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ROCK HARD FESTIVAL 2022 – Der Bericht

Zwei Jahre lang mussten wir alle auf Veranstaltungen wie das ROCK HARD FESTIVAL verzichten. Aufgrund persönlicher Umstände waren es bei mir sogar schon fünf Jahre ohne Festival, ein mehr als dramatischer Zustand, möchte man meinen. Das letztjährige ROCK HARD FESTIVAL ONEDAY war zwar ein nettes Trostpflaster aber dieses Jahr war es endlich wieder soweit. Das volle Programm! Drei Tage ROCK HARD FESTIVAL im Amphitheater Gelsenkirchen, meiner liebsten Festival-Location überhaupt.

Prolog

Nach einem weiteren, für mich persönlich sehr schweren Jahr, habe ich dem Festival wirklich sehr entgegen gefiebert. Endlich wieder Heavy Metal live, endlich wieder Metalbrothers & Sisters treffen, gemeinsam trinken, gemeinsam den Metal zelebrieren. Die Sachen sind gepackt die Arbeit ist erledigt, das Wetter passt – was soll noch schiefgehen? Nun… Zum Beispiel könnte der Wagen ganz plötzlich nicht anspringen, obwohl er die ganzen Tage zuvor nicht die geringsten Zicken gemacht hat. Batterie komplett entladen, weiß der liebe Himmel warum. Da stehe ich also nun mit Kutte mitten im gutbürgerlichen Teil von Hürth und werfe mich verzweifelt vor ein vorbeifahrendes Auto nach dem anderen. Ladekabel? Nein? Ja schade, trotzdem danke… So langsam mache ich mir Gedanken über Alternativen. Anderes Auto? Nicht verfügbar? Bahn? Zur Not, wird mit dem ganzen Gepäck aber anstrengend. Noch ein Auto, ein letzter Versuch? JA! Der Fahrer wohnt direkt nebenan und hat ein Starterkabel in der Garage. Das klappt und mit gehöriger Verspätung mache ich mich endlich auf den Weg nach Gelsenkirchen. Ob der Wagen am Montag früh nach dem Festival wieder anspringt? Das ist eine Frage, mit der ich mich am Montag beschäftigen werde.

Wenn das Rucksackschleppen zur Nahtoderfahrung wird…

Jetzt nur noch die zwanzig Minuten Fußweg von meinem Parkplatz zum Festivalgelände. Zwanzig Minuten, wenn nicht irgend ein Idiot (= ich) beim Packen des Rucksacks vergessen hätte, dass er kein zwanzig Jahre alter Bodybuilder sondern eine 41 Jahre alte Couch Potato mit Übergewicht ist. Sackkarre? Klar, hätte ich gehabt. Hab ich halt zu Hause gelassen – wofür auch bei dem einen Rucksack plus Zelt? Nach etwa einem halben Dutzend Pausen, zwei Wegebier und viel Schweiß und Tränen erreiche ich endlich den Campingplatz und werfe mich auf das erste Stück Gras (= Geröll) krächze dem Bewohner der Nachbarparzelle ein kurzes “Mahlzeit” entgegen und kollabiere.

Meinen Nachbar, Jürgen ist sein Name, zieht es zum Irish Pub-Stand, der seit Jahren in der Fress- und Merch-Meile vor dem Festivalgelände steht. Bier? Klingt gut! Und es werden sehr viele Biere, an diesem Abend. Direkt am Irish Pub-Stand ist auch die Party-Area mit DJ. Ja, hier kann man bleiben und sich in guter Gesellschaft einen hinter die Binde gießen. Gott, wie hat mir das gefehlt! Also die soziale Interaktion, nicht der Alkohol. Ich weiß schon, wie man außerhalb von Festivals Bier kauft.

Freitag, 03.06.2022

NECK CEMETERY

Der diesjährige Opener NECK CEMETERY geht mit den Vorschusslorbeeren an den Start, 2020 von den Lesern des ROCK HARD zum Newcomer des Jahres gewählt worden zu sein. Mit ihrem klassischen Heavy Metal samt einer Prise Thrash hat die Band den passenden Sound, um das Festival musikalisch zu eröffnen. Dabei gibt die Band von Anfang an ordentlich Gas und zeigt sich agil sowie hoch motiviert. Das Gitarrenduo Boris Dänger und Yorck Segatz (u.a. SODOM) feuert ordentlich was ab während Jens Peters als Frontmann ebenfalls eine sehr gute Figur macht und nebe dem soliden Gesang auch mit vielen Showeinlagen punktet. Die just an diesem Tage veröffentlichte neue Single “Behind The Mask” singt er stilecht mit Jason Voorhees-Maske (Für alle ungebildeten Schnösel: Der Serienkiller aus den Freitag der 13. Filmen).

NECK CEMETERY bieten solide Unterhaltung zum Festivalauftakt

Mit dem Song “The Fall Of A Realm” positioniert man sich deutlich gegen Rassismus und Populismus. Wird halt leider heutzutage auch nicht weniger wichtig, auch wenn manch einer gerne in seiner “unpolitischen” Blase weiterleben möchte. Den Abschluss des Konzerts bildet, wie auch auf dem Debütalbum “Born In A Coffin”, “Sisters Of Battle. Und wie auf dem Album, ist auch heute Ex-ATLANTEAN KODEX-Gitarrist Michael Koch als Gastgitarrist auf der Bühne. Alles in allem ein unterhaltsamer Auftritt, wobei mich die Band musikalisch nur bedingt überzeugen konnte. Solider Stoff, mehr aber auch nicht. An diesem Tag hat es aber Spaß gemacht!

