MAYHEM: Esoteric Warfare

No Mosh, No Core, No Trends, No Fun – MAYHEM bleiben sich 2014 in diesen Grundsätzen treu… Was ist neu? Was bleibt?
Nach dem überzeugenden Single-Auftakt Psywar erscheint nun das neueste MAYHEM-Album Esoteric Warfare. Dieses muss sich – wie jedes neuere MAYHEM-Album – stets der Kritik stellen, entweder ein mutiger nächster Schritt einer Veteranenband zu sein (positiv) oder aber leider wieder kein zweites De Mysteriis Dom. Sathanas geworden zu sein (negativ). Die Printmagis, die noch immer existieren, kehren so oder so unter den Tisch, dass sie anno 1987 Deathcrush ignoriert oder verrissen haben, aber lassen wir das. Eher wendet man sich der Frage zu, ob MAYHEM auch 2014 noch dem Trve-Grundsatz No Mosh, No Core, No Trends, No Fun huldigen oder nicht.
Schon der Beginn von Esoteric Warfare gemahnt an frühere MAYHEM-Zeiten – verzerrte Gitarren treffen auf Tremolo-Picking im Hintergrund, schnelles Drumming und Schnellzug-geschwindes Ride. Watcher zeigt höhepunktorientiertes Songwriting und explodiert förmlich – womit sich Watcher zu einem der zwei Toptracks von Esoteric Warfare macht. In Watcher vereinen MAYHEM nicht nur die Stimmung ihrer letzten drei Alben, sondern fügen dieser auch noch einen Tick Thrash hinzu – fertig ist der erste starke Anspieltipp.
Darauf folgen die beiden Tracks, die man bereits im Vorfeld hatte online anhören können – Psywar und Trinity. Beide Songs halten die aggressive Gangart, die in Watcher vorgegeben worden ist, aufrecht. Pandaemon fällt gegenüber der vorhin zelebrierten Energie etwas ab, dafür kommt in MILAB dann die erste große Überraschung – andere Songstruktur und Erinnerungen an die Stimmung in Illuminate Eliminate von Ordo Ad Chao kommen auf. MILAB bietet Tempowechsel und Spannung – definitiv der zweite Anspieltipp auf Esoteric Warfare. Leider folgt darauf das vergleichbar langsame VI.Sec. – eigentlich kein schlechter Song, aber im Vergleich zu MILAB halt weitaus weniger interessant. Zwar ziehen MAYHEM nach etwa zwei Minuten das Tempo wieder an, aber trotz Blast Beats hat Esoteric Warfare zu diesem Zeitpunkt eine Art Spannungsplateau erreicht.
Throne of Time folgt schematischem Songwriting und klingt etwas verzichtbar. Corpse of Care ist ebenfalls eher langsam gehalten und zieht sich allzu sehr hin. Posthuman hingegen macht positiv auf sich aufmerksam und bleibt hängen. Aion Suntelia fällt als Schlusspunkt wiederum eher ab und Esoteric Warfare hätte nichts verloren, wenn dieser Track nicht drauf gewesen wäre. An diesem Punkt wünscht man sich, dass die B-Seite der zuvor veröffentlichten Single Psywar – also Beyond the Event Horizon – es auf Esoteric Warfare geschafft hätte, da dieser Song eindeutig stärker ausfällt als einige der letztgenannten Songs, die es schließlich aufs Album geschafft haben.
Die Frage nach dem Einfluss des neuen Gitarristen Teloch (NIDINGR) im Songwriting zu Esoteric Warfare stellt sich natürlich. Positiv wie negativ kristallisiert sich heraus, dass Teloch sich weitestgehend an seinen Vorgängern Blasphemer und Euronymous orientiert und nur eine Spur seiner eigenen kompositorischen Handschrift hinzufügt. Außerdem muss man natürlich berücksichtigen, dass das restliche Line-Up MAYHEMs sich in den letzten zehn Jahren nicht verändert hat, was dazu führt, dass sich der Stil gesamthaft nicht groß verändert hat. Gut für Fans, die die letzte Dekade der norwegischen Black Metal-Legende schätzen, nicht so toll für MAYHEM-Anhänger, die auf eine Stilevolution gesetzt hatten und nun ein bisschen enttäuscht sein dürften ob des unrevolutionären Wesens von Esoteric Warfare.
