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ISIS: Nothing is true, everything is permitted

Alarm im Hause ISIS – ihr neues, großartiges Album "In the Absence of Truth steht an, ebenso steht ihre erste DVD Clearing the Eye und eine Zusammenarbeit mit AEREOGRAMME frisch in den Läden. Da ist Stress vorprogrammiert. Also erstmal Luft holen und die unzähligen Interviews beantworten. Ergo ist Keyboarder Bryant Clifford Meyer mit einem Zeitfenster von zwanzig Minuten viel zu kurz angebunden, aber freundlich und kompetent half er bei der Beantwortung einiger Fragen, die Mastermind Aaron Turner wieder zuhauf offen ließ.

Alarm im Hause ISIS – ihr neues, großartiges Album In the Absence of Truth steht an, ebenso steht ihre erste DVD Clearing the Eye und eine Zusammenarbeit mit AEREOGRAMME frisch in den Läden. Da ist Stress vorprogrammiert. Also erstmal Luft holen und die unzähligen Interviews beantworten. Ergo ist Keyboarder Bryant Clifford Meyer mit einem Zeitfenster von zwanzig Minuten viel zu kurz angebunden, aber freundlich und kompetent half er bei der Beantwortung einiger Fragen, die ISIS-Mastermind Aaron Turner wieder zuhauf offen ließ.



Hallo Bryant, zunächst herzlichen Glückwunsch zu In the Absence of Truth, das wie ich finde in vielerlei Hinsicht ein deutlicher Schritt nach vorne für ISIS ist. Das Konzept des Albums ebenso – es stecken viele Interpretationsmöglichkeiten darin.

Stimmt, ich denke das Konzept ist dieses Mal weniger genau festgelegt als auf den vergangenen Alben. In the Absence of Truth birgt viel Raum für persönliche Interpretationen in sich, die alle jedoch erst ans Tageslicht kommen, je länger man sich mit dem Album befasst. Das geht auch ohne im Booklet abgedruckte Texte.

Ein berühmtes Zitat steht im Booklet, Nothing is true, everything is permitted – jedoch habt ihr als Quellenangabe nicht William Bourroughs angegeben sondern Hassan-I Sabbah, den iranischen im elften und zwölften Jahrhundert lebenden ismailitischen Sektenführer, von dem das Zitat tatsächlich stammt.

Aaron war fasziniert von diesem Zitat und hat sich bei der textlichen Ausrichtung davon inspirieren lassen und hat viele Bücher darüber gelesen – er ist ein unglaublich belesener Mensch.

Dieses Zitat, birgt es die logische Weiterentwicklung des Panopticons in sich? Getreu dem Motto: Erst werden die Menschen ausspioniert, danach kann man eh alles mit ihnen machen.

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Er ist ein unglaublich belesener Mensch. (Bryant Clifford Meyer über Frontmann Aaron Turner.)

Es könnte etwas damit zu tun haben, aber es geht mehr um das Buch Firdous e Bareen als um das Panopticon. Aaron hat sich damit viel tiefer beschäftigt, er könnte dir mehr darüber erzählen.

Kein Problem, dann kommen wir zur Musik auf In the Absence of Truth. Ich denke ihr habt euch auf diesem Album zwischen Oceanic und Panopticon angesiedelt.

Auf jeden Fall, wir haben Elemente der beiden Alben auf In the Absence of Truth verwendet, wir konnten endlich auch viel ungezwungener ans Songwriting gehen. Endlich war es uns möglich fünfmal pro Woche zu Proben, da wir von der Musik inzwischen leben können. Das motivierte uns zutiefst, wir gingen zudem mit neuen Ideen so um wie wir es uns vorher nie getraut hätten. Es war keine bewusste Entscheidung etwas zu erschaffen, dass wie Oceanic oder wie Panopticon ist, die Vergangenheit verleugnen geht bei ISIS einfach nicht. Wir sind wirklich sehr glücklich mit unserem neuen Album, weil auch so viel Arbeit darin steckt. Wir haben uns so viel Zeit beim Songwriting gelassen, wir haben uns enorm reingehängt und hart gearbeitet, wir haben viel umgeschrieben, damit auch wirklich nur die tollen Stellen darin bleiben und die, die nach einiger Zeit Scheiße klingen herausgenommen werden.

Das hört man definitiv. Aber denkst du, dass ihr durch so eine perfektionistische Arbeitsweise dem Ende eurer Reise entgegenschippert?

Nein, das glaube ich auf keinen Fall. Im Gegenteil, wir sind jetzt sogar noch viel motivierter, an neuer Musik zu arbeiten, durch unsere neu gewonnene Freiheit und dadurch, dass sich musikalisch jetzt ganz neue Türen für uns geöffnet haben.

Panopticon war schon sehr atmosphärisch, aber In the Absence of Truth geht noch weiter. Das Album hat viel Platz sich zu entfalten, es erstickt nicht an der Fülle der Ideen.

