MONO: Ich will einen großen Chor!

Nicht nur, dass MONO quasi ununterbrochen gigantisch lange Tourneen runterreißen, auch ihre Alben sind jedes mal wieder ein Hochgenuss für Freunde von Postrock und Instrumentalrock. Dabei gehen MONO ihren ganz eigenen Weg, mit dem Einsatz von Streichern gelingt den vier Musikern aus Tokio ein ums andere Mal ein gigantisches Hörerlebnis. Dieser Film im Kopf wurde jüngst mit dem fünften Album "Hymn to the Immortal Wind" perfektioniert. Vor dem Konzert im Münchner Feierwerk steht der typisch japanisch-freundliche und gut gelaunte Songwriter und Gitarrist Takaakira "Taka" Goto Rede und Antwort und gibt einen Einblick in einen erstaunlichen kreativen Prozess, was schief gelaufen ist, und was hoffentlich noch realisiert werden wird.

Nicht nur, dass MONO quasi ununterbrochen gigantisch lange Tourneen runterreißen, auch ihre Alben sind jedes mal wieder ein Hochgenuss für Freunde von Postrock und Instrumentalrock. Dabei gehen MONO ihren ganz eigenen Weg, mit dem Einsatz von Streichern gelingt den vier Musikern aus Tokio ein ums andere Mal ein gigantisches Hörerlebnis. Dieser Film im Kopf wurde jüngst mit dem fünften Album Hymn to the Immortal Wind perfektioniert. Vor dem Konzert im Münchner Feierwerk steht der typisch für Japaner freundliche und gut gelaunte Songwriter und Gitarrist Takaakira Taka Goto Rede und Antwort und gibt einen Einblick in einen erstaunlichen kreativen Prozess, was schief gelaufen ist, und was hoffentlich noch realisiert werden wird.

 

Hallo Taka, euer fünftes Album Hymn to the Immortal Wind ist wundervoll. Und wieder ein Konzeptalbum.

Meine Ausgangsidee war es, die Songs zu schreiben, wie eine Symphonie Nr. 9, mit einem großen Chor, aber das hat nicht geklappt. Ich habe Demos gemacht mit einem Chor, aber es klang nicht gut. Der Grundgedanke blieb jedoch, wir wollten klingen wie in einem Film, epischer, mit mehr klassischen Elementen und dabei auch mehr Noise einbringen. Es gibt heutzutage so viele Postrock-Bands, und wir wollen einfach unseren eigenen Weg gehen und uns liegen einfach klassischen Orchesterelemente.

Das hebt euch auch von den meisten Bands des Genres deutlich ab.

Ja, aber das ist nicht der Grund, warum wir unsere Musik so spielen.

Du sagtest eben, du hast Hymn to the Immortal Wind darauf angelegt, dass es wie ein Film klingt und das ist absolut gelungen. Wenn das Album mit Ashes in the Snow beginnt, klingt es so als würden die Credits vor einem Film losgehen.

Das klingt wundervoll, danke. Wie gesagt, ich wollte einen großen Chor in der Musik haben, aber Ende 2007 habe ich ein Mädchen getroffen, die ein Skript geschrieben hatte, das sie mir gab. Das war ein Drehbuch und jede Szene hat mich sehr beeindruckt. Ich versuchte anhand davon die Musik mit dem Chor zu schreiben, als Basis dafür. Als ich noch mal neu mit der Musik begann, schickte ich ihr die ersten drei Songs als Demos, und bat sie, eine neue Geschichte zu schreiben. Sie schickte mir die Geschichte und ich habe mit dem Songwriting weitergemacht. Und so ging es dann weiter. Das lässt es sehr filmisch wirken.

Die Autorin der Geschichte heißt Heeya So, und ich habe ein wenig über sie recherchiert, sie ist aus den USA.

