INFERNO METAL FESTIVAL 2019 – Rockefeller Music Hall, Oslo, Norwegen – 18. bis 21. April 2019

KARFREITAG, 19. April 2019

Schon seit einigen Jahren hat es sich das alteingesessene INFERNO FESTIVAL in der norwegischen Hauptstadt zur Gewohnheit gemacht, schon am Gründonnerstag in die Vollen zu gehen. 2019 bedeutet dies, dass ausgerechnet der einzige norwegische Headliner – vor fünf Jahren noch eine Unmöglichkeit – schon am Donnerstag aufspielt. DIMMU BORGIR fallen somit den Arbeitsplänen mancher Gäste zum Opfer da man es schlicht nicht rechtzeitig für ihren Gig nach Oslo schafft.

TRIBULATION

Rechtzeitig an diesem Freitag bedeutet indes „rechtzeitig für TRIBULATION“ aus Schweden aufzukreuzen. Das Intro der Lord Byron-inspirierten Gothic Rocker beginnt schon früh – wer nicht um 18 Uhr auf der Matte ist, kriegt nicht den ganzen Gig der ästhetisch ausgefeilt auftretenden Truppe mit. TRIBULATION beweisen indes zu jeder Minute, dass sie auch über musikalische Substanz verfügen. Gekonnt wird gegroovt, gesungen und gerockt, dass es eine wahre dunkle Freude ist. Das Osloer Publikum ist sichtlich erfreut über TRIBULATION und feiert das schwedische Quartett entsprechend ab. Die Songs „Lament“ (vom 2018er-Album „Down Below“ mit einem gewissen CEMETARY „Sundown“-Vibe) und „Melancholia“ vom „Children of the Night“-Output zeichnen sich als Höhepunkte des TRIBULATION-Gigs aus und die Schweden dürften mit ihrem gelungenen Gig sicher zahlreiche verkappte GHOST– oder THE DEVIL`S BLOOD-Fans für sich gewonnen haben. Super!

VOMITORY

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Sich runterzuzwängen in den John Dee-Club, um CARONTE zu sehen, sparen sich wohl die meisten Leute an diesem Abend. Denn in der Rockefeller Hall macht sich eine weitere schwedische Band bereit, um die Hauptbühne in Schutt und Asche zu legen. Es ist gerade für das INFERNO FESTIVAL im Herzen Norwegens doch speziell, dieses Jahr dem schwedischen Death Metal eine derart tragende Rolle zuzuweisen. Ab 19:30 Uhr ist es somit Zeit für VOMITORY, die für den Gig in Oslo lediglich drei Stunden Autofahrt auf sich nehmen mussten. Von der Reise ist dem todesmetallischen Quartett allerdings nichts anzumerken, denn lieber stürzen sich VOMITORY grad schon mal Kopf voran in ihr Set.

Willkommen in VOMITORYs Schlachthaus

Die Meute scheint nur auf diesen Augenblick gewartet zu haben. Zeigte sich das Norweger Publikum in der Vergangenheit distanziert-zurückhaltend und mit einer krassen Affinität zu verschränkten Armen, so bricht bei VOMITORYs „Perdition“ (vom „Raped in their own blood“-Album) ein krasser Moshpit aus. Crowdsurfing, Moshpit, tiefes Gebrüll – VOMITORY verwandeln das INFERNO FESTIVAL innerhalb weniger Songs in eine Death Metal-Schlachterei, die noch nie einen Tropfen Corpsepaint gesehen hat. Gitarrist Peter macht die motivierenden Ansagen auf Schwedisch und auf die Frage, ob es das Publikum eher nach etwas Schnellem oder Langsamem dürste, will der Pit unisono etwas Schnelles und kriegt „Rotting Hill“ serviert. Überhaupt überzeugen VOMITORY spielerisch an diesem Abend. Bassist Erik meistert Gesang und Tieftöner souverän, die Gitarristen Urban und Peter mahlen sich durch die Songs, als gäbe es kein Morgen. Drummer Tobias (CUT UP) scheint ebenfalls keinerlei Müdigkeit zu kennen – voller Energie prügelt er sich durchs Set, obwohl er in der vorherigen Woche mit den Studioaufnahmen für die nächste NIFELHEIM-Platte beschäftigt gewesen ist.

Hauptsache Terrorize, Brutalize, Sodomize!

Nach dem Intro „Snakes, snakes, snakes“ ist es Zeit für das flotte „Serpent“. VOMITORY sind heute Abend eindeutig in Bestform und natürlich will das Publikum unbedingt „Terrorize, Brutalize, Sodomize“ hören – ein Wunsch, den ihnen VOMITORY auch erfüllen. Den Abschluss macht das modrige „Raped in their own blood“ und VOMITORY liefern an diesem Abend eine ausgezeichnete Performance zum Thema schwedischer Death Metal.

