blank

END OF GREEN: The Sick´s Sense

Die Musik ist nicht länger eine Reise durch die Nacht. Sie ist eher die Bushaltestelle, ist das Warten auf den Bus nach Hause, der allerdings nie kommen wird. Denn es gibt kein Zuhause. Es gibt nur die Straße, auf der die überfahrenen Träume verwesen. Entsprechend klingen die Stücke wie Wartende auf Godot – ungeduldig, aber zugleich auch gestrandet.

Mein Therapeut war kürzlich leicht irritiert, als ich ihm mitteilte: Ich höre tote Menschen. Denn die Lebhaftigkeit des neuen END OF GREEN-Albums trügt. Einst sang die Band Lieder für eine sterbende Welt. Bald darauf brach die letzte Nacht auf Erden herein. Es folgten Einbahnstraßenträume. Das Ende der Nacht und damit das Ende der Träume und Einbahnstraßen ist nun gekommen. Der Morgen danach dämmert, die Dunkelheit weicht einem ungewissen Zwielicht. Ist das der Himmel? Oder die Hölle? Oder doch nur die unausweichliche Sonntagnachmittag-Leere? Und wo kommt der ganze grüne Schleim her?

Das erste Anhören von The Sick´s Sense hinterließ Fragezeichen in meinem Gesicht. Zugegeben, ich hatte erwartet, dass END OF GREEN mich mit einer schwarzlackierten Planierraupe überfahren. Immerhin hatte die Band auf Dead End Dreaming die perfekte Mischung aus Eingängigkeit, Gothic-Atmosphäre und packenden Riffs gefunden. Auch wenn END OF GREEN anno 2008 unverkennbar nach sich selbst klingen, ist The Sick´s Sense keine Fortsetzung und leider auch keine Steigerung der Einbahnstraßenträume.

Natürlich wird mit Schwarz gemalt. Doch die Farbe wirkt verdünnt. Die Musik ist nicht länger eine Reise durch die Nacht; auch keine Suche nach dem unter Selbstzweifeln und Hoffnungslosigkeit verschütteten Ich. Sie ist eher die Bushaltestelle, ist das Warten auf den Bus nach Hause, der allerdings nie kommen wird. Denn es gibt kein Zuhause. Es gibt nur die Straße, auf der die überfahrenen Träume und Ambitionen verwesen. Stücke wie My Crying Veins und Hurter klingen wie Wartende auf Godot – ungeduldig, aber zugleich auch gestrandet. Die innere Leere wird mit halb verzerrten Gitarren überdeckt.

Wenn die Apathie in Wut umschlägt, werden die Aggressionen meist ungestüm verarbeitet. Paradebeispiel ist Killhoney. Das Haltestellenwartehäuschen muss leiden, aber am Ende ist man wieder da, wo man vorher schon war. Die eingestreuten Death Metal-Vocals sind symptomatisch. So etwas haben END OF GREEN eigentlich gar nicht nötig. Denn der voluminöse Gesang von Frontmann Michelle Darkness ist einer der Schwarzlichtblicke auf The Sick´s Sense. Bei den flotteren Nummern Die Lover Die und Pain Hates Me zeigt sich das Gespür für fesselnde Melodien, die den scheinbar nichtexistenten Mittelweg zwischen Popsong und Friedhofsoundtrack zielsicher aufspüren.

Doch dass die charismatische Stimme, die eingespielte Rhythmusgruppe und die Gitarrenwand zusammen noch kein gelungenen Song ergeben, wird bei The Sickness Crown deutlich. Sunday Mourning dagegen könnte auch aus einer Zeit stammen, als es die Erde noch gab. Schleppend wie depressives Lava kommt der Song aus den Boxen.

Keine Frage: The Sick´s Sense ist durchaus ein gutes Album geworden, allerdings sperriger als sein Vorgänger, dem es auch klangtechnisch unterlegen ist. Zum Anhören, während man im Winter auf den Bus zum Friedhof wartet, eignet sich die CD jedenfalls optimal.

Veröffentlichungstermin: 15.08.2008

Spielzeit: 57:30 Min.

Line-Up:
Michelle Darkness: Gesang, Gitarre
Kirk Kerker: Gitarre
Sad Sir: Gitarre
Rainier Sicone di Hampez: Bass
Lusiffer: Schlagzeug

Produziert von Corni Bartels
Label: Silverdust Records

Homepage: http://www.endofgreen.de

MySpace: http://www.myspace.com/endofgreen

Tracklist:
1. Dead City Lights
2. Killhoney
3. Anthem For A New Wave
4. Hurter
5. Die Lover Die
6. Let Sleeping Gods Lie
7. My Crying Veins
8. Pain Hates Me
9. The Sickness Crown
10. Ghostdance
11. Sunday Mourning
12. Bury Me Down (The End)

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner