MONO und VERSTÄRKER am 9. April 2009 im Feierwerk, München

90 Minuten lang perfektionieren MONO das Klangfeld der Laut-Leise-Dynamik und erklimmen den Mount Everest der Lautstärke.

Irre, wie viele Leute MONO inzwischen folgen. Von Konzert zu Konzert scheinen immer fünfzig neue Fans dazu zu kommen. Es ist aber auch der Ruf, der den Japanern mittlerweile vorauseilt, denn in Sachen Postrock und Instrumentalrock gibt es keine intensivere Liveband, auf gar keinen Fall. Nun war der Veranstalter ein wenig besorgt, dass heute vielleicht weniger los sein könnte, Osterwochenende und so weiter. Aber die 16 € wurden im Endeffekt dann doch von 300 Leuten gezahlt, die sich allesamt wegblasen lassen wollten.

Zunächst sind aber VERSTÄRKER an der Reihe, deren erste Songs ich leider verpasse. Was danach kommt, ist verspielter, harmonischer und stellenweise auch dissonanter Postrock, mit Indievocals, als hätten sich MOGWAI, RADIOHEAD und MANDO DIAO zusammen getan. Das klingt alles recht deutsch und ist auch oft überraschungsarm. Aber dennoch, VERSTÄRKER sind sympathische junge Musiker, die ihren Weg recht eigenwillig gehen und sich nicht um Oberflächlichkeiten kümmern. Sympathisch sind sie im Auftreten, ebenso sind ihre Arrangements, und ihr Material. Vor allem eine makellose Darbietung und hohe Spielfreude zeichnet Gitarrist Bartl aus. Auch ist es beeindruckend, wie sauber Drummer Wolfi spielt. Das Songmaterial an sich gerät trotz der Sympathie und kreativen Soundscapes teilweise zu lange, so dass es doch nach 45 Minuten deutlich reicht und nun die Vorfreude auf MONO enorm hoch ist.

Es dauert fast eine dreiviertel Stunde, bis MONO schließlich die Bühne erklimmen und es im Publikum still wird. Die vier Japaner, deren Präsenz allein mehr zählt, als großes Stageacting und deren Gesicht man minutenlang nicht sieht. Aber soweit sind wir noch nicht. Bassistin Tamaki steht in der Mitte der Bühne, die Gitarristen Taka und Yoda sitzen, um die Flut an Effektgeräte zu bedienen, fast das ganze Konzert über auf ihren Stühlen und vor einem riesigen Gong sitzt Schlagzeuger Yasunori, neben ihm ein Xylophon. Diese unorthodoxe Anordnung ist typisch MONO und eigentlich Gift für eine Band, die Aufmerksamkeit will, aber die vier Japaner erhalten diese Aufmerksamkeit durch ihre Musik. Das Quartett aus Tokio beginnt leise mit dem Opener Ashes in the Snow des neuen Albums Hymn to the Immortal Wind, und steigert sich zum ersten Mal ins Unermessliche. 90 Minuten lang perfektionieren MONO das Klangfeld der Laut-Leise-Dynamik und erklimmen den Mount Everest der Lautstärke. Teilweise sind sie so leise, dass man eine Stecknadel fallen lassen kann und dann zerfetzt es wieder das Trommelfell. Das schöne daran ist, dass außer ein paar Quatschtanten wirklich alle im Publikum still sind und wie gebannt auf die Bühne blicken, auf der man nur Bassistin Tamaki sieht. Und wenn irgendwo im Publikum eine Flasche umfällt, schauen alle verärgert in diese Richtung. Faszinierend.

MONO spielen sich fast komplett durch ihr neues, wundervolles Werk Hymn to the Immortal Wind und hauen vor allem mit Burial at Sea und The Battle to Heaven dermaßen rein, dass viele Zuschauer vollkommen in Trance geraten. Die vier Japaner blicken außerdem zweimal in die Vergangenheit, einmal mit dem Übersong Yearning von You Are There und auch Halyon (Beautiful Days) ihres dritten Albums. Allein beim Gedanken daran kommt der Tinnitus schon wieder, bei Konzerten von MONO ist Gehörschutz wirklich Pflicht. Die neunzig Minuten Spielzeit gehen beim Publikum an die Substanz, der Band scheint es fast nichts auszumachen, so intensiv und wild ihre Musik darzubieten. Die Gitarristen fallen oftmals fast vom Stuhl, zerlegen ihre Gitarren nahezu, erschaffen die teils zarte Soundwand ihrer Alben nun ausschließlich mit ihren Gitarren, Bass, Drums und Klavier, nur an wenigen Stellen kommen ein paar Streicher vom Band, dort wo es eben unumgänglich ist. Ansonsten schaffen MONO es geradezu spielerisch ihre Musik auf puren, heftig lärmenden Rock umzuarbeiten. Die Poesie der Musik geht dabei nicht verloren, wirkt nur ungeschliffener und grimmiger. Bei wenigen Bands gibt es einen größeren Unterschied zwischen Platte und Auftritt. Und noch seltener brillieren diese Bands in beiden Situationen gleichermaßen. Pünktlich um 23:45 Uhr hinterlassen MONO ein erschöpftes, aber überglückliches Publikum, das beim nächsten Mal ganz sicher wieder mit dabei ist.

Setlist MONO:
Ashes in the Snow
Burial At Sea
Follow the Map
Pure as Snow (Trails of the Winter Storm)
Yearning
The Battle to Heaven
Halcyon (Beautiful Days)
Everlasting Light

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