Trackliste VOMITORY

  1. The Voyage
  2. Gore Apocalypse
  3. Ripe Cadavers
  4. Perdition
  5. Revelation Nausea
  6. Regorge in the Morgue
  7. Madness Prevails
  8. Rotting Hill
  9. Serpents
  10. Terrorize Brutalize Sodomize
  11. Primar Massacre
  12. Chaos Fury
  13. Raped in their own blood

 

SKOGEN

Um 20:30 Uhr spielen SKOGEN aus Växjö im vollgestopften John Dee-Club. Die Natur-orientierte Truppe aus Schweden fröhnt dem hymnischen Black Metal, der jedoch sicher jegliche Kitschklippen umschifft. Der Sound ist roh im guten Sinne und SKOGEN legen einen starken Auftritt hin. In ihren ruhigeren Passagen erinnern die Schweden etwas an WOODS OF YPRES, wenn sie sich räudiger geben, kommt hingegen gar DAWN-Stimmung auf. SKOGEN machen mit ihrer Performance auf jeden Fall Lust auf ihr aktuelles Album „Skuggorna kallar“ und hinterlassen ein seliges Schwarzmetallpublikum.

 

MGLA

Die Rechnung der INFERNO-Organisatoren, gleich drei möglichst obskure Black Metal-Bands aus Osteuropa aufs Billing zu hieven, geht dieses Jahr nur zu 2/3 auf. CULT OF FIRE sind für Sonntag gesetzt, BATUSHKA wissen zurzeit nicht, ob sie existieren und haben deswegen abgesagt, und MGLA – ja MGLA sind ab 21:15 Uhr vermummt auf der Bühne der Rockefeller Music Hall in Oslo. MGLA nutzen ihre Vermummung natürlich, um ihrer Misanthropie Ausdruck zu verleihen – aber wer sie als Blender abtut, kennt das fulminante Album „Exercises in Futility“ nicht. Dass sie auch musikalisch was draufhaben, beweisen sie gleich mit „Exercises in Futility I“ – Sound, Misanthropie und Groove stimmen bei MGLA an diesem Abend von der ersten Sekunde an. Ansagen gibt es nicht, dafür sind MGLA zu mysteriös und zu trve. Gut so. Gelebter Black Metal-Minimalismus von hoher Qualität – MGLA überzeugen an diesem Abend mit ihrer Musik und beweisen, dass sie kein hohler Trend der Stunde sind.

Setliste MGLA

  1. Exercises in Futility I
  2. Exercises in Futility IV
  3. MDLOSCI III
  4. With Hearts Towards None I
  5. Exercises in Futility II
  6. Groza III
  7. With Hearts Towards None VII
  8. Exercises in Futility VI
  9. Exercises in Futility V

 

HYPOCRISY

Die Umbauarbeiten zu HYPOCRISY dauern ein Weilchen. Diese Wartezeit könnte man sich eigentlich mit THE RUINS OF BEVERAST vertreiben, die einen rappelvollen John Dee-Club mit einem guten Gig beglücken. Nur eben – rappelvoll. Das heisst bezüglich INFERNO FESTIVAL, dass man schon vor dem Gig nicht mehr runterkommt ins John Dee. Somit verpassen manche den THE RUINS OF BEVERAST-Gig, weil sie MGLA vollständig sehen wollen. Immerhin, ein so schlimmes Dilemma wie „Schaue ich EMPEROR fertig oder schaffe ich es, NECROPHOBIC zu sehen?“ wie 2018 tun einem die Organisatoren dieses Jahr nicht an. Irgendwann erklingt der AC / DC-Song „Rock n` Roll Train“ und kurz darauf öffnet sich der Vorhang für den heutigen Headliner HYPOCRISY.

Ausgedehnter Trip durch die HYPOCRISY-Diskographie

Peter Tägtgren wird mit tosendem Applaus empfangen und HYPOCRISY legen gleich energiegeladen los. Der Sound meint es gut mit den Todesmetallern an diesem Abend und ihr groovender Death Metal nimmt sogleich das Publikum für sie ein. Das wunderbare „Adjusting the Sun“ (vom „The Final Chapter“-Album) empfiehlt sich klar als Favorit und HYPOCRISY lassen in ihrer gelungenen Performance nichts anbrennen. Viele ältere Fans zeigen sich begeistert von der Songauswahl und Tägtgren findet das richtige Mass an Ansagen (auf Schwedisch) und vollgepackter Setliste. Auch das Drumming von Horgh (IMMORTAL) überzeugt und es ist klar, dass das Publikum auch nach 13 Songs noch nicht genug hat. „Roswell 47“ gibt’s als Zugabe und damit findet ein sehr starker Karfreitag nach Mitternacht ein gediegenes Ende.

