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PINK FLOYD: Ummagumma [Vinyl-Doppel-LP][Re-Release]

Das Doppelalbum "Ummagumma" ist eines dieser Packages, die einfach in jede gepflegte Rocksammlung gehört. Und das sehr gern eben endlich wieder als Doppel-LP mit richtig gut überarbeiteten Sound, zum gefühlsecht Anfassen und Anschauen.

Mein Leben mit PINK FLOYD begann mit der Doppel-LP Ummagumma, da ist die Freude natürlich gewaltig, dieses Prachtpaket im Rahmen der Re-Releases endlich wieder als Doppelalbum auf den Plattenspieler legen zu können. Ok ok, eigentlich mit der ´71 folgenden Zusammenstellung Relicts, die der große Nachbarjunge dem noch ganz kleinen WOSFrank zum Geburtstag geschenkt hatte, weil der auch als Bubi schon lieber Platten haben wollte als irgendwelche Matchboxautos oder so´n Kinderkram, den die anderen Kids sich immer wünschten. Aber eben jener große Nachbarsjunge hatte auch die Ummagumma, und der kleine WOSFrank durfte immer mit in seinem Zimmer hängen und neue Musik hören. Sollen die Freunde doch draußen Verstecken oder Cowboy & Indianer spielen.  

Dies Doppelalbum erschien 25. Oktober 1969, der Soundtrack More war gerade mal vier Monate vorher auf den Plattentellern der Fans gelandet. Die Band präsentierte sich auf einer Platte mit Livemitschnitten aus dem College of Commerce in Manchester sowie dem Mother’s Club in Cambridge. Den Auftakt macht Astronomy Domine vom Debütalbum The Piper At The Gates Of Dawn, eine hier noch spaciger klingende psychedelische Reise, die den Zuhörer sofort in den Song zieht. Wenig überraschend variiert die Band viel und verhaspelt sich mal, man fühlt sich sofort live dabei. Dann ist es Zeit, wenn ich selber an frühe PINK FLOYD denke,  dann zuerst an dieses Psychedelic-Meisterwerk: Careful With That Axe, Eugene! Bereits als Studioversion als Single-B-Seite erschienen, erreicht der Song hier seine wahre Größe. Der permanent auf dem D rumdrückende Bass zieht einen hypnotisch in die Tiefe, immer mehr Orgeln mit orientalischen Melodien, eine sich langsam aber stetig steigernde Fülle und Lautstärke, bis der Song nach drei Minuten explodiert, sich laut im eigenen Universum des Zuhörers ausbreitet, ihn mit gepresstem Gekreische und zappeligen Drums immer tiefer zieht. Gilmour begleitet sein immer voller werdendes Gitarrenspiel mit seiner Stimme, alles wird immer zappeliger und ausladender, um letztendlich zusammenzubrechen und in einem zarten Hauch von nichts zu enden. Wer Musik mit Dynamik verbindet, der hat hier ein Meisterwerk dazu! Kein Wunder, dass ich mir als Bubi dann die Relicts gewünscht hatte, auch hierauf ist Careful With That Axe, Eugene zu finden. Dann ist es Zeit für Set The Controls For The Heart Of The Sun, die Drums noch presenter als auf der Studioversion des zweiten Albums A Saucerful Of Secrets, die Melodien kommen noch orientalischer, das spacige Gewabber noch abgefahrener. Die ruhig gehaltenen Vocals, eher Sprachgesang, kommen beschwörend, da fangen mit den indisch anmutenden Orgelspielereien auch die schlecht gelauntesten Kobras an, in ihrem Korb zu tanzen. Der Titelsong des zweiten Albums kommt wieder als absolut schräge Abfahrt in Sphären fernab normaler Lieder, wirkt noch fordernder und ausladender als auf der Studioversion, hier zeigt sich wieder deutlich die Größe der beteiligten Musiker. Diese Live-Scheibe war für mich immer ein Sinnbild des Psychedelic Rock, wo die Freunde allenfalls mal Platten vom Kasperle oder die ganz harten schon on Lederstrumpf oder Winnetou hörten, verzog sich der kleine WOSFrank lieber unter seinen Kopfhörer, um eben diese Liveplatte zu hören. Aber immer ganz vorsichtig, beim Einstecken des Kopfhörers gab es oft einen Stromschlag. Dieses Live-Ding ist also schon Grund genug, eine bedingungslose Kaufempfehlung auszusprechen.

