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GRIMA: Rotten Garden

Wer zur Anonymisierung auf der Suche nach anderen Mitteln als Corpsepaint ist, tut sich 2020 schwer, denn vieles, was sich junge, ambitionierte Musiker ins Gesicht schmieren, ist peinlich, oder auch schon wieder ausgelutscht. Wer die Holzmasken, die GRIMA auf dem Cover von „Rotten Garden“ tragen, nun albern findet, kann das gerne tun, aber mir persönlich gefallen sie sehr. Nicht nur, weil sie mich an den Slasher „Camp Evil“ (mit Soundtrack von STEVE MOORE von ZOMBI!) erinnern, sondern weil sie die Atmosphäre der Musik gut unterstreichen.

Das tiefe Sibirien, aus dem GRIMA stammen, könnte zu Musik inspirieren, die an Frostigkeit locker IMMORTAL und Co. übertrifft, und doch ist der atmosphärische Black Metal des Duos über weite Strecken wärmend wie ein Feuer im Winter. Die beiden Brüder Morbius und Vilhelm, die hinter GRIMA stecken, machen zeitweise richtig guten, mitreißenden Black Metal, der sich in seinen besten Momenten hinter so mancher Szenegröße nicht zu verstecken braucht. „Cedar And Owl“ beginnt mit herrlicher AGALLOCH-Atmosphäre und lädt acht Minuten lang bei gekonnt verwaschenem Sound zum Träumen ein. Innovationen gibt es keine, dafür zelebrieren sie Bewährtes sehr solide. „Rotten Garden“ erhält so einen souveränen Auftakt mit gelungenen Riffs, unaufdringlichen, gut eingebetteten Keyboards und schnörkellosem Drumming.

Knorrige Masken, atmosphärischer Black Metal: GRIMA beherrschen souveräne Kompositionen.

Das Songwriting ist auch an anderen Stellen wirklich bemerkenswert. Da ist zum Beispiel das Stück „At The Foot Of The Red Mountains“, das es in weniger als fünf Minuten schafft, sehr ausladend und weitschweifig zu sein, andererseits aber sehr kompakt zu wirken, furiose Blastbeats, Tremoloriffs und ein trauriges Akkordeon, das Atmosphäre erzeugt und nicht nach Trinkgelage à la FINNTROLL klingt, inklusive. Großes Kompliment für diesen Ohrwurm. Auch das zehnminütige Titelstück, das schleppend beginnt, dann geradezu explodiert und mit tranceartigen Blast Beats repetitiven Riffs im Stil von WOLVES IN THE THRONE ROOM besticht. Dazwischen finden sich ruhige Stellen, auch mal mit dem passend platzierten Akkordeon. Das sind die Songs, in denen GRIMA definitiv brillieren.

„Rotten Garden“ hat einige Schönheitsfehler, ist aber trotzdem ein Wohlfühlalbum.

Davon abgesehen ist „Rotten Garden“ kein perfektes Album, es gibt einige Schönheitsfehler. Da wären die Songs „Mourning Comes At Sunset“ und „Grom“, die eher wie Fragmente wirken und erst gegen Ende ihre Stärken ausspielen können und ihre Linie finden. Auch die Neuaufnahme von „Devotion To Lord“, dem Titelsong des Debütalbums, ist eher verzichtbar. Hier wurde am ehesten der Sound verbessert, das Lied profitiert im Prinzip nur vom besseren Klangbild. Die Keyboards sind einerseits angenehm unauffällig und unterstützen die Kompositionen eher als Akzente zu setzen. Auf Dauer ermüdet das leider doch. Und auch der Gesang ist immer wieder etwas störend, an manchen Stellen wirkt das Gekeife, das teilweise übersteuert oder effektmäßig verfremdet anmutet, sogar wie ein störender Kontrast.

So ist GRIMA mit ihrem vierten Album also ein zu großen Teilen bewegendes Album gelungen, das auch trotz seiner Makel einen Reiz für Fans von atmosphärischem, naturnahen Black Metal ausüben wird. Überhaupt ist „Rotten Garden“ sehr authentisch, eben weil es unperfekt und ungekünstelt für eine knappe Dreiviertelstunde Realitätsflucht sorgt – eben ein Wohlfühlalbum. Am Ende können die sibirischen Brüder mit den Koryphäen der Szene aber nicht mithalten. Doch seien wir unbesorgt, GRIMA werden ihr Publikum finden, auch ganz ohne knorrige Masken.

Wertung: 5 von 7 Baumrinden

VÖ: 22. Januar 2021

Spielzeit: 43:28

Line-Up:
Vilhelm – Vocals, Guitars, Bass, Keyboards
Morbius – Guitars, Bass

Label: Naturmacht Productions

GRIMA „Rotten Garden“ Tracklist:

1.  Cedar And Owls (Official Video bei Youtube)
2. Mourning Comes At Sunset
3. At The Foot Of The Red Mountains
4. Old Oak
5. Rotten Garden (Official Audio bei Youtube)
6. Grom
7. Devotion To Lord 2020 (Bonus Track)

Mehr im Netz:

http://www.grima.bandcamp.com
https://www.facebook.com/grimablackmetal

 

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