 

Setliste HYPOCRISY

  1. Fractured Millennium
  2. Valley of the Damned
  3. End of Disclosure
  4. Adjusting the Sun
  5. Eraser
  6. ?
  7. Pleasure of Molestation / Osculum Obscenum / Penetralia
  8. The Fourth Dimension
  9. Fire in the Sky
  10. Killing Art
  11. Buried
  12. War-Path
  13. The Final Chapter

Zugabe: Roswell 47

Samstag, 20. April 2019

Der Samstagnachmittag bietet sich als Zeitraum zum Verschnaufen an. Dass diese Verschnaufspause trotzdem was mit Metal zu tun hat, stellen die INFERNO FESTIVAL-Organisatoren indes sehr wohl sicher. So hält Logo-Papst Christophe Szpajdel (sein bekanntestes Werk dürfte bis heute das EMPEROR-Logo sein) eine Präsentation über seine Arbeitsweise als Logokünstler. Seine Motivation ist seit über 30 Jahren ungebrochen und er findet ein andächtiges Publikum, das seinen Ausführungen lauscht – und sich nachher wohl noch lange fragt, wie es sein kann, dass er seit all diesen Jahren konstant jeden Tag mindestens ein Logo malt.

 

METALAUKTION  – 15:00

Schon letztes Jahr führte die Metalauktion am INFERNO FESTIVAL für den einen oder anderen Herzinfarkt fürs Sammlerherz. Tore (BÖMBERS, Ex-OLD FUNERAL) sortiert offenbar regelmässig seinen Keller und sortiert Sachen aus, die massiv Joy sparken bei Black Metal-Fans. Letztes Jahr konnte unter anderem ein originaler Schienbeinschoner mit originalem „als IMMORTAL noch trve waren“-Schweiss ersteigert werden und auch dieses Jahr wartet ein eher älteres Publikum schon gierig auf Sammlerstücke der bizarren Sorte.

Testpressing-Nerds, vereinigt euch!

Tore hat dieses Mal vor allem ein Herz für IMMORTAL-Anhänger, denn offenbar war er bei Demonaz daheim und hat dort eine Kondo-Session abgehalten. Als erstes gibt es ein MERCILESS-Demo (das zuvor Demonaz gehörte) zu kaufen, das bei einer BATHORY-Dame für Freude sorgt. Danach widmet sich Tore vor allem einer ganz spezifischen Sorte von Vinyl-Nerds: den Test-Pressing-Sammlern. Davon hat es offenbar einige und die Discogs-Preise für die nackt wirkenden Testpressings sind so arbiträr wie exorbitant. Tore hat unter anderem „Esoteric Warfare“ von MAYHEM dabei, limitiert auf 15 Stück – und vertickt die Spende von SEASON OF MIST zu einem anständigen Preis. Da wir grad schon bei MAYHEM sind, zieht er wenig später eine pinke „Deathcrush“ hervor. Ungläubiges Raunen bei Nichtbesitzern, sofortige Schweissbildung angesichts des hohen Preises, die das Kultwerk erzielen könnte. Doch teilweiser Fehlalarm – es handelt sich „nur“ um das blaue Splatter-Vinyl und nicht die originale Posercorpse-Rarität.

Ein teurer Briefumschlag

Natürlich wäre die Auktion nicht komplett ohne BURZUM-Merchandise der Sparte „Es gibt immer eine Kuriosität, die man noch nicht gesehen hat“ – sprich eine Reliquie, die eben nicht einfach so auf Discogs zu finden ist. Dieses Jahr geht der Preis für das bizarrste Produkt an einen braunen Briefumschlag, der an C. Vikernes adressiert war – da dieser jedoch in Untersuchungshaft sass, wurde der Brief damals an seine Mutter weitergeleitet. „Nicht nur bekommt der Käufer also die damalige Adresse von Herrn Vikernes, sondern oben drauf noch die damalige Adresse seiner Mutter. Wer bietet NOK 100?“ Der kultige Briefumschlag findet tatsächlich für NOK 200 unter viel Gelächter einen Käufer. Eine alte Zeitung mit Varg auf dem Cover hat hingegen einen zu hohen Anfangspreis – NOK 1500. Niemand bietet – und es bleibt das einzige unverkaufte Stück an diesem vergnüglichen Nachmittag.