Beim Studioalbum gehen PINK FLOYD eher seltsame Wege, anstatt sich nun als gefestigte Band zu zeigen im neuen Lineup, bekommt jeder Musiker ein Viertel der LP, um seine eigenen Ideen gezielt umzusetzen. Die vierteilige Sysyphus-Suite von Mr. Wright, die sich wenig überraschend als ein schwer verdauliches, jazziges Gebilde aus Piano-Spieler- und Spinnereien und allerlei wirren Geräuschkollagen präsentiert. Die unlösbare Aufgabe des Sysyphus, einem Schlitzohr der griechischen Mythologie, der mehrmals den Tod reinlegte, zur Strafe in der Unterwelt permanent einen Fels einen Berg hinaufzurollen muss, der am Ziel angelangt immer wieder runterrollt – eben dieses Drama wird hier in Tönen greifbar dargestellt. Wahnsinn, Hoffnung, Wut, alles da, wie so oft im wahren Leben auch. Dann ist Basser Roger Waters dran, Grantchester Meadows ist eine verträumte Folkballade, mit Akustikgitarre und ruhiger Stimme macht sich Hippieflair breit, Blümchenwiese, Kleeblattkränze im Haar, Schmetterlinge und Libellen flattern ihren Hochzeitstanz, das Vogelgezwitscher ist so präsent, da schaut man erstmal, ob man wirklich zuhause unterm Kopfhörer sitzt. Sehr schön! Hier werden auch alle damals möglichen Spielereien des Stereosounds ausgespielt, was vor allem halt unter dem Kopfhörer fantastisch wirkt. Ausgespielt hat dann auch die fette Stubenfliege, die zum Schluss zwischen den Lautsprechern hin- und her brummt, bis ihr mit einem derben Klatsch mit einer Zeitung (?) das Leben ausgelöscht wird. Hinter dem Titel Several Species of Small Furry Animals Gathered Together in a Cave and Grooving with a Pict verbirgt sich eine überaus schräge Soundcollage, hat anfangs was von einer Voodoo-Zeremonie, viele Samples laufen durcheinander, kleine Erdmännchen oder so plappern herum, alles von Waters eingesprochen und durch technische Spielereien verändert. Recht witzig, aber natürlich nicht wirklich ein greifbares Musikstück.

David Gilmour liefert mit dem dreiteiligen The Narrow Way letztendlich das ab, was man von ihm erwartet. Anfangs beflügelt mit Akustikgitarre, im zweiten Teil überraschend heavy mit fuzzy Gitarre und allerlei lauten Spielereien, Part 3 wieder entspannt, hier klingt bereits alles nach den späteren PINK FLOYD. Drummer Nick Mason macht das, was er am besten kann: Schlagzeug spielen. Eingepackt in schönes, liebliches Flötenspiel seiner Ehefrau Lindy gibt es ein ausuferndes Schlagzeugsolo, natürlich auch mit allerlei Spielereien und Spinnereien, wir sind immer noch bei PINK FLOYD. Zur Mitte des Hauptparts schaut man durchaus mal nach, ob sich die Plattennadel festgesetzt hat, das klingt durchaus seltsam. Die Studioscheibe lässt einen etwas uneinig zurück, manches klingt doch zu überzogen oder sehr Kopflastig. Trotzdem lässt sich überall die Größe der Musiker auch hier erkennen. Die einzelnen Aufnahmen sind oft fordernd, aber eben auch interessant. Und Waters und Gilmour bieten uns ja sogar richtige Musik, also auch für die Studioplatte Daumen hoch!

Das Doppelalbum Ummagumma ist eines dieser Packages, die einfach in jede gepflegte Rocksammlung gehört. Und das sehr gern eben endlich wieder als Doppel-LP mit richtig gut überarbeiteten Sound, zum gefühlsecht Anfassen und Anschauen, auch wenn die Aufmachung keine nennenswerten Aufwertungen oder Überraschungen enthält.

Veröffentlichungstermin: 03.06.2016

Spielzeit: 88:11 Min.

Line-Up:
David Gilmour – Gitarre, Gesang
Roger Waters – Bass, Gesang
Richard Wright – Orgel, Piano, Melotron, Gesang
Nick Mason – Schlagzeug, Percussion

Label: Pink Floyd Records / Warner Music

Homepage: http://www.pinkfloyd.com

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/pinkfloyd

Tracklist:
LP 1 (Live-Album)
Seite A:
1. Astronomy Domine
2. Careful with That Axe, Eugene

Seite B:
1. Set the Controls for the Heart of the Sun
2. A Saucerful of Secrets
1. Something Else
2. Syncopated Pandemonium
3. Storm Signal
4. Celestial Voices

LP 2 (Studio-Album)
Seite A:
1. Sysyphus [part 1-4]
2. Grantchester Meadows
3. Several Species of Small Furry Animals Gathered Together in a Cave and Grooving with a Pict

Seite B:
1. The Narrow Way [part 1-3]
2. The Grand Vizier´s Garden Party
Part 1 (entrance)
Part 2 (entertainment)
Part 3 (exit)

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