SORCERER

Nachdem ich den ersten Auftritt der schwedischen Premium-Doomer in Gelsenkirchen schon verpasst habe, sorgen Anreiseverzögerungen meiner Begleitung nun dafür, dass auch dieses Mal der Großteil von SORCERER ohne mich stattfinden muss. Thank you for traveling with Deutsche Bahn… Nun ja, es ist wie es ist. Immerhin bekommen wir das überragende “Unbearable Sorrow” noch mit, bei dem Sänger Anders Engberg mit einer SORCERER-Flagge über die Bühne marschiert. Dieser eine Song reicht allerdings aus, um festzustellen, dass die Schweden hier heute alles richtig gemacht haben, was vom Publikum entsprechend honoriert wird. Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal…

NIFELHHEIM

Wir bleiben in Schweden, setzen unsere Reise aber in etwas weniger gefühlvollen Gefilden fort. Tatsächlich könnte der Unterschied zwischen SORCERER und NIFELHEIM kaum größer sein. Die beiden Zwillingsbrüder Tyrant und Hellbutcher sehen so abgefucked aus wie eh und je, besonders die sexy Hose von Bassist Tyrant lässt das innere Kopfkino ganz finstere Filme fahren. Und ansonsten gibt es natürlich mehr Nieten als in der Lostrommel auf dem Jahrmarkt. An den Gitarren ist unter anderem Felipe von PROCESSION dabei, der im Vergleich zu den Twins fast wie ein Black Metal Posterboy aussieht. Am Vorabend konnte ich Ihm am Bierstand noch entlocken, dass nächstes Jahr endlich ein neues Album der chilenischen Doomer erscheint.

Aber zurück zu den schwermetallischen Schweden Schönheiten (das tat jetzt weh, oder?). Speziell die beiden Gustavsson-Zwillinge sorgen für ordentlich Action auf der Bühne während das Publikum zu Beginn noch etwas müde wirkt. Als Tyrant irgendwann das Kabel aus seinem Bass flöten geht spielt er einfach weiter als wäre nichts – vielleicht hat er es auch wirklich einfach nicht gemerkt, bei dem Radau nicht völlig unmöglich. Eine bemitleidenswerte Stagehand schleicht derweil mit besagtem Kabel um ihn herum und versucht es wieder einzustecken ohne dabei von einer Armada von Zimmermannsnägeln erdolcht zu werden. Ich schwöre, ich habe die Panik in seinen Augen gesehen. Leben am Limit!

Rumpeln für Satan! NIFELHEIM liebt man oder man hasst sie

Die Schweden ballern sich derweil durch eine Setliste mit Songs aller vier Alben sowie zwei Stücken von der “Satanatas”-EP von 2014, welche gleichzeitig auch die neuesten Stücke sind, die wir zu hören bekommen. Das letzte Album “Envoy Of Lucifer” hat inzwischen ja auch schon fünfzehn Jahre auf den Buckel. Oder wie Hellbutcher es vor “Possessed By Evil” ausdrückt “i guess we only have old songs”. Ist auch fast egal, denn vom hochmelodischen Überhit “Storm Of The Reaper” mal abgesehen, sind die Unterschiede zwischen den diversen Lärmeruptionen für Satan eher schwierig auszumachen. Ist aber nicht schlimm, macht nämlich tierisch Bock den Kopf zu schütteln und eine Ziege zu opfern. Letzteres mussten wir aufgrund der Hygienevorschriften und des Tierschutzes allerdings verwerfen. Ist auch besser so.

Dementsprechend waren die Reaktionen auf den NIFELHEIM-Auftritt, der mit dem Doppelschlag “Final Slaughter” und “Satanic Sacrifice” endete auch sehr unterschiedlich. Entweder man liebt den Nietenkrachkult oder man wendet sich irritiert bis überfordert ab. Aber egal waren NIFELHEIM sicher keine, der den Auftritt mitbekommen hat. Love it or hate it, Hauptsache für Satan!

HEATHEN

AXXIS habe ich aus Gründen der Nahrungsaufnahme sowie mangelndem Interesse sausen lassen. Pünktlich zu HEATHEN stehe ich aber wieder im Fotograben und muss erstmal verdutzt feststellen, dass Lee Altus fehlt und vom Kanadier Kyle Edissi vertreten wird. Der ist gerade mal 25 und könnte somit der Sohn von jedem anderen Bandmitglied sein und macht seinen Job ganz ausgezeichnet. Ein gut gefülltes Amphitheater bekommt an diesem Abend eine Setlist präsentiert, die den Fokus deutlich auf die letzten beiden Alben legt. Los geht es mit “Blight” und “In Black” von “Empire Of The Blind”, gefolgt von “Arrows Of Agony” von “The Evolution Of Chaos”. Dann folgt mit “Goblins Blade” einer von gerade mal drei Songs aus der ersten Phase von HEATHEN. Dem gegenüber stehen sechs Stücke von “Empire Of The Blind” sowie drei von “The Evolution Of Chaos” Da wird sicherlich manchem Altfan das Bier schal geworden sein, was zugegebenermaßen keine allzu große qualitative Verschlechterung mehr gewesen wäre.

Premium-Thrash, vorgetragen von einer Band in Topform!