 

IMPALED NAZARENE

Nach einem frühen Nachtessen – auf der Dachterrasse gibt es dieses Jahr ein wahres Sortiment an veganen Burgern (u.a. den „DIMMU BURGER“), spielen knapp nach 18 Uhr IMPALED NAZARENE auf der Rockefeller Hauptbühne auf. Schon während des ersten Songs brüllt die Menge laut „Hail Satan – Hail Satan – Hail Satan“, was der Band um Sluti666 natürlich mehr als zusagt. Die verrückten Finnen geben sich von der ersten Minute an punkig-verrotzt und zeigen die hässliche, ungekünstelte Seite des Black Metals. Irgendwie wird man bei IMPALED NAZARENE das Gefühl nie los, dass hier eine Truppe von MOTÖRHEAD-Fanatikern einfach lieber von Dildos, Ziegen und Katastrophen kreischen wollte.

Wenn die Stahlvagina den Ghettoblaster trifft

IMPALED NAZARENE haben wie immer ein Set mit zahlreichen Songs auf Lager. Zum einen berücksichtigen die Finnen hierbei ihr aktuelles Album „Vigorous and Liberating Death“ aus dem Jahr 2014, zum anderen servieren sie auch ältere Schmankerl wie „Ghettoblaster“ oder „Steel Vagina“ vom „Suomi Finland Perkele“-Album. Die Ansagen macht Sluti666 meist brüllend und das Publikum darf auch noch grad das finnische Wort „Narttu“ („Bitch“) lernen, damit der IMPALED NAZARENE-Auftritt grad noch als pädagogisch wertvoll durchgeht. Alles in allem ein rotziger, energiegeladener Gig, der Zeigt, dass IMPALED NAZARENE auch nach 29 Jahren noch kein bisschen zahmer oder lieber geworden sind. Ein neues IMPALED NAZARENE-Album ebenfalls in der Mache – eine der Hauptzutaten soll der „evil spirit“ alter CELTIC FROST-Zeiten sein…

 

AVAST

Um 18:45 Uhr beginnt dann das absolute Kontrastprogramm zu den räudigen IMPALED NAZARENE: AVAST beginnen ihr verträumtes Set. Die Norweger aus Stavanger verzauberten ja letztes Jahr mit ihrem wundervollen Album „Mother Culture“ und ziehen an diesem Abend ihr Publikum im John Dee-Club von der ersten Sekunde an in ihren Bann. Leichtfüssig wie ALCEST geben sie sich den Songs von „Mother Culture“ hin, sind ganz versunken in ihrem Post Black Metal, der trotz dieser Etikette so wunderbar authentisch durch den Raum schwebt. Die Stimmung ist andächtig und das Publikum würdigt die entrückten Träumer mit respektvollem Applaus. Ansagen gibt es keine, AVAST kommunizieren nur durch ihre Musik und das ist einfach nur verletzlich und unglaublich schön.

 

GAAHLS WYRD

Ex-GORGOROTH-Frontmann Gaahl geisterte schon in den vergangenen Tagen auf dem INFERNO FESTIVAL herum. Der Auftritt von GAAHLS WYRD wird vom elitären Schwarzmetallpublikum geradezu herbeigesehnt. Der Merchandise der Norweger punktet mit aufwendigen, Runen- und Wald-inspirierten Designs, die sich auch auf der Bühne wiederfinden. Dass Gaahl ein Händchen hat für visuelle Kunst, ist kein Geheimnis und es ist faszinierend zu sehen, wie er diese knorrig-naturorientierte Note von GAAHLS WYRD auch auf die Bühne hievt.

GAAHLS WYRD auf mystischen Waldpfaden

Die Performance selbst hat dann auch etwas Mystisches an sich. Gaahl leitet eine waldverehrende Zeremonie ohne Kitsch und Krempel, singt beschwörend, einschüchternd, einlullend und einnehmend. Das Publikum ist völlig in den Auftritt und Songs wie „Ghosts Invited“ oder „From the Spear“ vertieft und Gaahl führt gekonnt durch ein abwechslungsreiches Set. GAAHLS WYRD hinterlassen ein hypnotisiertes Publikum, das auch am folgenden Tag noch begeistert von dieser schwarzmetallisch-meditativen Erfahrung spricht…

 

TAAKE

Da es bei MORK wieder unsäglich eng wird unten im John Dee-Club, harren viele in der Rockefeller Hall aus, um auf TAAKE zu warten. Still tun sie dies nicht – schon weit im Vorfeld des Gigs stimmt das Osloer Publikum „TAAKE, TAAKE“-Chöre an und wartet sehnsüchtig auf die norwegische Black Metal-Institution. Diese war sich beim Meet n`Greet vorher auch nicht zu schade, sämtliche Foto- und Signierungswünsche freundlich zu erfüllen. Heißt: Herr Hoest sass mutterseelenallein an der Ecke des Tisches und kümmerte sich aufmerksam um sämtliche Fans, die brav für eine Audienz Schlange standen.

