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SLAYER: Diabolus in Musica

Mein Favorit!! (nach Reign in Blood natürlich…)

Der ungeliebte Sohn… Der vergessene Bastard. SLAYER machen jetzt so Scheiss-modernen Hardcore! Und so weiter und so fort… Die Reaktionen der Fans zur Veröffentlichung von Diabolus in Musica im Jahre 1998 waren gelinde gesagt gespalten. Eigentlich war es aber abzusehen, dass die intensive Beschäftigung mit Hardcore durch die 2 Jahre vorher erschienene, sehr gelungene Cover -CD Undisputed Attitude ihre Spuren auch im ureigenen Sound von SLAYER hinterlassen würden. Und gerade deswegen ist diese Platte zu einer meiner Lieblingsplatten der Totschläger geworden. Sie ist so schön reduziert. Seien wir mal ehrlich, Hardcore war schon immer eine der Wurzeln, des SLAYER-Sounds und ohne ihn wäre Reign in Blood nicht denkbar gewesen. Und auf Diabolus in Musica reduzieren Hannemann und King ihre Songs eben auf diese Qualitäten und so ist es die vielleicht am wenigsten metallische, aber trotzdem aggressivste SLAYER-Platte überhaupt. Und neben Reign in Blood die von mir am meisten gehörte. Vielleicht sogar DIE am meisten gehörte.
Nach dem eher noch typischen Bitter Peace geht die Platte ihren eigenen Weg ins Verderben. Die Handbremse wird nicht immer gelöst, aber die Reifen spritzen schon Blut beim Durchdrehen. Es folgt die intensivste SLAYER-Platte überhaupt.
Allein schon eines meiner persönliches Lieblingslieder Death´s Head mit simplem Riffing, Schizo-Gesang und so unglaublich viel Kraft ist ein Klassiker! Zum ersten Mal nimmt auch der Bass eine prägnante Position in den Kompositionen ein (auch wenn das sicher nicht auf TOM ARAYAS Mist gewachsen ist). Das Lied hat eine dermassen kranke Atmosphäre, dass es selbst heute irgendwie immer noch gefährlich klingt. Gefährlicher als vieles, das SLAYER danach gemacht haben. Death´s pointing at your Head/ your mind´s on the trigger pull it – Genial! Das Lied steckt so voller Explosivität, ist zum Bersten gespannt, explodiert aber nicht in den oft üblichen schnellen Solo-Part und setzt dadurch die psychopathische Atmosphäre 1:1 um. Man hat Bilder vor Augen, von einem verwahrlosten Typ, der mit einer Knarre in der Hand in einer Kakerlaken-verseuchten, abgeranzten Bude auf und ab rennt, kurz vor dem grossen Knall. Und dann wird es jede Menge Blut geben…
Diese Atmosphäre wird über die nächsten zwei, nicht minder geilen Songs Stain of Mind und Overt Enemy , die im Endeffekt Variationen oder Teile eines einzigen Songs sind, mühelos gehalten, bis zum absoluten Höhepunkt: Perversions of Pain! You better learn my name/ ´cause I´m the one insane – Noch genialer! Hier kehren dann auch schnellere Parts und typischere SLAYER-Riffs in die Kompositionen zurück, um mit dem super-sicken Refrain endlich die unheilige Ehe zu schliessen und die Bluttat zu vollbringen. Allein die Bridge zwischen Refrain und schnellem Solo-Part von KERRY KING ist unglaublich. Was PAUL BOSTAPH für eine Kraft und Aggression in sein Drumming legt ist unerreicht. Dieses Lied ist der Hammer.