Mich persönlich stört das allerdings überhaupt nicht (die Songauswahl meine ich, nicht das Bier!), da mir die beiden Alben seit der Reunion eh vertrauter sind als “Breaking The Silence” sowie “Victims Of Deception”. Qualitativ haben HEATHEN ja sowieso nur Premium-Thrash veröffentlicht. So langsam kommt auch der Moshpit in Gang und bei “Goblins Blade” gibt es den ersten Circle Pit. David White singt absolut makellos und ist dabei auch noch ständig in Bewegung. Lediglich manchmal hat er etwas Mühe sich gegen das Gitarreninferno der Herren Edissi und Lum durchzusetzen, die hier wirklich überragendes abliefern. Apropos Kragen Lum. Der Mann, der das letzte, sehr starke Album “Empire Of The Blind” quasi im Alleingang komponiert hat, soliert bei der epischen Großtat “Sun In My Hands” absolut anbetungswürdig und ist auch sonst der große Aktivposten und Antreiber, wobei auch der Rest der Band in Topform ist, allen voran David White.

HEATHEN liefern hier einen überragenden Auftritt voller Leidenschaft und Energie der zeigt, dass die Band trotz langer Auszeiten noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Zu schade, dass ich nicht die Gelegenheit habe, die Band nochmal auf Tour zusammen mit TOXIK zu erleben. Was diese Band in dieser Form in einem kleinen Club veranstaltet, mag ich mir garnicht ausmalen.

SACRED REICH

Zwei mal haben SACRED REICH auf dem ROCK HARD FESTIVAL bereits gespielt und beide Male haben die super sympathischen Thrasher nach allen Regeln der Kunst abgeräumt. Die Headliner-Diskussion haben sich SACRED REICH also mehr als verdient. Mit “Divide And Conquer” vom letzten Album “Awakening” legen SACRED REICH los und schieben mit “The American Way” gleich einen ihrer größten Hits hinterher. Frontmann Phil Rind ist wie immer sympathisch as fuck und man merkt ihm die Freude und den Spaß daran, mit SACRED REICH zu spielen zu jeder Sekunde an. Während die älteren Herren zwar jede Menge Spaß und Spielfreude verströmen, es sonst aber etwas gemächlicher angehen lassen, gibt der 25 Jahre junge Gitarrist Joey Radziwill Vollgas, ist dauernd am headbangen und schneidet Fratzen. Radziwill kam 2019 für Gründungsmitglied Jason Rainey in die Band, welcher aus gesundheitlichen Gründen aussteigen musste und ein Jahr später leider verstarb.

Sympathisch und bodenständig – SACRED REICH sind ein würdiger Freitags-Headliner

Das publikum feiert die Band standesgemäß vollkommnen ab. Bei HEATHEN hieß es vorhin noch “Dying Season”, hier ist nun flying season angesagt. Die Crowdsurfer machen sich rudelweise auf den Weg in Richtung Fotograben und der Moshpit läuft auf Hochtouren. Genau wie zuvor schon HEATHEN verstecken sich SACRED REICH nicht ausschließlich hinter ihren Klassikern sondern spielen insgesamt fünf Songs von “Awakening”. Ansonsten wird jedes andere Album mit Ausnahme von “Heal” mit mindestens zwei Songs bedacht, was insgesamt eine sehr runde Setlist ergibt. “Death Squad” widmet Phil dem verstorbenen Jason Rainey und kann dabei ein paar Tränen nicht zurückhalten. Das Publikum eskaliert daraufhin im Pit mal so richtig. Als Zugabe setzt “Surf Nicaragua” einen Schlusspunkt unter einen weiteren Triumphzug von SACRED REICH auf dem ROCK HARD FESTIVAL. Diese sympathische, bodenständige Band passt einfach wie Arsch auf Eimer zu diesem Festival.

Samstag, 04.06.2022

INDIAN NIGHTMARE

Die Berliner Thrash Punks INDIAN NIGHTMARE sind eine der Bands, auf die ich mich am meisten gefreut habe in diesem Jahr. Zwei herausragende Alben und Erzählungen über die Live-Qualitäten der Band machten mich mehr als neugierig. Die Band kommt mit äußerst geschmackvoller Shirt-Auswahl (ADX, DEATHHAMMER, MERCYFUL FATE, KREATOR und SATAN) auf die Bühne und haut uns als erstes “Bastions Of Nightmares” um die Ohren. Yes! Das ist genau das richtige, um mit dem ersten Bier in der Hand in Fahrt zu kommen.

Schon während des Auftritts fällt mir auf, dass der Mann am Mikro wohl nicht der etatmäßige Sänger Poison Snake ist. Etwas später erwähnt Gitarrist Butch irgendwas in der Richtung und etwas Internet-Recherche verrät mir, dass der “neue” Mann Alban Shamane heißt und wohl eher langfristig den Posten am Mikro übernommen hat. Seinen Job macht der Kerl jedenfalls gut und schafft es auch bei den längeren Instrumentalparts nicht nur blöd auf der Bühne rumzustehen.

Speed Metal-Abriss mit klarer Kante gegen Fascho-Müll

Neben weiteren Songs der beiden Alben wie “Land Of The Damned”, dem großartigen “Fire Meets Steel” samt epischem Conan-Intro oder “War Metal Punks”, bei dem Butch den Gesang übernimmt und Alban stattdessen im Fotograben rumwuselt, gibt es mit “Speed Metal Rock´n´Roll” auch einen neuen Song zu hören. Der Name passt perfekt zu diesem klassischen Speed Metal-Abriss. Und um nochmal klar zu machen, wo die Band steht, gibt es zu “War Metal Punks” ne klare Ansage: “No place for homophobia, no place for Nazis! Fuck off Nazi scum!” So sieht es aus! Dieser Abschaum hat in der Szene nichts verloren! “Incurions Of Death” macht als Abschluss noch mal alles platt und die Band erntet mehr als verdient großen Applaus!

