THE DA VINCI CODE [Filmkritik Kino]

Eine religiöse Schnitzeljagd, die der katholischen Kirche so ganz und gar nicht gefällt.

Die katholische Kirche hat es nicht leicht in letzter Zeit. Erst erobert das verrückte Popetown MTV und nun wird auch noch Dan Browns ketzerischer Bestseller Sakrileg verfilmt und mittels großangelegter Medienoffensive jedem ans Herz gelegt. Und die Katholiken lassen sich ungewollt in die Werbemaschinerie einspannen, indem sie sich schockiert zu Wort melden, die neue Blasphemie verkünden und so nicht nur Black Metaller geradezu in die Kinosäle treiben. Doch ist The Da Vinci Code wirklich ein Film, welcher der Kirche ernsthaft diejenigen Schäfchen abspenstig macht, welche sie in letzter Zeit noch nicht selber verloren hat?

Wohl kaum. Denn The Da Vinci Code ist geradezu brav ausgefallen im Vergleich zu religionskritischen Episoden von Southpark. Ein auf religiöse Symbole spezialisierter Professor, Robert Langdon (Tom Hanks), der sich auf multimediale Vorlesungen versteht, wird widerwillig zu einer Morduntersuchung im Pariser Louvre miteinbezogen. Dort trifft er auf den zwielichtigen Kommisar Fache (ewig grumlig: Jean Reno) und auf die attraktive Kryptologin Sophie Neveu (Audrey Tautou), mit der er bald darauf in einem Smart reisaus nimmt und immer tiefer in die mysteriösen Geschehnisse hineinschlittert. Die darauf folgende religiöse Schnitzeljagd erinnert dank Zahlen- und Buchstabencodes knacken an National Treasure, hin und wieder denkt man sich allerdings auch, dass man es bei diesem Ron Howard-Film mit einer Art Indiana Jones für Erwachsene zu tun hat – eben Minus den Spass- und Mitreißfaktor der Lucas / Spielberg-Trilogie.

Genau dieser Mitreiß-Faktor fehlt The Da Vinci Code merklich. Es wird viel überlegt, geredet und intellektuell schwadroniert, der Herr Professor bleibt auch angesichts des bleichen, mordenden Mönchs Silas (Paul Bettany) relativ gelassen und man erfährt auch, dass ein Grals-interessierter Professor, wie der exzentrische Sir Leigh Teabing (Ian Gandalf McKellen), sich ein Schloss und einen Privatjet leisten kann von seinem Gehalt. Immerhin wird man von einer Liebesgeschichte verschont (soviel sei verraten), dafür kriegt der homoerotische Männerclub der katholischen Kirche (eine Beobachtung, welche schon die zu bekehrenden Nordmänner vor einigen hundert Jahren geäußert hatten, als sie das Christentum als Frauenreligion abtaten aufgrund der weibischen Gewänder der Priester) tüchtig sein Fett weg. Der Opus Dei (bei dem auch Doc Ock-Darsteller Alfred Molina aus Spiderman II dabei ist) gesellt sich zu anderen mordenden Geheimlogen hinzu, stets dafür kämpfend, dass die katholische Kirche eben ein Männerclub bleibt und nicht plötzlich die Frauen das Sagen übernehmen könnten. Es wird im Verlauf des Filmes mehr als einmal klar, wer warum etwas gegen diese Story haben könnte – und warum Verschwörungstheorien halt nie ihren Reiz verlieren.

Die Umsetzung des Stoffes fällt indes teilweise eher bieder aus. Der Soundtrack von Hans Zimmer fesselt nicht wirklich, zudem wurde der Film sehr frontal abgemischt und die sonst im Kino zu genießenden Surround-Effekte kommen nicht groß zum Zuge. Die schauspielerischen Leistungen sind solide, aber nicht überwältigend ausgefallen (abgesehen vom Mönch, der nicht nur durch sein krankes Aussehen überzeugt). Man merkt deutlich, dass der Plot an sich im Zentrum steht und konzentriert sich auf die Rätsel und Hinweise, die es zu entdecken gibt – anstatt in den Figuren signifikante Entwicklungen zu bemerken. Wesentlich unterhaltsamer für historisch Interessierte sind die zeitweise auftauchenden Ungereimtheiten: Seien es die Lateinfehler der fleißig auf Latein telefonierenden Katholiken oder die Bibliothek in Frankreich, wo tatsächlich sämtliche Dokumente seit 2000 Jahren fein säuberlich archiviert sind und die leidige Quellenfragen gar nicht erst aufkommen (der Traum eines jeden Historikers und Altphilologen). In diesen Szenen kann man sich dann ein Schmunzeln doch nicht verkneifen.

Insgesamt also ein schönes Filmvergnügen mit einer gewissen Bücherwurm-Note statt freudigem Gemetzel. Für infernalische Anhänger von Omen und Exorcist also definitiv kein empfehlenswertes, actiongeladenes Teufelswerk.

Veröffentlichungstermin: 18.05.2006

Spielzeit: 149:00 Min.

Line-Up:
Ron Howard: Regie
Hans Zimmer: Musik

Tom Hanks: Robert Langdon
Audrey Tautou: Sophie Neveu
Ian McKellen: Sir Leigh Teabing
Jean Reno: Kommissar Fache
Paul Bettany: Silas
Alfred Molina: Bischof Aringarosa
u.a.
Label: Sony Pictures

Homepage: http://www.davincicode-derfilm.de

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