entgegen: Obwohl das am Hang liegende Areal mehr als genug Platz für die rund 45.000 Besucher:innen bietet, bleiben die Laufwege zwischen den drei Bühnen und entlang verschiedener Einkaufsmeilen verhältnismäßig kurz. Einzig die Party Stage auf dem Campingplatz liegt etwas arg abseits vom Schuss – gepaart mit den dort teils knapp bemessenen Spielzeiten nicht immer das attraktivste Ziel, um sich spontan einen Eindruck der dort spielenden Formationen zu machen.


BLASMUSIK ILLENSCHWANG

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Für SUMMER BREEZE-Veteranen keine Überraschung mehr, aber doch immer wieder ein Erlebnis: Die offizielle Eröffnung durch die örtliche BLASMUSIK ILLENSCHWANG zieht am Nachmittag ein gewaltiges Publikum vor die T-Stage. Das ausgelassene Feiern zu traditionellem Liedgut gehört eben für nicht Wenige zu den alljährlichen Ritualen des Open Airs. Dass es bei der Kapelle im Laufe des Jahres zu einem Wechsel am Dirigentenposten gekommen ist, soll sich dabei nicht negativ bemerkbar machen.

Das einstudierte Material von der Begrüßungshymne „Grüß Gott, ihr Leute“ bis zum lautstark mitgesungenen „Auf der Vogelwiese“ sitzt selbstverständlich felsenfest und sorgt vor der Bühne für einige kuriose wie herzliche Bilder. Mal wird geschunkelt, mal dreht sich der Circle Pit in gar gemütlichem Tempo, dann wiederum sitzt das Zentrum plötzlich auf dem Allerwertesten und rudert unter der sengenden Sonne um die Wette. An Einsatz mangelt es der bunt gemischten Zuschauerschaft keineswegs, was auch den sympathischen Musiker:innen auf den Brettern nicht verborgen bleibt. Hier und da blitzt zwischen pinken Sonnenbrillen und Snapback-Kappen auch mal ein glücklich strahlendes Lächeln hindurch. So kann es doch gerne weitergehen!

Fotogalerie: BLASMUSIK ILLENSCHWANG


CORVUS CORAX: ERA METALLUM

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Auf der großen Hauptbühne ist es dagegen CORVUS CORAX mit ihrem Rock-Programm „Era Metallum“ zuteil, den heutigen Reigen an Bands zu eröffnen. Zählen können sie dabei auf eine treue Fanschar sowie einige Neugierige, die sich ein eigenes Bild des Metal-Ablegers der Marktmusik-Veteranen machen möchten. Die stimmigen Outfits verleihen den Musikern im Zusammenspiel mit der martialischen Gesichtsbemalung die entsprechende Glaubwürdigkeit, um der Menge die historischen Legenden, um die sich Stücke wie „Béowulf is mín nama“ oder „Hugin & Munin“ ranken, näher zu bringen.

Intoniert wird das Ganze natürlich wie gehabt mit dem üblichen mittelalterlichen Instrumentarium von Sackpfeife über Trommeln bis hin zu einer überdimensionierten Drehleier. Das macht optisch einiges her, wenngleich es ansonsten auf der Bühne auch mal recht statisch zugehen kann. Vor allem Frontmann Castus wirkt durch seine unaufgeregte Art geradezu stoisch – ein Charakterzug, der sich auch im rau-monotonen Gesang niederschlägt. Daher ist die gelegentliche Unterstützung von Sängerin Diana mehr als nur eine erfrischende Facette. Für ein wenig Bewegung sorgt immerhin Sackpfeifenspieler Xandru, der im unbeschwerten „Lá í mBealtaine“ höchstselbst das Tanzbein schwingt.

CORVUS CORAX können auf ihre Fans zählen

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Zwar bleibt der metallische Unterbau der sogenannten „Era Metallum“ im Allgemeinen eher zweckmäßig – wobei es hier und da immerhin ein kleines Gitarrensolo ins Set geschafft hat -, für die hartgesottene Fangemeinde ist dies aber beileibe kein Makel. Stattdessen wird noch in der ersten Konzerthälfte lautstark der Bandname skandiert und im abschließenden „Vikingar“ bereitwillig im Takt gerudert – ja, auch das ist eine dieser Festivalaktivitäten, die wohl mittlerweile zum festen Inventar zählen.

CORVUS CORAX ERA METALLUM Setlist – ca. 60 Min.

1. Gjallarhorni
2. Sverker
3. Béowulf is mín nama
4. Lá í mBealtaine
5. Ragnarök
6. Hugin & Munin
7. Havfru
8. Yggdrasil
9. Vikingar

Fotogalerie: CORVUS CORAX ERA METALLUM


GATECREEPER

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GATECREEPER sind nicht die einzigen, die dieses Jahr mit einem Handicap auftreten müssen: Für ihren morbiden Death Metal ist das Wetter eigentlich viel zu gut. Ein paar dunkle Wolken wären tatsächlich wünschenswert, als das Quintett um zehn vor fünf zum Angriff auf die T-Stage bläst. Selbige ist ab diesem Moment im Übrigen fest in der Hand von Nuclear Blast, deren Label-Night die US-Amerikaner gerade mit eher eiserner Miene eröffnen.

Während in jeder Ecke der Bühne unablässig die Haare fliegen und Drummer Matthew Arrebollo hinter dem Kit Grimassen schneidet, als wäre er als verschlagener Bösewicht einem Samstag-Vormittag-Cartoon entsprungen, sorgt Sänger Chase H. Mason mittels herrlich röhrender Growls für die entscheidende Portion Dringlichkeit. Auf diese Weise trotzen GATECREEPER erfolgreich der für sie widrigen Witterungsverhältnisse und hinterlassen Eindruck: Eigentlich haben wir in die Show eher unbedarft und spontan reinhören wollen, können dem Paket nun aber im Live-Format doch viel mehr abgewinnen als ursprünglich gedacht.

Fotogalerie: GATECREEPER


KATAKLYSM

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Wenn es eine Death-Metal-Band gibt, die auf der Bühne alles und jeden zu Kleinholz verarbeitet, dann ist das wohl KATAKLYSM. Die Live-Qualitäten der Kanadier sprachen schon im Frühjahr auf deren Hallen-Tournee für sich, vor einem fünfstelligen Publikum büßt der ureigene Stil des Quartetts dagegen nichts an Durchschlagkraft ein. Im Gegenteil, der Sound ist fett abgemischt, die groovenden Riffs von „Narcissist“ oder „At The Edge Of The World“ derweil als klare Ansage zu verstehen: Still stehen darf hier niemand, denn das wäre einer Festivalnation wie Deutschland nicht würdig.

Vielleicht rügt Sänger Maurizio Iacono auch deshalb das Publikum ein wenig, als ihm der Circle Pit in „Thy Serpents Tongue“ als zu klein dimensioniert erscheint. „Big problem for Deutschland“, merkt der gut gelaunte Fronter an, um sich im Folgenden dann doch zufrieden zu zeigen. Probleme lösen kann das SUMMER BREEZE offenbar genauso gut wie crowdsurfen, wenn wir den Security-Stress-Test „As I Slither“ heranziehen, wo die Fans scharenweise nach vorne gereicht werden und Iacono, der zuvor seine Familie über den Livestream gegrüßt hatte, ein zufriedenes Grinsen ins Gesicht zaubern.

KATAKLYSM lassen live wie gehabt keinen Stein auf dem anderen

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Das Fazit ist für uns somit eindeutig. Ganz gleich, wie man zu KATAKLYSM und ihren Alben stehen mag, dank des klassiker-gespickten Sets bleibt zwischen „The Ambassador of Pain“, „Serenity in Fire“ und „Taking The World By Storm“ kein Stein auf dem anderen und lässt uns auch die eigenen Prioritäten neu sortieren. Unseren Plan, zwischendurch bei MALEVOLENCE auf der T-Stage vorbeizuschauen, haben wir eigentlich nach den ersten fünf Minuten schon ad acta gelegt. Hut ab.

KATAKLYSM Setlist – ca. 60 Minuten

1. Narcissist
2. Thy Serpents Tongue
3. At The Edge Of The World
4. The Ambassador of Pain
5. Underneath The Scars
6. Bringer of Vengeance
7. Soul Destroyer
8. In Shadows & Dust
9. Manipulator of Souls
10. Taking The World By Storm
11. Outsider
12. As I Slither
13. Serenity In Fire
14. The Black Sheep

Fotogalerie: KATAKLYSM


EPICA

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Das opulente Set spricht für sich: metallene Insignien, edel geschwungene Mikroständer, stimmige Visuals auf dem LED-Screen und natürlich die kaum zu übersehenen Königskobras, aus deren Rachen in regelmäßigen Abständen Flammen schießen. EPICA lassen sich als Co-Headliner wahrlich nicht lumpen, um dem SUMMER BREEZE eine bombastische Show aufzutischen. Dass zu Beginn der Sound etwas basslastig ist, soll nicht weiter stören – wenigstens kommen Mark Jansens kehlige Growls im Opener „Abyss of Time“ auf diese Weise noch besser zu Geltung.

Ohnehin pendelt sich der Mix bald darauf auf einem guten Level ein, wodurch sowohl der extrovertierte Keyboarder Coen Janssen als auch die stimmlich stets erhabene Simone Simons ihre Zeit im Rampenlicht bekommen. Während der Erstgenannte zunächst im Hintergrund sein Instrument von einem Ende der Bühne zum anderen karrt und dabei immer wieder ekstatische Luftsprünge absolviert, sorgt Simons durch natürliches Charisma und ein gesundes Maß Theatralik für das Show-Element, das einer opulente Performance wie dieser die Krone aufsetzt.

EPICA geizen nicht mit Showeffekten

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Vielleicht meinen es EPICA gerade in den ersten Minuten sogar etwas zu gut mit den Pyro- und Spezialeffekten, die fast im Sekundentakt die Bühne erhellen. Doch wollen wir an dieser Stelle keine Erbsen zählen, zumal die Niederländer im dramatischen „Victims of Contingency“ schnell andere Akzente setzen. Für ihre Fans zählt derweil ohnehin das stets professionell dargebotene Songmaterial, das mit Live-Favoriten wie „Unchain Utopia“ und alten Klassikern à la „Cry For The Moon (Forever And Ever)“ wohl die meisten Wünsche erfüllen dürfte und uns nebenbei deutlich macht, dass der Symphonic Metal-Olymp wohl auch in Zukunft weiterhin fest in den Händen der Niederlande bleibt.

Fotogalerie: EPICA


BLEED FROM WITHIN

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Am Metalcore-Thron sägen indes BLEED FROM WITHIN – und das nicht erst seit dem letztjährigen Studioalbum „Shrine“, das heute auch im Zentrum des Live-Sets stehen soll. Ausschließlich Material der letzten beiden Platten präsentieren die Schotten, die mit dem unerbittlichen „Stand Down“ zwischen emporschießenden Flammensäulen erstmal ein ordentliches Ausrufezeichen setzen.

Wie allgemein auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE ist der Soundmix gelungen, weshalb der Funke innerhalb von Sekunden auf das motivierte Publikum überspringt. Bereits das nachfolgende „Sovereign“ garniert man im Zentrum mit einer Wall of Death, bevor ein unglücklicher Zwischenfall die Hitsingle „Levitate“ ausbremst: Drummer Ali Richardson stoppt den Song kurz nach dem Intro, um den Rettungskräften den ungestörten Einsatz im Pit zu ermöglichen, wo – so berichten es zumindest einige Besucher:innen im Nachgang – ein unglücklicher Fan eine Bruchverletzung erlitten hat.

Nach einem unglücklichen Zwischenfall drehen BLEED FROM WITHIN das Energielevel umgehend wieder hoch

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Fronter Scott Kennedy verspricht dem Pechvogel in der Zwischenzeit ein gratis Merchandise-Paket der Band – vermutlich nur ein kleines Trostpflaster für den Betroffenen, aber eine wundervolle Geste, welche während der mehrminütigen Pause mit lautstarkem Beifall quittiert wird. Im zweiten Anlauf drehen BLEED FROM WITHIN das Energielevel umgehend wieder nach oben, wobei sich zum Ende des Songs und völlig unerwartet sogar Björn Strid (SOILWORK) zu einem kurzen Gastauftritt hinreißen lässt.

Ab diesem Moment kennt man vor der T-Stage kein Halten mehr. Nach einer weiteren Wall of Death in „Pathfinder“ springen die Fans zu „Killing Time“ im Takt, um schließlich beim abschließenden „The End Of All We Know“ Sänger Scott Kennedy persönlich kennenlernen zu dürfen. Der lässt es sich nämlich nicht nehmen, für die letzten Momente die Barriere zu erklimmen, um das Finale auf den Händen der begeisterten Menge zu bestreiten.

BLEED FROM WITHIN Setlist – ca. 35 Minuten

1. Stand Down
2. Sovereign
3. Levitate
4. Pathfinder
5. Killing Time
6. I Am Damnation
7. The End Of All We Know

Fotogalerie: BLEED FROM WITHIN


AD INFINITUM

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Na, was ist denn hier los? Schon vor Showbeginn platzt das überdachte Areal um die Rebel Stage sprichwörtlich aus allen Nähten. Das Interesse scheint sogar so massiv, dass beim nächsten Gastspiel in Dinkelsbühl die größere Bühne für AD INFINITUM quasi ausgemachte Sache sein dürfte. Als es dann losgeht, liefert das Publikum umgehend das nächste Argument, ist man doch unmittelbar Feuer und Flamme: Die geradlinigen und recht eingängig strukturierten Songs holen die Menge ohne Umwege ab, so dass es nicht lange dauert, bis Fans und solche, die es werden wollen, vor den Brettern fleißig zum Material der vier Musiker:innen klatschen.

Analog zeigen sich AD INFINITUM entsprechend gut aufgelegt, obleich wir gestehen müssen, dass während des Openers „Eternal Rains“ der Blick auf die Band nicht immer so einfach möglich ist. Dichte Nebelschwaden verschlucken sowohl Gitarrist Adrian Theßenvitz als auch Bassist Korbinian Benedict, welcher aber dennoch das Publikum unablässig zum Mitmachen auffordert. Ein Glück also, dass im Zweifelsfall Sängerin Melissa Bonny dank ihrer natürlich-charmanten Ausstrahlung und insbesondere ihrer wunderbaren Singstimme die Meute auch alleine in Zaum halten könnte.

AD INFINITUM zeigen sich bei ihrem SUMMER BREEZE-Debüt abgeklärt und souverän

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Wir verfolgen in diesem Moment folglich nichts anderes als den Auftakt eines überaus souverän wirkenden Auftritts, welcher uns persönlich aber leider nicht vollständig zu packen vermag. Dafür sind uns die durchweg gestriegelten Stücke wie „Unstoppable“ zu glatt konzipiert, selbst wenn Bonny zwischendurch für ein paar Sekunden in ihre harsche Stimmlage wechselt. Daher belassen wir es bei diesen Impressionen und ziehen weiter in Richtung Battlefield, wo der Hauptact des Tages in Kürze die Bretter betreten soll.

Fotogalerie: AD INFINITUM


MEGADETH

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Für ihren Headliner-Gig haben MEGADETH das Setdesign der Main Stage um zwei weitere LED-Screens erweitert, welche gemeinsam mit der fest installierten Videotafel im Hintergrund das Schlagzeug Dirk Verbeurens in ein visuelles Lichtgewitter einrahmen. Gerade wenn die animierte Untermahlung von bunten Artworks zu wild blitzenden Mustern wechselt, wirkt das Show-Konzept der Thrash-Metal-Veteranen regelrecht überwältigend.

Dass die Musiker inmitten dieser Farbexplosion selbst kaum noch hervorstechen, macht es uns nicht gerade leichter, weshalb wir uns recht schnell dazu entschließen, das Quartett lieber vom Rand des Areals zu verfolgen. Auf diese Weise können wir uns unbedarft der Performance selbst widmen, die spieltechnisch natürlich über jeden Zweifel erhaben ist. Dabei stört uns keineswegs, dass Dave Mustaines Vocals eher inmitten des Soundmix integriert scheinen, als im Vordergrund zu sitzen. Auf diese Weise fallen die limitierten stimmlichen Fähigkeiten des Bandchefs nicht ins Gewicht, während die Aufmerksamkeit auf das gerichtet wird, was im Falle MEGADETHs tatsächlich zählt.