VILLAGERS OF IOANNINA CITY

Nachdem der Auftritt der griechischen Thrasher SUICIDAL ANGELS, deren Songmaterial mir insgesamt eine Spur zu generisch, ist für eine kurze Pause genutzt wurde, stand ich pünktlich zur Show ihrer Landsmänner VILLAGERS OF IOANNINA CITY wieder vor der Bühne. Die Band aus – ihr werdet es kaum glauben – Ioannina hatte letztes Jahr mit ihrem Album “The Age Of Aquarius” mehr oder weniger aus dem Nichts die Platte des Sommers veröffentlicht. Der Titelsong eben jenes Albums eröffnet dann auch diesen Auftritt, bei dem uns die VILLAGERS OF IOANNINA CITY mit einer Soundwand aus Gitarre, Bass und folkloristischen Klängen auf einen dreiviertelstündigen Trip nehmen.

Mit Ansagen hält man sich zurück, stattdessen lässt die Band die Musik sprechen, diesen einzigartigen Mix aus Stoner Rock, Psychedelic und Folk. Mit Dudelsäcken. Griechische Dudelsäcke? Nun ja, immerhin hat die griechische Flagge die gleichen Farben wie die schottische. Ein starker Auftritt dieser großartigen Band, die ich gerne mal in einem kleinen, verschwitzten Club sehen würde. Doch auch unter der brennenden Sonne von Gelsenkirchen hat es verdammt viel Spaß gemacht und das Publikum belohnte die Band mit lauten “Zugabe” Rufen.

ATLANTEAN KODEX

Elf Jahre ist das tatsächlich schon wieder her, dass ATLANTEAN KODEX ihren ersten Auftritt hier gespielt haben. Das war kurz nach der Veröffentlichung des Debütalbums “The Golden Bough”. Auf keinen anderen Auftritt habe ich mich so sehr gefreut, wie auf den der Vilsecker Epic Metal-Titanen, denn jener Auftritt war gleichzeitig auch das letzte Mal, dass ich die Band live gesehen habe. Zum Einstieg spielen ATLANTEAN KODEX “The Alpha And The Occident”, gefolgt vom epischen Stampfer “People Of The Moon”. Besonders in den ersten Reihen sind alle Fäuste oben und es wird begeistert mitgegrölt. “Holy – Holy – Song of Death and Birth”.

Mit “Lion Of Chaldea” und dem überragenden “Sol Invictus” feuert die Band zwei weitere Fistraiser ab, bevor es mit “Heresiarch” sakraler und doomiger wird. Augen schließen und sich der puren Schönheit des epischen Heavy Metals hingeben. Und dann kommt es, das große Highlight, der vielleicht beste Song, den dieser Band je geschrieben hat, diese Hymne an Europa – heute, in diesen Zeiten, wichtiger denn je!

On a strong white bull the Goddess rides,
in the darkest night twelve stars will rise.
Daughter of the East in an azure gown,
our new Jerusalem we found.

So wunderschön, so ergreifend kann nur Epic Metal sein – “Twelve Stars And An Azure Gown” – was für ein Song! Die Band hat sichtlich Spaß an diesem Auftritt vor für ihre Verhältnisse sicher großem Publikum. Vor allem Gitarristin Coralie Baier strahlte den ganzen Auftritt über und war auch was das Stageacting angeht noch am aktivsten. Wobei ATLANTEAN KODEX halt nunmal nicht DEATH ANGEL sind. Zum Abschluss packen KODEX noch den Evergreen “The Atlantean Kodex” aus – der einzige Song, der vor elf Jahren ebenfalls schon in der Setlist stand. Da gehen noch mal alle Fäuste hoch, es wird gegröhlt, gebanged, gefeiert. Und dann ist leider auch schon Schluss. Mir persönlich fehlen noch so viele Songs, wieso dürfen die hier nicht zwei Stunden spielen?

GRAVE DIGGER

Nach ATLANTEAN KODEX verbringen wir erstmal etwas Zeit auf dem Campingplatz und gehen anschließend in der Stadt etwas essen. Dem fallen THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA und der Anfang des GRAVE DIGGER-Konzerts zum Opfer. Auf dem Weg zurück zum Festivalgelände schallt uns bereits “The Dark Of the Sun” entgegen. Irgendwann sind wir dann im Amphitheater und staunen erstmal ob der vollgepackten Bühne. Acht Dudelsackspieler und sieben Trommler*innen auf einem großen Podest machen schon einiges her, lassen der Band allerdings auch nicht mehr allzu viel Platz. Davon abgesehen, gibt es mit Andreas von Lipinski (WOLFEN) einen weiteren Gast auf der Bühne, welcher Chris beim Gesang unterstützte. Das Amphitheater ist eines Headliners würdig gefüllt.

Ich habe GRAVE DIGGER eine lange Zeit aus den Augen verloren, das letzte Album, welches ich bewusst gehört habe war das eher mäßige “Liberty Or Death” und das ist fünfzehn Jahre her. Tja, und was ich an Songs aus der Zeit danach höre, löst bei mir ehrlich gesagt wenig Begeisterung aus. “The Clans Will Rise Again” ist mäßig, “Lions Of The Sea” verdammt nah am Schlager. Aber mit “The Ballad of Mary (Queen of Scots)” greifen GRAVE DIGGER nochmal tief in die Klassiker-Kiste. Eigentlich sollte wohl DORO hier den Gesang übernehmen, laut Chris Boltendahl war sie aber aufgrund ihres Geburtstages am Vortag verhindert. Was uns zu der Frage führt, ob der Geburtstag dieses Jahr irgendwie überraschend kam, denn der Termin für das ROCK HARD FESTIVAL steht ja schon eine Weile. Fragen über Fragen…