Eine schwarzmetallische Winterreise mit TAAKE

Kaum erklingt das Intro, werden die „TAAKE“-Rufe noch lauter. Wie schon 2010 sind TAAKE gern gesehene Gäste am INFERNO FESTIVAL, zelebrieren sie doch norwegischen Black Metal in all seiner Schnörkellosigkeit und herben Schönheit. TAAKE entführen das Publikum auf eine atmosphärische Reise, die bei „Havet i huset“ (vom aktuellen „Kong Vinter“-Album) genauso Halt macht wie in TAAKEs „Nattestid“-Ära. Hoest führt charismatisch und ursprünglich durch den pur schwarzmetallischen Höhepunkt an diesem Abend. Die Headliner mögen zwar schwedische Death Metaller sein, aber TAAKE erinnern mit ihrem Gig stilvoll daran, dass sie hier schwarzmetallisches Heimspiel haben. Starker Auftritt!

 

BLOODBATH

Zu COR SCORPII kommt man schon wenige Minuten nach dem TAAKE-Gig nicht mehr runter ins John Dee. Ein Security-Mitarbeiter stellt sicher, dass sich niemand in den übervollen Kleinclub hinunterschleichen kann – und somit gibt es dieses Jahr leider keine WINDIR-inspirierten Schwarzmetallsehnsüchte zum live geniessen. Die Ausgeschlossenen lassen dafür die Gerüchteküche im Rockefeller Saal heiss laufen. OPETH-Gott Mikael Åkerfeldt soll gesichtet worden sein, ja, ein Tag vor dem OPETH-Auftritt, und 2015er-Nostalgiker sehnen sich natürlich eine Performance von ihm während dem BLOODBATH-Hit „Eaten“ herbei. Es ist spät am Abend und nun entsteht natürlich das Dilemma, ob man warten soll auf einen solchen Kultauftritt oder aber mit einem früheren Verlassen des Konzertes riskieren kann, genau so einen Auftritt zu verpassen und dann monatelang die Musikbanausenschmach verarbeiten muss. Das Dilemma steht vielen ins Gesicht geschrieben, die ihre letzte Energie bei TAAKE aufgebraucht haben – doch dafür ist nun keine Zeit, denn BLOODBATH beginnen pünktlich um 23:30 Uhr ihren Gig.

Alles “Eaten” oder was?

Sobald die schwedischen Death Metaller mit PARADISE LOST-Nick Holmes am Mikro loslegen, kommt sichtlich Bewegung ins Publikum. Der erste Crowdsurfer lässt nicht lange auf sich warten und man merkt, dass die Menge dem Höhepunkt „Eaten“ entgegenfiebert. Dumm für Nick Holmes, denn er macht den Fehler, bei der Ansage von „Cancer of the Soul“ beiläufig „Eaten“ zu erwähnen, worauf das Publikum sogleich anfängt, „Micke, Micke, Micke“ zu skandieren. Nick Holmes meint nur „It`s on the setlist, calm down”, doch das schränkt die Micke-Chöre nur wenig ein. Wie krass die Obsession mit „Eaten“ ist, wird nochmals offensichlich, als Nick Holmes meint „You`re drinking. Of course, it is seated.“ Schon brüllt die Menge „sEATEd”, worauf Holmes anfängt zu lachen – die Besessenheit ist einfach zu ausgeprägt. Da nützt es auch nichts, dass BLOODBATH einen guten Gig spielen und alle ihre Instrumente tiptop im Griff haben.

Eine Überraschung – aber anders als gedacht

Mittlerweile beschleicht einen das Gefühl, dass es richtiggehend schlimm wäre, wenn Åkerfeldt nicht käme – die Erwartungshaltung ist einfach zu gross. BLOODBATH liefern einen soliden Gig ab und je näher das Ende rückt, desto angespannter wird die Stimmung. Es ist Zeit für „Eaten“ – und Åkerfeldt ist nicht da. Schock. Da vor allem die erste Reihe lautstark nach dem Schweden brüllt und „Eaten“ schreit, macht Holmes das Unerwartete: Er schnappt sich einfach einen bekutteten Fan aus der ersten Reihe und meint „You can sing it anyway, so why don’t you take the first part.“ Unglaublich. Von der ersten Reihe direkt Frontmann des Headliners am Samstagabend – der blosse Gedanke daran würde bei den meisten Anwesenden wohl zur spontanen Blasenschwäche führen. Nicht jedoch beim erwählten Metalfan – der steigt elegant auf die Bühne, begrüsst das Publikum und singt „Eaten“ als würde er nie etwas anderes tun. Keine Timing-Probleme, nichts. Die Stimme stimmt auch und die Überraschung ist perfekt. Spätere Recherchen ergeben, dass der Metalfan in Tat und Wahrheit Sindre von ART OF DECEPTION aus Stavanger ist, dort spielt er jeweils auch noch Gitarre und es ist definitiv keine BLOODBATH-Coverband. Auch Nick Holmes ist von der Performance seines spontanen „Protéges“ überrascht – und übernimmt für den Rest von „Eaten“ wieder das Mikro. Definitiv ein unvergesslicher Momentan für Sindre und eine mutige, fannahe (im wahrsten Sinne des Wortes) Aktion von BLOODBATH!