MEGADETH liefern Routine mit Klasse

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Klassiker wie das eröffnende „Hangar 18“ und „Peace Sells“, aber ebenso das melodische „Dystopia“ leben eben vorwiegend von ihrer Instrumentalarbeit, wo sich weder Mustaine noch Kollege Kiko Loureiro die Blöße geben. Dank des gut aufgelegten Dirk Verbeuren hinter dem Drumkit müssen wir uns auch sonst keine Sorgen machen, dass auf der Bühne heute irgendetwas aus dem Ruder läuft. Für ihrer Anhänger:innen haben die vier Musiker einen recht vielfältigen Querschnitt der eigenen Diskografie im Gepäck, wodurch ältere wie jüngere Semester während des routiniert dargebotenen Sets auf ihre Kosten kommen. Ein Konzept, mit dem MEGADETH ganz offensichtlich gut fahren, denn fest in der Hand hat der wortkarge Mustaine sein Publikum selbst ohne unablässig den Animateur zu spielen: Kaum wandert die Hand des Gitarristen zwischen zwei Anschlägen zum eigenen Ohr, brechen vor der Hauptbühne laute Jubelschreie los.

Fotogalerie: MEGADETH


SOILWORK

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Als SOILWORK gegen halb zehn die T-Stage betreten, ist die Sonne bereits seit einiger Zeit hinter dem idyllischen Wäldchen in deren Rücken verschwunden. Ideale Voraussetzungen eigentlich, zumal das Publikum von Beginn an in bester Laune scheint: Zahlreiche Fäuste gehen im Takt nach oben, bevor im früh gezückten Evergreen „Stabbing The Drama“ die stimmlichen Fähigkeiten der Metalheads auf die Probe gestellt werden.

Dass das Material des aktuellen Albums „Övergivenheten“ (2022), das heute im Zentrum des Festival-Sets steht, auch live bestens funktioniert, haben uns die Schweden bereits im Frühjahr auf ihrer Club-Tour demonstriert. Umso erschreckender ist daher die phasenweise bemühte und schlicht unsaubere Performance, die uns SOILWORK heute Abend auftischen. So spielen im Opener „Övergivenheten“ Gitarren und Keyboard mehr gegen- denn miteinander und lassen auch im späteren Solo größere Timing-Schwierigkeiten erkennen.

Irgendwie ist bei SOILWORK heute der Wurm drin

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Selbst der sonst starke Bastian Thusgaard hinterm Schlagzeug hinterlässt in “Nerve” einen etwas zerfahrenen Eindruck, wohingegen Sänger Björn Strid bei den hohen Passagen von „Valleys of Gloam“ kämpfen muss. Ein ungewohntes Bild für die Schweden, das sich leider auch im Gastauftritt Scott Kennedys (BLEED FROM WITHIN) fortsetzt, der von allen Songs im Set mit „Death Diviner“ ausgerechnet das Stück gewählt hat, das eigentlich komplett ohne harsche Vocals auskommt. Dementsprechend verloren und bemüht wirken die stimmlichen Einsätze des sympathischen Shouters, bevor er sich nach ein paar Minuten auf etwas unbeholfene Weise wieder ausklinkt.

Dass die 60-minütige Show letzten Endes immerhin halbwegs kurzweilig bleibt, haben SOILWORK vor allem dem starken Songmaterial zu verdanken, welches in „Bastard Chain“ einen kurzen Schlenker in Richtung Frühwerk wagt und dann mit „The Ride Majestic“ sowie „The Nurturing Glance“ – heute dem verstorbenen Gitarristen David Andersson gewidmet – erprobte Live-Hits aus dem Ärmel schüttelt. Nichtsdestotrotz war bei SOILWORK heute irgendwie der Wurm drin. Schade.

SOILWORK Setlist – ca. 60 Min.

1. Övergivenheten
2. Stabbing The Drama
3. Is It In Your Darkness
4. Electric Again
5. The Nurturing Glance
6. Bastard Chain
7. Valleys Of Gloam
8. Harvest Spine
9. Death Diviner
10. The Ride Majestic
11. Nerve
12. Stålfågel

Fotogalerie: SOILWORK


VORGA

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Eigentlich hatten wir die nun folgenden VORGA in unserer ursprünglichen Festivalplanung gar nicht auf dem Schirm. Eher zufällig sticht uns in der begleitenden Festival-App das zugehörige Bandfoto inklusive der ausgefallenen Bühnen-Outfits auf. Anstelle traditionellen Corpsepaints setzt die Black-Metal-Formation dort auf eine Ästhetik, die an düstere Comic-Charaktere wie Todd McFarlanes Spawn erinnert. Auf der Bühne selbst wirkt das Ganze zwar nochmals ein wenig anders, bringt dank „Glow-in-the-dark“-Effekt aber ein eigenes Profil mit sich. Das neonfarbene Pentagramm vor dem zentralen Mikroständer komplettiert schlussendlich das visuelle Konzept, mit dem das Quartett so einige neugierige Besucher:innen vor die Rebel-Stage zu locken scheint.

Dort angekommen nehmen VORGA ihre Zuschauerschaft mit nach vorn gerichtetem und dabei doch melodischem Black Metal in Empfang. Das Tempo bleibt hoch, der Sound dank ausladender Blast Beats unnachgiebig. Damit erfindet die Formation das Genre kaum neu, entwickelt allerdings genügend Zug, um selbst zur fortgeschrittenen Stunde die Meute an sich zu fesseln.

Fotogalerie: VORGA


IN EXTREMO

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An der Main Stage angekommen reiben wir uns erstmal ungläubig die Augen. Die Menschenmassen auf dem Battlefield übertreffen unserem Eindruck nach tatsächlich noch die während der beiden Hauptacts. IN EXTREMO als heimlicher Headliner ist dabei gar kein so abwegiger Gedanke, schließlich sind die Mittelalter-Rock-Ikonen seit vielen, vielen Jahren gern gesehene Gäste auf dem SUMMER BREEZE. Da verzeiht man ihnen gerne auch die zehnminütige Verspätung aufgrund technischer Komplikationen.

Böse sein könnte ihnen vor der Hauptbühne ohnehin keine Seele, denn als die sechs Spielleute nach dem Intro mit „Troja“ loslegen, brennt nicht nur die Hütte, sondern alsbald sogar der Nachthimmel: Mit einem kleinen Feuerwerk starten IN EXTREMO in eine Show, bei der ein Superlativ den nächsten zu jagen scheint. Nicht nur visuell gibt es mit meterhohen Flammenwerfern die volle Breitseite, auch in puncto Spielfreude wird die Band zu keinem Zeitpunkt Opfer der Routine.

Selbst alten Hasen wie IN EXTREMO verschlägt es manchmal die Sprache

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In der Folge singen zehntausende Fans die beliebten Hits wie „Liam“, „Feuertaufe“ oder „Vollmond“ lautstark mit, schreien zu „Sängerkrieg“ voller Inbrunst in die Nacht und testen während „Rasend Herz“ die Grenzen des Moshpits aus. Die Musiker wiederum danken es in Form der brandneuen Single „Weckt die Toten“, bevor sie wenig später mit der Antikriegshymne „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ auch mal „Flagge zeigen“ müssen, wie der sonst gut aufgelegte Frontmann Micha Rhein mit ernster Miene betont. Es folgen ein paar ungewöhnlich nachdenkliche Minuten, bevor die gemeinsame Party wieder ungebremst durchstarten kann.

Den Vogel schießt dabei das Publikum des SUMMER BREEZE letztendlich selbst ab, indem es während des schelmischen Sauflieds „Sternhagelvoll“ nicht nur bis in die hintersten Reihen Arm in Arm von Seite zu Seite schunkelt, sondern noch Minuten später die zentralen Textzeilen durch die Nacht klingen lässt. Da verschlägt es selbst so alten Hasen wie IN EXTREMO kurzzeitig die Sprache, die diesem Ausnahmezustand im Grunde auch nichts mehr hinzuaddieren können als ein paar Evergreens à la „Frei zu sein“. Zum Finale „Pikse Palve“ verabschiedet sich die Band schließlich mit massenweise Pyro und Feuerwerk so spektakulär, wie es zuvor begonnen hatte. Ganz ehrlich, da fehlen sogar uns die richtigen Worte.

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IN EXTREMO Setlist – ca. 65 Minuten

1. Troja
2. Feuertaufe
3. Vollmond
4. Weckt die Toten
5. Unsichtbar
6. Liam
7. Lieb Vaterland, magst ruhig sein
8. Rasend Herz
9. Sängerkrieg
10. Sternhagelvoll
11. Frei zu sein
12. Störtebeker
13. Pikse Palve

Fotogalerie: IN EXTREMO


NANOWAR OF STEEL

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Die Aussicht auf ein wenig Late-Night-Comedy zieht nicht nur uns zur späten Stunde noch einmal vor die T-Stage. Im bunt gemischten Publikum NANOWAR OF STEELs erblicken wir neben Schneewittchen und Santa Claus sogar Professor Eich, welcher mit einer Horde Schiggy-Pokémon an uns vorbeizieht. So vielseitig es vor der Bühne zugeht, die pink- und neonfarbenen Outftis der italienischen Comedy-Metal-Band sind allerdings in dieser Nacht kaum zu übertreffen.

Mit lila Perücke und rosa Tutu fordert Sänger Mr. Baffo an der Seite seiner Kollegen zunächst lautstark „Dislike To False Metal“, bevor es mit der ALESTORM-Parodie „Sober“ direkt nach vorne geht. Von da an haben NANOWAR OF STEEL eigentlich immer irgendein Gimmick auf der Bühne, um ihr abgedrehtes Songmaterial auch visuell in Szene zu setzen. So schlüpft Sänger Potowotominimak zu „Il cacciatore della notte“ in ein überdimensioniertes Eulen-Kostüm, nachdem er während „The Call Of Cthulhu“ mit tentakelbewährter Maske und aufblasbarem Handy unablässig über die Bretter gerannt war.

Das Publikum macht jeden der Späße NANOWAR OF STEELs gerne mit

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Das SUMMER BREEZE macht in der Zwischenzeit jeden der Späße mit: Mal winkt man munter im Takt, dann simuliert man mit den Händen den Flügelschlag eben erwähnten Nachtvogels und lässt sich schließlich im GEORGE MICHAEL-Cover „Careless Whisper“ zu einer „Wall of Love“ hinreißen, bei der sich die aufeinandertreffenden Seiten liebevoll in den Arm nehmen. Dass Bassist Gattopanceri666 das Publikum darüber hinaus in lupenreinem Deutsch adressiert, sorgt vor Ort natürlich für zusätzliche Sympathiepunkte.

Fotogalerie: NANOWAR OF STEEL


Donnerstag, 17. August 2023

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Wie auch die letzten Tage geht unser erster Blick am Morgen in Richtung Wetter-App. Neben vielen Sonnenstunden soll es heute sogar ein paar dunkle Wolken über Dinkelsbühl geben. In Anbetracht der morgigen Hitzeschlacht sind das aber fast schon angenehme Aussichten, denn der Donnerstag wird lang. Ab mittags wollen wir eigentlich durchgehend auf dem Festivalgelände unterwegs sein, um neben den Haupt-Acts TRIVIUM und BEARTOOTH sowie den schwer angesagten SLEEP TOKEN auch ein paar alte Bekannte wiederzusehen und neue Eindrücke zu sammeln. Auch deshalb zieht es uns zunächst vor die Rebel Stage, eben weil wir mit der dort startenden Band bislang nicht wirklich vertraut sind.


CHAOSBAY

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Dabei sind CHAOSBAY eigentlich keine Neulinge im Geschäft – seit 2012 macht das Quartett schon gemeinsam Musik und verbindet dabei zeitgemäßen Metalcore mit progressiven und teils sogar poppigen Anleihen. Live funktioniert diese Kombination erwartungsgemäß ausgezeichnet: Schon ab dem zweiten Track fliegen unter dem Zeltdach der Rebel Stage die ersten Leiber durch den Pit, während auf der Bühne Bassist Matthias und Gitarrist Alex ihrerseits keinen Augenblick still verharren wollen.

Eine energiegeladene Performance ist auf diese Weise selbstredend garantiert, obgleich Songs wie „Y“ für unseren Geschmack in den eingängigen Passagen auch mal arg zuckrig werden können. Immerhin wissen CHAOSBAY ganz genau, wann und auf welche Weise sie mit verspielten Parts oder drückenden Breakdowns entgegensteuern müssen, weshalb wir unsere Zeit mit der Band letzten Endes positiv in Erinnerung behalten.

Fotogalerie: CHAOSBAY


BE’LAKOR

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An der Main Stage angekommen begrüßt uns zunächst das ganze Ausmaß des zuvor stattgefundenen GUTALAX-Gigs. Diverse Klobürsten und zurückgelassene Toilettenpapier-Rollen säumen das Areal vor dem ersten Wellenbrecher, während das fleißige „T(h)rasher“-Personal des Festivals gerade dabei ist, den verteilten Unrat ordnungsgemäß zu entsorgen. Im Unterschied zur Partysause der Tschechen scheint der Auftritt BE’LAKORs im Anschluss ein vergleichsweise erlesenes Publikum anzuziehen.

Das Ausharren in der Mittagshitze entlohnen die Australier dafür mit einem wunderbaren Set, das Band wie Fans selbst über weite Strecken in die Musik vertieft zeigt. Die animierten Hintergründe auf dem LED-Screen geraten bei Tageslicht ohnehin schnell in Vergessenheit, wenn uns die ausladenden Melodeath-Kompositionen in andere Welten entführen. Nicht umsonst lassen sich die Anhänger:innen nach dem aktuellen Track „Valence“, bei dem Keyboarder Steven Merry durch eine wohlplatzierte Spoken-Word-Passage eine Zäsur setzt, zu langanhaltenden „BE’LAKOR“-Rufen hinreißen.

Die 45 Minuten mit BE’LAKOR vergehen wie im Flug

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Diese Form der Wertschätzung nehmen die Mannen um Sänger und Gitarrist George Kosmas gerne auf, zumal sie ja ihrerseits ein besonderes Verhältnis zu diesem Festival pflegen: Immerhin war es das SUMMER BREEZE, das die Formation vor einigen Jahren erstmalig nach Europa holte. Daher gibt es neben dem starken „Abeyance“ mit dem Zehnminüter „Countless Skies“ zum Abschluss einen echten Evergreen vom Zweitwerk „Stone’s Reach“ (2009), für das Kosmas vorsichtig anmahnt, nicht bereits zur frühen Stunde schon die kompletten Energiereserven aufzubrauchen – es werde schließlich ein langer Tag. Daher dreht sich der folgende Circle Pit in weiser Voraussicht nur im gemäßigten Tempo, während die „Grabenschlampen“ die Gunst der Stunde nutzen, um der schwitzenden Meute mit dem Wasserschlauch etwas Abkühlung zu verschaffen.

Fotogalerie: BE’LAKOR


SETYØURSAILS

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Eine solche könnten wir im Anschluss direkt nochmal gebrauchen, denn was bei SETYØURSAILS vor der Rebel Stage passiert, treibt uns in Rekordzeit den Schweiß zurück auf die Stirn. Eindrucksvoll ist in dieser Hinsicht vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der Modern Metalcore-Band mithilfe ihrer eingängigen, doch kraftvollen Songs das SUMMER BREEZE binnen kürzester Zeit zum Ausrasten bringt. Schon während des Openers „Ghosts“ werden im Pit die Ellenbogen ausgefahren, bevor die Meute in der Hit-Single „Mirror“ erst munter auf- und abspringt, nur um sich dann passend zum Breakdown in eine Wall of Death zu stürzen.

So engagiert es vor den Brettern zugeht, so sehr lassen es SETYØURSAILS auf der Bühne krachen. Fronterin Jules Mitch hat das Publikum fest im Griff, wenn sie etwa in „Fckoff“ für die unmissverständliche Titelzeile die Unterstützung der Fans einfordert, wohingegen Bassist Nicolai Hoch heute besonders bewegungsfreudig von der einen Seite auf die andere stürmt. Eigentlich schade, dass die Show nach nur sieben Songs schon wieder vorbei ist. Denn wenn wir für den einzigen Kritikpunkt – die eingestreuten Pyro-Effekte feuern beizeiten etwas wahllos – schon Erbsen zählen müssen, dann spricht das eine deutliche Sprache. Top!

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SETYØURSAILS Setlist – ca. 30 Min.

