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PERSUADER: Wider der Gleichförmigkeit

Gitarrist Emil Norberg sprach ausführlich über die musikalische Entwicklung der Band hin zum aktuellen Album When Eden Burns. Dank des zügigen Antworttempos blieb außerdem noch Zeit für einen Streifzug durch die Bandgeschichte.

Während Deutschland bei der Fußball-WM einen mühsamen 1:0-Sieg gegen Polen erkämpfte, telefonierte ich mit Emil Norberg aus Nordschweden. Der PERSUADER-Gitarrist, der außerdem bei SAVAGE CIRCUS aktiv ist, sprach ausführlich über die musikalische Entwicklung der Band hin zum aktuellen Album “When Eden Burns“. Dank Emils zügigem Antworttempo blieb außerdem noch Zeit für einen Streifzug durch die Bandgeschichte.

When Eden Burns” besticht durch eine gelungene Mischung aus Härte und Melodie. War es schwer die richtige Balance zu finden?

Es ist ziemlich natürlich für uns. Wir mögen viele Thrash-Bands im Stil von THE HAUNTED, aber wir bemühen uns, die Musik gleichzeitig melodisch zu gestalten. Als wir die Songs schrieben, versuchten wir einfach, diese beiden Aspekte so gut wie möglich einzubauen. Es liegt an der Art, wie wir das Songwriting seit der letzten Platte betreiben. Ich glaube, es funktioniert sehr gut so.

Gab es eine konzentrierte Songwriting-Phase oder habt ihr einfach nach “Evolution Purgatory” angefangen, neues Material zu sammeln?

Wir haben eigentlich direkt nach der Veröffentlichung des letzten Albums mit den Aufnahmen begonnen und allerlei verschiedene Sachen ausprobiert. Wir haben lange an den Riffs und den Übergängen gefeilt, damit die Lieder abwechslungsreicher klingen. Wir haben also ziemlich lange an den Songs geschrieben.

Was entsteht bei einem neuen Song in der Regel zuerst?

Zuerst ist es sehr einfach sich ein Intro und die ersten Riffs auszudenken, ungefähr bis zum ersten Chorus. Danach wird die Sache wesentlich kniffliger, wenn man den Song auf eine interessante Weise weiterführen will. Der Anfang ist sicherlich der einfachste Teil eines Songs.

PERSUADER Interview 2006
“Wir haben eine Deadline von der Plattenfirma. Gäbe es die nicht, würden wir wohl ewig an den Songs arbeiten.” (Emil Norberg, 2.v.l.)

Wie lange dauert es, bis die Endversion eines Stücks steht?

Wir haben eine Deadline von der Plattenfirma. Gäbe es die nicht, würden wir wohl ewig an den Songs arbeiten. Ich finde es interessant, neue Sachen an einzelnen Stellen im Lied auszutesten und Details zu verändern. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir eine Deadline oder ein gebuchtes Studio haben, um darauf hinzuarbeiten. Man muss dann einfach irgendwann fertig sein.

Ihr habt Teile des Albums in Eigenregie daheim aufgenommen. Bestand da nicht die Gefahr, sich in Kleinigkeiten zu verlieren?

Wir nahmen die Gitarren, den Bass und die Keyboards bei mir zu Hause auf. Wenn man da alleine sitzt und spielt, kann man schon den Faden verlieren. Manchmal läuft es richtig gut und manchmal braucht man jemand, der einem sagt, ob es gelungen oder beschissen klingt. Es kann sowohl Fluch als auch Segen sein. Man hat jedenfalls viel Zeit, um die Lieder zu überdenken und kleine Veränderungen vorzunehmen. Es ist weniger stressig, wenn man bei sich zu Hause aufnimmt. Und am besten ist, dass es nichts kostet!

Waren dann überhaupt Außenstehende an der Produktion beteiligt?

Bei den Gitarren und allem, was wir daheim aufgenommen haben, gab es nur uns. Das Schlagzeug haben wir in einem örtlichen Studio aufgenommen und den Gesang haben wir mit Piet (Sielck) gemacht. Anschließend haben wir alles in einem Studio hier in Umeå synchronisiert und abgemischt. Da konnten wir auch noch Feinschliff betreiben, zu Hause Sachen ausbessern und die neuen Teile dann ins Studio schicken.

