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APOSTLE OF SOLITUDE: Until The Darkness Goes

Wenn Doom Metal eine Party wäre – ja, ich weiß, ist schwer vorstellbar, aber versucht es mal wenigstens – dann gibt es immer Gäste wie CANDLEMASS, die durch ihre omnipräsente und teilweise auch extrovertierte Aura das gesamte Geschehen einzunehmen versuchen. Dabei wollen sie alle Blicke auf sich gerichtet haben, denn sie wissen ja durchaus mit ausladenden Stories zu punkten und haben sich ihren (teils divenhaften) Status im Laufe der Jahre auch hart erarbeitet. Neben dem nunmehr tattrigen Ehrengast namens BLACK SABBATH, der allein schon aufgrund seines legendären Rufs als (ehemaliges) Feierbiest einfach eingeladen werden muss, trifft man – vorbei an den nassforschen LORD VIGO – irgendwann mal auf diejenigen, die im hinteren Eck lieber in Ruhe ihr Getränk schlürfen und keinesfalls den ersten Schritt zur Gesprächsaufnahme tätigen wollen. Dabei sind es manchmal gerade diejenigen, die im ungekünstelten Kontakt ihr authentisches Wesen – mit der ein oder anderen verschrobenen Eigenheit angereichert – offenbaren und denen man letztendlich am liebsten den ganzen Abend zuhören würde.

Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise die in schwäbischen Gefilden beheimatet MIRROR OF DECEPTION oder die norddeutschen Newcomer SERVANTS TO THE TIDE, aber auch Übersee-Acts wie ABDULLAH (die es leider schon seit längerem nicht mehr gibt), LORD VICAR, THE GATES OF SLUMBER… und APOSTLE OF SOLITUDE.

“Until The Darkness Goes” bedeutet Trauerbewältigung auf die schönste und leidenschaftlichste Weise

Jene Truppe, die auf dem Fundament der überlieferten Rifflehren von TROUBLE, SAINT VITUS oder THE OBSESSED schon diverse Tonträger zu Stande gebracht hat, stammt aus Indianapolis und hat in den vergangenen Jahren nicht nur durch ihr letztes Album “From Ash To Gold”, sondern auch durch überzeugende Auftritte auf dem Hammer Of Doom sowie dem Doom Over Vienna zur Steigerung ihres Bekanntheitsgrads beigetragen.

Der fünfte Trauerkloß “Until The Darkness Goes”, dessen Titel von einer Textzeile des ROLLING STONES-Tracks “Paint It Black” herrührt (“I have to turn my head until my darkness goes”), entstand wie viele andere 2021-Releases unter dem Eindruck der Pandemie und des Lockdowns, in diesem speziellen Fall aber auch vor dem Hintergrund des Verlustes beider Elternteile, die einer der vier Apostel hinnehmen musste.

“For all of us lies in death a song “, wie schon KATATONIA philosophisch das Positive aus Schicksalsschlägen herauszuarbeiten versuchten, bedeutet bei den sechs Tracks auf “Until The Darkness Goes” somit Trauerbewältigung auf die schönste und auch leidenschaftlichste Weise.

APOSTLE OF SOLITUDE sind zu einer stilvoll lamentierenden Combo gereift

APOSTLE OF SOLITUDE haben seit “From Ash To Gold” an den richtigen Stellschrauben gedreht und zum einen ihre Songs etwas zusammengestaucht bzw. kompakter gestaltet, aber zum anderen auch die Diversität zwischen dröhnigen Gitarren, elegischen Melodien und Chuck Browns ungeschönt charismatischen, bittersüßen Klagegesang mit sympathischer Schieflage vergrößert. Vor allem bei “The Union” und “Apathy In Isolation” gilt es, in stiller Bewunderung dem fragilen Seelenbalsam aus der Kehle des THE GATES OF SLUMBER-Drummers vor dem Hintergrund angesludgter Heavy Doom-Riffs zu folgen. Die beiden Nummern, die wohl am eindrücklichsten die Entwicklung der Band hin zu einer stilvoll lamentierenden Combo im traditionellen Doom-Kontext aufzeigt, sind mitunter das Ergreifendste, was in diesem zweiten vermaledeiten Corona-Jahr als Trostspender zur Verfügung steht.

Die Doomer von APOSTLE OF SOLITUDE streifen verkrustete Schuppen ab

Die vier Amis haben sich gepellt, ein Stück weit verkrustete Schuppen abgestriffen und schlüpfen auf “Until The Darkness Goes”, das erneut im heimatlichen Russian Recording Studio unter den bewährten Fittichen von Produzent Mike Bridavsky entstanden ist, in denselben mattem Glanz, der auch bei WHILE HEAVEN WEPT, PALLBEARER, SOLITUDE AETURNUS oder WARNING durchschimmert, heraus. Das schwere, stehende, kathartische Gitarrenriff, das auf früheren Alben – manchmal unnötigerweise – gerne noch eine Extraschleife gedreht hat, wird nun eher abgeholt, um “geschwind” zum nächsten eleganten Melodiebogen zu gelangen, der die erdrückende Tristesse angenehmer erscheinen lässt. APOSTLE OF SOLITUDE strahlen somit in Songs wie “When The Darkness Comes” oder “Deeper Than The Oceans” weiterhin eine gewisse analgetische Lethargie aus, können aber speziell auf jenem Tonträger einen stimmlich gewachsenen Chuck Brown präsentieren, der sich erstmalig auch in Höhen traut, von denen er bislang noch nicht wusste, dass es sie gibt und der gerade mit eben jener kontrapunktiven Leichtigkeit auch dazu beiträgt, dass das vorliegende Album zum bislang ausgereiftesten und kompositorisch schlüssigsten Werk der US-Boys mutiert. Abgerundet wird die nachdenkliche Chose durch das wunderschöne Artwork, welches der Künstler WÆIK (u.a. war er auch beim Cover der aktuellen CROSS VAULT am Werk) mit Öl auf Leinwand gebannt hat und die Stimmung des Albums perfekt wiedergibt:

Nachdem man dem unaufhörlich niederprasselnden Regen, den das Leben manchmal bereit hält, ausgesetzt war und ihn in stoischer Gelassenheit erduldet hat, gilt es nun, in trauter Melancholie bei den letzten Strahlen der untergehenden Sonne die Wunden zu versorgen. Und zwar auf eine Weise, wie es in “Apathy In Isolation” erklingt: “It’s too late for sorrow…”

Leidensvolle und bewegende Geschichten

APOSTLE OF SOLITUDE sind somit ein Stück weit aus ihrem eigenen Schattendasein herausgetreten und offenbaren sich in der Doom-Hausparty als jemand, der nun auch mal aufgeschlossener auf andere zugeht und proaktiv seine leidensvollen und bewegenden Geschichten offenbart, um möglichst lange in Erinnerung zu bleiben. Und das dürfte ihnen mit “Until The Darkness Goes” nicht weiter schwer fallen…

 

Label: Cruz Del Sur Music

Release Date: 12. November 2021

Line Up:

Chuck Brown – Vocals / Guitars
Steve Janiak – Guitars / Vocals
Mike Naish – Bass
Corey Webb – Drums

Produzent: Mike Bridavsky

APOSTLE OF SOLITUDE “Until The Darkness Goes” Tracklist

1. When the Darkness Comes (Audio bei YouTube)
2. The Union
3. Apathy in Isolation
4. Deeper Than the Oceans
5. Beautifully Dark
6. Relive the Day

Spielzeit: 36:34 Min.

https://apostleofsolitude.com/

https://apostleofsolitude.bandcamp.com/

https://www.facebook.com/apostleofsolitude

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