Pünktlich um halb neun startete der Saunabetrieb im SCHWARZEN KEILER mit dem Einheizer PHANTOM CORPORATION, die den Kellerclub nach nur zwei Songs zur Schwitzkammer machen konnten. Die Krawallbrüder um Sänger Leif Jensen (ex-DEW-SCENTED), Bassist Ulf Imwiehe (SLAUGHTERDAY) und Gitarrist Arne Berents (ex-WEAK ASIDE) hatten zur Verstärkung Gitarrist Marc Bräutigam und Schlagzeuger Jerome Reil (beide auch bei THE VERY END aktiv) mit dabei. Und kein Mensch merkte, dass die beiden nur ganz kurz vor der Tour mit den anderen geprobt hatten, wie Leif nach dem Konzert berichtete. Jerome Reil (ja, der Nachnamen kommt dir zu Recht bekannt vor!) spielt halt mit Notenständer, was beweist, dass auch die crustpunkig-schmutzigen Thrash-Death-Songs von PHANTOM CORPERATION offenbar gewissen Regeln folgen. Oder anders ausgedrückt: Hier gab ordentlich was auf die Rübe, und zwar immer auf dieselbe Stelle.
Was drückte mehr, die Songs oder der Sound? Einigen wir uns auf Unentschieden!
Beim PHANTOM CORPORATION-Konzert in Nürnberg im März 2024 trübte der matschige Sound das wilde Vergnügen, in Stuttgart pegelte der Mischer alles wunderbar auf 11, ganz kurz vor dem roten Bereich ein. Der Druck, der in den Songs steckt, war in der ersten Reihe körperlich zu spüren, die Membranen der Bassboxen haben PHANTOM CORPORATION auf jeden Fall frei gepustet. Die Band hatte Bock, das Publikum auch. Sänger Leif freute sich über jeden Anwesenden im ganz gut gefüllten Club, kommentiert auch mal ein Bandshirt und freute sich etwas verwundert, wie viel Bewegung da vor der Bühne war: „Wo der Altersdurchschnitt hier schon bei 55 Jahren liegen dürfte“, meinte er mit breitem Grinsen. Seine Aufforderung zum Circlepit, einer Wall Of Death (oder auch Wall Of Life) wurde ignoriert. Man war sich einig, dass man dererlei Umtriebe in dem kleinen Raum vor der Bühne nicht unbedingt ausprobieren müsse. Die Stimmung war trotzdem bestens, Bewegung war genug im Publikum und ein bisschen Steigerung musste man sich ja auch für den Headliner KNIFE aufheben.
Fuck Off Nazi-Punks: KNIFE & PHANTOM CORPORATION zeigen Haltung
Mit „Dead Inside“, „Vortex Of Torment“, “Alongside Hell”, “Gridlock”, “Spiritual Arsonists” und “No Tomorrow” stammte gerade mal die Hälfte der Setlist vom aktuellen Album „Fallout“. „Voll geil, wie ihr abgeht Stuttgart – und das, obwohl viele unserer Songs nicht so bekannt sein dürften, weil wir sie auf Single und EPs verteilt haben“, rief Leif ins Publikum, inzwischen ebenso nassgeschwitzt wie alle anderen. Neben all der guten Energie und dem freundlichen Geschubse vor der Bühne gab es auch ernste Töne: Die Ansage zu „Spiritual Arsonists“ verband Leif mit einer klaren Positionierung: Für Demokratie und gegen rechte Umtriebe, gegen Trittbrettfahrer, gegen die AfD. Übrigens auch KNIFE bekennen sich hier eindeutig und riefen „Fuck Nazi Punks“. Ich schätze das von beiden Bands sehr, denn für meinen Geschmack werden inzwischen viel zu viel fragwürdige Aussagen und Haltungen von Bands, Musikern und Fans einfach toleriert – oder mit dem fadenscheinigen Argument, man müsse Künstler und Werk trennen, beiseitegeschoben. Doch zurück zum schönen Teil des Abends: Auf „Spiritual Arsonists“ – mit „Gridlock“ übrigens mein Highlight des Abends – gabs nochmal zweimal fettes Geballere am Stück mit zwei weiteren Songs (“No Tomorrow” und “Distress”)
PHANTOM CORPORATION haben auf voller Linie überzeugt, das zeigte auch die lange Schlange am Merch in der Umbaupause. Buttons gab es als geschenkt, dazu faire Preise und (endlich mal gut geschnittene) Girlies und Shirts zu fairen Konditionen. Nach Nürnberg und Stuttgart gerne noch ein drittes Mal – und auf das kommende Album freue ich mich auch.
Bildergallery: PHANTOM CORPORATION
“Take me out Tonight”: Von KNIFE lassen wir uns sehr, sehr gerne ausführen!
Einmal durchlüften in der Umbaupause, das kann man im Schwarzen Keiler wörtlich nehmen. Der Wohlfühl-Club hat nämlich eine leistungsstarke Lüftungsanlage und die Frischlust auf den Deckenausläßen war willkommen und nötig. Denn KNIFE warfen nochmal Kohle ins Feuer, es wurde noch heißer. Das lag unter anderem auch daran, dass die praktisch schon vor Konzertbeginn gut angeschwitzte Band mit „Inside The Electric Church“ und seinem unwiderstehlichen Mitgröh-Refrain gleich zu Beginn des Sets weiter anheizte. Als Gegenfeuer antwortetet das Publikum aus vielen Kehlen “Take my out, take me out!“ Tonight!“
Die 3 Tugenden eines guten Frontmans – Vince Nihil kennt sie
Vince Nihil ist auf der Bühne grandios und vereint die drei großen Tugenden der Frontmänner: Augen- und gerne auch Körperkontakt zum Publikum, große, ganz große Posen und bloß keine Angst vor Blessuren. Wer so agiert, darf mit Recht „I Am The Priest“ schreien und sich sicher sein, dass er mehr und mehr Jüngerinnen und Jünger um sich scharen wird. Wie zum Beispiel Leif von PHANTOM CORPORATION und Gerrit Mutz (SACRED STEEL, DAWN OF WINTER), die zum Mitsingen auf die Bühne aufgerufen wurden. Letzter wollte erst nicht so recht, aber schließlich wurde der DESASTER-Song „Metalized Blood“ doch noch zur mehrstimmigen Darbietung und der Song wurde fast in der Studioversion der “Live Leather Hounds”-EP dargeboten, wo Mutz ebenfalls zu hören ist.
KNIFE gehören auf die kleine Club-Bühne, so ganz dicht dran am Publikum, wo sich Schweißtropfen in der Luft treffen, wo man mit Wildfremden plötzlich eine eng zusammenstehende Gemeinschaft bildet. Die Setlist von KNIFE war bunt gemischt. Wie auch PHANTOM CORPORATION setzte die Band nicht nur auf Songs des aktuellen Album „Heaven Into Dust“ und der EP „Live Leather Hounds“, sondern lockere die Setlist mit älteren Songs auf. Und das bereits erwähnte „Inside The Electric Church“ darf ohnehin nicht fehlen. Mit der Buchstabierübung „K.N.I.F.E.“ endet ein wunderbarer Abend, an dem einfach alles passte.
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