DAS METAL-UTENSIL DES MONATS: Von Metalmäuschen und dominanten Lack- und Lederladies – oder: die Freundin des Metallers

Warum es vielleicht ganz gut ist, dass Lemmy keine Frau ist…

2004 nach Christus. Die westliche Welt hat sich vom Feminismus dazu bekehren lassen, dass Pinkeln im Stehen irgendwie nicht so besonders sozial ist, dass man auch mitten im Wort Großbuchstaben benützen darf, um den LeserInnen gerecht zu werden, und dass Frauen im selbstgestrickten Pulli aus der Wolle von gerecht behandelten und sanft geschorenen Lamas aus den Anden schon auch irgendwie als vollwertiger Teil der Gesellschaft angesehen werden sollten. Die ganze westliche Welt? Nicht ganz, denn eine tapfere Subkultur leistet im Untergrund erbitterten Widerstand. Während in den Chefetagen immer öfter Röcke auf den dicken Ledersesseln Platz nehmen und die Line Koks auf der Aktienhändlerparty vermehrt auch auf dem Damenklo konsumiert wird, feiert das Patriarchat fröhlich Urständ´ im Umfeld langhaariger, schwarz gekleideter Gesellen, für die eine Freundin nichts als ein nützliches, putziges, aber irgendwie auch unverzichtbares Utensil ist, um in der Clique stolz den nietenbewehrten Arm auf der Schulter eben jenes Anhängsels abzulegen, nachdem man von der Toilette zurück ist (wo man selbstverständlich im Stehen die Klobrille in Pollock-Manier verziert hat). Die Bewunderung wie auch der blanke Neid der hormongeplagten Metal-Brothers in crime sind demjenigen sicher, der sich mit einer gehörigen Portion Unverfrorenheit und dem vagen Versprechen, natürlich das nächste Lied (vermutlich ein Bastard aus Thrash, Deathmetal und dreckigem Hardcore) der eigenen Band der Herzallerliebsten zu widmen, die innige Zuneigung eines treuherzig blickenden, stets andächtig nickenden Anhängsels gesichert hat. Fortan wird die Holde auf jedes Konzert mitgeschleppt, wo sie prima zum Bierholen eingesetzt werden kann, und bei jeder Probe der neu formierten Band auf dem Sofa drapiert – offiziell natürlich nur als Groupie, denn ein richtiger Metaller hat keine Freundin, sondern Groupies, so verlangt es die Etikette. Überhaupt ist die Rolle der Frau in der Metalszene unverrückbar einzementiert, so scheint es manchmal, wenn man sich CRADLE OF FILTH-Artworks anschaut.

Ausnahmen bilden lediglich die in letzter Zeit verstärkt auftretenden Frontfrauen diverser Gothic- und Orchestermetalbands, denen als entgegengesetztes Extrem völlige Verehrung zuteil wird von Seiten der hormonell unausgeglichenen Metallerschar. Doch mal im Ernst, wer von uns Männern schaut sich eine NIGHTWISH-Show denn wegen der Musik an? Und wenn gestandene Musiker wie Jeff Loomis (NEVERMORE) oder Norm Leggio (Ex-PSYCHOTIC WALTZ) einem von der soeben gesehenen TRISTANIA-Liveshow in den höchsten Tönen vorschwärmen, so sollte man nicht vergessen, dass sie zuvor bei Vibekes Aufwärmtraining backstage zusehen durften. Gerüchte, dass mehrere Roadies über die herausgerollten Zungen der Herrschaften gestolpert seien, sind natürlich voll und ganz aus der Luft gegriffen…

Und so muss man scheinbar schon ein wenig über den Tellerrand blicken, um das vermeintlich schwache Geschlecht in einer weniger devoten Position zu erleben. Hierfür begebe man sich in den nächsten Zeitschriftenladen und entnehme dem Regal ein Exemplar der Gothic-Zeitschrift Orkus. Hiernach öffne man das Heft bei der Kleinanzeigensektion und lese staunend die Dinge, die dort geschrieben stehen. En masse werden dort Damen gesucht, die eine eher bestimmende Art an sich haben, ungern ohne Peitsche aus dem Haus gehen und sich allgemein gerne in Lack und Leder gewanden. Von wegen Anhängsel, eine Herrin und Meisterin (oder schreibt man das ´HerrIn´?) muss es sein! Bei so einer lässt man sich auch gerne mal an der Hundeleine durch die Fussgängerzone führen. Prima!

Sollte man da als Metaller der aufgeklärteren Sorte überhaupt jammern über die oben beschriebenen Missstände? Oder sollten wir nicht viel lieber froh sein, dass CANNIBAL CORPSE keine Damen in ihren Reihen haben, die Genitalverstümmelung zu einem zentralen Thema ihrer lyrischen Betrachtungen machen könnten? Dass IMMORTAL nicht noch mehr Zeit beim Schminken gebraucht haben? Dass wenigstens keine Jamina Hetfield und keine Larsania Ulrich den armen Jason Newsted mittels Peitsche und Hundeleine in Abu Ghureib-Manier vorgeführt haben? Und dass Lemmy keine Frau ist?! Buah…*schüttel* Dann doch lieber unemanzipiert bleiben…

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