Vor etwas weniger als zwei Jahren erschien auf dem jungen Label THESE HANDS MELT aus Rom mit „Ephemeral“ der mexikanischen Post Black Metal-Band SÁASIL die erste Veröffentlichung. Das war der Startschuss für bisher über 30 Alben und EPs – eine stolze Menge. Doch ehrlich gesagt ging das Label ein wenig an uns vorbei – eigentlich skandalös! Unter den Releases der ersten beiden Jahre befinden sich einige echte Perlen aus den Bereichen (Post-)Black Metal, Doom Metal, Post Metal, Shoegaze, Neofolk, Gothic, oder, wie das Label es selbst beschreibt: Sie veröffentlichen einfach dunkle, emotionale Musik.
Mit hohem Tempo haben sich THESE HANDS MELT entwickelt und geben hochklassiger Musik eine Plattform, mit liebevoll aufgemachten LP- und CD-Designs. Dass das Label außerdem eine Menge spannende und talentierte Künstler*innen entdeckt und ihre Musik teils zum ersten Mal der Weltöffentlichkeit vorstellt, zeugt von Kenntnis des Undergrounds, Idealismus und einem ausgesuchten Geschmack. Außerordentlich gute Debütarbeiten von DOMHAIN, DEFAITISM, EVERGARDEN, ABSCISSOR, STILL WAVE und FÖHN sind auf dem Label ebenfalls zu finden wie Underground-Schmankerl von BLACK AUTUMN, DEFYING, KRVL, WITNESSES und NOCTAMBULIST oder auch die Darkwave-/Gothic-Ikone DAVID GALAS.
Um etwas Boden gut zu machen, stellen wir hier sieben mitreißende Veröffentlichungen aus den ersten beiden Jahren von THESE HANDS MELT vor:
DOMHAIN: Nimue
EPHEMERAL: Into Being
DEFYING: Wadera
STILL WAVE: A Broken Heart Makes An Inner Constellation
ABYSSIELLE: Through Sun And Stone
FÖHN: Condescending
DROWNSHIP: Tidal Passages
Weitere Infos zum Label gibt es hier:
https://thesehandsmelt.shop/
https://thesehandsmelt.bandcamp.com/
https://www.instagram.com/these.hands.melt/
https://www.facebook.com/these.hands.melt/
https://www.youtube.com/@TheseHandsMeltOfficial
DOMHAIN: Nimue [EP]

Wer eine Bestätigung dafür braucht, welch gutes Gespür junge Label hat, muss DOMHAINs Debüt-EP „Nimue“ hören. DOMHAIN gelten seit dem Release nicht umsonst als eine der großen, neuen irischen Metal-Hoffnungen. Die bis dato unbekannte Band um Sänger und Bassist Andy Ennis, fährt in drei ausufernden Songs ein Epos auf, das garantiert diejenigen berührt, die AGALLOCH schmerzlich vermissen. Der Opener „The Mourning Star“ baut sich im Midtempo langsam auf, vereint Chöre, das Cello von Raul Andueza, schwillt zehn Minuten lang an und bleibt dabei sehr kurzweilig. Gleichzeitig ist in „Nimue“ aber auch diese stürmische, (nord-)irische Leidenschaft zu hören, mit der DOMHAIN in „A Silent Frequence“ die ENSLAVED der frühen 2010er in ein mit PRIMORDIAL verwandtes Konzept überführen. Interessanterweise bleiben DOMHAIN aber sehr eigen und wärmen keine altbewährten Rezepte auf. Ihnen gelingt dabei das Kunststück, nicht verkrampft originell klingen zu wollen. Dass bei dem atmosphärischen, episch aufgebautem und am Ende furiosen „A Pile Of Stone Upon Her Grave“ JO QUAIL mit ihrem Cellospiel das Stück veredelt, verkommt dabei fast zur Nebensache. Ja, so gut sind DOMHAIN. Ganz klar, hier sind erfahrene Musiker*innen am Werk, die mit „Nimue“ einen neuen Weg finden, ihr gesamtes Können neu zu channeln. Atemberaubend gut!
VÖ: 20. Oktober 2023
Spielzeit: 28:10
DOMHAIN „Nimue“ Tracklist:
1. The Mourning Star (Official Video bei Youtube)
2. A Silent Frequency
3. A Pile Of Stone Upon Her Grave (Official Video bei Youtube)
„Nimue“ bei Bandcamp: https://domhain-band.bandcamp.com/album/nimue
EPHEMERAL: Into Being