Das nachfolgende Love to Hate mit fast schon verhaltenen Gitarren und dem Hardcore-Geshoute wirkt dagegen fast bieder. Ist es aber nicht. Im Prinzip müsste man vorher eine Zäsur machen, die Platte umdrehen, durchatmen und neu starten. Dann erfüllt dieser Songe eine ähnliche Funktion wie Criminally Insane auf Reign in Blood: Den neuen Aufbau der Spannung nämlich. Der wahrscheinlich ungewöhnlichste SLAYER-Song überhaupt, Desire, baut die Psycho-Atmosphäre des Dreier-Packs nach Death´s Head wieder auf, allerdings mit einer noch düstereren Note. Dieser Mann hat es schon mehrfach getan. Und es hat ihm gefallen. Was am Anfang noch in seinem Kopf hämmerte, hat den Weg nach draussen gefunden. Er hat einen neuen Gott gefunden, der im nächsten Song In the Name of God beschworen wird: Antichrist is the name of God! Im schleppenden, todbringenden Gewand von Gewalt feiert der Antichrist hier eine Messe, die eigentlich den kompletten modernen Metalcore schon vorwegnimmt, wenn auch ohne die Elchtod-Einflüsse. Das Riff zum abschliessenden Solopart von KING könnte moderner nicht sein. und ist doch schon 8 Jahre alt. Wohin eine solche Gesinnung führt zeigt Scrum. Mein persönliches Lied zur WM: No blood no glory/Head to head eye to eye/ Human pile of proven pride/ Ripping flesh spitting teeth/ Sacrifice for victory/ Base Line goal Line/ Overtime Killing time (Auch wenn es hier um potentiell langweiligen Ami-Sport geht und nicht um den von ahnungslosen Amerikanern gerne mal als Schwuchtelsport betitelten König der Sportarten. Aber trotzdem: Mit der Einstellung werden wir Weltmeister. )
Eigentlich könnte die Platte nach diesen knapp 33 Minuten durchaus enden, aber ein besonderer Nachschlag ist noch vorgesehen. Das eher durchschnittliche Sreaming from the Sky überspringen wir hier mal. Der langsam auf den Kopf niedersausende Vorschlaghammer Wicked ist da deutlich kräftiger, und ein weiterer Höhepunkt der Platte. BOSTAPH groovt wie ein Verrückter und es wird deutlich, dass alleine sein fantastisches Spiel diese Platte so gut macht. Ich habe DAVE LOMBARDO auf dieser Platte nicht vermisst. Die Gitarren schwanken zwischen stumpfem Power-Riffing und Schizo-Disharmonien und fassen so das komplette Album noch einmal zusammen. Allein das kurze Leiser-Drehen der Gitarre in der Bridge in der Mitte des Songs kann Gänsehaut und Angstschweiss zugleich auslösen. Auch diese Lied explodiert nicht, nein, es wird NOCH langsamer! Es klingt wie Beton an den Füßen, die Luft zischt in den Ohren, im freien Fall kurz vor dem Aufschlag auf die Wasseroberfläche. …Total Annihilation…
Und weil das immer noch nicht genug ist, kommt noch Point (von dem man eigentlich annehmen müsste, PAUL BOSTAPH habe es geschrieben, wegen des einmal mehr genialen Drummings, aber es ist wie die übrigens die meisten Lieder dieser Platte von JEFF HANNEMANN) und endlich kommt die typische SLAYER-Schnelligkeit zum Einsatz. Wenn auch nur kurz. Ein schneller Beweis: Das können wir auch noch. Aber das folgende, langsame aber ultra-heavy Riffgewitter zeigt: Wir wollen aber im Moment DAS! Bevor dann das fast an Raining Blood erinnernde, kurze Finale endlich die Erlösung bringt. Die Gitarren jaulen und man weiss: Ja, es ist doch noch SLAYER!
Eine ganz grosse und leider zu Unrecht etwas vergessene Platte einer Band, die sich manchmal, wenn auch nur ein ganz kleines bißchen entwickelt hat. Bitte sofort wieder entdecken!

Veröffentlichungstermin: 1998

Spielzeit: 46.27 Min.

Line-Up:
Tom Araya – Vocals, Bass
Jeff Hannemann – guitars
Kerry King – Guitars
Paul Bostaph – Drums

Produziert von Rick Rubin
Label: Columbia /American

Homepage: http://www.slayer.net

Tracklist:
1. Bitter Peace
2. Death´s Head
3. Stain of Mind
4. Overt Enemy
5. Perversions of Pain
6. Love to Hate
7. Desire
8. In the name of God
9. Scrum
10.Screaming from the Sky
11.Wicked
12. Point

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