Setliste BLOODBATH

  1. Fleischmann
  2. Let the Stillborn Come to Me
  3. So you die
  4. Chainsaw Lullaby
  5. Breeding Death
  6. Weak Aside
  7. Like Fire
  8. Bloodicide
  9. Cancer of the Soul
  10. Warhead Ritual
  11. Outnumbering the Day
  12. Mock the Cross
  13. Cry my Name
  14. Eaten

Ostersonntag, 21. April 2019

CULT OF FIRE

Nach MGLA sind CULT OF FIRE die zweite Okkultisten-Black Metal-Band aus Osteuropa, die das INFERNO FESTIVAL dieses Jahr mit einem Auftritt beehrt. Kerzen, Räucherstäbchen, Indienrequisiten – Khali Maa ist mächtig. Eines tun CULT OF FIRE auf jeden Fall schon, bevor sie einen Ton gespielt haben: Sie riechen gut. Und sie verscheuchen mit ihren Räucherstäbchen sämtliche Bierfurzdämpfe der letzten drei Tage. Von dem her also eine weise Idee der Veranstalter, CULT OF FIRE schon um 16:30 Uhr auftreten zu lassen.

Von der frühen Konzertstunde oder der draußen scheinenden Sonne merkt man indes nichts im Rockefeller Saal. Es ist dunkel und für diese Zeit schon unglaublich voll. CULT OF FIRE haben sich seit ihrer Gründung 2010 einen Kultstatus erarbeitet und sind auch an diesem Spätnachmittag dazu bereit, diesen weiter auszubauen. Ihr Merchandise ist schon vor Konzertende fast ausverkauft, das gilt auch für das obskure Sideprojekt DEATH KARMA. Mit einem „Khali Maa“-Intro (ja, genügend Leute denke an Indiana Jones, keine Angst) betreten die Prager die Bühne und beginnen sogleich, sich schwarzmetallisch von ihrer besten Seite zu zeigen. Ansagen gibt es keine – nichts stört die spirituelle Entrücktheit von CULT OF FIRE. Die Fans sind gebannt von dieser sakral wirkenden Performance, welche das Publikum stilvoll auf die Pfade von „Triumvirat“ und „Kali Fire Puja“ entführt. CULT OF FIRE spielen groovend und mitreissend, ohne je ihre Kapuzen runterzunehmen. Man fühlt sich, als wäre eine Gruppe von Geistern auf der Bühne erschienen und CULT OF FIRE beweisen mit ihrem Auftritt, dass sie nicht umsonst einen Kultstatus besitzen. Sie verlassen die Bühne stilgerecht zu den Sitarklängen ihres Outros – starker Gig!

 

ARCHGOAT

VINGULMORK fallen dem Hunger nach einem Dimmu Burger zum Opfer, somit sind als nächster Auftritt ARCHGOAT aus Turku im Rockefeller Saal auf dem Programm. Das finnische Trio wird mit „ARCHGOAT, ARCHGOAT“-Chören empfangen und erschaffen von der ersten Minute an eine satanisch-rohe Atmosphäre. Antichristliches, tiefes Gegrunze trifft auf rohen Black Metal, der so brutal engelfeindlich ist, dass die Himmelsboten sogleich ihre Stein-aus-dem-Weg-rollen-und-Jesus-befreien-Mission verschieben müssen. ARCHGOAT rotzen sich routiniert durch ihr Set, verehren ihren dunklen Herren mit Tracks vom aktuellen Album „The Luciferian Crown“ und erfreuen das Publikum mit einer guten schwarzmetallischen Performance.

 

ALTAR

Nach ARCHGOAT schafft man es – unverhofft – runter in den John Dee-Club zu kommen. Dort sind die Holländer von ALTAR am Werk (auf dem Billing als „ALTAR EGO“ aufgeführt) und machen eine gute Figur. Irgendwie groovt dieser Death Metal hier doch sehr und besticht mit einem flotten Thrash-Einschlag und einigen melodiösen Parts. Ein wahres Aushängeschild ist Sängerin Janneke de Rooy. Ihr harscher Gesang ist aggressiv und maskulin, ihre Ansagen fordernd und kritisch (vor allem gegenüber den Pädophilie-Skandalen ausgehend von monotheistisch-patriarchalisch geprägten Religionsanhängern). Nicht nur mit starken Songs wie „The Fallen One“ überzeugen ALTAR an diesem Abend auf der kleinen Bühne – starker Auftritt der holländischen Death Metal-Truppe, der Lust auf mehr macht!