Ja, und sie ist Halbkoreanerin. Sie hat ihre Geschichte wie einen Traum angelegt. Und ich erinnere mich gerade, dass unsere erste Idee bezüglich Hymn to the Immortal Wind war, dunkler und heavier zu werden. Nun, eines Tages, nach einem Konzert hier in Europa hatten wir bandintern eine Diskussion über unsere Atmosphäre. Wir haben über die Wünsche für das nächste Album gesprochen. Wir wollten auch Songs schreiben, die von den Menschen sogar Morgens gehört werden können. (lacht)

Meine beiden Lieblingssongs auf dem Album sind Burial at Sea…

Oh, das ist ziemlich dunkel. (lacht)

Absolut. Und auch The Battle to Heaven liebe ich. Auch nicht gerade ein fröhliches Stück. Aber beide Songs sind wirklich sehr spannend und gehen tief unter die Haut.

Vielen Dank. Weißt du, das Leben ist wie eine Münze und wir verbinden beide Seiten. Es ist eben wie in einem Film. Es gibt auch schöne Seite, wie in Follow the Map.

Für mich als europäischen Hörer…

Findest du, wir klingen sehr japanisch?

Ich finde, es klingt zumindest nicht europäisch, auch wenn ihr die klassischen Instrumente mit klar europäischem Einfluss verwendet.

Wirklich? Wow.

Ich weiß ja nicht, was du von dem japanischen Schriftsteller Haruki Murakami hältst.

Da haben mich schon einige Leute gefragt. Ich kenne aber kein Buch von ihm. Meine favorisierten Künstler sind immer noch Beethoven und Ennio Morricone. Und die sind ja Europäer.

Aber all die surrealen und poetischen Momente in eurer Musik, das erinnert mich sehr an Bücher wie Mister Aufziehvogel.

Das ist schön, aber das muss ein Zufall sein.

Auch wenn es um den Vergleich von eurer Musik zu Filmen geht, finde ich euch klar fernöstlich geprägt. Da ist eine ähnlich starke Sprache enthalten wie bei Park Chan Wok.

Weniger Park Chan Wok, aber mehr Kim Ki-duk. Er ist einfach unglaublich, ziemlich verrückt.

 MONO
Irgendwann will ich eine eigene Symphonie Nr. 9 schreiben, das ist mein Traum. Taka (rechts) ist mittlerweile ein selbstbewusster Songschreiber.

Zweimal daneben, Mist. Nun zurück zur Story von Hymn to the Immortal Wind. Die ist im Booklet wundervoll illustriert von dem US-Grafiker Esteban Rey. Die Bilder fassen die Geschichte sehr gut zusammen.

Weißt du, manchmal ist Musik einfach nur Musik. Ich denke beim Schreiben unserer Alben immer an Filme. Es dauert so lange bis ein Film vollendet ist, da gehören so viele Komponenten dazu und am Ende ist es doch oft das Gleiche und langweilig. Ich will mit der Musik ein Buch oder einen Film beschreiben. Vor allem wenn es sich um mentale Musik dreht. Die Hörer können sich außerdem in der Musik verlieren und ihre eigene Interpretation anstellen. Ich wollte, dass sich unsere Vorstellungskraft mehr mit dieser der Hörer deckt, eben durch die Story und natürlich auch das Artwork. Dadurch wird es viel tiefer.

Trotzdem habe ich beim ersten konzentrierten Hören sehr private Gedanken über den Tod eines geliebten Menschen zu der Musik auf Hymn to the Immortal Wind gehabt. Und es hat mich sehr getröstet.

Das klingt wunderschön. Passenderweise geht es in der Geschichte ja auch genau darum. Auch wenn es die Leute nicht sehen können oder daran glauben wollen, ich bin überzeugt, dass es so etwas wie Wunder tatsächlich gibt. Es war das Gleiche, als wir die Kollaboration mit Heeya begonnen haben, da sie die gleiche Vision wie ich hatte. Wir sind auch keine wirklichen Musiker, es geht uns darum, unsere Vorstellung umzusetzen. Das zu schaffen, ist auch eine Art Wunder.

Du schreibst also die Musik aus dem Bauch, nicht anhand von theoretischen Kenntnissen.