GRAVE DIGGER wurden abgefeiert, ließen mich persönlich aber eher kalt

Nun ja, dieses Jahr erscheint mit “Symbol Of Eternity” das nächste Album der Band und mit “Hell Is My Purgatory” gibt es an diesem Abend einen Song zu hören. Dieser macht an sich einen guten Eindruck, warum muss man aber den Refrain dermaßen mit Keyboards zuschwurbeln? Egal, danach machen GRAVE DIGGER mit dem ewigen Überhit “Rebellion” und “Heavy Metal Breakdown” den Sack zu. Bei letzterem gibt Gitarrist Axel Ritt beim Solo nochmal alles und Andreas von Lipinski singt Chris an die Wand. Alles in allem wurden GRAVE DIGGER hier so richtig abgefeiert. Mir persönlich gibt die Band, welche mir mal sehr wichtig war, leider nicht mehr allzu viel.

ASPHYX

Eigentlich sollen an dieser Stelle PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS einen MOTÖRHEAD-Set spielen. Ich hätte durchaus Bock auf eine gute Stunde MOTÖRHEAD-Klassiker, doch es soll anders kommen. Durch einen kurzfristigen Krankheitsfall muss die Band Ihren Auftritt leider absagen. Solche last minute Absagen sind natürlich immer eine Katastrophe, doch das ROCK HARD hat da ja einen Mitarbeiter namens Husky, der nebenbei auch noch Schlagzeug spielt. Bei ASPHYX. Also wurde Sonntag Vormittags schnell die Band zusammengetrommelt. Frontmann Martin van Drunen teilt uns auf der Bühne mit, dass er so um 11 Uhr davon erfahren hat, heute hier zu spielen. Laut eigener Aussage hat er die letzten dreißig Tage nichts gemacht, nur saufen und vögeln. Na ja, anmerken tut man das seiner Performance definitiv nicht, die alte Röchel-Maschine läuft auf Hochtouren.

Und auch der Rest der Band wirkt kein bisschen eingerostet. Vor allem Paul Baayens ist wie immer, bis in die Haarspitzen motiviert, fegt wie ein Derwisch über die Bühne und bangt dabei wie ein Irrer. Das Amphitheater ist immer noch ziemlich voll, wenn auch etwas leerer als noch bei GRAVE DIGGER. Vor “Death… The Brutal Way” spricht Martin kurz über den Krieg in der Ukraine, betont, dass die Texte von ASPHYX niemals kriegsverherrlichend waren und animiert das Publikum dazu “PUTIN ARSCHLOCH” zu brüllen. Der Song an sich ist mit seinem thrashigen Riff ein Klassiker im Bandkatalog und sorgt dementsprechend für ordentlich Action im Pit. Ein weiteres Bonmot des Herrn van Drunen gefällig? Gerne: “Alle Welt hat Angst davor, dass Deutschland jetzt seine Armee wieder aufbaut. Wir Niederländer sind damit ganz zufrieden. Unsere Taktik ist es ja, Käse von den Mauern zu werfen”. Der Kerl ist echt Comedy-Gold. Kleine Notiz am Rande noch: Ausgerechnet während des ASPHYX-Auftritts fährt ein Schiff unter niederländischer Flagge hinter der Bühne vorbei. Oder ist das der ASPHYX Tour-Kahn?

ASPHYX liefern einfach immer ab – so auch an diesem Tag!

ASPHYX ballern sich durch insgesamt vierzehn Songs, von denen der Großteil von den Alben seit der Reunion stammt. Dazu kommen insgesamt vier Songs von den ersten beiden Alben. Das zeigt, dass ASPHYX keine Band sind, die sich nur auf ihren Klassikern ausruht, gleich fünf Stücke vom aktuellen Album “Necroceros” kommen zum Einsatz. Und das Publikum feiert die Band durchgehend ab. Trotzdem steigt die Stimmung beim großen Finale noch mal an. Bei den ersten Takten des mächtigen “The Rack” brandet Jubel auf und beim folgenden und finalen “Last One On Earth” geben einfach alle nochmal alles. ASPHYX liefern einfach immer ab, egal wann, egal wo und somit kann man auch die heutige Show nur als Triumphzug beschreiben. Nach dem Ende von BOLT THROWER sind ASPHYX meiner Meinung nach die beste noch aktive Death Metal-Band. This is true death metal, you bastards!

BLIND GUARDIAN

Was für eine Umstellung! Vom brachialen Death Metal von ASPHYX zu den Königen des bombastischen Speed und Power Metals. Auch BLIND GUARDIAN sind nicht zum ersten Mal auf dem ROCK HARD FESTIVAL, waren sogar schon 2003, beim ersten Mal in Gelsenkirchen dabei. Oder wie Hansi es gleich zu Beginn ausdrückt: “Ihr freut euch! Zu recht” Immer eine Freude uns zu sehen.”. Oh, Jesus, willkommen zu einer weiteren Episode von “germanys most awkward frontmen” Aber egal, irgendwie find ich diese ganz spezielle Hansi-Art, diese Mischung aus Schwiegersohn und Beamter ja… sympathisch? Man gewöhnt sich halt dran, trifft es wohl am besten.

