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SHADOW OF INTENT, ENTERPRISE EARTH, ANGELMAKER, TO THE GRAVE: Konzertbericht – Backstage Halle, München – 21.01.2023

Lange mussten wir warten: Nach mehreren Verschiebungen kommen SHADOW OF INTENT endlich ins ausverkaufte Müncher Backstage. Dass am Ende des Abends kein Stein mehr auf dem anderen bleiben sollte, haben wir neben dem Headliner aber auch dem massiven Support-Package aus ENTERPRISE EARTH, ANGELMAKER und TO THE GRAVE zu verdanken.

Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude: Wie so viele Künstler:innen auch mussten SHADOW OF INTENT ihre lang geplante Europatour im Laufe der Pandemie gleich mehrfach verschieben. Inmitten eines vollgepackten Tourkalenders – der Winter 2023 quillt vor Nachholshows und neuen Konzerten regelrecht über – gelingt es der amerikanischen Deathcore-Band dennoch letzten Endes für volles Haus zu sorgen. Zwei Jahre später zwar als geplant und mit einem anderen Support-Paket als ursprünglich angedacht, doch hält das die Münchner Fangemeinde keineswegs davon ab, bei nasskalten Minusgraden in Scharen ins ausverkaufte Backstage zu pilgern. Dort hat sich bereits kurz vor dem offiziellen Einlass eine stattliche Schlange versammelt: Offenbar will man auf keinen Fall den Auftakt verpassen, der schon früh am Abend die volle Deathcore-Breitseite verspricht.


TO THE GRAVE

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Dabei wäre heute ausnahmsweise gar keine Eile vonnöten gewesen, denn TO THE GRAVE lassen sich Zeit: Rund 25 Minuten müssen wir warten, bis die Lichter erlöschen und das Intro startet – immerhin dank des späteren Beginns in einer schon jetzt gut gefüllten Backstage Halle. Die Australier fackeln im Anschluss auch nicht lange herum: Fronter Dane Evans – zu Beginn noch komplett vermummt – teilt schon während der ersten Töne von „Warning Shot“ die Menge.

Die knappe halbe Stunde Spielzeit will die Formation offenbar nutzen so gut es geht: Eine Pause gönnen uns die Mannen um den aufgedrehten, aber etwas humorlos agierenden Shouter im Folgenden nicht, wobei das ohnehin ganz im Sinn der Münchner Zuschauerschaft scheint. Im Zentrum herrscht von Beginn an Bewegung, während die Situation mit jeder Minute weiter zu eskalieren scheint. So dreht sich zu „Terrorist Threat“ der erste Circle Pit, bevor TO THE GRAVE nach dem massiven „Miserable Summer“ erst mit „Axe Of Kindness“ ein wenig Melodie in ihr brachiales Soundbrett einfließen lassen.

TO THE GRAVE sorgen für einen humorlosen, aber souveränen Start

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Live funktioniert die Holzhammer-Methode dafür ausgezeichnet, obwohl der Sound in den ersten Minuten des Abends überwiegend aus Bass besteht. Die zahlreichen Breakdowns treffen dafür umso härter und geben einen frühen Vorgeschmack auf das finale „Wastage“, wo neben dem ersten Crowdsurfer auch eine durchaus stattliche Wall of Death den Auftritt beschließt. Ein souveräner Start also, dem wir letzten Endes auch die übertrieben verbitterte Hartei-Attitüde Evans nachsehen wollen. Nur permanent über die Bühne und einmal sogar ins Publikum zu spucken bleibt in jeder Situation ein unfeiner Zug – immerhin wissen wir nun, weshalb Gitarrist Luke Ringin in der Regenjacke auf den Brettern steht.

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TO THE GRAVE Setlist – ca. 30 Minuten

1. Warning Shot
2. Red Dot SIght
3. (.REC)
4. Terrorist Threat
5. Miserable Summer
6. Axe Of Kindness
7. Wastage

Fotogalerie: TO THE GRAVE


ANGELMAKER

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Keine Viertelstunde folgt auch schon der nächste Programmpunkt: Noch eben mit dem Soundcheck beschäftigt, gehen ANGELMAKER mit dem brachialen „Slaughter“ fast nahtlos in ihr reguläres Set über. Auf die massive Deathcore-Breitseite des Openers zeigt sich kurz darauf das zweite Gesicht der Kanadier: Mit dezent melodischen Gitarren sowie einem wahnwitzigen Mix aus tiefem Growling und hysterischen Screams in bester THE BLACK DAHLIA MURDER-Manier bringt die Band das hiesige Publikum im Handumdrehen auf ihre Seite.

