ISIS und DESTRUCTO SWARMBOTS im Feierwerk, München am 11. Juli 2009

ISIS auf Stippvisite in Europa nach ausgedehnter US-Tour und dabei so motiviert, wie eine junge, hungrige Band. Ein Klasse-Abend.
 

Dass ISIS mittlerweile Everybody´s Darling sind, daran ändert weder der Schritt zum kleinen, feinen Independent-Label CONSPIRACY RECORDS, noch ein Ticketpreis von 20 € etwas. Obwohl einige andere Veranstaltungen heute ebenso anstehen und obwohl heute der erste warme Tag seit viel zu langer Zeit ist und allerorts natürlich die Biergärten rufen, erweisen sich die Fünf aus LA als Publikumsmagnet. Egal ob Metaller, Alternative Rock-Fan oder alteingesessener NEURISIS OF LUNA-Hörer, alle finden heute den Weg ins Feierwerk um das neue Album Wavering Radiant zu feiern. Und das ist ziemlich ungemütlich gefüllt, heute Abend wird fühlbar an der Kapazitätsgrenze von 550 Leuten gekratzt.

 

 DESTRUCTO
Mutige Musik zwischen Noise, Industrial und Hip Hop – DESTRUCTO SWARMBOTS

Das ist ansatzweise schon bei DESTRUCTO SWARMBOTS zu spüren. Denn eigentlich haben wir das Gefühl, dass wir bald allein vor der Bühne stehen müssten, aber viele Leute halten den Solokünstler Mike Mare erstaunlich gut aus. So gesehen ist das ja auch keine große Kunst, einige langweilen sich, andere driften ein wenig ab. Ausgestattet mit Laptop und Gitarre, sowie ein paar Effektpedalen verfremdet Mike den Klang seiner Gitarre bis zur vollständigen Unkenntlichkeit, dazu kommen alle möglichen Ambient-Samples und hier und da wieder Hip Hop-Beats, die aber viel zu schnell wieder verschwinden und die Dynamik aus der Musik nehmen. Beim ersten Blick auf die Uhr sind schon zwanzig Minuten vergangen, kurzweilig ist das Gebräu aus GODFLESH, ZOMBI, DÄLEK und KNIVES OF RESISTANCE auf jeden Fall, aber die Sache mit den Beats nervt doch ein wenig. Dem Musiker bei seiner Zeremonie zuzusehen ist auf jeden Fall eine Entschädigung dafür und doch bleibt nach dreißig Minuten das Resümee, dass ich mir DESTRUCTO SWARMBOTS lieber zu Hause mit Kopfhörern zur Space Night anhören würde, als live.

 

Nach einer weiteren halben Stunde, um kurz nach zehn, betreten ISIS die Bühne des Feierwerks und die stickige Luft, sowie der Menschenandrang lässt mich zweifeln, ob dieser Auftritt auch für die Fans ein Erfolg wird. Auch da die Setlist genau der Mammuttour in den USA entspricht sind größere Überraschungen ausgeschlossen, der Vorteil hier ist aber, dass ISIS verdammt gut eingespielt sind und sich so gut wie keine Fehler erlauben. Das beginnende Hall of the Dead beweist dies gleich eindrucksvoll, die fünf Musiker aus Los Angeles schaffen es, die Musik perfekt darzubieten, mit derselben Leidenschaft und Tiefe, wie auf dem neuen Album Wavering Radiant. Ein Glück, dass dieses Album doch noch ordentlich gezündet hat, denn mit Ausnahme vom elektronischen Interlude Wavering Radiant und Stone to Wake a Serpent wird es komplett gespielt. Auch wenn ich letzteren Song lieber hören würde, statt Ghost Key, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

 ISIS
 Zurückhaltung und Ekstase – ISIS.

Wie üblich gibt es von ISIS keine großen Gesten oder Posen zu sehen, stattdessen lassen sie die Musik auf sich und das Publikum wirken, diese organische Performance ist immer wieder mitreißend. Hier steht die Musik im Vordergrund, nicht die Musiker. Und die kann sich wieder hervorragend entfalten, Wavering Radiant ist wie im Vorfeld bereits vermutet das richtige Album um live dargeboten zu werden. Zwischen den neuen Songs, die bei einigen Fans noch keine frenetischen Reaktionen hervorrufen – wofür aber der CD-Verkauf ordentlich angekurbelt wird – stehen immer wieder alte Bekannte, wie Dulcinea von In the Absence of Truth, oder das wahnsinnig spannend aufgebaute In Fiction an, das einige im Publikum schwer zum Ausrasten bringt. Komisch eigentlich, bei diesem ruhigen Song, aber eben ein Evergreen. Bei gnadenlosem Livesound, inklusive doch zu lautem Schlagzeug gibt es kein Detail, das untergeht. Und so stimmt klanglich und durch die Darbietung alles. Auch der heute recht zottelige Aaron Turner ist mittlerweile ein toller, sicherer Sänger, selbst wenn er immer noch recht angestrengt wirkt. Um ihm herum befinden sich vier Felsen in der Brandung: Gallagher, Meyer, Caxide und Harris sind wirklich gut eingespielt und lassen Turner dezent den Vortritt. Von einer großen Rockshow ist das glücklicherweise noch immer weit entfernt.

 

Nach fünfundfünfzig Minuten ertönen die ersten Klänge des wunderschönen Hand of the Host mit seinen vielen

ISIS
Hat Wavering Radiant fast komplett im Gepäck: Gitarrist Mike Gallagher.

Facetten, das perfekt in Carry vom Überalbum Oceanic leitet, danach ist abrupt Schluss. Klar, dass hier noch eine Zugabe folgt, bei derart ohrenbetäubendem Jubel. ISIS bleiben ozeanisch und zelebrieren The Beginning and the End, bei dem alle nochmals ihr Bestes geben und für ISIS-Verhältnisse die Sau rauslassen. Jetzt werden die Fans an die frische Luft entlassen, traurig darüber, keine Shirts ergattert zu haben, da bereits im Vorfeld alles restlos ausverkauft war, traurig darüber, dass nach achtzig enorm intensiven Minuten alles schon sein Ende fand. Aber glücklich waren doch so gut wie alle, diesen tollen Auftritt erlebt zu haben. Vielleicht erhalten ISIS im Herbst, auf ihrer ausgedehnten Tour einen etwas größeren Club, damit das Atmen während des Sets leichter fällt. Vielleicht war das nicht der beste Auftritt von ISIS, den ich bisher gesehen habe, aber er war nahe dran.

Setlist ISIS:

Hall of the Dead
20 Minutes / 40 Years
Dulcinea
Threshold of Transformation
Ghost Key
In Fiction
Hand of the Host
Carry

The Beginning and the End


Fotos (c) Tatjana Braun. Viele weitere Bilder gibt es in unserer Galerie.

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