Nun ja, musikalisch gibt es am heute wenig zu meckern. Es war ja schon angekündigt, dass BLIND GUARDIAN heute ihr 1992 erschienenes, viertes Album “Somewhere Far Beyond” am Stück spielen würden. Doch zum Einstieg gab es erstmal “Into The Storm”, gefolgt von “Welcome To Dying”. So weit, so vorhersehbar, wenn aber natürlich auch großartig! Die Stimmung ist vom ersten Ton am obersten Level, was Hansi dann ja zu oben erwähnten emotionalen Ausbruch verleitete. Andre Olbrisch ist wie üblich eher zurückhaltend auf der Bühne während sein in Würde ergrauter Gitarrenpartner Marcus Siepen die Rampensau gibt. Apropos Rampensau, eine solche ist auch der Live-Bassist Johan van Stratum, der auf seinem kleinen Podest ordentlich Alarm macht. Mit “Nightfall” und “When Time Stands Still (At The Iron Hill)” folgen zwei weitere Songs von “Nightfall in Middle Earth”. Gleich drei Songs “Nightfall in Middle Earth” zum Einstand, welche mir nochmal in Erinnerung rufen, wie gut diese Platte, welche ich eine zeitlang etwas stiefmütterlich behandelte, doch eigentlich ist. Gerade “When Time Stands Still (At The Iron Hill)” ist eine echte Hymne.

Der König der Ansagen dirigiert uns durch dreißig Jahre “Somewhere Far Beyond”

Dann ergreift der König der Ansagen das Mirko. “Dreißig Jahre “Somewhere Far Beyond” – die Zeit vergeht wie im Flug”, was meinen Kumpel Phil zu einem sarkastischen “Was man von deinen Ansagen nicht behaupten kann” hinreißt. Egal, Zeit vergeht wie im Flug, Zeit, und da haben wir den perfekten Übergang zu “Time What Is Time”, dem Opener von “Somewhere Far Beyond”. Und weil Murphy immer und überall lauert, verkackt Hansi auch gleich den Einsatz. Macht aber nix, wir sind viel zu ekstatisch um uns daran zu stören. Nach “Journey Through The Dark” wird es einsam auf der Bühne, denn Hansi bestreitet “Black Chamber” nur mit dem Keyboarder zusammen. Und weiter geht es durch das an Klassikern nicht arme Album, von “The Quest for Tanelorn” über das wie üblich vom Publikum gesungene “The Bards Song – In The Forrest” bis zum epochalen Titelsong.

Nach dieser Vollbedienung für sämtliche Altfans der Band, sollen nun laut Setlist eigentlich noch drei Songs folgen. Da Hansi aber entgegen vorheriger Versprechungen es mal wieder nicht geschafft hat, sich kurz zu halten, muss “Deliver Us From Evil” der starke Song vom kommenden Album “The God Machine” leider gestrichen werden. So bleibt es zwei guten alten, lang erprobten Standards vorbehalten, den Sack zuzumachen. “Valhalla” wird acht Minuten lang zelebriert und natürlich vom ganzen Amphitheater mitgegrölt. Selbiges gilt für das trotz Dauerpräsenz in der Setlist nicht langweilig werdende “Mirror Mirror”, bei dem das Publikum noch mal alles gibt. Ein absolut würdiger Headliner-Auftritt bei dem mich nur das komplette fehlen von Song von “Imaginations From The Other Side” etwas irritiert. Aber egal, genug der Erbsenzählerei, BLIND GUARDIAN haben an diesem Abend einen starken Auftritt abgeliefert, der sicherlich die meisten Anwesenden mehr als glücklich gemacht hat.

Sonntag, 05.06.2022

SULPHUR AEON

Für uns startet der letzte Tag des Festivals mit Deutschlands vielleicht bester, aktueller Death Metal-Band, SULPHUR AEON. Das letzte Mal, dass ich das Vergnügen hatte, die Band live zu sehen war auf dem Release-Konzert zum immer noch aktuellen Album “The Scythe of Cosmic Chaos” Ende Dezember 2018. Und die ersten drei Songs eben dieses Albums bilden das erste Drittel eines herausragenden Auftritts, der vor allem von Frontmann M. getragen wird. Während der Rest der Band eher statisch agiert, höchstens mal ein bisschen headbanged, nimmt M. mit seiner unglaublichen Austrahlung die ganze Bühne ein. Gestik, Mimik, der Mann beherrscht die Bühne obwohl auch eher größtenteils auf einer Stelle verharrt. Ist vielleicht auch besser so, denn wenn der Kerl sich auf mich zubewegen würde, hätte ich möglicherweise den Drang ängstlich das Weite zu suchen.

Wer CTHULHU beschwört, muss damit rechnen, dass er Wasser mitbringt

Pünktlich zum Auftritt der Band fängt es auch noch an zu regnen. Aber hey, man kann ja schlecht den großen Cthulhu beschwören und sich dann darüber aufregen, dass er Wasser mitbringt. Ist halt nass auf dem Meeresgrund… Und eigentlich ist das auch egal, denn SULPHUR AEON sind live eine Macht, hämmern ihre epischen Death Metal-Hymnen in den frühen Nachmittag und machen einfach alles platt. Unfassbar ist alleine das kurz vor Schluss platzierte Trio aus “Swallowed By The Oceans Tide”, “Gateway To The Antisphere” und “Lungs Into Gills”. Eine so finstere Stimmung und gleichzeitig einen dermaßenen Abriss, das schaffen nicht viele Bands, schon gar nicht so früh am Tag,

NIGHT DEMON

Das NIGHT DEMON einer der heißesten Live-Acts der aktuellen Szene ist dürfte niemand bestreiten, der schonmal die Freude hatte das Trio auf der Bühne zu sehen. Bei mir ist es schon ein paar Jahre her, dass ich die Band gesehen habe und dementsprechend war die Vorfreude groß. Als Intro läuft “Night Of The Demon” von DEMON vom Band, welches vom Publikum, inklusive mir, schon fleißig mitgesungen wird. Und dann entern auch schon Jarvis, Armand und Dusty die Bühne und fegen ab dem Opener “Screams In The Night” mit einer solch unfassbaren Energie über die Bretter, könnten wir diese speichern, wir würden sorgenlos durch die nächsten fünf Winter kommen. Es ist immer wieder eine Freude, diese Band wie entfesselt aufspielen zu sehen.

