REVOLT!: APOSTLE OF SOLITUDE, B.S.T., KING HEAVY am 15.11. im Bambi Galore, Hamburg

Endlich klappt es mal! Das mit Doom-Konzerten in Hamburg stand bei mir immer unter einem düsteren Stern. Aber dieses Package, da wäre ich die 170km eine Tour mit dem Fahrrad hingefahren. Das Bambi Galore im Kulturpalast von Billstedt zeigt sich als überschaubarer, knuffiger Club mit nettem Team. Und zunehmend vertrauten Gesichtern, vor und auf der kleinen Bühne. Nichts für Bands mit Orchesterbegleitung, für eine klassische Doom-Besetzung gerade ausreichend. Wer nicht in der Mitte steht kann die bunte Beleuchtung nicht genießen und verbleibt als Schattenwesen.

KING HEAVY liefern Multikulti-Epic-Doom

KING HEAVY entern die Bühne. Schön sie endlich zu sehen, letztendlich hat sich die Band mit dem Belgier Luther “Luce” Vee (HOODED PRIEST, WITCHSMELLER PURSUIVANT) und Ex-PROCESSION-Basser Daniel Perez (INFERNAL THORNS) in der Chapel beim DOOM SHALL RISE kennengelernt. Nun lebt man also eine Fernbeziehung zwischen Chile und Belgien im Namen des Doom. Cool, indirekt daran beteiligt zu sein. Hingucker sind ganz klar Frontmann Luce mit einer theatralen Show, dem wirren bis irren Blick und der passenden Stimme. Basser Daniel ist als Wonneproppen eh nicht zu übersehen, ebenso nicht seine Leidenschaft für das, was die Band hier abzieht. Der Kerl ist Metal durch und durch. Drummer Miguel und vor allem Matis an der Gitarre ziehen ihr Ding konzentriert und sauber durch, beide auch vertraut von NOCTUS und MOURNERS LAMENT.

So starten die Herren mit “As Dawn Broke On The Day” vom Debütalbum gut durch, “(Death Is But An Extreme Form Of) Narcosis” kommt herrlich fett, träge und theatral, Luce ist voll in seinem Element. Noch mehr bei “La Gárgola” (Spanish für “The Gargoyle”), wo er durch das Publikum zieht und es mit irrem Blick in Angst und Schrecken versetzt. Klappt nicht immer, ich mag ihn schon lieber knuddeln.

Dann ist persönlich Gänsehaut angesagt, sie spielen den Song “Doom Shall Rise”, die Widmung nimmt man gerne an. Ähnlich dürfte es DSR-Partner Jochen Fopp (MIRROR OF DECEPTION) gegangen sein, als die Jungs den Song für ihn beim DOOM OVER VIENNA-Festival spielten. Zudem hatten die Jungs im Vorfeld gefragt, ob sie den Titel nutzen dürfen. Ja gerne, in der Chapel lag die Wiege der Band.

Das kauzige “Creation Must Be The Devil” und zum Abschluss das treibende “The Origin Of The Witch Hunts” runden das gut gemischte Set ab. Wären KING HEAVY allein hier, hätte sich der Trip schon gelohnt. Nicht nur wegen der Freunde auf der Bühne, einfach weil es eine tolle Epic Doom-Show war.

B.S.T. liefern ein gefeiertes Heimspiel

Aber die Local Heroes stehen ja auch noch an. B.S.T. nutzen das Heimspiel, für wen hier viele im nun gut gefüllten Club gekommen sind, das ist schnell klar. Es wird nicht viel geschnackt, “Die Illusion” verbreitet eine angenehme Kälte. Keine Ahnung warum, mit “Aufgabe” vom aktuellen Album “Unter Deck” verpassen mir die Kollegen immer wieder eine fette Gänsehaut, so auch heute. “Brenne”, nun ja, hier und da brennen die Finger mal auf falschen Tönen, auch Heikos Stimme wirkt etwas angeschlagen. Sowas haut die Hanseaten nicht um und sie machen wie gewohnt alles platt. So auch erwartungsgemäß mit dem JIMMY MACCARTHY-Cover “Ride On”, das heute gefühlt wirklich jeder mitgröhlt. Die Spielzeit ist fast um, egal, “Die Hoffnung” wird noch ausgepackt.

B.S.T. belegen auch heute wieder ihren Ausnahmestatus in der aktuellen deutschen Doom-Scene, nicht nur wegen der deutschen Vocals. Die Hamburger überzeugen mit eigenständigem Sound und präsentieren sich live als Macht, selbst wenn es mal nicht ganz rund läuft. Dass die Jungs zudem knuffige Kerle sind, das macht es noch leichter, die Band zu mögen.

APOSTLE OF SOLITUDE liefern einen Doom-Blast ab

Tja, dann ist ein persönlicher Doom-Blast angesagt. Warum ich die Amis APOSTLE OF SOLITUDE aus Indianapolis seit dem 2008er Debüt-Longplayer “Sincerest Misery” aus den Augen verloren hab, keine Ahnung. Was folgt ist eine echte Vollbedienung, die ich so nicht erwartet hatte. Fett, mächtig, gewaltig, und dabei immer erhabene Melodien tragend. Ich weiß noch nicht so recht, ob das Grinsen von der Bühne wirklich mir gehört. Das hier macht zu viel Spaß, um darüber nachzudenken.

Kurz vom “Overlord” wachgerüttelt machen Songs wie “Ruination Be Thy Name” oder “Keeping The Lighthouse” vom aktuellen Album “From Gold To Dust” alles platt. Zumeist gedoppelte Gitarren bauen eine gewaltige Soundwand, der ebenfalls oft gedoppelte helle, klare Gesang füllt alles aus. Die Drums von Corey und der Bass von Brent legen einen kraftvollen Groove unter knackige bis schwere Riffs. Ha, facebook-Freunde, eine erste Erkenntnis. Heavy wie Sludge, melodiös wie klassischer Epic Doom, und immer wieder Elemente aus 70er Rock und dem frühen Metal. Viel gibt’s auch von APOSTLE OF SOLITUDE nicht zu sagen, sie lassen die Songs sprechen. Ich bin sichtlich nicht der einzige, der voll im Rausch ist, ringsrum ist Doomdancing angesagt oder zumindest begeistertes Mitwippen. “Whore’s Wings” und “Lamentations Of A Broken Man” machen energisch klar, dass auch das letzte Album “Of Woe And Wounds” mit nachhause möchte. Mit “This Mania“, das gar mit für Doomies atemberaubender Geschwindigkeit dahinrast, beenden die Jungs ein Set, länger als geplant, das Bambi Galore-Team drückt ein Auge zu. Boah was ein Blast, genau das ist Doom, wie er in meinen Adern fließt, der Takt meines doomigen Herzens. Eben dies schlägt schneller, als Chuck Brown von der Bühne kommt “Hej du bist doch Frank von WELL OF SOULS”. Äh, oh, ja klar, das war´s! Chuck hat bei mir gepennt, als er noch Drummer war bei THE GATES OF SLUMBER! Nicht wirklich gut, irgendwie hatten alle Angst, mit nicht mal ansatzweise ausgewachsenen Leguanen in einem Raum zu schlafen. Auch Doomer sind nur Menschen!

Mit diesen netten Erinnerungen und neuen bzw. alten Scheiben der Bands im Gepäck geht’s einsam auf die nächtliche Autobahn. Ohne Fahrrad, gut so. Klappt hoffentlich wieder wenn der Doom in die Hansestadt ruft!

Fotos: Frank Hellweg/vampster

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