Aus Würzburg stammt die Neofolk-Band EPHEMERAL, die kurz gesagt, Freunden von SANGRE DE MUERDAGO wärmstens an Herz zu legen ist. Das Trio bestehend aus den Multiinstrumentalisten Nikolaus Jira, Ella Zlotos und Patrick Maiwald, die allesamt auch stimmlich zum Einsatz kommen, erzeugt eine dunkle Atmosphäre und passt die Instrumentierung an die jeweiligen Stücke an. Dabei gehen EPHEMERAL mal klassischer und mal etwas experimenteller vor, sprengen mit dem sich langsam steigernden, dynamischen „The Call“ sogar die 10-Minuten-Grenze. Nicht nur hier, auch in „The Cruel Sister“ ist durch das Storytelling auch eine entfernte Verwandtschaft mit LANKUM zu erkennen, allerdings haben EPHEMERAL weniger Punk im Blut, bleiben stets elegant und verlagern sich eher in Richtung 70ies Prog oder lassen einen Hauch Neoklassik einfließen. Jedes der Stücke hat einen eigenen Charakter und so gibt es oft Überraschungen, wo eigentlich keine sein dürften: „Floating“ ist ein leises Stück, bei dem gerade Nikolaus Jiras Gesang tief berührt. Auch das abschließende „Fire And Rose“ mit Gastsänger Simon Bibby (THY LISTLESS HEART) bringt eine neue Facette in die Musik. EPHEMERAL haben in über 50 Minuten viele Details versteckt, übertreiben es aber nicht mit dem Experimentieren, sodass „Into Being“ mit einem schönen Fluss besticht. Zauberhaft!
VÖ: 24. November 2023
Spielzeit: 52:37
EPHEMERAL „Into Being“ Tracklist:
1. Chrysalis
2. Let Go
3. Disappear
4. The Cruel Sister
5. Ororerg
6. The Call
7. A Valediction: Dido’s Lament
8. Floating (Official Video bei Youtube)
9. Fire and Rose (feat. THY LISTLESS HEART)
„Into Being“ bei Bandcamp: https://ephemeraldarkfolk.bandcamp.com/album/into-being
DEFYING: Wadera

Klassischer Horrorstoff gehört zum extremen Metal wie der Vollmond zur Lykanthropie, und genau das beschäftigt die polnische Band DEFYING auf ihrem zweiten Album „Wadera“. Das Konzeptwerk fußt auf der 1977 erschienen Novelle gleichen Namens, respektive dem 1983er Film „Wilczyca“ über eine Werwölfin. Polnisches Kulturgut mit Gothic-Touch findet sich so passend in der zeitgenössischen Musik wieder, dass es völlig natürlich wirkt. DEFYING schaffen dabei einen beachtlichen Spagat: Ihr Stil zwischen Post Metal, Progressive Metal und Black Metal fließt so subtil, dass die Musik wie großer, ganzer, dunkel schimmernder Monolith wirkt, dessen Oberfläche bei näherer Betrachtung die verschiedensten Formen bietet. In „Wadera“ wohnt eine hypnotische Kraft: Trotz der Spielzeit von mehr als einer Stunde wirkt das Album kurz und sehr auf den Punkt. Das Spannende daran: DEFYING verzichten auf eingängiges Material, Songs wie „Incomprehensibly Woken“ und das folgende „The Acquaintance Shade“ konzentrieren sich auf einen steten Aufbau setzen auf Storytelling und statt Jump Scares auf charakteristische Momente, die Wiedererkennungswert verleihen. Dass DEFYING starke Instrumentalarbeit bieten, sei es durch dissonante Gitarren, prägnante Basslinien und komplexes, sauberes Drumming, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden, ebenso dass der voluminöse Sound lebendig wirkt. Fantastisch, wie man in die Musik gezogen wird, sich davon mitreißen lassen kann und schließlich, nach dem fünften oder sechsten Hören, versteckte TOOL– oder OPETH-Momente entdecken kann. Wer sich grob die Schnittmenge aus ANCIIENTS, DVNE und LYCHGATE vorstellen kann und somit zu den abenteuerlustigen Hörer*innen zählt, sollte keine Sekunde zögern und „Wadera“ eine Chance geben.
VÖ: 23. Februar 2024
Spielzeit: 63:12
DEFYING „Wadera“ Tracklist:
1. Tempus Infaustum (Official Video bei Youtube)
2. …miast cichac szemraja
3. The Fugue (Official Visualizer bei Youtube)
4. Incomprehensibly Woken
5. The Acquaintance Shade
6. The Lurking Spectres (Official Visualizer bei Youtube)
7. Cremaberis igne aeterno!
8. Reluctant To The Grave
9. Misbegotten
10. Quietus
„Wadera“ bei Bandcamp: https://defying.bandcamp.com/album/wadera
STILL WAVE: A Broken Heart Makes An Inner Constellation

