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ALCATRAZZ: Take No Prisoners

„Take No Prisoners“ macht total Spaß, auch wenn ALCATRAZZ das wirklich eigene fehlt

Da legt man irgendwann seit Ewigkeiten mal wieder das 83er ALCATRAZZ-Debüt „No Parole From Rock ‘n’ Roll“ auf den Plattenteller und schon wird ein neues Album angekündigt. Wer da seit der Reunion nun gerade oder wieder zur Band gehört, das war ja immer verwirrend bei den L.A.-Hard Rockern. Seit 2020 ist Bandgründer Graham Bonett (Ex-RAINBOW, Ex-MICHAEL SCHENKER GROUP) raus, die Urmitglieder Jimmy Waldo und Gary Shea haben seither den Schotten Doogie White (Ex-CORNERSTONE, MICHAEL SCHENKER´S TEMPLE OF ROCK, LONG SHADOWS DAWN) am Mikro. Bonett macht die Band unter eigener Führung neu, alle haben sich trotzdem lieb. Wenn man das letzte Album „V“ oder Outputs von GRAHAM BONNET´s ALCATRAZZ nicht kennt kann man sich zurücklehnen und das neue Album „Take No Prisoners“ neutral genießen.

ALCATRAZZ laden mit „Take No Prisoners“ nicht zum Zurücklehnen ein

Das mit dem Zurücklehnen erübrigt sich aber schnell, der Opener kommt dafür viel zu kraftvoll und rockt energisch nach vorn. Man hört sofort, wie auf dem ganzen Album, dass hier Metal-Veteranen abliefern und keine knackig frische Band. Man rockt locker aus der schon etwas faltigen Hüfte, die Mitte der 80er macht sich breit, ohne dass hier irgendwas altbacken klingt. Luftgitarre raus, groovend und Popowackelnd lässt sich „Don’t Get Mad…Get Even“ feiern. Das wissen auch die Mädels von GIRLSCHOOL, die mit uns den catchy Refrain singen. Kunterbunt geht es weiter, mal mit ACCEPT-Melodie und Chor bei „Battlelines“. Davon gibt’s später beim treibenden Happy Metal „Alcatrazz“ noch mehr.

Sänger Doogie White zeigt sich als großer DIO-Fan

Was bei den Vocals von White immer wieder deutlich wird ist die Liebe zum kleinen Meisterbarden DIO. Sehr klar auch beim getragenen „Strangers“ mit Gänsehaut-Tendenz. Die Vocals klassisch DIO, der Song trifft sich zwischen seinen eigenen Songs und der TONI MARTIN-Ära von BLACK SABBATH. Auch kommen Erinnerungen auf an seine Sessions mit CANDLEMASS. Hier und da mag seine Stimme etwas quäkig rüber kommen, aber in diesen DIO-Linien fügt er sich super ein. Aber die Amis können auch schwedisch, „Gates Of Destiny“ klingt wie ein Mix aus EUROPE und YNGWIE MALMSTEEN Mitte/Ende der 80er.

Gitarrist Joe Stump präsentiert, was MALMSTTEN schon lange nicht mehr bietet

Stichwort MALMSTEEN, Joe Stump (Ex-REIGN OF TERROR, HOLYHELL, RAVEN LORD) ist ohne Zweifel großer Fan des Schweden. Es gibt ohne Ende klasse Neoclassic Leads, immer beeindruckend und feurig, aber nie so aufdringlich wie bei Herrn MALMSTEEN. Wo der zuletzt auf „Parabellum“ mit zusammengewürfeltem Kram nervte, klingt bei Stump die Spielfreude bei jedem Solo durch. „Alcatrazz“ bringt eine gute Portion MICHAEL SCHENKER mit und wie schon gesagt ordentlich ACCEPT. Hier und da dürfen die Keyboards mal mehr durchdrücken, da und dort fragt man sich, warum man jetzt das so spielen muss. Irgendwann singt man versehentlich „The Gates Of Babylon“, so richtig eigenständig sind ALCATRAZZ nicht wirklich. Aber auch die anderen Kollegen liefern immer wieder ordentlich ab, wenn man richtig hinhört.

„Take No Prisoners“ kommt mit der Souveränität gestandener Musiker, die hörbar Spaß daran haben, was sie da machen

„Salute The Colours“ kommt herrlich zäh, wieder mit Dio-Vocals, man denkt schnell … äh… doomig langsam an HEAVEN AND HELL oder BLACK SABBATH zu „Dehumanizer“-Zeiten. Joe Stump hingegen interessiert sich nicht für TONI IOMMI, er feiert weiterhin MALMSTEEN und SCHENKER. Das auch beim treibenden Rausschmeißer „Bring On The Rawk“, der mit seinen Backingshouts zum Schmunzeln einladend an TWISTED SISTER erinnert. Aber all das kommt mit der Souveränität gestandener Musiker, die hörbar Spaß daran haben, was sie da machen. Und das springt auf den Zuhörer über, die Luftgitarre qualmt und der Nacken schmerzt. Man kann sich gut vorstellen, auf welchen Festivals die Herren ALCATRAZZ ordentlich abgefeiert werden.

„Take No Prisoners“ macht total Spaß, auch wenn ALCATRAZZ das wirklich eigene fehlt

Mag sein, dass bei ALCATRAZZ etwas das eigene fehlt, was man direkt erkennt. Dazu verbeugen sie sich zu oft nach hier und dort. Aber im Gesamtwerk macht „Take No Prisoners“ total Spaß. Die erwartete Kuschelballade gibt es nicht, die Herren rocken kraftvoll die Hütte. Traditioneller Hard Rock/Metal irgendwo zischen 1985 und 90 im zeitgemäßem Sound von Musikern, die es drauf haben. Wer ALCATRAZZ eh all die Jahre begleitet hat kann direkt zugreifen, aber auch, wer die genannten Bands verehrt.

Veröffentlicht am 19.04.2023

Spielzeit: 48:33 Min.

Lineup:
Doogie White – Gesang
Joe Stump – Gitarre
Jimmy Waldo – Keyboards
Gary Shea – Bass
Larry Paterson – Drums

Label: Silver Lining Music

Homepage: https://www.alcatrazzofficial.com

Mehr im Web: https://www.facebook.com/alcatrazzband

Die Tracklist von “Take No Prisoners”:

1. Little Viper
2. Don’t Get Mad…Get Even (feat. Girlschool)(Animated Video bei YouTube)
3. Battlelines (Video bei YouTube)
4. Strangers
5. Gates Of Destiny
6. Alcatrazz
7. Holy Roller (Love’s Temple)
8. Power In Numbers
9. Salute The Colours
10. Bring On The Rawk

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