Wie weit hatten Lob und Tadel für “Evolution Purgatory” einen Einfluss auf die Entstehung von “When Eden Burns“?

Ich weiß nicht genau. Nicht zu viel, hoffe ich. Vielleicht haben manche Sachen unterbewusst die Aufnahmen beeinflusst. Aber wir haben ein ziemlich klare Vorstellung davon, wie wir klingen wollen. Daher denke ich, dass das Feedback keinen so großen Einfluss hatte.

Wie stark musstest du dein Songwriting dem Stil der Band anpassen, als du bei PERSUADER eingestiegen bist?

Das gefällt mir am meisten an der Band: Wir schreiben Sachen, die nicht allzu ähnlich klingen. Efraim (Juntunen, Gitarre) schreibt viele Songs mit brutalen Riffs. Das unterscheidet sich stark meinem Schreibstil. Jens (Carlsson, Gesang) hat auch einige Riffs beigesteuert, die sich ebenfalls von meinem Stil unterscheiden. Wenn wir das alles miteinander verbinden, erhalten wir eine coole Mischung für ein Album.

Kannst du ein Beispiel für typische Emil- bzw. Efraim-Riffs nennen?

Natürlich, “Judas Immortal” ist typisch für Efraims Stil. Er hat den Großteil des Songs geschrieben. Er enthält eher schnellere Parts und klingt teilweise schon fast nach Black Metal. “R.S-Knights” ist dagegen hauptsächlich mein Lied.

Worin unterscheidet sich das Gitarrenspiel eures neuen Gitarristen Daniel Sundbom von deinem?

Daniel ist ein alter Freund von uns. Wir haben bereits in anderen Bands zusammen gespielt. Wir hatten schon seit längerem darüber geredet und ihn letzten Sommer schließlich angesprochen. Er war richtig scharf darauf, in die Band einzusteigen. Da wir ihn schon lange kannten, war er die erste Wahl. Stilistisch ist er eher ein Death Metal-Gitarrist. Was er schreibt, geht in diese Richtung. Deswegen bin ich schon gespannt auf das Songwriting und die Aufnahmen für das nächste Album, das hoffentlich noch cooler werden wird.

Trefft ihr euch bzw. probt ihr noch regelmäßig oder seid ihr eine von den Bands geworden, die nur noch vor Aufnahmen und Konzerten zusammentrifft?

Natürlich sehen wir uns regelmäßig und proben hin und wieder. Wir leben in der selben Stadt und sehen uns folglich fast jedes Wochenende.

Kommt es innerhalb der Band bisweilen zu Streitereien?

In dieser Hinsicht waren wir bislang sehr entspannt. Wir haben immer reichlich Spaß, wenn wir uns treffen, besuchen gerne Partys oder ziehen einfach durch die Stadt. Von Problemen keine Spur!

Worüber würdet ihr Texte schreiben, wenn es weder Religionen noch christlichen Wortschatz gäbe?

Efraim schreibt die meisten Texte. Er interessiert sich für solche Sachen. Zusammen mit Jens kümmert er sich um die Gesangslinien. Deshalb habe ich keinen so guten Einblick in die Inhalte der Texte. Oft handeln sie aber auch von alltäglichen Begebenheiten, die mit coolen Worten erzählt werden. Es sind keine allzu tiefgründigen Sachen.

Wie weit im Voraus könnt ihr die Karriere von PERSUADER planen?

Das ist eine harte Frage. In erster Linie macht uns das, was wir machen, Spaß. Es gibt keine richtigen Pläne. Einfach weiter Alben aufnehmen und öfters mal live auftreten – das sind die einzigen Pläne. Es gibt keine großen Verschwörungspläne.

PERSUADER Interview 2006
PERSUADER 2006: Efraim Juntunen, Jens Carlsson, Fredrik Hedström, Emil Norberg, Daniel Sundbom. “Wir haben immer reichlich Spaß, wenn wir uns treffen, besuchen gerne Partys oder ziehen einfach durch die Stadt. Von Problemen keine Spur!” (Emil Norberg)

Wenn PERSUADER ein Auto wären, was für eine Marke wärt ihr?

