Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass das Mittelalter alles andere als eine spaßige Zeit gewesen ist. Anders als es uns die party-betonten Mittelalter und Folk Rock-Bands wie SCHANDMAUL, DIE STREUNER, oder FEUERSCHWANZ suggerieren, war das tägliche Leben damals geprägt von Härte, Grausamkeit und dem Kampf ums nackte Überleben. In eben diese Welt platziert Christopher Smith (“Severance”, “Creep”) seinen neuen Film “Black Death”, der trotz Anleihen an Mystery, Horror und Action, sowie einigen Thrillerelementen in keine der genannten Kategorien so richtig hineinpassen will.
Wir schreiben das Jahr 1348. Die Pest wütet im gesamten Land. In den Städten und in den Straßen türmen sich die Leichen, längst scheinen auch die Klosterwände keinen Schutz mehr vor dieser “göttlichen Plage”, wie es die Geistlichkeit ehrfürchtig proklamiert, zu bieten. Das Vertrauen der Bevölkerung in ihren vermeintlich rachsüchtigen Gott droht zu zerrütten und zu allem Überfluss geht auch noch die Kunde durch das Land, dass ein kleines Dorf jenseits der weitläufigen Moore mittels okkulter Rituale die tödliche Seuche aus seinen Mauern verbannen konnte. Zumindest ist das die größte Befürchtung der Kirche, die somit mit dem gezeichneten wie standfesten Ritter Ulric (Sean Bean) einen erfahrenen Mann mit seinem Gefolge entsendet, dem mysteriösen Treiben dort auf den Grund zu gehen. Geführt werden sie von einem ortskundigen jungen Novizen des Klosters, der jedoch selbst seine Gründe hatte, sich für diese Aufgabe als Freiwilliger anzubieten…
Die Handkamera erhöht in “Black Death” die Intensität der Gefechte
Schon früh wird eines deutlich: Die Welt, die Christopher Smith zeichnet, ist kalt, dreckig, ungeschönt, kurz erschreckend realistisch. Hervorgehoben wird dies durch die ebenso trostlose Optik. Die körnigen Aufnahmen der Handkamera passen mit ihren kalten Farben perfekt zu dieser rauen Welt und gleichen sich zudem dem Tempo des Films an. In den wenigen actiongeprägten Momenten wirft sich die Kamera mitten ins Geschehen und mimt dank schneller Schnitte und verwackelter Bilder das Kampfgetümmel in seinem ganzen Chaos.
Was normalerweise schnell anstrengend wird, erhöht in “Black Death” jedoch die Intensität und vermittelt bestens den Kern des erbarmungslosen Gefechts, ohne aufgrund expliziter Gewaltdarstellung zum Selbstzweck zu verkommen. Zumeist legt der Film aber einen weitaus ruhigeren Gang ein. So dient die erste Hälfte im Grunde vorwiegend der Charaktereinführung und dem Spannungsaufbau, indem man als Zuschauer die ruppige Gefolgschaft Ulrics auf ihrem unbequemen Weg besser kennen lernt.
Sean Bean verleiht seiner Figur eine enorme physische Präsenz
Strahlende Helden gibt es in der Welt von “Black Death” derweil nicht. Sogar der aufrechte Ulric hat in seinem Wissen um die Grausamkeit dieses Zeitalters ein romantisches Weltbild längst abgelegt und zeigt wenig Skrupel, wenn eine Entscheidung zwischen Moral und Schadensminimierung getroffen werden will. Ein kurzer, schmerzloser Tod ist immer noch besser als ein langsamer wie qualvoller. Sean Bean (“Der Herr der Ringe”, “James Bond – GoldenEye”, “Silent Hill”) verleiht seiner Figur eine enorme physische Präsenz, die allein Aufgrund der Statur schon einen gealterten Boromir (“Der Herr der Ringe”) ins Gedächtnis ruft, und ist neben Hauptdarsteller Eddie Redmayne (“Die Schwester der Königin”) klar die zweite tragende Figur in “Black Death”.
Dessen Novize Osmund ist ein anfangs naiver, aber doch entschlossener Bursche, der im Laufe der Handlung immer mehr zum Mann reift, nur um dann doch nicht die Erwartungshaltung des Zuschauers zu bedienen. Dabei ist er eigentlich schon längst ein solcher, hat er sein Herz doch an die junge Averill (Kimberly Nixon) verloren, die er anfangs aus Sorge um ihre Gesundheit aus der Stadt schickte und nun hofft, sich alsbald wieder mit ihr vereint zu sehen. Die dritte im Bunde ist die mysteriöse Heilerin Langiva (Candice van Houten, “Operation Walküre”), bei der man lange nicht weiß, auf welcher Seite sie wirklich steht. In der Tat begleitet ihre Figur eine ambivalente und stets unbehagliche Aura, die geschickt die Wahrheit zwischen Schein und Sein verschleiert. Der restliche Cast bleibt dagegen blass und besteht im Prinzip aus relativ stereotypen Haudraufgängern, respektive besseren Statisten.
Das Finale von “Black Death” ist so konsequent wie stimmig
Mit der Ankunft in besagtem Dorf nimmt “Black Death” schließlich eine entscheidende Wendung, die sich vor allem im Ton des Films niederschlägt. Eine idyllische kleine Siedlung am Rande der Sümpfe, bewohnt von einfachen, aber höflichen Landleuten erwartet dort die kirchliche Vorhut. Und doch scheint trotz aller Gastfreundlichkeit irgendetwas im Busch zu sein. Von der Pest keine Spur, die örtliche Kirche steht verlassen und verfallen, und die Dorfbewohner scheinen die Heilerin Langiva als ihr Oberhaupt anzuerkennen. Klar, hier ist etwas faul, auch wenn es nicht die Gliedmaßen der lokalen Einwohner sind.
Und so muss der Zuschauer mit ansehen, wie sich die Schlinge um den Hals von Ulric langsam, aber stetig zusammenzieht. So einfach diese Erzählung sein mag, so effektiv ist sie. Denn mit Erreichen des Dorfs zieht “Black Death” die Daumenschrauben an und treibt den Spannungsbogen rapide in die Höhe, um schließlich in einem Finale zu kumulieren, das gleichermaßen konsequent wie stimmig ist und das – wie das komplette Mittelalter auch – keine Sieger kennt.
“Black Death” wird sicherlich nicht den Geschmack eines jeden Kinogängers treffen. Horror- und Mystery-Fans dürften bei entsprechend puristischer Erwartungshaltung etwa enttäuscht sein, denn so gut sich die Story für einen trashigen Genrefilm eignen würde, “Black Death” verfolgt einen anderen Ansatz: einen ruhigen, nüchternen und ungeschönten. Der Film legt sich nicht auf ein Genre fest, sondern bewegt sich zwischen Drama, Thriller, Mystery und vorsichtigen Actioneinlagen in einer Welt, in der es keinen Platz für ausgelassene Lacher gibt. In einer Welt, die von Tod regiert wird und in der nicht einmal Gott den Menschen Zuflucht und Erlösung bietet. Und das ist verdammt noch mal ungemein erfrischend.
Veröffentlichungstermin: 09.09.2010
Spielzeit: 102 Min.
Line-Up:
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Regie: Christopher Smith
Drehbuch: Dario Poloni
Cast:
Sean Bean – Ulric
Eddie Redmayne – Osmund
Carice van Houten – Langiva
Kimberly Nixon – Averill
Andy Nyman – Dalywag
Tim McInnerny – Hob
Label: Central
Homepage: http://blackdeathmovie.com