Hier zeigen sich auch die Vorzüge einer Doppelspitze am Mikro: Nicht nur spielen sich Casey Tyson-Pearce und Mike Greenwood unablässig die Bälle zu, sie sorgen auch für ein nicht nachlassendes Maß an Intensität, wenn etwa die Gitarrenfraktion in „What I Would Give“ mit melodischen Leads oder einem durchaus feinen Solo etwas filigraner als gewohnt zu Werke geht.

Offenbar können ANGELMAKER in München auf eine treue Fangemeinde zählen

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Ein kurzer Blick durch die tobende Halle offenbart jedenfalls, dass ANGELMAKER heute durchaus lautstarke und präsente Unterstützung mitgebracht haben, welche die Backstage Halle während Songs à la „Hollow Heart“ in ein kleines Schlachtfeld verwandeln. Selbst Skeptiker dürften spätestens beim Schlusspunkt „Leech“ eines Besseren belehrt werden, als zahlreiche Kehlen die ersten Zeilen geradezu leidenschaftlich in die Nacht brüllen, bevor der knackige, aber spaßige Auftritt mit einem letzten Circlepit ein überraschend frühes Ende nimmt.

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ANGELMAKER Setlist – ca. 30 Minuten

1. Slaughter
2. Vengeance
3. Bloodthirster
4. What I Would Give
5. Hollow Heart
6. Radiance In The Light Of A Dying Sun
7. Leech

Fotogalerie: ANGELMAKER


ENTERPRISE EARTH

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Es geht nun Schlag auf Schlag: Nur rund zehn Minuten Pause gönnen uns ENTERPRISE EARTH während des Changeovers, bis uns die US-Amerikaner bereits wieder für den nächsten Abriss einbestellen. Eine Aufforderung, der wir auch dank des charismatischen Frontmanns Travis Worland gerne nachkommen: Mit dem Nachfolger des ausgestiegenen Dan Watson haben ENTERPRISE EARTH allein deshalb schon einen Glücksgriff getätigt, da die Menge dem Shouter bereits nach wenigen Momenten aus der Hand zu fressen scheint.

Bald mit freiem Oberkörper und nicht minder ungezügelter Stimmgewalt zieht der Sänger mittels großer Gesten schnell alle Blicke auf sich, wodurch sich seine Kollegen in aller Ruhe auf ihre Instrumente konzentrieren können. Dementsprechend tight agiert das Quartett während des Auftakts „Psalm Of Agony“, bei dessen Finale spontan sogar ANGELMAKER-Fronter Casey Tyson-Pearce die Bühne stürmt.

ENTERPRISE EARTH haben sogar ein brandneues Stück mitgebracht

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Mit einer Durchschlagkraft, die ihresgleichen sucht, setzen ENTERPRISE EARTH auf diese Weise nach dem ohnehin schon zermalmenden Vorprogramm nochmals einen drauf: Circle Pits, nach oben gereckte Fäuste, pausenlose Bewegung in der Mitte – das alles gehört quasi zum Standardrepertoire an diesem Abend, wenn Tracks vom Schlage eines „Death Magick“ oder „Reanimate // Disintegrate“ den Saal beben lassen.

Als Belohnung stimmen ENTERPRISE EARTH schließlich mit dem vergleichsweise ruhigen „The World Without Us“ sogar einen bislang unveröffentlichten Song an, der mit Klargesang und einigen Tempowechseln überrascht. Trotz der stets vorherrschenden Brachialgewalt scheuen sich die vier Musiker offenbar nicht, ihr Repertoire zu erweitern – die Müncher:innen jedenfalls scheinen dem Ganzen aufgeschlossen, so dass erst hier und bald im abschließenden „You Couldn’t Save Me“ zur Abwechslung sogar ausgelassen auf und ab gesprungen wird.

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ENTERPRISE EARTH Setlist – ca. 45 Minuten

1. Psalm of Agony
2. Scars Of The Past
3. Reanimate // Disintegrate
4. Death Magick
5. The World Without Us
6. They Have No Honor
7. You Couldn’t Save Me

Fotogalerie: ENTERPRISE EARTH


SHADOW OF INTENT

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Offen gesagt fragen wir uns schon, wie das Backstage dieses Energielevel beim Headliner aufrechterhalten will – irgendwann müssen die Kräfte doch nachlassen. Noch jedenfalls wartet man unter Strom und dicht gedrängt vor der Bühne, während Drummer Bryce Butler hinter seinem Kit noch einmal ganz entspannt ein paar Züge aus der E-Zigarette nimmt. Als genieße er die letzten Momente der Ruhe, bevor der Sturm losbricht: Mit dem eröffnenden Doppel „Farewell“ und „Saurian King“ vom aktuellen Album „Elegy“ (2022) brechen SHADOW OF INTENT nur wenig später in der Tat wie ein Orkan über die Halle herein.