1. Ghosts
2. Nightfall
3. Mirror
4. Why
5. Best of me
6. Reason
7. Fckoff

Fotogalerie: SETYØURSAILS


ARCHSPIRE

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Schlechte Nachrichten: ARCHSPIRE hätten ihre Performance kurzfristig abgesagt, lässt uns das Intro wissen. Doch es gebe Entwarnung: Als Ersatz habe man fünf alkoholabhängige Loser mit Haarausfall verpflichtet. Also eigentlich genau das, weshalb es uns ohnehin vor die T-Stage gezogen hat. Zugegeben, der Humor des Quintetts mit seinen anzüglichen und teils komplett willkürlich wirkenden „Fun Facts“ über Band und Musik ist sicherlich nicht jedermanns Sache; doch auf dem SUMMER BREEZE findet Fronter Oli Peters glücklicherweise ein aufgeschlossenes Publikum.

Das ist dabei nicht nur für jeden Mist zu haben, sondern freut sich ganz besonders über den sauber gespielten Tech Death der Kanadier, welcher dank des ordentlichen Mix nicht zum unfreiwilligen Soundbrei verkommen muss. Über die Qualität von Stücken wie „Bleed The Future“ oder „Drone Corpse Aviator“ gibt es ebenso wenig zu diskutieren wie über deren Umsetzung: ARCHSPIRE sind in dieser Hinsicht eine Klasse für sich, selbst wenn Peters auch mal die Pause zwischen den Songs nutzt, um uns unter dem Vorwand einer verlorenen Kontaktlinse sein Maurerdekolleté zu präsentieren.

ARCHSPIRE spielen mit dem Publikum eine Runde Death-Metal-Twister

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Highlight des 45-minütigen Sets ist aber selbstverständlich die obligatorische Runde Twister, die unter Anleitung des Shouters mit den engagierten Fans im Pit gespielt wird. Auf die dort ausgebreitete Matte stürzen sich umgehend eine Handvoll Fans und wenig später mit einem Schlag die restliche Meute, als der Zeiger des Drehrads zufälligerweise auf dem Feld für „Wall of Death“ landet. Der einzige Haken daran: Zu ermitteln, wer das Spielchen nun gewonnen hat, dürfte bei solch einem Menschenauflauf im Nachhinein unmöglich sein. Einigen wir uns also am besten auf ein Unentschieden.

Fotogalerie: ARCHSPIRE


STORM SEEKER

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Eher zufällig führt uns der Weg an STORM SEEKER vorbei, die gerade mit Elan und vor allem Spielfreude ein wenig Freibeuter-Flair auf die Rebel Stage bringen. Der unverkrampfte Folk Metal des Quintetts ist selbstverständlich ein Garant für kurzweilige Live-Unterhaltung, wie wir nach den ersten Takten anerkennend feststellen dürfen. Nicht nur reckt die Zuschauerschaft während des eröffnenden „Heavaway“ scharenweise die Fäuste, schon im zweiten Stück „Pirate Squad“ trennt man sich freiwillig vom festen Boden unter den Füßen.

Doch wird bei STORM SEEKER nicht nur gehüpft und getrunken – Keyboarder Ughar der schrecklich Durstige macht es vor -, sondern je nach Situation auch ausgelassen getanzt oder geschrien („Pirate Squad“). Deshalb verweilen wir gerne ein paar Minuten länger als geplant, zumal der lockerleichte Ansatz der Band dank des mitunter zweistimmigen Gesangs von Frontmann Tomothy und Drehleierspielerin Fabi das romantische Piratenflair auf sympathische Art und Weise zu verpacken weiß.

Fotogalerie: STORM SEEKER


OF VIRTUE

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Zumindest haben OF VIRTUE Glück im Unglück: Dank hilfsbereiter Kollegen können die US-Amerikaner heute nämlich überhaupt erst auf der Bühne stehen, nachdem auf dem Weg nach Europa nicht weniger als vier Koffer mit Equipment durch die Airline verloren gegangen waren. Der leichte Regen, der an diesem Nachmittag die Leute unter das Dach der Rebel Stage treibt, ist bei so viel Pech dagegen tendenziell als Gewinn zu werten: Immerhin ist das Areal vor der Bühne gut gefüllt, als die Alternative / Modern Metalcore-Band mit tief gestimmten Gitarren und einem gesunden Maß an Groove in ihr Set startet.

Das kommt gut an, auch weil die sympathischen OF VIRTUE im Live-Format ein gutes Stück mehr Punch entwickeln, als es auf Platte der Fall ist. Das ist ehrlich gesagt aber auch bitter nötig, denn trotz der kurzweiligen Performance, bei der Sänger Tyler während „Cut Me Open“ schon früh im Fotograben auf Tuchfühlung mit den Fans geht, bleibt der moderne Genre-Mix der vier Musiker für sich genommen arg vorhersehbar. Dank des guten Klargesang und der allgemein dynamischen Bühnenpräsenz von Gitarrist Damon entwickelt die Band dennoch genug Kraft, um die Menge vor sich zu dem einen oder anderen (Circle) Pit zu animieren. Letztendlich nett, wenngleich kaum erinnerungswürdig.

Fotogalerie: OF VIRTUE


END OF GREEN

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Was ist denn hier los? Eigentlich wollten END OF GREEN nach dem letztjährigen Headliner-Spektakel auf der „The Roots Of Summer Breeze“-Pre-Show künftig nur noch die „Ficken Party Stage“ bespielen. Dass es 2023 nun doch wieder die größere T-Stage geworden ist, wollen wir der Dark-Rock-Band um Sänger Michelle Darkness dagegen nicht verdenken: Gerade nachmittags ist man auf der größeren Bühne sicherlich besser aufgehoben, vor allem da man gleich die richtige Atmosphäre mitgebracht hat.

Wenn man schon tagsüber ranmuss, dann am besten unter grauer Wolkendecke, während die Regentropfen niederprasseln. „Endlich gutes Wetter“, kommentiert der Frontmann die Szenerie in seiner stoisch-trockenen Art, während er sich die erste von vielen folgenden Zigaretten ansteckt. Dabei haben END OF GREEN heute nicht nur – dem Wetter entsprechend – melancholisch-bedrückendes Material à la „Carpathian Gravedancer“ im Gepäck. Mit den rockigen „Dead City Lights“ und „Killhoney“ drückt die Formation zwischendurch auch mal auf die Tube und sorgt so für Abwechslung – zumindest beim Tempo, denn in puncto Songauswahl konzentriert man sich vorwiegend auf die beiden Platten „The Sick’s Sense“ (2008) sowie „High Hopes In Low Places“ (2010).

END OF GREEN präsentieren auf dem SUMMER BREEZE brandneues Material

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Ein Retro-Set also? Nicht ganz, denn für das SUMMER BREEZE haben END OF GREEN sogar eine Überraschung im Gepäck: Zwei brandneue Stücke, die entweder „nächstes Jahr oder erst 2058“ erscheinen, so Michelle Darkness, gibt es zum Abschluss des gelungenen Auftritts, wobei „Ashes & Gold“ ein tendenziell balladesker Anstrich auszeichnet und „Wasted Time“ zum Abschluss genau das widerlegt: Verschwendet ist die Zeit mit den Dark-Rock-Veteranen auch heute unter keinen Umständen.

END OF GREEN Setlist – ca. 45 Minuten

1. Pain Hates Me
2. Dead City Lights
3. Demons
4. Hurter
5. Carpathian Gravedancer
6. Killhoney
7. Goodnight Insomnia
8. Ashes & Gold
9. Wasted Time

Fotogalerie: END OF GREEN


STICK TO YOUR GUNS

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Auf der anderen Seite des Areals geht es bald darauf ungleich härter zur Sache. Die erfahrenen STICK TO YOUR GUNS locken zwar nicht die größte Menschentraube des Tages vor die Main Stage, dafür aber mit die engagierteste. Nachdem man geradezu enthusiastisch AHAs „Take On Me“ mitgesungen hatte, öffnet sich im Zentrum zeitgleich mit Showbeginn der Pit und soll bis zum Ende nicht mehr zur Ruhe kommen.

Das ist nicht ungewöhnlich für Gigs der Hard- bzw.  Metalcore-Band, die heute zu unserer Überraschung nur zu viert über die Bretter fegt. Wo Gitarrist Chris abgeblieben ist, scheint niemand zu wissen und wird auch von Frontmann Jesse Barnett zu keinem Zeitpunkt thematisiert. Selbiger ist stattdessen damit beschäftigt, das Publikum zu neuen Höchstleistungen anzustacheln, während er sich die Seele aus dem Leib brüllt.

STICK TO YOUR GUNS geht offenbar vorzeitig die Puste aus

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Die Crowdsurfer zum aktuellen Track „Hush“ sind da genauso logische Konsequenz wie der Circle Pit in „What Goes Around“. Allgemein jedenfalls konzentrieren sich STICK TO YOUR GUNS heute offenbar auf ihr kompromissloseres Material; Singalongs à la „Married To The Noise“ oder „Amber“ sorgen nur dosiert für Abwechslung. Der Stimmung im Zentrum tut das keinen Abbruch, obgleich wir uns gerade mit Blick auf die aggressive Seite der Band einen etwas transparenteren Mix gewünscht hätten. Doppelt schade ist indes, dass den US-Amerikanern anders als ihren motivierten Anhänger:innen offenbar vorzeitig die Puste ausgeht: Trotz im Spielplan angesetzter 60 Minuten danken STICK TO YOUR GUNS nach nicht einmal einer Dreiviertelstunde bereits ab – ein enttäuschendes Ende eines sonst soliden Auftritts.

STICK TO YOUR GUNS Setlist – ca. 42 Min.

1. Nobody
2. What Goes Around
3. Married To The Noise
4. Such Pain
5. The Sun, The Moon, The Truht: “Penance of Self”
6. Nothing You Can Do To Me
7. Doomed By You
8. No Tolerance
9. Hush
10. Bringing You Down
11. Amber
12. What Choice Did You Give Us?
13. Against Them All

Fotogalerie: STICK TO YOUR GUNS


WOLFHEART

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Ein wenig Melancholie haben in der Zwischenzeit WOLFHEART mitgebracht, deren Melodic Death Metal live in eine ähnliche Kerbe aus Emotion und Intensität schlägt wie bei den Landsmännern von INSOMNIUM. Was die Finnen um Bandkopf Tuomas Saukkonen von den Kollegen unterscheidet? Da wäre zum einen das martialische Auftreten, das bei den schwarzen Hirsch-Schädeln an den Mikroständern anfängt und bei Saukkonens Gitarrengurt in Form einer Eisenkette aufhört. Aber auch die Kompositionen selbst wirken bewusst ruppiger und weniger glattgebügelt, was dem Quartett eine recht eindringliche Präsenz verleiht.

Das lässt die wenigen klar gesungenen Passagen von Bassist Lauri Silvonen umso bedeutender erscheinen, der ansonsten die Bühne seinen Kollegen überlässt, die dem einen oder anderen Solo nicht abgeneigt sind. Das Publikum quittiert Spielkünste und Einsatz der Musiker zwischen den Songs mit lautstarkem Beifall und lässt sich beim melodischen „The Hunt“ gerne zum Mitklatschen animieren, beobachtet die Performance ansonsten aber lieber aufmerksam, anstatt vollen Körpereinsatz zu zeigen.

Dank ihres beherzten Auftretens heben WOLFHEART ihre Songs auf ein neues Niveau

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Ausgenommen hiervon ist der kleine Circle Pit aus Hartgesottenen, die der sonst unablässig headbangende Vagelis Karzis an der Gitarre mit ein paar deutlichen Gesten anzustacheln weiß. Der Freude an der Show kann dort nicht einmal die kleine technische Störung etwas anhaben, welche WOLFHEART dazu veranlasst, das Intro des nachdenklichen „Aeon of Cold“ nach dem vorzeitigen Abbruch ein zweites Mal zu starten. Auch wir genießen derweil die genretypische Mischung aus Härte und Melodie, bei der die Nordeuropäer glücklicherweise ein gutes Händchen für die richtige Balance bewahren.

Den getragenen, langsameren Passagen setzt die Band wie in „Boneyard“ oder „Zero Gravity“ regelmäßig donnernde Blastbeats und schneidende Riffs entgegen – ein perfektes Beispiel, wie ein beherztes Auftreten die eigenen Songs auf ein ganz neues Niveau heben kann.

WOLFHEART Setlist – ca. 60 Min.

1. Skyforger
2. Ghost of Karelia
3. The Hunt
4. Aeon of Cold
5. Boneyard
6. Strength And Valor
7. Breakwater
8. The King
9. Zero Gravity
10. The Hammer

Fotogalerie: WOLFHEART


BEARTOOTH

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„Summer Breeze, are you fucking ready!?“ Es braucht nicht mehr als diese eine Frage, bis das Battlefield vollkommen explodiert. BEARTOOTH sind innerhalb der letzten vier Jahre vom Geheimtipp zum potenziellen Headliner mutiert und beweisen nun nach der starken Hallen-Tour im Frühjahr, dass sie auch die großen Open-Air-Bühnen dominieren. Wo die US-Amerikaner auftreten, geht das Intensitätslevel binnen kürzester Zeit durch die Decke. Dafür sorgen die groovenden Rhythmen und die rotzigen Riffs, aber auch Frontmann Caleb Shomo, der sich während der ersten Töne des Openers „Devastation“ komplett losgelöst um die eigene Achse dreht.

Mit dem unverkennbaren Löwen-Tattoo auf der Brust zeigt der Sänger dabei schnell, wer hier die Töne angibt: Dass man zum Klassiker „The Lines“ auf und ab springen soll, klingt aus seinen Lippen mehr wie ein Befehl, denn freundliche Bitte. Vor der Main Stage gehorcht man ob so viel Selbstbewusstsein natürlich ohne Widerrede und setzt dem Ganzen anschließend noch eins drauf. Zu „Disease“ werden die Crowdsurfer scharenweise nach vorne gereicht – manchmal gar im Doppelpack aufeinander.

BEARTOOTH eilen in Rekordtempo von Höhepunkt zu Höhepunkt

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Die Energie, die BEARTOOTH mit ihren eingängigen, aber auch schlagkräftigen Songs entwickeln, ist hochgradig ansteckend, was nicht zuletzt der Verdienst von Drummer Connor Denis ist, der mit seinem energischem Spiel für ordentlich Zug sorgt und zwischendurch sogar noch die Zeit findet, wie in der räudigen Rock-Hymne „Bad Listener“ die Haare fliegen zu lassen. Dass Caleb Shomo selbst manchmal etwas heiser klingt, tut der Stimmung dabei keinen Abbruch. Im Gegenteil, sogar die etwas maue Single „Might Love Myself“ entwickelt auf der Bühne ungeahnten Drive.

Vom massiven Circle Pit in “Hell of It”, über die Singalongs “Hated” und “In Between” bis zum coolen Solo in „You Never Know“ eilen BEARTOOTH im Rekordtempo von einem Höhepunkt zum nächsten, nur um bereits nach knapp 55 Minuten mit dem Hauptset durch zu sein. Was folgt, ist wahrscheinlich die größte Zeitschinderei des Festivals, bei der designierte Rampensau Shomo durch ausgedehnte Singspiele und minutenlanges Ausharren auf der Bühne versucht, die Spielzeit zu strecken. Mit lediglich zwei Zugaben, bei deren Finale „The Last Riff“ der Bandchef schließlich eigenhändig zur E-Gitarre greift und sich einen Weg durchs Publikum bahnt, endet das Gastspiel aber dennoch rund zehn Minuten vor der geplanten Zeit. Ein etwas unrühmliches Ende einer sonst außergewöhnlich mitreißenden Show.

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BEARTOOTH Setlist – ca. 70 Min.

1. Devastation
2. The Lines
3. Disease
4. Sunshine!
5. Beaten in Lips
6. Bad Listener
7. You Never Know
8. Hell of It
9. Might Love Myself
10. Body Bag
11. Hated
12. Riptide
13. In Between
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14. The Past Is Dead
15. The Last Riff

Fotogalerie: BEARTOOTH


OBITUARY

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Rockstar-Allüren sucht man bei OBITUARY vergeblich: Wie bereits auf der Tour mit HEAVEN SHALL BURN kommt Sänger John Tardy erst beim zweiten Stück des Sets auf die Bühne spaziert, nachdem seine Kollegen mit dem drückenden Instrumental „Redneck Stomp“ das Publikum schon vorab etwas bearbeitet haben. Widerstand leistet selbiges allerdings ohnehin kaum. Im Gegenteil, die durchaus beachtlichen Massen vor der T-Stage lassen sich vom gut abgemischten und live durchaus gewaltigen Death Metal der Veteranen bereitwillig überrollen.