 

CARACH ANGREN

Geflasht vom ALTAR-Gig geht es schleppend hinauf in die Rockefeller Halle. Dort wähnt man sich zuerst in einem üppig ausgestatteten Theater – CARACH ANGREN haben so viele Requisiten zusammengetragen, dass man hier nächstens ein Friedhofsschauspiel erwarten könnte. Sogar das Drumkit hat einen kleinen Zaun bekommen. Frisch aus der Gruft entsteigen dann CARACH ANGREN und rein visuell wähnt man sich wieder 1997 an einem CRADLE OF FILTH-Konzert. Die Assoziation zu CRADLE OF FILTH zeigte sich bei CARACH ANGREN ja auch schon anno 2008 auf „Lammendam“ und bis heute ist die entsprechende Ästhetik visuell und musikalisch sehr lebendig bei den Niederländern.

Pompöse Show bei CARACH ANGREN

Die Show, die CARACH ANGREN abliefern ist pompös, üppig und ausser Rand und Band. Waren letztes Jahr FLESHGOD APOCALYPSE unglaublich theatralisch, so klotzen dieses Jahr CARACH ANGREN und schöpfen aus den Vollen. Das Keyboard dreht und wendet sich wie ein Friedhofsdämon und Gitarrist und Keyboarder werden während des Gigs mehrmals mittels separater Hebebühnen in circa drei oder vier Meter Höhe verfrachtet. Das Rauf- und Runterspiel (vor allem rauf) zieht sich über den ganzen Gig hin und ist eindeutig zu viel des Guten. Was, wenn jemand eine Ersatzgitarre bräuchte? Kommt man dann wieder runter? Bleibt man oben und spielt mit einer Saite weniger? Wie macht man sich bemerkbar? Warum wollen ausgerechnet Niederländer in der Höhe oben sein, sie haben ja keine Berge? Für Vertigo-Patienten ist CARACH ANGRENs Spezialeffekt sicher nichts und selbst Schwindelfreien wird es bei diesem Anblick mulmig. Leider lenkt die übertriebene Show vom symphonischen Black Metal CARACH ANGRENs ab, aber dafür gibt es reichlich Gesprächsstoff, denn das ein Nicht-Headliner so viel Bühnenaufwand betreibt, stösst bei manchen im Publikum durchaus auf Befremden. Item-spielen können CARACH ANGREN, aber ob in Sachen Bombast mehr immer mehr bedeutet, das bleibt an diesem Abend ungeklärt.

 

1349

DVNE spielen unten im John Dee-Club, doch oben im Rockefeller ist Drumsoundcheck für Herrn Frost (SATYRICON, 1349). Hinter einem Vorhang. Egal. Und dann wuseln schon zwei Pyrotechniker herum. Diese fahren scharfes Geschütz auf – ganz klar, die Teufelsbraten von 1349 wollen es infernalisch warm, mit viel Feuer für ihre Höllenmusik. Das führt auch gleich zu neuen Regeln für die Fotografentruppe, die mittlerweile auf 35 Leute angewachsen ist: Sechs Songs abwarten, dann rein in den Fotograben für einen Song, dann gleich wieder aus, damit die zweite Gruppe rein kann.

Feuer und Verdammung bei 1349

Zum Intro betritt Frost die Bühne und spuckt Feuer – symbolisch für den norwegischen Black Metal. Danach gruppieren sich 1349 auf der Bühne und legen mit „Godslayer“ los. Es wird heiss, sehr heiss. Die Pyros sind gefährlich hoch und erstrecken sich über die Ganze Bühne. Knallendes Feuerwerk gibt es bei 1349 auch noch und die zwei Pyrotechniker sind die ganze Zeit angespannt und nervös. Nicht so nervös jedoch wie die Security. Denn während der Fotografenhorde eingebläut wurde, dass sie eben wegen der Pyros nicht in den Graben gehen dürfen, weiß das Publikum nichts von dieser Warnung. Das wäre an sich in Norwegen an einem Black Metal-Konzert auch kein Problem. Man steht für sich allein, man verschränkt die Arme und geniesst die Musik. Dummerweise haben die Securities die Rechnung ohne das deutlich internationalere (verglichen mit 2006) Publikum gemacht – und der erste Kandidat für den 1349-Grill für Untrve lässt nicht lange auf sich warten. Der Crowdsurfer kommt, die Security fliegt am Pyrotechniker vorbei und rettet die bewegungsfreudige einfältige Seele davor, zum angebrannten Toast zu werden. Stillstehende Misanthropen wünschen sich natürlich einen anderen Ausgang dieser Geschichte, aber bis zur Mitte des Sets rettet die Security an die vier Crowdsurfer vor dem Flammenzorn.