Nicht für Enttäuschung sorgen hingegen die Vocals von Attila Csihar. Dieser ist in gleicher Form wie auf Ordo Ad Chao und überzeugt als Kredenzer einer düster-psychotischen Atmosphäre. Lyricsmäßig ist noch Raum nach oben offen, aber der singende Dunkelfürst lässt stimmlich nichts anbrennen. Äußerst positiv ist auch das Bassspiel von Necrobutcher hervorzuheben. Während Blasphemer die Ordo Ad Chao-Bassarbeit übernommen hatte und sehr nach Gitarrist macht jetzt halt auch noch die Basslines-Schema vorgegangen war, merkt man auf Esoteric Warfare, dass mit Necrobutcher wieder ein Bassist aus Fleisch und Blut am Werke ist. Er lebt den Bass, er trägt ihn im Herzen, er spielt ihn mit jeder Faser seines Körpers. Bassistenherzen schlagen also völlig zurecht schneller bei Esoteric Warfare.
Der andere Teil der Rhythmus-Fraktion lässt selbstverständlich sowieso nie was zu wünschen übrig. Hellhammer versteht sein Fach wie wenig andere und zeigt mal wieder, wo schlagzeugtechnisch der Hammer hängt. Hätte er kreativer und abwechslungsreicher spielen können auf Esoteric Warfare? Sicherlich. Muss er aber nicht, denn er spielt eh in einer eigenen Liga. Soundtechnisch kommen sämtliche Elemente gut zur Geltung. Das Mastering macht Esoteric Warfare sogar transparenter als die Vorgängeralben, ohne jedoch zu klinisch auszufallen. So wird Esoteric Warfare soundmäßig eine Mixtur von Grand Declaration of War und der chaotischen Atmosphäre von Ordo Ad Chao. Wie mit allen zyklischen Dingen führt Chaos schließlich zu Ordnung.
Alles in allem sind die dargebotenen Songs einander zu ähnlich und es fehlt ihnen an Individualität. Sie sind zwar unverkennbar MAYHEM, aber man hätte sich mehr Abwechslung gewünscht. Aggressive Parts treffen auf abrupte Stops und lange, düstere Ruhepassagen – eine Eigenschaft, die man vom Ordo Ad Chao-Songwriting wiedererkennt. Dies dürfte die Horde der ewigen Motzer natürlich dazu verleiten, wiederum sämtliche Prä-1997-Werke als besser einzustufen (nicht, dass sie zu diesem Zeitpunkt schon MAYHEM gehört hätten), doch wer die letzten drei Alben MAYHEMs schätzte, wird sich mit Esoteric Warfare keinen Fehlkauf leisten. Trotzdem – irgendwie kommt man nicht umhin, an SLAYER zu denken, die so eindrücklich bewiesen haben, dass ein Album von just unter 30 Minuten Länge einen riesigen Einfluss auf eine ganze Musikergeneration haben kann. Was MAYHEM anno 2014 hätten davon lernen können? Ganz einfach – weniger ist mehr (mir ist die Ironie dieses Schlusssatzes angesichts der Länge dieser Rezension durchaus bewusst…).

Veröffentlichungstermin: 06.06.2014

Spielzeit: 47:21 Min.

Line-Up:

Necrobutcher – Bass
Hellhammer – Drums
Attila Csihar – Vocals
Teloch – Gitarren

Label: Season of Mist

Homepage: http://www.thetruemayhem.com/

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/MayhemOfficial

Tracklist:

1. Watcher
2. PsyWar
3. Trinity  
4. Pandaemon  
5. MILAB  
6. VI.Sec.  
7. Throne of Time  
8. Corpse of Care  
9. Posthuman 
10. Aion Suntelia

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