Ein steter Strom an Crowdsurfern begleitet die ersten Minuten, die uns zwischenzeitlich gar die Sprache verschlagen. Die US-Amerikaner sind live nochmal ein Stück härter als auf Platte, vielleicht auch weil gerade die symphonischen Backing-Tracks zunächst nicht immer so deutlich durch die massive Sounddecke zu dringen vermögen, wie wir es erwartet hatten.

SHADOW OF INTENT scheinen die Show zu genießen, auch wenn es die Lichtverhältnisse schwer machen, die Gesichter der vier Musiker zu lesen.

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Spätestens beim fantastischen „The Heretic Prevails“ jedoch stimmt die Balance, die allerdings zuvor nur unwesentlich das Geschehen vor der Bühne beeinträchtigt hatte. Gerade im gewaltigen Breakdown von „Barren And Breathless Macrocosm“ stellten die völlig befreiten Fans klar, dass die Messlatte heute bis zum Schluss ganz weit oben gehalten wird.

Dementsprechend wird zum groovenden „Of Fury“ gesprungen, zu „This Coming Fire“ der eigene Schlachtruf eingeübt und während „The Prophet’s Beckoning“ sogar ausnahsmweise im Takt geklatscht. SHADOW OF INTENT derweil scheinen den Einsatz ihrer Anhänger zu genießen, obwohl es aufgrund der fast ausschließlich indirekten Beleuchtung aus dem Hintergrund schwer ist, die Gesichter der vier Musiker zu lesen.

Während des finalen “Malediction” formiert sich der größte Moshpit des Abends

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Und doch fordert Shouter Ben Duerr, der sich die langen Haare nur in Ausnahmefällen aus dem Gesicht wischt, die Münchner:innen im letzten Drittel der Show auf, den Weg nach vorne zu suchen. Lange bleiben dürfen die Crowdsurfer aber nicht: Wer sich nicht schnell genug wieder in Richtung Publikum orientiert, erhält von Duerr eben höchstpersönlich Starthilfe zum Stagediven. Ansonsten zeigt sich der Sänger eher wortkarg, wenngleich nicht unsympathisch. Stattdeesen lässt er mittels seiner typisch mächtigen Growls eindrucksvoll sein Handwerk selbst sprechen.

Eine Pause gestehen SHADOW OF INTENT ihrem Fronter einzig während des melodischen Instrumentalstücks „Reconquest“ zu, bevor der Abend nach „Melancholy“ mit der Zugabe “Malediction“ zum Finale seinen Höhepunkt findet: Auf die Wall of Death folgt der eindeutig größte Moshpit des Abends, der in Spitzenheiten nahezu die komplette Breite der Halle einnimmt. Grund genug also, auch für Sänger Ben Duerr nach diesem körperbetonten Einsatz noch einmal die Runde zu drehen, um alle ihm entgegengestreckten Hände in den vorderen Reihen abzuklatschen.

Selbst nach Ende der Show ist die Euphorie im Backstage noch zu spüren

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Das hat schon fast etwas von Promi-Verehrung, obwohl der Mann am Mikro die Aufmerksamkeit gar nicht zu suchen scheint. Doch verdenken können wir diese Euphorie im Anschluss an dieses 70-minütige hochintensive Set niemandem, schließlich mussten auch die Münchner:innen mehr als zwei Dutzend Monate auf diese Tour warten. Eines aber dürfte heute Abend niemand anzweifeln: Wenn Vorfreude die schönste Freude ist, dann ist das Gefühl, mit dem wir nun in die kalte Nacht entlassen werden, aber sicherlich direkt dahinter anzusiedeln.

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SHADOW OF INTENT Setlist – ca. 70 Minuten

1. Farewell
2. Saurian King
3. Barren And Breathless Macrocosm
4. The Heretic Prevails
5. Of Fury
6. The Prelude To Bereavement
7. The Prophet’s Beckoning
8. The Coming Fire
9. Blood In The Sands Of Time
10. Reconquest
11. Melancholy
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12. Malediction

Fotogalerie: SHADOW OF INTENT

Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)

Veranstalter: Avocado Booking / Backstage Concerts GmbH

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