Anders formuliert: Der Moshpit nimmt im vergleichsweise flotten „Sentence Day“ unmittelbar an Fahrt auf, während Frontmann Tardy auf den Brettern nicht viel tun muss, um mit der ganzen Macht der Routine und seiner heute angenehm kernigen Vocals die Aufmerksamkeit der Fans einzufordern. Überhaupt wirkt die Band in diesen Anfangsminuten motiviert und aufgeweckt, ohne ihrerseits allzu viele Meter gut zu machen.

OBITUARY walzen am Donnerstagabend alles und jeden nieder

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Stattdessen lassen OBITUARY ihre Songs sprechen, die wie „The Wrong Time“ oder „Visions In My Head“ gerne mit einem unwiderstehlich groovenden Fundament alles und jeden niederwalzen. Analog hält sich die Band nicht mit langen Reden auf, hält die Wortwechsel angenehm kurz, so dass wir zwischen den einzelnen Nummern eigentlich kaum Zeit haben, unsere Gedanken zu sortieren. Auf diese Weise präsentieren die fünf Musiker vorwiegend ihr aktuelles Album „Dying Of Everything“ (2022) vergessen zwischen jüngeren Tracks à la „Barely Alive“ aber nicht so wichtige Klassiker der Marke „Slowly We Rot“. Alles in allem also eine schöne, unaufgeregte Machtdemonstration am Donnerstagabend.

Fotogalerie: OBITUARY


TRIVIUM

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Der Rahmen mag der gleiche sein, ansonsten ist eigentlich jeder TRIVIUM-Auftritt eine kleine Wundertüte. Auf ihrer Winter-Tour mit HEAVEN SHALL BURN spendierten die US-Amerikaner nahezu jeder Stadt einen exklusiven Song und auch heute findet sich neben ein paar obligatorischen Hits eine ganze Reihe Material, auf das wir im Februar noch verzichten mussten. Zunächst aber geht es mit dem furiosen „In The Court Of The Dragon“ direkt von null auf 100, während Alex Bent hinter dem Schlagzeug mit Blastbeats und Fills die Intensität nach oben schraubt.

Selbst die 192. Show des aktuellen Tour-Zyklus lässt bei TRIVIUM keine Verschleißerscheinungen vermuten. Die Band, welche vor dem farbenfrohen Backdrop auf den ersten Blick eher unscheinbar bleibt, legt sich bei jedem Stück aufs Neue ins Zeug und verlangt von ihren Anhänger:innen mindestens die gleiche Hingabe. So erklärt Sänger und Gitarrist Matt Heafy die Menge nicht nur zum wiederholten Male zu seinen „Freund:innen“, sondern kitzelt noch das letzte Quäntchen Energie aus den Fans heraus, indem er an ihre Ehre appelliert. Man wolle doch nicht den Vergleich mit dem BRUTAL ASSAULT verlieren!?

Immer wieder zeigen sich die gut aufgelegten TRIVIUM von ihrer technisch brillanten Seite

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Klare Sache also, dass zu „Down From The Sky” die Fäuste nach oben gehen, bevor im Evergreen „Strife“ das komplette Programm auf einmal abgespult wird: Heafy will das SUMMER BREEZE springen und klatschen, aber auch im Circle Pit sehen – ein Wunsch, den man am Donnerstagabend gerne erfüllt. Für die Gitarrenconnaisseure stimmen TRIVIUM darüber hinaus mit „Becoming The Dragon“ einen richtigen Oldie an, der die Band von ihrer technisch brillanten Seite zeigt.

Was Bassist Paolo Gregoletto nach seiner Not-Operation Anfang August noch an Bühnenpräsenz vermissen lässt, macht der unablässig grimassenschneidende Bandchef dagegen locker wett: Wenn Heafy nicht gerade demonstrativ die Zunge herausstreckt, verleiht er seinen Worten mit überschwänglicher Gestik besonderen Nachdruck. Das gleicht die sonst eher zweckmäßige visuelle Show locker aus, die uns aber im Finale von „Feast Of Fire“ doch zu überraschen vermag, als plötzlich auf dem Bühnendach gigantische Flammensäulen den Nachthimmel erhellen.

TRIVIUM-Frontmann Matt Heafy wagt sich für ein Solo in den Fotograben

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Das stachelt natürlich weiter an, wie sich im letzten Drittel des Sets bemerkbar macht, wo der Circle Pit während „Amongst The Shadows And The Stones“ beängstigende Ausmaße annimmt, bevor zum Ende hin noch einmal in die Festival-Animationskiste gegriffen wird. Nicht nur findet sich Fronter Matt Heafy für sein Solo in „A Gunshot To The Head Of Trepidation“ an der ersten Reihe im Fotograben wieder, auch für das große Finale „In Waves“ ist die Hilfe der Anhänger:innen gefragt: Aus der Hocke zu springen ist für das SUMMER BREEZE nach rund anderthalb Stunden Vollgas natürlich beinahe eine Selbstverständlichkeit – einen Gefallen, den man „seinen Freunden“ ohne wenn und aber gerne erfüllt.

TRIVIUM Setlist – ca. 90 Min.

1. In The Court Of The Dragon
2. Down From The Sky
3. The Sin And The Sentence
4. A Sword Over Damocles
5. Becoming The Dragon
6. Until The World Goes Cold
7. Strife
8. Feast Of Fire
9. Amongst The Shadows And The Stones
10. Insurrection
11. Catastrophist
12. The Heart From Your Hate
13. A Gunshot To The Head Of Trepidation
14. In Waves

Fotogalerie: TRIVIUM


AMENRA

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Mit ein wenig Verspätung erreichen wir die T-Stage, wo AMENRA zu diesem Zeitpunkt bereits voll in ihrer Musik versunken sind. Das ist für uns bitter, gibt uns jedoch dadurch auch kaum Gelegenheit, über das bislang Verpasste nachzudenken. Stattdessen ziehen uns die Belgier umgehend in ihren Bann, obwohl ihr heutiges Set im Vergleich zur Tour mit IGORRR nur ein marginales Update erhalten hat.

Für uns allerdings kein Problem, denn obwohl bereits die Club-Show eine ganz eigene Magie hatte, empfinden wir den heutigen Auftritt unter freiem Himmel und vor der Kulisse des farbig ausgeleuchteten Walds hinter der T-Stage noch vereinnahmender als zuletzt. Die dezenten Videoprojektionen im Hintergrund kommen besser zur Geltung, während das Stageacting von Frontmann Colin H. van Eckhout, welcher große Teile der Show mit dem Rücken zum Publikum bestreitet, noch hypnotisierender wirkt.

Der Sound ist dabei exzellent, so dass wir zusehends in der Laut-Leise-Dynamik von Stücken wie „Diaken“ oder „A Solitary Reign“ versinken. Massive Riffwände sterben in zerbrechlichen und stillen Passagen, nur um sich alsbald wieder mit unvergleichlicher Wucht aufzubäumen. AMENRA live ist ganz großes Kino und zweifelsohne einer großen Höhepunkte an diesem zweiten Festivaltag.


AHAB

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„Ich muss euch leider enttäuschen, wir sind nicht BLOODBATH.“ – Die Lacher haben AHAB direkt auf ihrer Seite. Vorausgegangen war dieser trockenen Anmerkung nämlich das achteinhalbminütige „Mobilis in Mobili“, das mit seinen mächtigen Riffwänden bei gedrosseltem Tempo ohnehin alle Zweifel ausgeräumt haben sollte. Die eigentlich vorgesehene Death-Metal-Supergroup schaffte es aufgrund von Überschwemmungen am Frankfurter Flughafen nicht rechtzeitig, weshalb die Band kurzerhand mit AHAB die Slots tauschte.

Das Schöne daran: Wir müssen nicht bis 2 Uhr morgens ausharren, um dem atmosphärischen Funeral-Doom des sympathischen Quartetts beizuwohnen. Es ist unser erstes Aufeinandertreffen mit der Gruppe im Live-Format und doch wissen wir bereits nach den Auftakt-Minuten, dass wir uns jederzeit wieder von den ausladenden und beizeiten erdrückenden Kompositionen in die Tiefe ziehen lassen würden. Noch emotionaler und durchdringender als auf Platte packen uns die Arrangements, lassen uns zwischendurch aber auch kurz an die Oberfläche zurück, um nach Luft zu ringen.

AHAB zu später Stunde ist eine packende Erfahrung

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Weniger schön am Positionstausch ist hingegen unser anstehendes Date an der Main Stage: Nur ungern verlassen wir die Nebenbühne vorzeitig in Richtung Battlefield – insbesondere mit der neu gewonnenen Erkenntnis im Hinterkopf, dass AHAB zu später Stunde eine ungemein intensive Erfahrung sein können.

Fotogalerie: AHAB


SLEEP TOKEN

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Den Briten SLEEP TOKEN eilt bezüglich ihrer Live-Shows ein ähnlicher Ruf voraus. Tatsächlich ist die Formation in den Monaten seit unserem letzten Aufeinandertreffen im Vorprogramm von ARCHITECTS regelrecht durch die Decke gegangen. Die Singles des aktuellen Albums „Take Me Back To Eden“ (2023) erreichen auf YouTube Klickzahlen in Millionenhöhe, in London spielt man demnächst vor ausverkauftem Haus in der Wembley Arena und für die anstehende Deutschland-Tour rechnet man ebenfalls mit mehreren tausend Besucher:innen pro Show.

Eine ganze Menge Vorschusslorbeeren, deren gerecht zu werden nicht die leichteste Aufgabe ist. Zumal wir uns erst einmal in Geduld üben müssen, denn offenbar läuft im Hintergrund noch nicht alles rund. Eine geschlagene Viertelstunde dauert es, bis Frontmann Vessel endlich die Bühne betritt und mit den ersten Tönen von „Chokehold“ umgehend aufzeigt, weshalb SLEEP TOKEN derzeit so heiß gehandelt werden.

SLEEP TOKEN nehmen ihr Publikum binnen kürzester Zeit gefangen

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Die Performance des anonymen Sängers mag vor Pathos triefen und doch geht jedes einzelne Wort direkt unter die Haut. Die Unterstützung des drei Köpfe starken Background-Chors wäre nicht einmal essentiell, verleiht den souligen bis poppigen Passagen von Songs à la „The Love You Want“ oder „Granite“ jedoch die extra Ladung Melodramatik. Auf diese Weise nehmen SLEEP TOKEN ihr Publikum binnen kürzester Zeit gefangen, obwohl Mastermind Vessel komplett auf den Dialog mit der Menge verzichtet.

Die Verbindung zwischen Band und Fans entsteht durch die außergewöhnliche Atmosphäre, welche nicht beim maskierten Erscheinungsbild der Bandmitglieder aufhört. Wir müssen nur Bassist III eine Weile beobachten, um zu erkennen, wie viel Persönlichkeit allein sein exzentrisches Gebaren auf der Bühne in sich trägt. Schlagzeuger II besticht seinerseits durch akzentuiertes und detailverliebtes Drumming in „Hypnosis“, wohingegen Gitarrist IV meist dann in Erscheinung tritt, wenn SLEEP TOKEN ihren gefühlvollen Arrangements einige Djent-Riffs und Breakdowns entgegensetzen.

Mit Kontrasten und akzentuiertem Gesang erzeugen SLEEP TOKEN eine einzigartige Atmosphäre

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Diese Kontraste erzeugen in Verbindung mit Vessels außergewöhnlicher Stimme diese einzigartige Atmosphäre, der wir uns nur schwer entziehen können. Vielleicht ist der überwältigende Jubel, welcher der Gruppe zwischen den einzelnen Stücken entgegenschwappt, in seinem Enthusiasmus etwas übertrieben, anstecken lassen wir uns dennoch, nachdem wir den losgelösten Frontmann dabei beobachtet haben, wie er erst ekstatisch den Bühnenrand entlanggetanzt war, um wenig später völlig in sich gekehrt hinter dem Keyboard Platz zu nehmen. Berauschend!

SLEEP TOKEN Setlist – ca. 50 Min.

1. Chokehold
2. The Offering
3. Like That
4. Granite
5. Vore
6. Hypnosis
7. The Love You Want
8. Alkaline
9. The Summoning
10. Higher

Fotogalerie: SLEEP TOKEN


Freitag, 18. August 2023

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Unser vorletzter Tag in Dinkelsbühl soll unser Durchhaltevermögen endgültig auf die Probe stellen. Nicht nur stehen um zwei Uhr nachts SHADOW OF INTENT auf dem Programm, auch vermeldet die Vorhersage bis in die Abendstunden kaum eine Wolke am Himmel. Genügend Wasser und Sonnencreme sind also die Grundvoraussetzung, wenn wir knapp 14 Stunden auf dem Infield verbringen wollen. Lange Pausen sind uns nicht vergönnt, denn für den Freitag haben sich u.a. ORBIT CULTURE, SOEN, POWERWOLF und ELUVEITIE angekündigt. Dass wir wie am Vortag ein paar schmerzliche Überschneidungen in der Running Order in Kauf nehmen müssen, ist eben der Lauf der Dinge auf einem Festival wie dem SUMMER BREEZE. Zunächst jedoch entscheiden wir uns für die T-Stage und damit gegen SKÁLMÖLD, welche auf der großen Bühne gerade das Folk- und Pagan-Metal-Publikum glücklich machen.


BLOODRED HOURGLASS

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Das Alternativprogramm gestalten in der Zwischenzeit BLOODRED HOURGLASS, die mit drei Gitarristen und einem alten Bekannten zum Kardio-Training laden: Dass man vom SUMMER BREEZE so viel Einsatz erwarten kann, weiß Lauri Silvonen, welcher am Tag zuvor bereits mit WOLFHEART auf der gleichen Bühne stand. Nun jedoch schaltet er mit seiner zweiten Band einen Gang höher, weshalb auch der Circle Pit in der Mittagsglut ein paar Umdrehungen pro Minute zulegt.

Funktionieren kann das in dieser Form aber nur, weil der zumeist recht klassische Melodic Death Metal der Finnen nicht nur gut ins Ohr geht, sondern oftmals direkt nach vorne. Die neuen Tracks „The End We Start From“ mit seinem dosierten Klargesang sowie „The Sun Still In Me“ zünden dabei ebenso erfolgreich wie das längst erprobte Liedgut Marke „Drag Me The Rain“, „Nightmares Are Dreams Too“ oder „Veritas“. Eine Dreiviertelstunde lang beißen sich BLOODRED HOURGLASS mit einer schnörkellosen wie überzeugenden Performance in unseren Gehörgängen fest, ohne zum unweigerlichen Abschied ein kleines Trostpflaster zu vergessen – schon im Herbst folgt das nächste Full-Length-Album „How’s The Heart“. Etwaige Entzugserscheinungen müssen wir somit nicht allzu lange überbrücken.

Fotogalerie: BLOODRED HOURGLASS


IMMINENCE

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Es kommt mit ein wenig Verspätung, aber endlich ernten IMMINENCE die Früchte ihrer Arbeit: Mit dem noch aktuellen Werk „Heaven In Hiding“ (2021) fanden die Schweden endlich zwischen Metalcore und Modern Metal ihren Stil, mit dem sie im vergangenen Jahr auch live einige erfolgreiche Touren absolvieren konnten. Der Lohn kommt in diesem Sommer in Form attraktiver Slots auf den wichtigsten Metal-Festivals – auf dem SUMMER BREEZE dürfen IMMINENCE gar auf der Main Stage ran, wo sie zu einer ähnlichen Uhrzeit wie LORNA SHORE im vergangenen Jahr zwar nicht die gleichen Publikumsmassen mobilisieren, aber dafür mit einer überragenden Performance punkten können.

Klar, schon im starken Opener „Ghost“ sind die Einflüsse des Quintetts nicht von der Hand zu weisen: Ein gute Dosis ARCHITECTS aus der Prä-2020-Ära verleiht dem Stück eine ungemeine Energie, die sich ideal auf die Bühne transportieren lässt. Doch auch ältere Songs gehen Dank Sänger Eddie Bergs makelloser Gesangsleistung unter die Haut. „Infectious“ oder „Erase“ dienen als ideale Beispiele, wobei der Frontmann bei Letzterem lautstarke Unterstützung aus der Menge erhält. Im Gegenzug spendiert das SUMMER BREEZE den fünf engagierten Skandinaviern im vergleichsweise harten „Paralyzed“ den ersten Circle Pit des noch jungen Gigs.