Diesbezüglich gibt es innerhalb der Band wahrscheinlich unterschiedliche Ansichten. Jens würde sagen, wir sind ein Mercedes. Ich persönlich würde einen französischen Wagen nehmen, einen Peugeot.

Hat die SAVAGE CIRCUS-Produktion letztes Jahr die PERSUADER-Arbeiten verzögert oder wolltet ihr ohnehin eine Pause einlegen?

Es hat alles ein bisschen verzögert, aber nicht arg. Wir haben das Material parallel geschrieben. Wegen der Aufnahmen und dem Mix in Deutschland sowie der anschließenden Promotion mussten wir eine kleinere Auszeit von PERSUADER nehmen. Aber während wir weg waren, konnten die anderen Jungs weiterarbeiten. Man will natürlich auch nicht, dass beide Scheiben gleichzeitig erscheinen, so dass wir mit Veröffentlichung des PERSUADER-Albums stark sechs Monate gewartet haben.

Welche der beiden Bands ist erfolgreicher?

Momentan ist es SAVAGE CIRCUS, aber wir werden versuchen, das zu ändern! Vielleicht haben wir ja irgendwann mal zwei megaerfolgreiche Bands. Wir hoffen es zumindest.

Wie beurteilst du “Evolution Purgatory” aus heutiger Sicht? Nach dem, was du bereits gesagt hast, würdest du jetzt wahrscheinlich alles anders machen.

Hätten wir die Möglichkeit, es so aufzunehmen wie “When Eden Burns“, würde es sicherlich ganz anders klingen. Aber was getan wurde, wurde getan. Es kann nicht mehr geändert werden.

Du kannst also damit leben, dass es immer eine Deadline gibt?

Meistens schon. Man muss das Album schließlich irgendwann veröffentlichen. Zwei Jahre Abstand sind für meinen Geschmack bereits fast schon zu viel. Wir werden uns dementsprechend mit dem nächsten Album beeilen.

2005 erschien immerhin noch “Dreamland Manor“.

Das stimmt. Aber in der PERSUADER-Zeitrechnung hatten wir erst vier Jahre zwischen dem ersten und dem zweiten Album, dann zwei Jahre zwischen dem zweiten und dem neuen Album. Wer weiß, ein weiteres Album im nächsten Herbst wäre cool.

Du meinst, ihr könnt unter optimalen Bedingungen innerhalb von einem halben Jahr ein neues Album produzieren?

Wenn wir uns anstrengen. Aber wenn ich es recht bedenke, müssen wir auch noch ein neues SAVAGE CIRCUS-Alben machen. Es könnte also schwierig werden. Wir geben auf alle Fälle unser Bestes!

Hast du schon überlegt mit dem Schlafen aufzuhören?

Ich habe es bereits ein paar mal versucht, aber man schreibt keine so guten Riffs, wenn man zu müde ist.

PERSUADER Interview 2006
“Einfach weiter Alben aufnehmen und öfters mal live auftreten – das sind die einzigen Pläne.” (Emil entschlüsselt den PERSUADER-Code.)

Wart ihr bei “When Eden Burns” versucht, wie zuvor mit “Fire At Will” einen Song vom Vorgängeralbum neu aufzunehmen?

Natürlich. Wir sind mit dem Sound von “Evolution Purgatory” nicht allzu glücklich. Aber wir fanden, dass wir die Vergangenheit in Ruhe lassen sollten, mehr oder weniger. Wenn wir die älteren Lieder live spielen, haben sie sicherlich einen anderen Klang. Es war für mich das erste Album und wir hatten nicht sonderlich viel Zeit; drei, vier Wochen für die Aufnahmen und vier, fünf Tage für den Mix.

Wie viele Songs habt ihr geschrieben, die es nicht aufs Album schafften?

Wir hatten keine zusätzlichen Stücke. Wir gehen nicht so vor, dass wir 20 Lieder schreiben und die besten auswählen. Wir schreiben von Anfang an nur die guten! Es gab natürlich einzelne Riffs, die wir nicht verwendet haben, die vielleicht in Zukunft verwertet werden.