Das MOTÖTHEAD-Cover “Overkill” wird angespielt und geht fließend in “Dawn Rider” über. Nach dem Intro zu “The Howling Man” verkackt die Band den Einstieg. Jarvis nutzt das für einen Gruß an die Road Crew gefolgt von einem kurzen und knappen “let´s try that again”. Kann im Überschwang der Begeisterung ja mal passieren. Eine weitere Fremdkomposition gibt es in Form von “Sun Goes Down” von THIN LIZZY, welches in einer Brachial-Version durchgeprügelt wird. Zwischen den Hits der ersten beiden Alben spielen NIGHT DEMON auch die vier neuen Songs, welche 2020 jeweils als 7”-Single und dieses Jahr schließlich gesammelt auf der “Year Of The Demon”-Compilation veröffentlicht wurden.

Nach dem von Jarvis sehr gefühlvoll gesungenen “Darkness Remains” ist kurz Schluss, doch die Band ist schnell wieder da und macht mit der Bandhymne “Night Demon” den Sack zu. Was für ein Auftritt! Mit mehr Power war an diesem Wochenende keine andere Band unterwegs. Genau solche Auftritte sind es, welche uns zwei Jahre lang einfach gefehlt haben, dies unglaubliche Energie. Danke dafür, NIGHT DEMON!

MIDNIGHT

Nach NIGHT DEMON kommen MIDNIGHT und scheitern tatsächlich nicht bei dem Versuch, das Energielevel des vorherigen Auftritts zu halten. Völlig irre fegt dieser tollwütige Mob mit schwarzen Kopfsocken über die Bühne. Optisch MGLA auf Crack, musikalisch MOTÖRHEAD auf… ähm… crack. Während Athenar sich dann zumindest meist in der Nähe seiner zwei Mikroständers aufhält, beackert der Gitarrist die komplette Bühne und reißt dabei vermutlich mehr Kilometer ab als so mancher Fußballspieler. Als Fotograf gar nicht so einfach, den Kerl mal lang genug vor der Linse zu haben. Hat der vor dem Auftritt gekokst oder ist der immer so drauf?

Und so prügeln sich MIDNIGHT durch fünfzehn Songs, lediglich zwei davon vom aktuellen Album “Let There Be Witchery” nämlich “Szex Witchery” und “Telepathic Nightmare”. Auch alle anderen der inzwischen immerhin schon fünf Alben werden mit je zwei bis drei Songs bedacht, dazu dann noch der eine oder andere Song von einer der EP´s. Natürlich dürfen auch die großen Hits “Evil LIke A Knife” und “You Can´t Stop Steel” nicht fehlen. Wie schon 2014 machen MIDNIGHT in Gelsenkirchen so richtig Alarm, dieses Mal allerdings vor deutlich größerem Publikum. Älter sind sie vielleicht geworden, ruhiger definitiv nicht.

MICHAEL MONROE

Mangels Kenntnis des bisherigen Schaffens von MICHAEL MONROE ist unser Interesse am Auftritt des Ex-HANOI ROCKS-Frontmann eher gering und wir entschließen uns, dem Dönermann in der Stadt einen Besuch abzustatten. Da der Regen währenddessen nahezu apokalyptische Ausmaße annimmt, bleiben wir länger als geplant dort, sind aber noch rechtzeitig wieder da, um den letzten Teil des Auftritts mitzubekommen. Tja, was soll ich sagen. Rückblickend, hätten wir das mit der Nahrungsaufnahme wohl besser mal anders geplant und hätten uns den Auftritt des flotten Finnen vollständig angesehen.

Der Kerl fegt nämlich mit einem Elan über die Bühne, als wäre er seit den Achtzigern kein Jahr gealtert. Dabei schwingt er dermaßen wild mit dem Mikrofonständer um sich, dass es es nur zwei Gründe dafür geben kann, dass keiner seiner Begleitmusiker das Ding gegen den Schädel bekommen hat: Überragend gut einstudierte Choreographie oder schieres Glück. Was es nun ist, man weiß es nicht, die Show war jedenfalls großartig. Und auch musikalisch wusste MICHAEL MONROE mit einer gesunden Mischung aus größtenteils Solomaterial und diversen Cover-Songs, nicht nur von HANOI ROCKS, ebenfalls zu gefallen.

Das aktuelle Album “I Live Too Fast To Die Young!”, welches von Frank Hellweg bei uns bereits hoch gelobt wurde, werde ich mir wohl bei Gelegenheit mal anhören müssen. Man kann nun trotzdem darüber streiten, ob der Status eines MICHAEL MONROE die Position als Co-Headliner rechtfertigt oder nicht. Was die Performance an diesem Abend angeht kann es allerdings keine zwei Meinungen geben, und das ist es doch, was letztlich zählt, oder?

RHF Promoter-Anprache

Was war im Vorfeld gerätselt worden über diesen Punkt in der Running Order. Eine kurze Ansage vor dem Headliner ist auf dem ROCK HARD FESTIVAL ja nichts unübliches, wenn es aber explizit in der Running Order aufgeführt wird, dann darf man wohl etwas mehr erwarten. Die Pessimisten gingen von einer Ansage ala “Dieses Jahr war leider das letzte Festival” aus, ich hatte im Vorfeld eher mit einem kurzen Rückblick auf die zwei vergangenen Jahre und eine Art “wir leben noch” mit Ausblick auf das nächste Jahr in dem es immerhin gleich zwei Jubiläen zu feiern gibt – Vierzig Jahre ROCK HARD MAGAZIN und zwanzig Jahre ROCK HARD FESTIVAL. Tja, wir lagen alle falsch.