Ich denke die einzelnen Passagen sind an sich sehr interessant, nur ganz wenige Male spielen wir das Gleiche, meistens weichen wir ab voneinander, versuchen viel zu variieren. Ich denke, dass die einzelnen Bandmitglieder ihre Vorlieben besser in die Musik einbringen konnten und ihr verbessertes Können einsetzen konnten und dass die Band an sich gewachsen ist, macht viel davon aus.

Einer der interessantesten Songs auf eurem neuen Album ist Firdous E Bareen, der wie eine Dub-Version klingt. Haben euch die Oceanic-Remixe dahingehened inspiriert, selbst so etwas zu machen und es nicht Dritten zu überlassen?

Nicht unbedingt, wir wollten unbedingt wieder einen Song auf dem Album haben, der gejammt wirkt, wie Weight auf Oceanic. Es passierte eher zufällig, dass dieses Lied so Dub- und Krautrockartig klingt. Wir haben ihn komplett im Studio geschrieben, hatten einige Passagen zur Hand und haben sie zusammengefügt. Ein derartiges Stück haben wir noch nie gemacht.

Im Bereich der Keyboards und des Gesangs seid ihr viel melodischer geworden. Gerade die Keyboards tragen bei einigen Songs viel zur Melodieführung bei, während sie früher vordergründig kaum zu hören waren, aber eine ganz eigenen Atmosphäre erschafften.

Das gehört auch dazu, dass wir an unseren Instrumenten immer besser werden – wir trauen uns selbst mehr zu. Andererseits sollte man die Keyboards nicht zu sehr überschätzen, denn es macht Sinn mit allen Instrumenten Melodien zu erzeugen. Vor allem hat sich auf In the Absence of Truth aber Aarons Stimme verbessert, es hat viel geübt und es klingt einfach toll, wie er jetzt singt.

Die Produktion hat sich dahingehend auch verändert, seine Stimme wurde nicht mehr so in den Hintergrund gemischt.

Er hatte viel mehr Selbstvertrauen beim Einsingen, daher ist seine Performance natürlich auch viel besser. Es macht Sinn ihn weiter nach vorne zu mischen. Zu viel wäre aber auch nicht gut gewesen, das hätte nur die Aufmerksamkeit von der Musik weggeführt.

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Das Artwork zu In the Absence of Truth.

Das Artwork hat wieder Aaron gemacht, dieses Mal schaut es aber komplett anders aus, als die Covers zuvor, es scheint eine Art Kokon darauf zu sein.

Das liegt ganz in deinem Empfinden.

Jedenfalls öffnet sich dieses Etwas im Booklet, als würde die Wahrheit langsam herauskommen.

Naja, um ehrlich zu sein, haben wir die endgültige Version der CD noch nicht zu Gesicht bekommen, ich weiß aber wie es aussieht. Es ist auf jeden Fall sehr ungewöhnliches Artwork, das ich selbst noch nicht so recht zu interpretieren weiß. Aaron hat daran im Studio gearbeitet und da es so anders und faszinierend war, waren wir alle begeistert davon.

In einigen Foren habe ich ein paar Meinungen über eurer neues Artwork gelesen, was mich zum Nachdenken anregte: Auch wenn die musikalische und konzeptionelle Ausrichtung von euch es nicht zulässt – denkst du, dass auch einige ISIS-Fans engstirnig sein könnten?

Oh, das hoffe ich nicht, aber wenn eine Band ein immer größeres Publikum hat, lässt sich das wohl nicht vermeiden. Ich glaube, dieselbe Anzahl der Leute, die sich von uns abwenden werden, werden auch wieder hinzukommen. Aber über derartigen Mist darf man sich als Musiker keine Gedanken machen. Wir machen einfach Musik, die uns gefällt und damit sind wir glücklich. Wenn es Anderen auch gefällt, dann ist das nur ein Bonus.

Das ist ein gutes Stichwort. Mit eurem letzten Album seid ihr recht schnell um einiges größer geworden und könnt mittlerweile davon leben. Was ist das für ein Gefühl mit der größten Passion des Lebens seine Rechnungen bezahlen zu können.

Es ist natürlich großartig, weil wir lange Jahre dafür gearbeitet haben. Ich meine, wir verkaufen keine Millionen CDs, wir managen uns auch noch immer selbst, sorgen auch immer dafür dass wir viel auf Tour sind, aber es erfüllt uns mit Stolz. Wir können es mittlerweile gar nicht mehr erwarten uns in den Proberaum zu begeben und neue Songs zu schreiben.

Neben eurem neuen Album gibt es demnächst auch eine Split mit AEREOGRAMME zu kaufen, deren Prinzip ich sehr interessant finde. Zwei Bands sind zwei Tage lang in einem Studio und was dabei aufgenommen wird, gibt es auf CD zu kaufen?