IMMINENCE-Frontmann Eddie Berg demonstriert seine Fähigkeit zum Multitasking

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So könnte es unserer Ansicht nach noch eine ganze Weile weitergehen, zumal Sänger Eddie Berg in der neuen Single „Desolation“ sogar eindrucksvoll seine Fähigkeit zum Multitasking demonstriert, indem er zeitgleich den Lead-Gesang übernimmt, während er die Violine bedient. Leider jedoch macht uns der heutige Spielplan einen Strich durhc die Rechnung, weshalb wir uns im Laufe der zweiten Konzert-Hälfte vorzeitig verabschieden müssen, um pünktlich die andere Seite des Infields zu erreichen.

Fotogalerie: IMMINENCE


ORBIT CULTURE

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Obwohl IMMINENCE und ORBIT CULTURE eigentlich in verschiedenen Genres unterwegs sind, teilen sich beide Formationen eine beachtliche Schnittmenge an Fans, wie die gemeinsam mit uns an die T-Stage strömende Fanschar nahelegt. Folglich ein potenziell unglücklicher Slot, möchte man meinen, doch bezüglich mangelnden Interesses können sich die Schweden indes ebenso wenig beschweren wie über fehlenden Enthusiasmus.

Für die entsprechende Resonanz haben die Skandinavier sowieso vorgesorgt, indem sie uns den Überhit „North Star Of Nija“ direkt zum Einstieg um die Ohren pfeffern. Die Gitarren sind fett, das Schlagzeug tight und die Growls von Gitarrist Niklas Karlsson mächtig; kurzum, ORBIT CULTURE präsentieren sich an diesem Nachmittag in Höchstform. Tatsächlich feiern die vier Musiker heute auf dem SUMMER BREEZE einen besonderen Anlass: Zum Release-Termin des neuen Albums „Descent“ stellt die Formation den groovenden Titeltrack vor und bestätigt damit die bisherigen Impressionen der Platte.

ORBIT CULTURE servieren eine Live-Granate nach der anderen

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Sowohl „Alienated“ mit seinem Circle Pit als auch das kompromisslose „Vultures Of North“ sind regelrechte Live-Granaten, nachdem das ausladende „A Sailor’s Tale“ mit seinem eingängigen Refrain zuvor jegliche Zweifel an der Festivaltauglichkeit ORBIT CULTUREs ausgeräumt hatte: Während sich der Pit passend zum Songtitel plötzlich zum gemeinsamen Rudern verabredet, nutzt ein komplett ausstaffierter Piratenkapitän die Gelegenheit, um im Zentrum eine geheimnisvolle Schatzkiste zu präsentieren. Wüssten wir es nicht besser, hätten wir die Szene als inszenierte Einlage abgetan, die eigentlich zu schön ist, um wahr zu sein. Was letzten Endes auch das komplette Gastspiel ORBIT CULTUREs auf dem SUMMER BREEZE OPEN AIR treffend wiedergibt.

ORBIT CULTURE Setlist – ca. 45 Min.

1. North Star Of Nija
2. Strangler
3. The Shadowing
4. Descent
5. A Sailor’s Tale
6. Alienated
7. From The Inside
8. Vultures Of North

Fotogalerie: ORBIT CULTURE


FIT FOR AN AUTOPSY

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Mit „Oh What The Future Holds” (2022) manövrierten FIT FOR AN AUTOPSY den Deathcore in eine frische und vorwärts gewandte Zukunft. Live hingegen setzt die Band auf erprobte Trademarks, die ein Festival-Areal schnell in ein Schlachtfeld verwandeln. Auf dem SUMMER BREEZE geschieht das in Rekordzeit, als der Opener „A Higher Level Of Hate“ über uns hereinbricht. Mit altem wie neuem Material heizt das Quintett den Pit an, sodass es bereits in „Savages“ die Abkühlung durch den Wasserschlauch braucht, um das Energielevel auch für die zweite Hälfte des Sets entsprechend hoch zu halten.

Die aktuelle Single „Hellions“ feiert die Meute anschließend mit einer satten Wall of Death, woraufhin FIT FOR AN AUTOPSY in „Absolute Hope Absolute Hell“ noch einmal zum Rundumschlag ausholen, bevor die Formation uns zum Abschluss doch an der fortschrittlichen Evolution ihres Sounds teilhaben lässt. „Pandora“ und „Far From Heaven“ runden eine explosive Performance mit progressiven Anleihen und dezenten Clean-Vocals ab. Wir können uns nicht beschweren: Heute gab es tatsächlich das Beste aus beiden Welten.

FIT FOR AN AUTOPSY Setlist – ca. 45 Minuten

1. A Higher Level Of Hate
2. Iron Moon
3. Black Mammoth
4. Savages
5. The Sea Of Tragic Beasts
6. Warfare
7. Hellions
8. Absolute Hope Absolute Hell
9. Pandora
10. Far From Heaven

Fotogalerie: FIT FOR AN AUTOPSY


LEGION OF THE DAMNED

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Zwar haben LEGION OF THE DAMNED diesen Sommer ein neues Album im Gepäck, zum Auftakt geht es für die Niederländer aber erstmal zurück zu den Wurzeln. Mit dem selbstbetitelten „Legion Of The Damned“ hat man das textsichere Publikum ohne Umschweife im Sack, was für die folgende Show nicht nur gute Stimmung garantiert, sondern auch eine Sache vor Augen führt: Hier stehen überwiegend Veteranen und langjährige Begleiter:innen der Band vor der Bühne.

Da trifft es sich gut, dass Fronter Maurice Swinkels einen ausgezeichneten Tag erwischt hat und daher seine Texte so pointiert wie gallig an den Mann bringt. Überhaupt findet der Mix ein gutes Gleichgewicht aus Transparenz und Durchschlagkraft, was einem Klassiker à la „Slaughtering The Pigs“ ebenso zugutekommt wie dem starken „Beheading Of The Godhead“ vom aktuellen Werk “Poison Chalice“ (2023). Davon haben LEGION OF THE DAMNEDnoch einige weitere Hörproben im Gepäck, mit welchen wir uns angesichts des bis dato souveränen Auftretens der Musiker gerne die Gehörgänge freigepustet hätten. Wie es die Running Order aber so will, müssen wir leider vorzeitig weiterziehen – hoffentlich werden wir das im Nachhinein nicht bereuen.

Fotogalerie: LEGION OF THE DAMNED


WHILE SHE SLEEPS

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Während die meisten Bands die Sommer-Festivals für Fan-Service nutzen und die eigene Diskografie im Best-of-Format abspulen, gestehen uns WHILE SHE SLEEPS nur gelegentlich einen Blick in die Vergangenheit zu. „You Are We“ und „Four Walls“ lassen uns ob der absurden Menge an Crowdsurfern ungläubig an den Kopf fassen, während „Silence Speaks“ als größter Hit der Bandgeschichte natürlich auch irgendwie Teil des Sets sein muss. Ansonsten aber gibt es ausschließlich Material der letzten beiden Platten, was einerseits mutig ist, im Vergleich zur letztjährigen Tour mit PARKWAY DRIVE aber kaum Neues bereithält.

Der Party-Stimmung vor der Main Stage tut dies jedenfalls keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. An Intensität ist die Show der Briten wohl kaum zu überbieten, als mit dem eröffnenden „Sleeps Society“ und dem folgenden „Anti-Social“ alle Dämme brechen. Frontmann Loz Taylor – heute in Sonnenbrille, Shorts und Netzstrumpfhose – stürmt pausenlos über die Bühne, wobei er mehrfach nur haarscharf an einer Kollision mit seinen nicht minder aktiven Kollegen vorbeischrammt.

Bassist Arran McKenzie sucht früh den Weg über den Wellenbrecher ins Publikum

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Für Arran McKenzie scheint dagegen sogar die große Hauptbühne zu klein: Bereits im dritten Song „You Are All You Need“ sucht der Bassist den Weg über den Wellenbrecher ins Publikum, wo er dann auch den restlichen Song inmitten eines Pulks ekstatischer Anhänger:innen bestreiten soll. Eine energetische Performance und eingängige wie adrenalingeschwängerte Hit-Singles – mehr braucht es nicht, um einen regulären Festivalauftritt in einen verdammten Hexenkessel zu verwandeln; ob das nun mit neuem oder altem Liedgut geschieht, scheint plötzlich einerlei.

Fotogalerie: WHILE SHE SLEEPS


SOEN

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Aus irgendeinem Grund fühlen wir uns auf einmal underdressed. Liegt es am bloßen Auftreten SOENs oder der musikalischen Expertise der fünf Schweden, die ihr Talent mit so viel Stil anreichern, dass wir am liebsten vor der T-Stage niederknien würden. Das variable und kreative Schlagzeugspiel Martin Lopez‘ (ex-OPETH) bildet das Rückgrat für eine Show, welche den Spagat zwischen ungeniert rockig und intellektuell erhaben schlägt.

Während „Deceiver“ und „Monarch“ als Songs des noch aktuellen Werks „Imperial“ (2021) mit vergleichsweise geradlinigem Riffing und ordentlich Power den Unterhaltungsgrad hochschrauben, finden die progressiv und wesentlich ruhiger angehauchten „Savia“ und „Lascivious“ genügend Momente, um mit geschlossenen Augen in der Musik zu versinken. Wie viel Gefühl allein Sänger Joel Ekelöf in jede Note legt, ist in Worten schwer auszudrücken. Jedenfalls weiß der Frontmann ganz genau, wie er in einem Augenblick unsere Herzen zum Schmelzen bringt, nur um kurz darauf ganz dezent den Rockstar hervorblitzen zu lassen.

Es ist beeindruckend, wie gut SOEN als Einheit funktionieren

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Daher folgt das SUMMER BREEZE der Aufforderung zum fantastischen „Martyrs“ mitzuspringen ohne Widerrede und staunt nicht schlecht, als Ekelöf während der Hitsingle „Antagonist“ auf den Frontboxen vor der Bühne auf und ab läuft, während hinter ihm die Flammen emporschießen. Beeindruckender als diese Einzelperformance ist allerdings, wie ungemein gut SOEN als Einheit funktionieren – jede Individualleistung trägt letztendlich zu einer berührenden Gesamterfahrung bei, die am Ende dieser magischen Stunde völlig zu Recht mit frenetischem Beifall bedacht wird.

Fotogalerie: SOEN


FUMING MOUTH

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Neugier ist der Katze Tod – und vielleicht auch des Festivalbesuchers, sollte man sich in diesen Minuten zu nahe vor die zentral gelegene Rebel Stage wagen. Denn obgleich FUMING MOUTH um Frontmann Mark Whelan mit seinen rot und blau gefärbten Haaren nicht danach aussehen mag, zelebriert die Band mit ihrem räudigen Death Metal samt Crust-Einschlag eine Seite des Genres, die manch Metalhead schon ausgestorben wähnte.

Dementsprechend heftig geht es im Pit zur Sache, wo zwar allerlei Extremitäten, aber glücklicherweise und zu unserer Überraschung keine Zähne durch die Luft fliegen. Trotz sparsam eingewobener Cleans spricht das eröffnende „Beyond The Tomb“ offenbar gewisse animalische Instinkte an, welche das Trio im Folgenden mittels „Master Of Extremity“ noch weiter herauszukitzeln vermag. Kurzum: keine Band für Zartbesaitete, sondern ein herrlich dreckiger Brocken Wut am Nachmittag – da lohnt es sich auch, einen zweiten Blick auf das wilde Treiben vor der Bühne zu riskieren.

Fotogalerie: FUMING MOUTH


DYING FETUS

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Man möchte kaum glauben, dass in Kürze die volle Ladung Death Metal über das T-Areal hereinbrechen soll: Wenige Minuten vor Showbeginn tanzen im Foto-Pit die gut gelaunten Sicherheitskräfte der Grabenschlampen zum Pop-Klassiker „YMCA“, was in der Menge vor ihnen schnell einige Nachahmer findet. Nennen wir es ein sanftes Aufwärmprogramm, damit die Gelenke vorgedehnt sind, wenn DYING FETUS zum Vollkontaktsport aufrufen.

Stillstehen kann man in der Mitte nämlich kaum noch, als das Trio nach dem leidlich originellen „The Boys Are Back In Town“-Intro mit „One Shot One Kill“ direkt ans Eingemachte gehen. Ähnlich wie OBITUARY am Vorabend und CANNIBAL CORPSE im letzten Jahr zieht der Auftritt der Extreme-Metal-Veteranen eine ganze Reihe neugierige Gesichter vor die Bühne, die sich neben ganz neuen Hörproben à la „Unbridled Fury“ vor allem über eine wilde Mischung der eigenen Diskografie freuen darf. Zu „We Are Your Enemy“ vom Zweitwerk „Killing on Adrenaline” (1998) dreht sich der Circle Pit unablässig weiter, nachdem er in „Subjected To A Beating“ erst richtig an Fahrt aufgenommen hatte.

DYING FETUS kombinieren brutale Parts mit einer gelegentlichen Portion Groove

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Schnelle wie brutale Parts setzen DYING FETUS wie in „In The Trenches“ eine satte Ladung Groove entgegen, was in einer durchaus feinen Mischung resultiert, zumal die Band nicht nur im packenden „Grotesque Impalement“ beide Seiten spielend leicht miteinander zu verschmelzen weiß. Dass in der Zwischenzeit auf der Bühne nicht allzu viel los ist – immerhin teilen sich ja Gitarrist John Gallagher und Bassist Sean Beasly bekanntlich die Vocals -, fällt dagegen kaum ins Gewicht. Im Zweifelsfall wagen wir einfach einen weiteren Blick in den Foto-Pit; wer weiß, vielleicht haben sich die Grabenschlampen auch eine Choreografie zu „Praise The Lord (Opium For The Masses)“ ausgedacht – das zählt ja mittlerweile sicherlich auch als Klassiker.

DYING FETUS Setlist – ca. 60 Minuten

1. One Shot One Kill
2. Subjected To A Beating
3. We Are Your Enemy
4. Unbridled Fury
5. In The Trenches
6. Grotesque Impalement
7. Compulsion FOr Cruelty
8. Praise The Lord (Opium For The Masses)
9. Your Treachery Will Die With You
10. From Womb To Waste
11. Wrong One To Fuck With

Fotogalerie: DYING FETUS


POWERWOLF

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POWERWOLF und das SUMMER BREEZE. Tatsächlich verbinden Band und Festival eine lange gemeinsame Geschichte. Wir müssen selbst tief in unserem Gedächtnis graben, um die Erinnerungen an das Jahr 2005 zu aktivieren, als die Saarländer erstmalig das Open Air an seinem alten Standort in Abtsgmünd beehrten. Seitdem ist man vom Opening Act zum mehrfachen Headliner aufgestiegen – eine beispiellose Entwicklung, welche die Könige des deutschen Power Metal mit einer ihrer aufwendigsten Produktionen feiern wollen.

Dazu haben POWERWOLF nicht einfach nur ihre komplette aktuelle Tour-Produktion eingepackt, sondern ein paar zusätzliche Überraschungen über den Lauf des anderthalbstündigen Sets verteilt. Die Eckdaten jedenfalls sind erstmal die gleichen: Eine riesige LED-Leinwand bildet durch die animierten Hintergründe den jeweils passenden Rahmen für alte wie neue Hits, während die eingängigen und stets bombastisch arrangierten Stücke mit einer Vielzahl an visuellen Effekten von Flammenwerfern bis Schneekanonen aufgewertet werden.

Natürlich schwingt auch heute POWERWOLF-Sänger Attila Dorn den Weihrauchkessel

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Der einzige Haken an der Sache: Raritäten oder sogenannte Deep Cuts finden sich in der Songauswahl nicht. Dass sich das Quintett heute auf ein Best-of-Programm konzentriert, ist auf einem Festival aber natürlich nicht die schlechteste Entscheidung, zumal das Battlefield bis in die letzten Ecken mit treu ergebenen Fans gefüllt ist, welche sich den diesjährigen Segen von Frontmann Attila Dorn abholen möchten. Selbiger schwingt selbstverständlich auch heute Abend den Weihrauchkessel, um die größte Heavy-Metal-Messe Süddeutschlands von unreinen und vor allem unmetallischen Gedanken zu befreien.