Als PERSUADER ihr erstes Demo veröffentlichten, warst du noch nicht in der Band. Hast du die Band damals bereits gekannt? Umeå ist immerhin nicht so groß wie New York.

Ich habe Jens auf der Highschool kennengelernt, als wir etwa 17, 18 Jahre alt waren. Wir haben bei der Abschlussfeier zusammen ein paar Songs in der Aula gespielt. Nach einiger Zeit war Pekka (Kiviaho, Gitarre) nicht mehr in der Band, die zu diesem Zeitpunkt mehr oder weniger auf Eis lag. Schließlich beschlossen sie weiterzumachen und riefen mich an. Ich besuchte sie und wir probten zusammen. Es klappte ausgesprochen gut. So begann das alles für mich.

War Jens schon immer eindeutig der Frontmann und Sänger oder entwickelte sich das wie bei so vielen Metal-Bands erst mit der Zeit?

Meines Wissens war es so. Wir nahmen 1996 ein paar Sachen zusammen mit Daniel auf. Dabei merkten wir, was für eine coole Heavy Metal-Stimme Jens hat. Ich weiß nicht genau, was passierte, als sie dann die Band gründeten. Ich finde, er klingt auf dem ersten Demo sehr natürlich.

Ich mag den rauen Sound des Demos lieber als die glatte Produktion von “The Hunter“. Was meinst du?

Der Sound auf dem Demo war nicht sonderlich gut. Man kann es ja auf der Wiederveröffentlichung hören. Wir haben in der Zwischenzeit viel dazugelernt. Ich denke, der Sound auf “The Hunter” ist ziemlich gut. Es ist zumindest nicht der typische Power Metal-Sound.

Dann bist du bekanntlich in die Band eingestiegen. Ihr habt neues Material geschrieben, darunter Perlen wie “Sanity Soiled” und “Strike Down”. Was wäre damit passiert, wenn ihr nicht den Studioaufenthalt mit Piet Sielck beim Young Metal Gods-Wettbewerb gewonnen hättet?

Wir hatten bereits angefangen, Adressen von Metal-Labels zu sammeln. 20 Päckchen waren bereits versandfertig, als Jens in einem schwedischen Rock-Magazin von dem Wettbewerb las. Wir dachten uns, was soll’s? Schicken wir zuerst ein Päckchen dorthin und schauen, was passiert. Es lief ziemlich gut und wir mussten die 20 Sendungen nicht mehr verschicken.

Was war für dich das Highlight dieser Zeit?

Mit einem Sinfonieorchester zusammen aufzutreten war ein großes Highlight! Es ist toll, die Lieder für das Orchester arrangiert zu bekommen und dann vor ihm auf der Bühne zu stehen und seine geballte Kraft zu spüren. Das war wirklich großartig, zumal beide Abende ausverkauft waren.

War das ein exklusives Ereignis oder habt ihr die Auftritte aufgenommen?

Wir haben es auf DVD, aufgenommen mit fünf oder sechs Kameras. Es wurde also gut dokumentiert.

Besteht also Hoffnung, dass das irgendwann veröffentlicht wird?

Es ist nicht billig, die Rechte daran zu erwerben, da das gesamte Orchester beteiligt ist. Ich kenne die Lage nicht genau, aber ich schätze, es würde einiges kosten. Vielleicht in Zukunft, wenn wir reich und berühmt sind.

Was machst du, wenn du den Geburtstag eines Freunds vergessen hast und es ein paar Tage später merkst?

Ich würde vermutlich überhaupt nicht merken, dass ich was vergessen habe. Solche Sachen kann ich mir nicht sonderlich gut behalten. Es hängt davon ab, wer es ist. Vielleicht spendiere ich zum Ausgleich ein Bier oder schenke ein Auto. (lacht)

Was ist, wenn es ein Bandmitglied ist?

Ach, das ist egal. Wir vergessen ständig die Geburtstage der anderen.

Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?

Sicher. Warum nicht?

Glaubst du an Hass auf den ersten Blick?

Nein. Vielleicht glaube ich an Hässlichkeit auf den ersten Blick!

Bilder: Olle Carlsson / Plattenfirma

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