Stattdessen gibt es einen kurzen Auftritt von SODOM, allerdings nicht mit dem regulären aktuellen Line Up, sondern als Trio, bestehend aus Tom Angelripper, dem aktuellen Schlagzeuger Toni Merkel sowie Gitarrist Andy Brings, der auf dem “Tapping The Vein”-Album gespielt hat, welches dieses Jahr dreißigjähriges Jubiläum hat. Kurz und knackig ballern SODOM mit “Body Parts”, “One Step Over The LIne” und “Wachturm” drei Songs von eben jenem Album raus und sind danach wieder verschwunden. Ein cooler Auftritt und SODOM passen als Ruhrpott-Urgesteine natürlich auch perfekt zum ROCK HARD FESTIVAL. Warum man das ganze nicht einfach als Überraschungsgast oder ähnliches angekündigt hat, will mir aber nicht ganz in den Kopf gehen.

Davon abgesehen, hätte ich mich tatsächlich über eine Ansprache der Veranstalter mit Ausblick auf das nächste Jahr gefreut. Aber gut, die Jungs und Mädels vom ROCK HARD werden sich zum Doppel-Jubiläum schon nicht lumpen lassen.

ACCEPT

2005 waren ACCEPT bereits Headliner auf dem ROCK HARD FESTIVAL, damals auf der Reunion-Tour mit Udo Dirkschneider. Diese hielt ja bekanntlich nicht besonders lang. Fünf Jahre später spielte man erneut in Gelsenkirchen, diesmal mit dem damals noch recht neuen Sänger Mark Tornillo mit dem man später im selben Jahr das starke Comeback-Album “Blood Of The Nations” veröffentlichen sollte. Nun also der dritte Auftritt im Amphitheater, dieses Mal wieder als Headliner. Vom Line Up des ersten Auftritts ist nur noch Gitarrist und Mastermind Wolf Hoffmann in der Band. Immerhin Mark Tornillo ist noch dabei und mit inzwischen dreizehn Jahren der Mann mit den meisten Dienstjahren nach Hoffmann und den beiden, nicht mehr in der Band spielenden Urgesteinen Udo Dirkschneider sowie Peter Baltes.

Also eigentlich sowas wie die Wolf Hoffmann Soloband? Nun ja, ACCEPT sind bei weitem ja nicht die einzige Band aus den Achtzigern, bei der nur noch ein Gründungsmitglied dabei ist, siehe KREATOR, SODOM, RAGE oder RUNNING WILD, um mal im nationalen Vergleich zu bleiben. Bei ACCEPT beziehungsweise Wolf Hoffmann ist der Ärger vermutlich auch deshalb groß, weil der Umgang speziell mit Udo und Baltes wohl nicht der beste gewesen sein soll. Nun ja, wichtig ist am Ende auf der Bühne, wie der Fachmann sagt.

Das klassische ACCEPT-Ballet tanzt immer noch – leider ohne Uwe Lulis

Und da machen ACCEPT von Anfang an ziemlich viel richtig. Die Show ist absolut erstklassig, die imposante Kulisse, das Stageacting, alles perfekt eingeübte Choreographie. Das meine ich nicht negativ, bei so großen Bands gehört ne ordentliche Show schließlich dazu. Und man kann über das Line Up und alles sagen, was man will, die Männer haben allesamt richtig Bock auf das, was sie tun, das sieht man jedem einzelnen an. Vor allem Wolf Hoffmann hat das posen halt echt gelernt, der macht das ja nun auch schon ein paar Jahre. Das man allerdings neben Bassist Martin Motnik auch einen deutschen Szene-Veteranen wie Uwe Lulis im hintern Teil auf einem Podest parkt, finde ich mehr als albern. Geht das ACCEPT-Ballet nur mit zwei Gitarristen oder was? Ich finde diese Katzentische für Teile der Band allgemein ziemlich albern. Aber hey, solange das Gehalt pünktlich da ist…

Die Setlist besteht fast zur Hälfte aus Material der Tornillo-Ära, die ja durchaus ein paar bärenstarke Alben hervorgebracht hat. Trotzdem gibt es den einen oder anderen Hänger in der Setlist, welcher wetterbedingt eh schon nicht mehr ganz vollgepackte Amphitheater um weitere Zuschauer dezimiert. Eine positive Überraschung ist der Titelsong des “Objection Overruled”-Albums. Ansonsten gibt es natürlich die üblichen Klassiker, sowie ein cooles Medley aus “Demon’s Night”, “Starlight”, “Losers and Winners” sowie “Flash Rockin’ Man”. Das alles macht am Ende einen starken Auftritt und einen würdigen Abschluss eines tollen Festivals.

Und damit war das ROCK HARD FESTIVAL 2022 auch schon wieder vorbei. Nach zwei Jahren Stillstand hat es gut getan, endlich wieder Festival-Atmosphäre zu genießen, endlich wieder Freunde und Bekannte zu treffen, neue Bekanntschaften zu schließen und gemeinsam die Musik zu feiern. Hoffen wir mal, dass wir die Zeit der Lockdowns und Veranstaltungsverbote jetzt wirklich hinter uns haben und vor allem, dass die Veranstaltungsbranche unserer Szene sich wieder erholt. Ach ja, mein Auto ist am Morgen nach dem Festival übrigens problemlos angesprungen.

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