Dazu wird während „Incense & Iron“ massenweise gesprungen, nachdem der Opener „Faster Than The Flame“ bereits jeden Zentimeter der Bühne in Brand gesteckt und schließlich mit einem kleinen Feuerwerk das erste Ausrufezeichen gesetzt hatte. Passend dazu erscheint auf den Leinwänden ein gigantischer Werwolf, welcher sich über das Bühnendach nach vorne lehnt. Ein nettes Gimmick, aber mit dem Spektakel auf den Brettern kann die Augmented-Reality-Spielerei selbstredend nicht mithalten. Dort wuselt Keyboarder Falk wie gehabt unermüdlich von einer Seite zur anderen, feuert mal das Publikum an und dann showgewaltig die Orgelpfeifen in „Amen & Attack“ ab. Zwischendurch gibt es eine kleine Tanzeinlage mit Frontmann Attila Dorn und ein wenig später unter sanftem Schneefall gar ein brennendes Klavier.

POWERWOLF sind offenbar hier, um Geschichte zu schreiben

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Auf diese Weise geht es Schlag auf Schlag, wenn wir die häufigen und teils langen Pausen zwischen den Songs ausblenden. Doch etwas zu redselig war der stimmlich heute makellose Attila Dorn ja schon immer – und fährt damit bei einem empfänglichen Publikum wie dem SUMMER BREEZE gar nicht schlecht. Begeistert wird jede Frage des Sängers mit einem ohrenbetäubenden Jubel erwidert und jede Melodie geradezu inbrünstig mitgesungen („Demons Are A Girls Best Friend“).

Doch egal, wie gut die Stimmung, wie opulent die Show sein mag, POWERWOLF sind offensichtlich hier, um Geschichte zu schreiben. Immer wenn wir glauben, dass die Band ihre Inszenierung an die Grenze des Möglichen getrieben hat, setzt sie tatsächlich noch eins drauf. Die gigantischen Pyro-Effekte auf dem Bühnendach gehören da fast schon zum Inventar – für ungläubiges Staunen sorgen die Feuerwerk-Effekte am Nachthimmel, die „Dancing With The Dead“, „Beast Of Gévaudan“ und schließlich das große Finale „Werewolves Of Armenia“ mit perfektem Timing begleiten.

Am Ende liefern POWERWOLF wohl die ultimative Heavy-Metal-Messe

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Auch wenn wir gerne ein paar Raritäten gehört hätten, müssen wir am Ende doch den Hut ziehen. POWERWOLF haben 18 Jahre nach ihrem Festivaldebüt nicht nur ganz offiziell die dinkelsbühlsche Volljährigkeit erreicht, sondern schenken dem Open Air ihre vielleicht ultimative Heavy-Metal-Messe. Toppen kann man das wohl nur, indem man den digitalen Wolf auf dem Bühnendach tatsächlich in die Realität holt. Unmöglich? Vielleicht, doch nach heute Abend sind wir uns da nicht mehr ganz so sicher. Sag niemals nie.

POWERWOLF Setlist – ca. 90 Min.

1. Faster Than The Flame
2. Incense & Iron
3. Army Of The Night
4. Dancing With The Dead
5. Armata Strigoi
6. Amen & Attack
7. Sainted By The Storm
8. Stossgebet
9. Beast of Gévaudan
10. Demons Are A Girls Best Friend
11. Where The Wild Wolves Have Gone
12. Resurrection By Erection
13. Fire And Forgive
14. Blood For Blood (Faoladh)
15. Sanctified With Dynamite
16. We Drink Your Blood
17. Werewolves Of Armenia

Fotogalerie: POWERWOLF


ELUVEITIE

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Es sei zu lange her, lässt und Shouter Chrigel Glanzmann zum Auftakt der Show wissen. Und genau darum fühle es sich gut an wieder zu Hause zu sein auf dem SUMMER BREEZE. Wie der Frontmann der Schweizer Melodeath / Folk Metal-Band ELUVEITIE starten auch wir mit einer Art Déjà-vu in das 70-minütige Konzert: Denn wenn wir uns nicht völlig täuschen, begrüßte uns der sympathische und heute enorm gut aufgelegte Sänger im Jahr 2019 mit exakt den gleichen Worten.

Es ist nicht die einzige Konstante, die uns heute sofort ins Auge springt. Denn trotz leicht veränderter Besetzung an Violine und Drehleier zeigen sich ELUVEITIE auch in dieser lauen Sommernacht gut eingespielt und vor allem spielfreudig. Schon beim Opener „Exile Of The Gods“ stechen neben den heißen Pyro-Effekten Fabienne Ernis fantastische Vocals hervor, aufgrund derer uns im Laufe der Show nicht nur einmal die Spucke wegbleibt.

ELUVEITIE können nicht ohne ihre etablierten Rituale

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Die Sängerin drängt sich dabei keineswegs in den Vordergrund, obgleich eingängige Stücke wie „Ambiramus“ oder „Breathe“ doch stark auf die Singstimme zugeschnitten scheinen. Stattdessen rückt Erni während härterer Nummern à la „Nil“ oder „King“ ohne großes Aufsehen in die zweite Reihe, wo sie sich hin und wieder mit der Harfe ihren Kolleg:innen am Ethno-Instrumentarium anschließt. Glänzen dürfen jene natürlich ebenfalls, wenn das tanzbare „Epona“ oder das unverkrampfte „Lvgvs“ trotz metallischen Unterbaus den Fokus auf Flöten, Drehleier und Geige legen.

Dass es bei der neunköpfigen Formation dabei auf der Bühne stets wuselt, versteht sich von selbst, wobei weder uns noch der Band selbst je der Überblick verloren geht. Sogar Bandkopf Chrigel Glanzmann darf im treibenden „King“ ein kleines Whistle-Solo zum Besten geben, bevor ELUVEITIE nach dem Bandklassiker „Call Of The Mountains“ in der schweizerdeutschen Fassung für ein paar Momente die Bühne räumen. Mit dem furiosen „Aidus“ dreht die Formation nochmals an der Intensitätsschraube, bevor zum Ende mit dem obligatorischen „Inis Mona“ zwischen Funkenregen, Feuersäulen und springenden Fans ein Abschiedsritual zelebriert wird, das sich ebenfalls anfühlt, als würde man nach Hause kommen – und für manchen Fan vielleicht sogar das schönste Déjà-vu dieses ereignisreichen Festivaltags darstellt.

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ELUVEITIE Setlist – ca. 70 Min.

1. Exile of the Gods
2. Nil
3. Epona
4. Deathwalker
5. Lvgvs
6. A Rose For Epona
7. Thousandfold
8. Ambiramus
9. Breathe
10. King
11. De Ruef vo de Bärge
12. Aidus
13. Ategnatos
14. Inis Mona

Fotogalerie: ELUVEITIE


LONG DISTANCE CALLING

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Main Stage, ein Uhr nachts. Kurzum, die perfekten Voraussetzungen für den instrumentalen Post Rock LONG DISTANCE CALLINGs, welcher zur späten Stunde dank der atmosphärischen Lichtuntermalung noch tiefer unter die Haut geht. Gerade in ihrem Genre sind die Münsteraner bekanntlich Meister ihres Fachs, die es schaffen, ganze Geschichten nur in ihrer Musik zu transportieren.

Lange dauert es daher nicht, bis wir uns einfach treiben lassen, wenn das Quartett mittels „Hazard“ oder „Kamilah“ ihre Soundscapes entfaltet und dabei fließend den Bogen von getragenen Momenten zu eindringlichen Passagen schlägt. Da ist die Versuchung groß, selbst die Augen zu schließen, um sich dem Kopfkino hinzugeben. Dass wir aber zur fortgeschrittenen Uhrzeit langsam mit der Müdigkeit zu kämpfen haben, scheinen LONG DISTANCE CALLING zu unserer Verblüffung bedacht zu haben.

LONG DISTANCE CALLING versetzen das SUMMER BREEZE in eine Art entrückter Trance

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Gerade als die Augenlider schwer werden, schießt mit dem Evergreen „Black Paper Planes“ die Energie zurück in unsere Knochen. Zu unserer Rechten nutzen zahlreiche Anhänger:innen die Sogwirkung des Songs sowie den ihnen gebotenen Platz, um ausgelassen das Tanzbein zu schwingen. Oder anders formuliert: Es ist eine Art entrückte Trance, in der sich das Battlefield für den restlichen Auftritt zu befinden scheint.

LONG DISTANCE CALLING mögen bei ihrer Late-Night-Performance zahlenmäßig nicht das größte Publikum vor die Bühne ziehen, doch sicherlich eines der hingebungsvollsten. Davon zeugt der enthusiastische Beifall zwischen den einzelnen Tracks genauso wie die gänzlich in der Musik versunkenen Silhouetten, die um uns herum im Takt zu wiegen scheinen. Mehr kann man sich doch eigentlich kaum wünschen.

LONG DISTANCE CALLING Setlist – ca. 60 Min.

1. Enter: Death Box
2. Giants Leaving
3. Hazard
4. Kamilah
5. Black Paper Planes
6. Eraser
7. Out There
8. Metulsky Curse Revisited
9. Arecibo (Long Distance Calling)

Fotogalerie: LONG DISTANCE CALLING


SHADOW OF INTENT

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Von einem Betthupferl zu sprechen wäre im Falle von SHADOW OF INTENT wohl leicht am Thema vorbei. Die Deathcore-Formation überzeugte bereits Anfang des Jahres auf ihrer ersten Europa-Tournee mit einer gewaltigen und absolut packenden Live-Präsenz, bei der in den kleinen Clubs am Ende kaum noch ein Stein auf dem anderen blieb. Dass es auf den großen Festival-Bühnen mitunter nicht anders aussehen würde, war seinerzeit Spekulation und erfährt nun seine Bestätigung.

Die Gitarre ist zu Beginn ein wenig leise, doch sonst besticht der Mix durch Kraft und Klarheit – die ideale Grundlage also, um das SUMMER BREEZE zum Abschluss des Festivaltags eine Dreiviertelstunde lang die Zähne einzeln aus der Fresse zu treten. Wobei das nicht ganz der Realität entspricht, denn SHADOW OF INTENT verpacken ihren Vorschlaghammer durchaus in melodischen Arrangements und ein wenig Symphonic-Garnitur, was aller Brutalität zum Trotz einen roten Faden garantiert.

Lange dauert es nicht, bis SHADOW OF INTENT-Sänger Ben Duerr die Show an sich reißt

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Einem solchen folgen muss man vor der T-Stage aber nicht zwingend: Es reicht auch der Blick zum Vordermann, wenn Shouter Ben Duerr – seit Neuestem wieder mit bravem Kurzhaarschnitt – in „Barren And Breathless Macrocosm“ zum Circle Pit aufruft. Lange dauert es im Übrigen nicht, bis der Frontmann den Gig an sich reißt. Zumindest stimmlich dürfte es derzeit schwer werden, Duerr das Wasser zu reichen – allein die verbittert bösen Growls des Sängers erreichen Regionen, die in den vorderen Reihen den Boden vibrieren lassen.

Kein Wunder also, dass selbst die neue Single „The Migrant“ mit absoluter Wucht über uns hereinbricht, bevor SHADOW OF INTENT mit den Fan-Favoriten „The Heretic Prevails“ und „Malediction“ inklusive stattlicher Wall of Death den Sack zu machen. Fast jedenfalls, denn mit der orchestralen Anti-Kriegshymne „From Ruins…We Rise“ legen die vier Musiker den perfekten Schlusspunkt dieses knackigen und mitreißenden Sets nach. Ein besseres Argument für Schlafentzug ist uns bis dato noch nicht untergekommen.

SHADOW OF INTENT Setlist – ca. 45 Min.

1. Gravesinger
2. Barren And Breathless Macrocosm
3. The Migrant
4. The Heretic Prevails
5. Catacombs
6. Farewell
7. Blood In The Sands
8. Malediction
9. From Ruins…We Rise

Fotogalerie: SHADOW OF INTENT


Samstag, 19. August 2023

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Finaltag auf dem SUMMER BREEZE und langsam merken wir die Strapazen der vergangenen Tage. Nach einer kurzen Nacht legen wir deshalb nochmal ein kleines Morgen-Nickerchen ein, damit die eigenen Akkus für den großen Endspurt reichen. Immerhin wollen wir bis zum bitteren Ende mit PERTURBATOR durchhalten und dabei neben großen Main-Acts wie IN FLAMES oder KILLSWITCH ENGAGE auch ein paar Geheimtipps mitnehmen. ZEAL & ARDOR sind dem Status wohl mittlerweile entwachsen, aber IOTUNN haben wir bereits seit Monaten auf unserer To-do-Liste. Wie wir die Zeit bis zu den Abendstunden vertreiben, wissen wir derweil noch nicht ganz genau – zur Mittagszeit findet sich aber bestimmt die eine oder andere Band für uns.


TWILIGHT FORCE

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Ob das aktuelle Album „At The Heart Of Wintervale” (2023) mit seinen weihnachtlichen Glockensamples für ein Metal-Festival bei sommerlichen 31°C wirklich geeignet ist, darf man durchaus infrage stellen. Zumindest im Vorfeld, denn wie sich schnell herausstellt, haben TWILIGHT FORCE an alle Eventualitäten gedacht. Der kitschige und gerade deshalb so sympathische Power Metal der Schweden bringt eine Unbeschwertheit auf die Main Stage, die perfekt zur heiteren Mittagssonne passt.

Dass ein Track wie „Sunlight Knight” da ebenfalls goldrichtig aufgehoben ist, bleibt auch Sänger Allyon nicht verborgen, dessen klare und helle Singstimme selbst die höheren Regionen in beeindruckender Manier meistert. Mit Cape und Elfenohren entführt uns die Formation für 40 Minuten in ein lebhaftes Fantasy-Universum voller Zauberer, Magie und Drachen, die wir mithilfe von Keyboarder Blackwalds Instruktionen und unserer eigenen Vorstellungskraft zum Leben erwecken: So verhelfen die Anhänger:innen in „Flight Of The Sapphire Dragon“ dem titelgebenden Lindwurm zu seinem ersten Flug, indem sie ein aufblasbares Replikat auf ihren Händen über den Bühnenvorplatz tragen.

Nur der Wasserschlauch wendet bei TWILIGHT FORCE den Siedepunkt ab

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Nur wenige Minuten verstreichen übrigens, bis erste Fans – von Mensch bis T-Rex ist alles dabei – das Schwimmutensil besteigen, um selbst den Ritt auf dem Drachen zu wagen. Bei so viel Stimmung können wir gar nicht anders, als uns den folkig-treibenden Melodien zu öffnen, während einzig der Wasserschlauch im Fotograben sein Bestmöglichstes tut, um auf dem Battlefield den Siedepunkt abzuwenden. Ein lockerleichter Auftakt fürs Gemüt.

TWILIGHT FORCE Setlist – ca. 40 Min.

1. Dawn Of The Dragonstar
2. Twilight Force
3. Dragonborn
4. Flight of teh Sapphire Dragon
5. Sunlight Knight
6. At The Heart Of Wintervale
7. The Power Of The Ancient Force

Fotogalerie: TWILIGHT FORCE


VALKEAT

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Dass VALKEAT in der Begleit-App des SUMMER BREEZE als „New Generation of Folk Metal“ beworben werden, können wir in gewisser Weise nachvollziehen: Allein das Auftreten lehnt sich nicht unbedingt an die stereotypische Fell- und Lendenschurz-Ästhetik des Genres an. Im Gegenteil, die Outfits der Musiker:innen wirken durchaus modern und zeitgemäß mit nur dezentem Make-up, um ein paar visuelle Akzente zu setzen. Das ist in jedem Fall erfrischend und macht auch uns neugierig, was sich die Finnen für die heutige Album-Release-Show ausgedacht haben.

Die besten Voraussetzungen scheinen dabei gegeben: Ein kurzer Blick über das Areal zeigt nicht nur beachtliches Interesse seitens der Zuschauerschaft, sondern darüber hinaus den Willen, gemeinsam mit VALKEAT die neue Platte gebührend zu würdigen. Vom ersten Takt an wird geklatscht oder geradezu leidenschaftlich mit der Faust Löcher in die Luft geschlagen. Daher ist es umso bedauerlicher, dass ausgerechnet Sänger Miika Virtapuro vom Lampenfieber geschüttelt wirkt.