STILL WAVE als Post Black Metal oder Post Metal zu bezeichnen führt etwas weit, sie fügen am ehesten diese Elemente ein, statt sich darüber zu definieren. Mit „A Broken Heart Makes An Inner Constellation“ erinnert die Formation aus Rom am ehesten an Bands, die vor circa 20 Jahren ihre großen Erfolge feierten: Sänger Valerio Granieris Gesangslinien erinnern an THINEs kriminell unterbewertetes „In Therapy“, was für eine Empfehlung eigentlich schon reicht. Daneben blitzen immer wieder kleinere Erinnerungen an KLIMT 1918 durch. Das macht STILL WAVEs Debüt vor allem für das Ü40-Publikum interessant, und wenn wie in „Ghost Of A Song“ noch eine ganz unverschämte Gothic Metal-Hommage erklingt, schmelzen die Hörer*innen sowieso dahin. Schon der Opener „Spaceman (With A Gun)“ ist dank der harmonischen Riffs und dem originellen Gesang ein sehr eingängiger Song, etwas unvermittelt werden dabei Post Black Metal-Blast Beats und MOONSPELL-artige Poser-Soli eingestreut, aber es funktioniert in seiner Gesamtheit einfach verdammt gut, ohne an Eleganz zu verlieren. STILL WAVE sind herrlich unverkopft und verbinden, was sich andere nicht trauen würden. „A Broken Heart Makes An Inner Constellation“ ist genau deshalb ein schön melancholisches Album, gerade für diejenigen, die gerne mit den späten Neunzigern und frühen Zweitausendern angesichts aktueller musikalischer Entwicklungen ihre Tränen trocknen, und es klingt nicht altbacken. Was will man mehr?
VÖ: 28. Juni 2024
Spielzeit: 42:51
STILL WAVE „A Broken Heart Makes An Inner Constellation“ Tracklist:
1. Spaceman (With A Gun) (Official Music Video bei Youtube)
2. Dead Ends (Official Music Video bei Youtube)
3. Near Distant
4. 11
5. Starwound (Official Music Video bei Youtube)
6. Ghost Of A Song
7. The Coldest Home
„A Broken Heart Makes An Inner Constellation“ bei Bandcamp: https://thesehandsmelt.bandcamp.com/album/a-broken-heart-makes-an-inner-constellation
ABYSSIELLE: Through Sun And Stone