1349 zelebrieren den rasenden Black Metal

1349 lassen sich indessen von den Rettungsaktionen nicht ablenken und rasen erbarmungslos durch ihr Set. Frost prügelt fulminant und Ravn kreischt sich die Seele aus dem Leib. Natürlich kommt der unerreichte Sound von „Liberation“ nie mehr zurück, aber 1349 liefern an diesem Abend eine gute Performance ab, die ganz im Zeichen des Feuers steht.

Setliste 1349

  1. Godslayer
  2. Maggot Fetus
  3. Slaves
  4. I am Abomination
  5. Sculptor of Flesh
  6. Riders of the Apocalypse
  7. Chasing Dragons
  8. Postmortem
  9. Chained
  10. Dødskamp
  11. Serpentine Sibilance
  12. Atomic Chapels
  13. Golem
  14. Cauldron

 

OPETH

Um 22:30 Uhr spielen im John Dee-Club MISTHYRMING auf und vertreten das seit einiger Zeit schwer gehypte Island als Black Metal-Herkunftsland. Hype oder nicht, der untere Club ist rasch so voll, dass eine Sicherheitswache den Zugang von oben her absperrt. Somit bleibt nichts anderes übrig, als den Abbauarbeiten 1349 zuzuschauen und den imposanten Equipmentaufbau für OPETH zu beobachten. Die schwedische Ausnahmeband hat eindeutig vor, sich auf ihre Musik zu konzentrieren – Hebebühnen, Pyrotechnik, ja selbst ein Backdrop mit dem Logo gibt es bei OPETH nicht. Wer ihre eigenständige Musik nicht nach drei Tönen OPETH zuordnen kann, ist vermutlich sowieso nicht präsent an diesem Abend.

OPETH für einmal redselig

OPETH beginnen ihr Set pünktlich um 23:30 Uhr und die Menge jubelt, als Mikael Åkerfeldt die Bühne betritt. Nach „Sorceress“ begrüsst er das Publikum auf Schwedisch und meint ironisch, dass sie von „the capital of Scandinavia“ kommen und OPETH hiessen. „Wir sind ein bisschen eingerostet, ein bisschen nervös. Aber wir spielen ein bisschen Musik, so unterhalten wir die Leute.“ – das witzige Understatement kommt an und Åkerfeldt ist sichtlich in Redelaune an diesem Abend. Wer OPETH bis jetzt nur ausserhalb Skandinaviens gesehen hat, ist diesen „Redefluss“ nicht gewohnt – Stockholmer rollen ob dieser Einschätzung indes mit den Augen und meinen lapidar, dass er „zuhause“ fast schon Stand Up-Comedian sein könnte. Ein amerikanischer Zuschauer brüllt „Talk so we can understand you.“ -Åkerfeldt schaut verdutzt, würdigt den Ruf jedoch keines Kommentars. Die Dame neben dem Lingua Franca-Proleten dreht sich zu ihm und meint „He is.“ Damit ist das Problem nerviger Zwischenrufe gelöst.

Fender Jazzbass erlaubt, Funk nicht

OPETH spielen sich routiniert durch ihr Set und betören durch ihre Spielfreude und ihr Können. Martin Méndez spielt virtuos auf seinem Fender Jazzbass. Åkerfeldt erwähnt zwei Mal, dass es sich um einen Fender Jazzbass handle, denn ein „Funkbass“ sei „verboten bei OPETH“. „Genauso wie Dur-Akkorde verboten sind. Wir haben nur moll-Akkorde und VOIVOD-Akkorde.“ Er unterstreicht seine Aussage mit den entsprechenden Akkordarten und es ist tatsächlich ableitbar, dass dies die Hauptingredienzen bei OPETH-Songs sind. Martin Axenrots Drumming überzeugt ebenfalls zu jeder Minute und Fredrik Åkesson hält mühelos mit bezüglich Gitarrenspiel. Joakim Svalberg läuft indes sichtlich zu Höchstform auf, wenn er seine Tasten auf 70s-Hammondorgel trimmt und es hätte wohl niemanden überrascht, wenn OPETH an diesem Abend spontan noch THE DOORS oder DEEP PURPLE gecovert hätten. Covers braucht es indes nicht und OPETH schliessen ihr ausgedehntes Set nach Mitternacht ab. Einmal mehr beweisen sie, dass ihr Status als Ausnahmeband vollkommen gerechtfertigt ist. Ein würdiger Abschluss für ein musikalisch anspruchsvolles und toll organisiertes INFERNO FESTIVAL.

Setliste OPETH

  1. Sorceresss
  2. Ghost of Perdition
  3. Demon of the Fall
  4. In my Time of Need
  5. The Devil`s Orchard
  6. Cusp of Eternity
  7. Heir Apparent
  8. The Drapery Falls
  9. Deliverance
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