Bei VALKEAT hinterlässt die Nervosität ihre Spuren

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Nicht nur weiß der Frontmann zu Beginn nicht wohin mit der überschüssigen Energie, und verbringt dadurch die ersten Minuten damit, sich halb um Kopf und Kragen zu reden. Auch im Anschluss macht sich die Nervosität in den beiden Stücken „Ukka“ und „Summer Nights“ deutlich bemerkbar, so dass die zahlreichen Backing Tracks gesanglich deutlich souveräner aus der Anlage schallen, als es die eigentlichen Lead-Vocals tun. Das ist ob des potenziell gut arrangierten Materials inklusive live gespielter Kantele-Zither ausgesprochen schade. Uns erreichen VALKEAT am heutigen Tag dadurch leider nicht, hoffen aber für die sympathische Truppe, dass sie die anfänglichen Defizite im weiteren Show-Verlauf noch in den Griff bekommen hat.

Fotogalerie: VALKEAT


IMPLORE

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Startschwierigkeiten haben IMPLORE dagegen überhaupt keine. Im Gegenteil, überfährt uns die Band doch binnen weniger Augenblicke mit ihrem knüppelharten Death Metal. Die Schuld liegt ganz bei uns, die sich weitestgehend unvorbereitet unter das Dach der Rebel Stage gewagt haben und nun mit der vielleicht kompromisslosesten Formation unserer Programmplanung konfrontiert sehen. Energisch und mit Wut im Bauch transportiert Shouter Gabbo die Eindringlichkeit, welche in einem Großteil des dargebotenen Songmaterials steckt. Ein wenig Grind und etwas Crust gehört indes wohl auch zur DNA IMPLOREs, weshalb die Formation letzten Endes nicht nur im Pit Eindruck hinterlässt; auch wir reihen den Auftritt in puncto Heaviness ganz weit oben mit ein – und das, obwohl Schlagzeuger Markus Matzinger hinter seinem Kit unablässig strahlt wie ein Honigkuchenpferd.

Fotogalerie: IMPLORE


BRAND OF SACRIFICE

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„I want to be the very best like no one ever was.“ Ob der Pokémon-Titelsong zum Anfang etwas über die Ambitionen der Band verrät? BRAND OF SACRIFICE jedenfalls ziehen die Daumenschrauben provisorisch schon zu Beginn ein wenig fester. Tief gestimmte Gitarren, eruptive Blast-Attacken und brachiale Breakdowns lassen keinen Zweifel an den Live-Qualitäten des Deathcore-Quartetts – sofern man sich bereitwillig auf den modernen und groovebetonten Sound von Stücken wie „Lifeblood“ einlässt.

Dazu gibt es selbstverständlich das komplette Animations-Repertoire von Circle Pit („Demon King“) bis Wall of Death („Lifeblood“). Falls sich dabei vor der Bühne jemand zur Teilnahme genötigt fühlt, liegt das sicherlich an Fronter Kyle Anderson, in dessen humorlosem Tonfall so viel Nachdruck steckt, dass jede Aufforderung geradezu als Befehl verstanden werden könnte. Das passt zum Image, das BRAND OF SACRIFICE pflegen, bringt ihnen analog aber nicht unbedingt die Sympathiepunkte ein, die sie nach dieser Vorstellung umso nötiger hätten: Nach nicht einmal 30 Minuten und damit knapp zwei Dritteln der anberaumten Spielzeit räumen die US-Amerikaner das Feld. Die Allerbesten sein? Nicht mit dieser Arbeitsmoral.

BRAND OF SACRIFICE Setlist – ca. 30 Min.

1. Dawn
2. Demon King
3. Lifeblood
4. Altered Eyes
5. Exodus
6. Millennium
7. Eclipse

Fotogalerie: BRAND OF SACRIFICE


DRAGONFORCE

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Allzu viel hat sich bei DRAGONFORCE seit ihrem letzten Gastspiel 2019 nicht verändert. Gut, Alicia Vigil bedient nun anstelle Frédéric Leclercqs (KREATOR) den Tieftöner, ansonsten dient jedoch der Melodic Power Metal-Formation abermals das gleiche Setdesign mit seinen überdimensionalen Arcade-Automaten als Kulisse, um aberwitzige Soli aus dem Handgelenk zu schütteln und dabei Geschwindigkeitsrekorde zu brechen. Erweitert wurde der Rahmen um ein paar visuelle Animationen, die mal auf Szenen aus Videospielklassikern wie „Warcraft III – Reign of Chaos“, mal auf eigene Musikvideos zurückgreifen.

Dem Nerd-Image trägt auch Sänger Marc Hudson Rechnung, indem er nicht nur stolz sein „DOOM“-Shirt zur Schau stellt, sondern vor dem dem gemäßigten „The Last Dragonborn“ seine Liebe zum Rollenspiel-Hit „Skyrim“ bekundet. Begleitet von zahlreichen Pyro- und Sparkler-Effekten spielen sich DRAGONFORCE durch ihre Diskografie, ohne wichtige Meilensteine wie „Fury Of The Storm“, „Cry Thunder“ oder natürlich „Through The Fire And The Flames“ auszulassen.

DRAGONFORCE bringen keine Überraschungen, aber viel Spielfreude mit nach Dinkelsbühl

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Die unverkrampfte und lebenslustige Art der Band spiegelt sich im feierwütigen Publikum, das seinerseits mit aufblasbaren Schwertern zu Schlacht ruft, um sich dann beim CELINE DION-Cover „My Heart Will Go On“ in den Circle Pit zu stürzen. Bei so viel heimeliger Atmosphäre und Routine auf den Brettern kann selbst eine kleine technische Störung das Battlefield kaum erschüttern.

Fotogalerie: DRAGONFORCE


RAGE

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RAGE mögen aufgrund der Auszeit ihres zweiten Gitarristen Stefan Weber derzeit nur als Trio unterwegs sein, ihren Live-Qualitäten scheint dieses Handicap allerdings nichts anzuhaben. Dank des ausgesprochen klaren Mix gehen die rockig-treibenden Songs der Urgesteine direkt ins Mark und werden zumindest in den Pausen vom – zugegebenermaßen etwas bewegungsfaulen – Publikum entsprechend gewürdigt. Aber wir wollen nicht mit dem Finger zeigen, denn die hohen Temperaturen hinterlassen eben nach vier bis fünf Tage Festival-Leben selbst bei den hartgesottensten Festivalgänger:innen ihre Spuren.

Dafür lässt es Gitarrist Jean Bormann auf der T-Stage richtig krachen, indem er von einem Eck zum anderen flitzt und dabei fast pausenlos die voluminöse Mähne kreisen lässt. Analog zeigt sich Bandchef Peavy Wagner nicht nur enorm gut aufgelegt, sondern bestens bei Stimme, wodurch eingängige Singalongs à la „Great Old Ones“ oder „Resurrection Day“ sofort ins Schwarze treffen. Letzterer ist dabei der einzige aktuelle Song in einem Set, das ganz tief im Backkatalog der Heavy-/Power-Metal-Band wühlt: Rund zwei bis drei Dekaden in die Vergangenheit reisen RAGE mit uns, bis die Dreiviertelstunde natürlich mit den unverwüstlichen Klassikern „Don’t Fear The Winter“ und „Higher Than The Sky“ ein wohlig-vertrautes Ende nimmt.

RAGE Setlist – ca. 45 Minuten

1. Resurrection Day
2. Solitary Man
3. Great Old Ones
4. Nevermore
5. Refuge
6. End of all Days
7. Straight To Hell
8. Don’t Fear The Winter
9. Higher Than The Sky

Fotogalerie: RAGE


HATEBREED

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Man habe heute nur eine Aufgabe, erläutert Shouter Jamey Jasta nach dem doppelten Vorschlaghammer „To The Threshold“ und „Everyone Bleeds Now“: Nach der heutigen Show dürfe selbst der sonst stillste Fan der US-Amerikaner keinen Ton mehr hervorbringen. Kaputte Stimmbänder lautet folglich die Mission, welche HATEBREED mit den bewährten Klassikern „Live For This“ und „Destroy Everything“ umgehend in Angriff nehmen.

Die Intensität des simpel gestrickten, doch ungemein drückenden Materials der Metal-/Hardcore-Band kennt dabei kaum Grenzen, wie dem Trubel vor der Main Stage zu entnehmen ist. Erst wird gesprungen, dann in den thrashigen „As Diehard As They Come“ und „A Call For Blood“ der Circle Pit befeuert. Doch statt blinde Zerstörungswut einzufordern, hat Frontmann Jasta selbst das Wohlergehen der Anhänger:innen im Blick: So zögern HATEBREED nicht, auch mal einen Song zu stoppen, um sich nach der Verfassung eines gestürzten Metalheads zu erkundigen – und selbigem direkt im Anschluss ein T-Shirt zuzuwerfen.

HATEBREED beschwören Zusammenhalt und Durchhaltevermögen

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Das versinnbildlicht die Werte der Hardcore-Gemeinschaft, die Jasta immer wieder in seinen Texten beschwört: Zusammenhalt und Durchhaltevermögen sind die magischen Worte, welche in diesen 60 Minuten immer wieder ins Zentrum rücken und an deren Ende mit dem oft dargebotenen „I Will Be Heard“ selbstverständlich ein großes Ausrufezeichen steht.

Fotogalerie: HATEBREED


KILLSWITCH ENGAGE

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Kaum erwarten können ihren Auftritt offenbar KILLSWITCH ENGAGE, die tatsächlich ein paar Minuten zu früh dran sind, aber dafür mit dem grandiosen „My Curse“ direkt die Marschrichtung vorgeben. Den langen Weg aus den USA haben die fünf Musiker schließlich nicht zum Herumeiern auf sich genommen, auch wenn der extrovertierte Adam Dutkiewicz in Hawaii-Hemd und Stirnband mit „Beer“-Aufschrift zwischendurch sein Bestmöglichstes tut, genau diesen Eindruck zu vermitteln. Die Blödeleien des Gitarristen gehören natürlich seit Jahren zur Live-Show der Metalcore-Institution, die aber stets zurück zum Wesentlichen findet.

Gemeint ist damit selbstverständlich der qualitativ hochklassige Backkatalog, den das Quintett heute mit besonders viel Einsatz darzubieten scheint. Vor allem Fronter Jesse Leach hat seit der letzten Headliner-Tournee 2019 stimmlich ein ganzes Stück zugelegt und klang vermutlich nie besser als heute, weshalb die lautstarke Unterstützung des Publikums bei Stücken wie „The Arms Of Sorrow“ oder „A Bid Farewell“ zwar willkommen, doch eigentlich nicht nötig wäre. Als Konsequenz sucht der Sänger schon früh den Weg in den Fotograben, um sich bei einzelnen Fans direkt zu bedanken.

KILLSWITCH ENGAGE sind mit Leib und Seele bei der Sache

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Alle anderen bekommen als Belohnung eine großzügige Auswahl der größten Hits spendiert: Von „In Due Time“ über „The Signal Fire“ und „The End Of Heartache“ bis hin zu „Rose Of Sharyn“ zücken KILLSWITCH ENGAGE einen garantierten Live-Kracher nach dem anderen, während sie in Letztgenanntem nicht weniger als vier Circle Pits bestaunen dürfen – gewünscht hatte sich Jesse Leach vorab eigentlich nur zwei. Schön zudem, dass sich die Band nach hunderten von Shows auch heutzutage noch überraschen lässt: Auf Crowdsurfern surfende Crowdsurfer sind auf dem SUMMER BREEZE keine Seltenheit, für den verdutzten Adam Dutkiewicz aber offenbar eine völlig neue Erfahrung.

Ob er sich allein deswegen in „My Last Serenade“ selbst in die Menge stürzt, können wir natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Unstrittig ist jedoch, dass sowohl Dutkiewicz als auch seine Mitstreiter hier nicht einfach nur ein emotionsloses Programm abspulen, sondern mit Leib und Seele bei der Sache sind. Das überträgt sich selbstredend auch auf die Menge vor ihnen, die sich im abschließenden DIO-Cover „Holy Diver“ im Gegenzug umso mehr ins Zeug legt. Stark!

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KILLSWITCH ENGAGE Setlist – ca. 80 Minuten

1. My Curse
2. Rise Inside
3. This Fire
4. The Reckoning
5. The Arms Of Sorrow
6. In Due Time
7. A Bid Farewell
8. Beyond The Flames
9. The Signal Fire
10. Unleashed
11. Hate By Design
12. The Crownless King
13. Rose of Sharyn
14. Fixation On The Darkness
15. Strength Of The Mind
16. This Is Absolution
17. The End Of Heartache
18. My Last Serenade
19. Holy Diver

Fotogalerie: KILLSWITCH ENGAGE


IOTUNN

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So langsam glauben wir, dass sich die gesamte Metal-Szene der Färöer Inseln exakt einen Frontmann teilen muss. Uns soll’s jedenfalls recht sein, denn Jón Aldará (HAMFERÐ, BARREN EARTH) bringt nicht nur bereits SUMMER BREEZE-Erfahrung mit, sondern verzaubert uns immer wieder mit seiner ureigenen, vollen Stimme. Dabei weiß sich der Sänger stets in Szene zu setzen: Heute zeigt sich Aldará mit melodramatischen Gesten von seiner theatralischen Seite, lässt uns aber nur in ganz seltenen Fällen einen Blick auf das Gesicht unter der tief gezogenen Kapuze seines beige-weißen Mantels werfen.

Den futuristisch designten Mikroständer wiederum hat der Fronter mit einer Art Taschenlampe modifiziert, welche einen atmosphärischen Lichtkegel durch die Nebelschwaden wirft, wenn er mit diesem diverse Muster in die Luft zu malen scheint. Es hat etwas von einem Magier und dessen Zauberstab, was sich aber in das leicht futuristische bis außerweltliche Konzept IOTUNNs durchaus stimmig einfügt. Bei so viel Präsenz können sich die Kollegen vornehm zurückhalten und sich auf das Wesentliche konzentrieren.

IOTUNN spielen in der absoluten Königsklasse

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Progressiv angehaucht verschmelzen die meist ausladenden Stücke Elemente aus Melodic Death, Power und teils sogar Doom Metal, was auf Platte hervorragend und an diesem milden Abend vor der Rebel Stage schlicht atemberaubend ist. Die massiven Riffwände von „The Tower Of Cosmic Nihility“ türmen sich noch bedrohlicher auf, die musikalische Odyssee des fast zwölfminütigen „Access All Worlds“ wird zum absoluten Erlebnis und die vergleichsweise melodische Single „Mistland“ geht kurz darauf nicht minder unter die Haut.

Dass IOTUNN in dieser Dreiviertelstunde gerade einmal fünf Songs präsentieren können, ist eigentlich der einzige Wermutstropfen dieser außergewöhnlichen Performance, die aber immerhin mit dem starken „Voyage Of The Garganey I“ ein würdiges Finale auffährt: Instrumental wie gesanglich spielt das Quintett heute in der absoluten Königsklasse, wodurch der heißeste Geheimtipp schlussendlich auch zu einem der absoluten Höhepunkte des Festivals avanciert.

IOTUNN Setlist – ca. 45 Min.

1. Waves Below
2. The Tower Of Cosmic Nihility
3. Access All Worlds
4. Mistland
5. Voyage Of The Garganey I

Fotogalerie: IOTUNN


IN FLAMES

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Heiß erwartet weiß der Samstag-Headliner ganz genau, wie man die Spannung schürt: Fünf Minuten lang lassen uns IN FLAMES zappeln, bis das Intro „The Beginning Of All Things That Will End“ ertönt und sich im furiosen „The Great Deceiver“ entlädt. Die schwedisch-amerikanische Melodeath-Band gibt quasi von Beginn an Bodenblech und sorgt dafür, dass das Energielevel auch im Folgenden am Anschlag bleibt: Der Megahit „Pinball Map“ ist zugleich der beste Eisbrecher, um etwaige Vorbehalte auf dem Battlefield mit einem Schlag auszuräumen.

Zwar könnte in diesen Minuten Björn Gelottes Lead-Gitarre etwas lauter sein, ansonsten aber erreicht uns der Sound druckvoll und gut abgemischt – dass dem wohl nicht in jeder Ecke des Areals so ist, erfahren wir später im Dialog mit einigen Besucher:innen. Wir konzentrieren uns in der Zwischenzeit aber auf das Wesentliche, nämlich die kraftvolle und beherzte Performance des Haupt-Acts, der in den Anfangsminuten ohne große Worte Song and Song reiht und trotzdem auf den Rückhalt des Publikums zählen kann.