Genauso war es. Beide Bands hatten im Vorfeld einige Ideen, da wir ja wussten, was auf uns zukommen würde. Es ist immer seltsam, mit Leuten zum ersten Mal Musik zu machen, aber es war eine sehr schöne Erfahrung und wir hatten viel Spaß zusammen. Wir haben alles, was in diesem Proberaum zusammengestellt wurde, aufgenommen, das Einzige, was wir noch zu Hause aufgenommen haben, waren ein paar Gesangsspuren. Für nur zwei Tage Arbeit ist es ziemlich gut geworden. Man hört übrigens Aspekte von beiden Bands auf dieser Kollaboration, obwohl es zu einer Einheit verschmilzt, das ist sehr cool.

Mit Clearing the Eye ist auch kürzlich die erste DVD der Bandgeschichte erschienen, an der sich andere Bands wirklich ein Beispiel nehmen sollten, durch die Fülle an Material sollte jeder Fan zufrieden sein. Auch ein 20-seitiges Booklet ist vorhanden. Nur, wenn man die DVD im Player hat, braucht man kein Booklet zum dazu anschauen. Ist das verlorene Liebesmüh?

Nein, sicherlich nicht. Wir hatten das Budget, dies zu tun, und somit wollten wir Nägel mit Köpfen machen, den Konsumenten etwas rundum durchdachtes bieten. Ich denke, es hebt uns von vielen Bands ab, denn die meisten gehen mit einer DVD lieblos um. Und natürlich verkauft sich eine DVD schlechter als eine CD, also schaffen wir damit einen zusätzlichen Kaufanreiz. Es ist wirklich schön, so eine konsequente Veröffentlichung zu haben.

Auf Clearing the Eye ist das In Fiction-Video enthalten, das ich zuvor nur einmal gesehen habe. Dieser Clip fügt sich perfekt in das Konzept des Panopticon-Albums ein und unterstützt es hervorragend. Warum also habt ihr Videoanimationen nicht auch in euer Live-Set integriert?

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Es ist schön, eine konsequente Veröffentlichung zu haben. (B.C. Meyer über die liebevoll gestaltete DVD Clearing the Eye.)

Wir haben darüber in unseren frühen Tagen nachgedacht. Aber da wir eh schon sehr häufig mit NEUROSIS verglichen wurden, verfolgten wir das nicht weiter. Ansonsten arbeiten wir mit einem Freund aus England an weiteren Videos, hoffentlich können wir für In the Absence of Truth wieder einen oder zwei Clips drehen, denn wir haben sehr viele Ideen dafür.

Hoffentlich klappt es dann auch. Was mich jedoch schon lange interessiert ist folgendes: Ihr seid vor einigen Jahren im Kollektiv von Boston nach Los Angeles gezogen. Es muss eine starke Bindung zwischen euch sein, sonst hättet ihr einen derart einschneidenden Schritt nicht zusammen gewagt.

Einer der Gründe, warum wir größeren Erfolg verzeichnen konnten war, dass wir nicht nur Musiker sondern auch gute Freunde sind und uns nach mehreren Wochen auf Tour noch immer nicht heftig auf die Nerven gehen. Wir haben immer alles gemeinsam gemacht, es ist definitiv eine starkes Band zwischen uns. Jeff (Caxide, Bass – Anm. d. Verf.) zog zwar nach einem Jahr in Los Angeles zurück nach New York, aber wir hängen sowieso dauernd zusammen rum, das ist also kein Problem.

Ihr wart in den Staaten mit TOOL auf Hallentournee. Es war sicherlich stets groß und voll, wie war es für eine erfahrene Liveband wie ISIS vor so vielen Leuten zu spielen?

Es war verrückt, vor wie vielen Menschen wir jeden Abend spielten. Der Großteil des Publikums war sehr gut auf uns zu sprechen, was nicht selbstverständlich ist. Es war wirklich eine großartige Tour, zweifellos.

Du bist auch festes Mitglied bei RED SPAROWES, hast wegen deiner Aktivitäten mit ISIS schon zwei RED SPAROWES-Touren verpasst. Ich nehme an, dein Fokus liegt auf ISIS.

Als wir mit RED SPAROWES anfingen, war es nur ein Nebenprojekt. Als sich herauskristallisierte, dass wir aktiver werden und Shows spielen würden, gab ich sofort bekannt, dass ISIS für mich Priorität haben. Aber ich spiele dennoch viel mit ihnen und freue mich immer, wenn ich mit ihnen Musik machen kann.

Meinst du eine Option wäre eine gemeinsame RED SPAROWES und ISIS-Tour?

Wir haben darüber nachgedacht, aber bisher gab es noch keine konkreten Pläne. Wir werden sehen, vielleicht passiert es ja eines Tages.

Bryant, vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg mit ISIS und all deinen Projekten.

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