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GRIMA: Frostbitten

Frostige Abkühlung im Sommer? GRIMA exportieren mit „Frostbitten“ sibirisches Klima in die Welt. Ihr atmosphärischer Black Metal funktioniert auf allen Ebenen ziemlich gut – außer auf der emotionalen.

„Rotten Garden“ verpasste GRIMA vor anderthalb Jahren einen gewaltigen Popularitätsschub. Kein Wunder, das sibirische Duo (Studio), bzw. Quartett (live) trifft einen Nerv bei den Hörern, die ansonsten eher in Richtung pazifischen Nordwesten der USA schielen. Bremsen lassen sich die Brüder Vilhelm und Morbius somit nicht und bleiben am sprichwörtlichen Ball. Die Rechnung geht auf, obwohl ein Rest bleibt. „Frostbitten“ mag als frostiger, atmosphärischer Black Metal konzipiert sein, aber er wirkt eher so, als würde man, in einer heimeligen Hütte sitzend, einen Blizzard betrachten, oder eben das sehr stimmungsvolle Artwork des Albums. Und obwohl ein Feuer im Ofen brennt und genügend Feuerholz da ist, reißt der Sturm am Dach und durch einzelne Ritzen dringt doch ein bisschen Kälte nach drinnen. Ein bisschen Frieren muss also sein.

„Frostbitten“ ist voller Furor und Hingabe: GRIMAs fünftes Album ist eine Steigerung auf allen Ebenen.

Ihre Disziplin beherrschten GRIMA schon vergangenes Jahr, und schon da brillierten sie zumindest stellenweise beim Songwriting. „Frostbitten“ setzt nun auf allgemein höheres Niveau und mehr Epik. Gleichzeitig ist da stellenweise auch mehr Wut. Von allem also ein bisschen mehr? Es scheint zumindest so. Mit „Gloomy Heart of The Coldest Land“ beginnt das Album voller Furor und Hingabe, ohne das Gefühl zu vernachlässigen. Dieser starke Auftakt, der von reifem Songwriting zeugt und über die gesamte Länge von knapp zehn Minuten immer wieder spannende Ideen präsentiert, schindet Eindruck. Mit dem Stück „Giant’s Eternal Sleep“ gelingt das sogar noch ein wenig besser: Hier sind zusätzlich jede Menge denkwürdige Momente dabei, inklusive getragenen Midtempomomenten, einem rasanten Refrain und einem leidenschaftlichen Finale.

Der Sturm flaut kurz ab, „Into The Twilight“ beginnt mit folkig-melancholischen Elementen und folgt durchgehend einem verträumten Thema, das sich im weiteren Verlauf recht beliebig anfühlt. Das brutale „Hunger God“ reißt wieder mehr mit, fieses Fauchen, sägende Riffs, eine sehr reduzierte Leadgitarre und beachtlich variierte Blast Beats sorgen für einen gewissen Kick. Gerade dieser Song zeigt, wie sorgfältig GRIMA ihre Musik arrangieren – weniger geschickte Bands hätten aus diesen Ideen nicht mehr als stumpfes Geholze gemacht. Apropos: Das Akkordeon, das auf „Rotten Garden“ noch ein gelungener Gag war, wird jetzt vermehrt verwendet, aber besser – sprich subtiler – in die Musik integriert.

GRIMA ist mit „Frostbitten“ ein stimmungsvolles Album gelungen, das seltsamerweise nicht so intensiv wirkt, wie es eigentlich müsste.

Auch der Rest des Albums bleibt sehr atmosphärisch, das majestätische „Moonspell And Grief“, in dem auch ein klar gesungener Chor und sehnsuchtsvolle Melodien für große Momente sorgen, ist ein weiteres Highlight auf „Frostbitten“ und deutlich stärker als das zehnminütige „Winter Morning Tower“, mit dem das Album schließt, Outro ausgenommen. Umso seltsamer, dass GRIMA mich nicht wirklich berühren. Die sibirische Band setzt viel von dem ein, das genau meinen Geschmack trifft, aber die Musik dringt nicht zur Fülle in mich ein. Es mangelt nie an sauberem Songwriting, prägnanten Momenten oder starker instrumentaler wie gesanglicher Performance. Vielleicht ist da ein Teil in mir, der findet, dass ein Album namens „Frostbitten“ quasi wie „At The Heart of Winter“ oder meinetwegen auch wie „Pure Holocaust“ klingen sollte.

Vielleicht liegt es aber auch an Folgendem: Live haben GRIMA kürzlich für volle Häuser gesorgt und bewiesen, dass sie ziemlich unter die Haut gehen. Diese Leidenschaft im Studio zu konservieren, ist ihnen indes nicht ganz gelungen. „Frostbitten“ ist zwar ein starker Genrebeitrag und kann locker mit den vergangenen Alben von WOLVES IN THE THRONE ROOM oder ALDA mithalten, aber das letzte Quant Intensität, damit ihr Publikum ihnen restlos verfällt, fehlt. Vielleicht ist dieser heiße trockene Sommer aber auch die falsche Zeit, um GRIMA so richtig genießen zu können – in wenigen Monaten wird „Frostbitten“ vielleicht eine Renaissance erfahren.

Wertung: 5 von 7 Eiszapfenhände

VÖ: 29. Juli 2022

Spielzeit: 48:55

Line-Up:
Vilhelm – Vocals, Guitars
Morbius – Guitars

Gastmusiker:
Serpentum – Bass
Vlad – Drums
Valentina Astashova – Keys
Sergey Pastukh – Bayan

Label: Naturmacht Productions

GRIMA „Frostbitten“ Tracklist:

1. Gloomy Heart Of The Coldest Land
2. Giant’s Eternal Sleep (Official Video bei Youtube)
3. Into the Twilight
4. Hunger God
5. Moonspell and Grief
6. Winter Morning Tower
7. Mana

Mehr im Netz:

https://grima.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/grimablackmetal

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