Zwischendurch wagen IN FLAMES den Sprung zurück zu den Anfangstagen

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Während sich dutzende Crowsurfer in „Where The Dead Ships Dwell” zwischen klatschenden Fans und umherfliegenden Wasserbällen ihren Weg nach vorne suchen, lassen IN FLAMES schlicht ihre Musik sprechen. Und die ist heute im Live-Gewand ein ganzes Stück härter, als man es in der letzten Dekade gewohnt war. Nicht nur haben die Melodic Death Metal-Veteranen auf dem aktuellen Album „Foregone“ (2023) ihre Leidenschaft zum Riffing wiederentdeckt, auch Frontmann Anders Fridén scheint die harschen Töne wieder liebgewonnen zu haben.

Vielleicht sogar zu sehr, denn selbst eigentlich melodische Gesangslinien in Stücken wie „Leeches“, „Darker Times“ oder „Take This Life“ intoniert der Sänger deutlich härter als gewohnt. Erlauben kann er sich das, wie die enthusiastische Reaktion der Menge zeigt, als Fridén nach Song Nummer sechs erstmalig das Wort an die Zuschauerschaft direkt richtet. Ein ausdrücklicher Dank an die treue Gefolgschaft geht einer Bitte nach noch mehr Crowdsurfern voraus, bevor IN FLAMES den Sprung zurück zu den Anfangstagen wagen: „Behind Space“ vom Debüt „Lunar Strain“ (1994) schmiert Fans der ersten Stunde Honig ums Maul, bevor „The Hive“ mit klassischem Göteborg-Sound und einem feinen Solo Björn Gelottes den Nostalgie-Exkurs perfekt macht.

IN FLAMES fangen später an und hören dafür früher auf

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Mit einem derart bunt gemischten Set und dem Fokus auf eine entsprechend explosive Umsetzung des eigenen Backkatalogs fällt es auch nicht ins Gewicht, dass IN FLAMES sowohl auf Show-Effekte als auch eine besonders ausgefallene Light-Show verzichten. Gefeiert wird das Sextett dennoch bei jeder Gelegenheit. „I fucking love my job.“, erwidert Sänger Anders Fridén etwa die zahlreichen “IN FLAMES”-Chöre, wohlwissend, dass im nächsten Moment bei „Only For The Weak“ tausende Anhänger:innen auf und ab springen werden.

Eine derart ausgelassene Stimmung kanalisiert man natürlich am besten in einen Circle Pit, weshalb uns IN FLAMES mit den beiden neuen Tracks „Foregone“ und „State Of Slow Decay“ sowie dem drückenden „The Mirror‘s Truth“ gleich drei ideale Gelegenheiten dafür servieren. So engagiert und kompromisslos uns IN FLAMES durch das letzte Drittel ihres Sets jagen, so plötzlich ist der ganze Spaß vorbei. Einen leicht bitteren Beigeschmack hinterlässt es schon, dass eine Band, die uns vor einer Viertelstunde noch dutzendfach ihre Dankbarkeit bekundet hat, rund zwölf Minuten früher die Segel streicht. Statt zwei Songs mehr gibt es heute lediglich die kalte Schulter – und für die Band einen unschönen Fleck auf der sonst quasi makellosen Kutte.

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IN FLAMES Setlist – ca. 78 Min.

1. The Beginning Of All Things That Will End (Intro)
2. The Great Deceiver
3. Pinball Map
4. Everything’s Gone
5. Where The Deadships Dwell
6. Darker Times
7. Leeches
8. Behind Space
9. The Hive
10. Cloud Connected
11. Only For The Weak
12. Foregone
13. State of Slow Decay
14. Alias
15. The Mirror’s Truth
16. I Am Above
17. Take This Life

Fotogalerie: IN FLAMES


HAMMERFALL

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Es ist gerade mal eine Viertelstunde verstrichen, als Joacim Cans das vielleicht wichtigste Versprechen des Tages abgibt: Von HAMMERFALL können wir heute einiges erwarten, aber ganz bestimmt keine Balladen. Vorausgegangen war dieser Ankündigung bereits ein wahres Inferno an Explosionen und Pyro-Effekten im Anfangsdoppel „Brotherhood“ und „Any Means Necessary“. Die beleuchteten Requisiten im Hintergrund – Schild und Hammer rahmen das Drumkit David Wallins ein – bestätigen schließlich unsere Vermutung, dass es den Schweden heute nicht pompös genug sein kann.

Die zahlreichen Showeffekte machen sich selbstverständlich ganz hervorragend vor dem Hintergrund des eingängigen sowie spritzigen Power Metals, welcher aber mit vollem Kalkül auch mal gerne dick aufträgt. Man könnte also fast sagen, die einstudiert wirkenden Ansagen und die etwas platte Bühnenchoreografie sei Teil des Konzepts. Daran kann man sich natürlich bestens aufhängen; oder man akzeptiert den Kitsch als Vehikel einer durchaus professionellen und akribisch perfektionierten Bühnenshow, die neue Songs wie „Hammer Of Dawn“ genauso zu inszenieren weiß wie klassische Hymnen der Marke „Blood Bound“.

Die routinierten HAMMERFALL lassen sich nicht den Spaß nehmen

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HAMMERFALL lassen indes die Routine nicht zur treibenden Kraft werden: Die Spielfreude ist dem Quintett selbst nach Jahren im Geschäft noch anzumerken, selbst wenn Sänger Joacim Cans hier und da etwas zu energisch versucht, die romantisierende Vorstellung der harmonischen Heavy-Metal-Familie zu beschwören. Die Wahrheit sieht freilich anders aus, für eine gute Stunde aber wollen wir ihm das bereitwillig abkaufen, zumal zehntausende Fans im Flammenschein die Textzeilen solcher Hit-Songs wie „(We Make) Sweden Rock“ oder „Hearts On Fire“ aus voller Kehle mitsingen.

Hier ist die Welt eben doch noch in Ordnung und das aus gutem Grund, schließlich ist auf Urgesteine wie HAMMERFALL schlicht und einfach Verlass. Mit einer Ausnahme jedenfalls: Das selbst auferlegte Balladenverbot legen die Skandinavier nach Show-Ende offenbar ein wenig großzügiger aus, wie das gediegene Outro nahelegt. Nach einem derartigen Feel-Good-Paket wollen wir aber mal nicht so sein, schließlich hatten auch wir unseren Spaß.

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HAMMERFALL Setlist – ca. 70 Min.

1. Brotherhood
2. Any Means Necessary
3. The Metal Age
4. Hammer Of Dawn
5. Blood Bound
6. Renegade
7. Venerate Me
8. Last Man Standing
9. Crimson Thunder Medley
10. Let The Hammer Fall
11. (We Make) Sweden Rock
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12. Hammer High
13. Hearts On Fire

Fotogalerie: HAMMERFALL


ZEAL & ARDOR

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Kleine Sünden bestraft Gott sofort, sagt man. Vielleicht haben ZEAL & ARDOR deshalb immer wieder mit technischen Komplikationen zu kämpfen; immerhin verbindet die Band Blues und Gospel mit Elementen des Black sowie Industrial Metal. Christlich ist das vor allem lyrisch nicht immer, dafür allerdings hochgradig spannend und live eine absolute Wucht. Daran ändern weder die Startschwierigkeiten – Frontmann Manuel Gagneux muss nach dem eröffnenden „Church Burns“ nochmals Gitarre wechseln – noch die kuriose Aufnahme eines tanzen CG-Hühnerkörpers etwas, welche anfangs noch über die Videoleinwände zu sehen ist.

Spätestens mit dem fantastischen „Götterdämmerung“ sind sowohl ZEAL & ARDOR als auch ihr Publikum in ihrem Element: Gagneux wirft die Kapuze in den Nacken, während gigantische Feuersäulen vom Bühnendach aufsteigen. Die Intensität des Materials definiert sich auch durch die Kontraste, welche die Band mit ihren Arrangements auszukosten weiß: Ruhige, bluesige Stücke wie „Gravedigger’s Chant“, „Devil Is Fine“ oder „Blood In The River“ geizen selbst nicht mit Emotion und Seele, werden aber mittels geschickt platzierter Eruptionen schnell in einen finsteren Kontext gerückt.

Technische Probleme überspielen ZEAL & ARDOR mit Humor und Sympathie

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Dass das in der Umsetzung so ungemein effektiv gelingt, liegt in nicht unerheblichen Teilen an den beiden unterstützenden Sängern Denis Wagner und Marc Obrist, die gemeinsam mit Manuel Gagneux für eine ganze Reihe von Gänsehautmomenten sorgen. Letzterer führt dabei mit wenigen Worten, aber viel Charme durch das immer wieder von kleineren Zwischenfällen gebeutelte Set: Als zum Ende von „Death To The Holy“ ein Teil der PA ausfällt und in den „Teil des Sets [überleitet], in dem wir einen Server neu starten“, hat der Bandkopf umgehend die Lacher auf seiner Seite. „Falls jemand fragt, das ist nie passiert.“, schiebt der Sänger schmunzelnd hinterher, nur um im gleichen Atemzug die Filmcrew von Arte zu grüßen, welche das Konzert live über das Internet ausstrahlt.

Zu später Stunde bleibt die Moral folglich ungebrochen. Weil Gagneux in den erzwungenen Pausen fleißig Sympathiepunkte einheimst und weil ZEAL & ARDOR mit einem tight gespielten Set eine Dringlichkeit entwickeln, welche die Energie von der Bühne direkt ins Publikum zu übersetzen weiß. Die Stimmung ist daher bis zu den letzten Takten des aufrüttelnden „Baphomet“ geradezu euphorisch und setzt auf diese Weise ein dickes, fettes Ausrufezeichen hinter einen der besten Gigs der letzten Tage. Und auch wenn selbst auf diesem Boden kleine Sünden niemals ungesühnt bleiben, so behält am Ende des Tages doch Manuel Gagneux das letzte Wort: „Hail Satan!“

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ZEAL & ARDOR Setlist – ca. 60 Min.

1. Church Burns
2. Götterdämmerung
3. Ship On Fire
4. Blood In The River
5. Run
6. Gravedigger’s Chant
7. We Can’t Be Found
8. Tuskegee
9. Death To The Holy
10. Trust No One
11. Don’t You Dare
12. Devil Is Fine
13. I Caught You
14. Baphomet

Fotogalerie: ZEAL & ARDOR


PERTURBATOR

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Während das Battlefield nun bis zum Jahr 2024 seine Pforten schließt, darf auf der anderen Seite noch ein letztes Mal gefeiert werden. James Kent mag mit seinem Projekt PERTURBATOR zwar nicht unbedingt im Metal zuhause sein, bringt mit zusätzlichem Live-Drummer und treibenden Synthwave-Arrangements aber das SUMMER BREEZE ein letztes Mal in Bewegung. Dabei steht neben den hypnotisierenden Tracks vor allem die perfekt abgestimmte Lightshow im Vordergrund, welche jedes einzelne Stück zu einem audiovisuellen Trip macht.

Kent selbst hat derweil meist die langen Haare über dem Gesicht hängen, lässt sie aber zwischendurch auch mal kreisen, wenn er nicht unbedingt konzentriert an Laptop, Sampler oder Gitarre zu Werke geht. Ist die Stimmung des zahlenmäßig durchaus beachtlichen Publikums – es geht immerhin bald auf drei Uhr zu – vorne regelrecht ausgelassen, wird selbst in den hinteren Reihen vereinzelt zu Stücken à la „Humans Are Such Easy Prey“ getanzt. Eine Dreiviertelstunde lang reihen PERTURBATOR in dieser Manier Song an Song, vertrauen dabei ganz auf die Magie ihrer aufrüttelnden Kompositionen, bis das Set schließlich zusammen mit dem Festival ein unerwartetes und doch passendes Ende findet. Allein mit der Lautstärke hat man es auf der Zielgeraden wohl etwas gut gemeint: Auf dem langen Weg zurück zum Camp wummert der Bass in unseren Ohren noch eine ganze Weile nach.

Fotogalerie: PERTURBATOR


Das SUMMER BREEZE war auch 2023 ein Festival mit Wohlfühlfaktor

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Ein wenig gebeutelt kriechen wir am Sonntagmorgen aus dem Caddy: Viel Schlaf war uns nach dem Mammut-Programm am Vorabend nicht vergönnt. Dennoch wollen wir keine Minute davon missen, als wir noch einmal in Gedanken die zurückliegende Woche Revue passieren lassen. Der Campingplatz hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits merklich geleert, doch noch vor 24 Stunden haben rund 45.000 Metalheads ein wunderbares und vor allem ausgezeichnet organisiertes Open-Air-Festival mit Leben gefüllt. Sieht man vom überwältigenden Ansturm am Anreise-Dienstag ab, verlief das SUMMER BREEZE 2023 für uns tatsächlich ohne jegliche Komplikationen.

Damit nicht genug; viele Unzulänglichkeiten aus dem Vorjahr wurden konsequent angegangen: Insbesondere die sanitären Anlagen waren von Beginn an in einem sauberen Zustand und wurden durch engagiertes Personal unermüdlich gereinigt – dass man Dusch- und Toilettenkabinen darüber hinaus erhöht aufgebaut hat, verhinderte ein Aufweichen der Zugangswege. Als etwas unglücklich entpuppte sich allerdings die Entscheidung, auf dem Infield verstärkt auf Pissoire zu setzen, weshalb die Wartezeiten an den WC-Kabinen zu Stoßzeiten umso länger ausfielen.

Optimieren kann das SUMMER BREEZE vor allem in Detailfragen

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Hier können die Organisator:innen sicherlich noch nachbessern, genau wie bei den kulinarischen Optionen für Veganer:innen – gerade im Vergleich mit Festivals dieser Größenordnung hinkt das SUMMER BREEZE im Jahr 2023 noch etwas hinterher, zumal nicht alle in der Begleit-App angeführten Stände auch tatsächlich entsprechende Optionen im Angebot hatten. Davon abgesehen genossen die Besucher:innen jedoch eine große Auswahl an Verpflegungsmöglichkeiten, die darüber hinaus meist zügig die Hände wechselten. Selbst an den zahlreichen Getränkeständen waren die Wartezeiten auch ohne die diesmal abwesenden Läufer:innen angenehm kurz.

Die Voraussetzungen waren also erneut bestens, um sich vier bis fünf Tage lang nicht nur gut versorgt, sondern rundum wohl zu fühlen. Das fängt beim abwechslungsreichen und vielschichtigen Programm auf den vier Bühnen an und endet bei so unscheinbaren, aber essentiellen Aufgaben, wie sie die sorgfältig arbeitenden Müllsammler:innen unentwegt auf dem Infield leisteten. Einen kleinen Blackout in Sachen Planung leistete sich das Festival diesmal lediglich mit der neuen Aufbaut einer bekannten Baumarkt-Kette, deren Hau-den-Lukas-Glocke zwischen Rebel und T-Stage unentwegt bimmelte und dadurch so manchen Fan während ruhiger Song-Passagen zur Weißglut brachte. Derart penetrantes Kirmes-Flair in unmittelbarer Nähe der Bühnen muss wirklich nicht sein.

Das SUMMER BREEZE OPEN AIR bleibt ein Höhepunkt der Festival-Saison

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Nichtsdestotrotz fahren wir auch dieses Jahr wieder mit einem rundum positiven Gefühl und einer ganzen Menge Eindrücke nach Hause, welche uns abermals bestätigten, warum das SUMMER BREEZE OPEN AIR zu unseren absoluten Höhepunkten der Festival-Saison zählt. Dass dem auch 2024 wieder so sein wird, steht eigentlich fast außer Frage: Schon jetzt haben die Veranstalter:innen eine Reihe hochkarätiger Acts bekannt gegeben, die vom 14. bis 17. August 2024 in Dinkelsbühl auftreten werden. Natürlich auch wieder mit uns vor einer der vier Bühnen, denn während andere ihr zweites Zuhause in der Nähe von Sonne, Strand und Meer suchen, sind die Anforderungen für unsere zusätzliche Wahlheimat ein wenig überschaubarer; nämlich SUMMER BREEZE und Metal. Der Rest kommt je nach Wetterlage von alleine.

Fotogalerie: Impressionen

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Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)

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