Zusammen mit ihren Gästen Jobe Lewis (Drums) und Jørgen Kirby (Vocals) erschafft die junge Londonerin Amelia White (Gitarren, Bass) ein mitreißendes, melodiöses Post Black Metal-Album, das gleichermaßen schroff und warm wirkt. ABYSSIELLE vereinen Gegensätze in ihren Stimmungen, die Melancholie von „Through Sun And Stone“ dringt aber jederzeit durch. Während „Spectral Mind“ zunächst etwas unentschlossen klingt, wird bei genauem Hinhören die darunter liegende Trauer spürbar, die Amelia White mit diesem Album vereint. Dass ABYSSIELLE auch ein gutes Händchen für Dynamik besitzt, wird schnell deutlich. Zwar ist das Laut-Leise-Spiel des Instrumentals „Lessons In Loss“ einigermaßen vorhersehbar, aber so konsequent aufgebaut, dass es unter die Haut geht. Und gerade die sanfte Hoffnung, die durch „Spring Heals“ schimmert, hinterlässt ein wärmendes Gefühl in der Brust und vertont damit auch ein wenig das auf dem Artwork dargestellte Licht am Ende des Tunnels. Mit knapp 35 Minuten ist „Through Sun And Stone“ ein kurzes, aber intensives und sehr facettenreiches Album mit bemerkenswerter Gitarren- und Kompositionsarbeit, das einerseits einen wuchtigeren Mix vertragen hätte, mit diesem Klangbild aber umso nahbarer wirkt.
VÖ: 26. Juli 2024
Spielzeit: 33:40
ABYSSIELLE „Through Sun And Stone“ Tracklist:
1. Clotho
2. Spectral Mind (Official Audio bei Youtube)
3. Post Mortem Paradise
4. Lessons In Loss
5. Lachesis
6. Spring Heals
7. Though Sun And Stone
8. Atropos
„Through Sun And Stone“ bei Bandcamp“: https://thesehandsmelt.bandcamp.com/album/through-sun-and-stone
FÖHN: Condescending

Der Verfasser leidet häufig unter den alpinen Südwinden in seiner Münchner Heimat, und dabei fühlt es sich nicht selten so an, als würde der Kopf zerplatzen. Das griechische Funeral Doom-Projekt FÖHN trägt den Namen dieser Winde, die so schön den Blick auf die Berge freigeben und doch einen höllischen Schmerz in sich tragen. „Condescending“ hat auch ein äußerst elegantes Artwork, doch die Finsternis, die FÖHN ausstrahlen, zeugt von enormer Heaviness und von eher emotionalen Schmerzen. Vier Songs in Überlänge über den Verlust der Unschuld? Mehr Gravitas geht kaum. Wenig überraschend ist „Condescending“ ein schwer verdauliches Stück Musik. FÖHN begeben sich dabei aber nicht auf traditionelle Pfade à la SKEPTICISM oder suchen eine cineastische Herangehensweise wie BELL WITCH, sie blicken anderweitig über den Tellerrand. „Bereft“ beginnt mit dissonantem Saxophon, womit FÖHN sich gleich effektiv von den Standards der Szene abgrenzen und einen Hauch Darkjazz einfließen lassen. Natürlich dominieren auf „Condescending nihilistische Riffs, Growls aus der Hölle und Zeitlupen-Drumming, dazwischen erzeugt die Band eine bisweilen spürbare Atmosphäre, die tief unter die Haut geht, wenn sie wie in „A Day After“ und „The Weight Of Nothing“ auf zarte Melancholie setzen oder auch herzzerreißende Gitarrenleads einsetzen. So erschafft „Condescending“ auch überraschend viel Dynamik zwischen aller Tristesse. Dass „Persona“ als Finale durch die Sprachsamples einen cineastischen Aufbau anstrebt, dabei eine kaum auszuhaltende Spannung erzeugt und sich über siebzehn Minuten von Reduktion zur Kakophonie schraubt, aber dank der Eleganz des Klaviers berührbar bleibt, raubt den Atem. „Condescending“ ist beängstigend gut.
VÖ: 23. August 2024
Spielzeit: 57:29
FÖHN „Concescending“ Tracklist:
1. Bereft (Official Audio bei Youtube)
2. A Day After
3. The Weight Of Nothing
4. Persona
„Condescending“ bei Bandcamp: https://thesehandsmelt.bandcamp.com/album/condescending
DROWNSHIP: Tidal Passages

VÖ: 8. November 2024
Spielzeit: 46:52
DROWNSHIP „Tidal Passages“ Tracklist:
1. Where The Flood Springs (Official Video bei Youtube)
2. Those Who Drank From The Waters Of Lethe
3. Pacified
4. The Great Devouring
5. Cradled By Fire
6. A Tomb Between The Stars
7. Abysmal Flowers
8. Iconoclast
DROWNSHIP „Tidal Passages“ Full Album Stream bei Youtube
„Tidal Passages“ bei Bandcamp: https://drownship.bandcamp.com/album/tidal-passages