Absolut. Als wir zum ersten Mal in den USA auf Tour waren, das war 2000 oder 2001, da kannte noch niemand MONO. Wir spielten in wirklich kleinen Clubs, die Leute saßen an der Bar und redeten, da mussten wir zu einer sehr starken, lauten Rockband werden, die sich die Aufmerksamkeit holt. Es gab keine Mikrofone, keine Anlage, nichts. Also mussten wir lärmen und die Gitarren zertrümmern, um irgendeinen Eindruck zu hinterlassen. Aber die Leute interessierten sich für uns mehr und mehr und nun sind die Konzertbesucher auch leiser und werden immer mehr bereit für unsere Musik. Dadurch konnten wir uns entwickeln und zu dem werden, was wir heute sind.

Ich habe noch nie gehört, dass eine Band derartig vom Publikum beeinflusst wurde.

Weißt du, die Leute reden den ganzen Tag, überall, über alles mögliche. Da müssen wir Heavy Rock spielen. (lacht)

In einigen Reviews stand, dass sich MONO in den letzten Alben nicht verändert hätten und ich empfinde das nicht so. Ihr habt euch stilistisch vielleicht nicht verändert, aber an den Details enorm viel gearbeitet.

Ja, ich habe auch einige Reviews gelesen, da wurden viele Vergleiche mit You Are There, dem letzten Album, angestellt. Aber ich weiß es nicht. Unser momentaner Stil ist unser ältester Stil. Wir brauchen eine Veränderung, andernfalls können wir nicht weitermachen. Die Musik muss progressiver werden, das stimmt schon.

Ihr habt auch das selbe Line Up seit zehn Jahren. Das ist ziemlich ungewöhnlich. Mein Eindruck ist auch, dass ihr zu einer richtigen Einheit gewachsen seid.

Findest du das? Wir sind nun seit sechs Jahren lang so viel auf Tour, fast ohne Pause, da haben wir gelernt, die anderen zu überleben. (lacht)

Es ist wirklich beeindruckend, wie viel ihr auf Tour seid und wie lange eure Tourneen jeweils dauern.

Wir sind Glückpilze und konnten schöne Erfahrungen sammeln. Anfangs konnten wir kein Englisch, hatten außerhalb Japans keine Freunde und wir wussten nicht, wie man an ein Label kommt. Wir mussten wirklich zusammen halten, um so weit zu kommen.

Ihr habt wieder mit Steve Albini aufgenommen, das freut mich, weil ich ein großer Fan seiner Arbeit bin. Mich fasziniert der Kontrast aus dieser teilweise extrem filigranen Musik mit vielen Details und dieser dreckigen und monströsen Produktion.

Steve und wir haben dieselbe Vision. Wir hassen das Überproduzierte und das Aufnehmen mit dem Computer. Steve ist einer der Besten, wir spielen einfach die Sachen ein und nach nur zwei Wochen ist das ganze Album fertig, inklusive dem Mix. Wenn wir uns darüber wundern, sagt er nur: Ich nehme doch nur auf. (lacht)

Ihr verwendet auch recht altmodische Gitarrenausrüstung, alte Amps und Effekte.

 MONO
Ich wollte erreichen, dass sich unsere Vorstellungskraft mehr mit dieser der Hörer deckt, durch die Story und das Artwork. Dadurch wird es viel tiefer. Taka über das Konzept zu Hymn to the Immortal Wind.

Nein, nur alte Gitarren. Die Effektpedale sind recht normal und die Amps sind völlig normal. Auf den Konzerten schauen viele Fans auf unsere Pedale und sind dann entsetzt, wie normal die Effekte sind. Es kommt eben darauf an, wie man die Effekte einstellt.

Der Einfluss der klassischen Musik kommt von dir, diese Arrangements kreierst du. Ich stelle mir das so vor: Ihr schreibt die Musik im Proberaum, zu der ihr Keyboards hinzuaddiert und diese werden auf klassische Instrumente umgeschrieben.

Es ist fast so. Wenn ich die Songs schreibe, benutze ich den Computer, ein Programm namens Orchestra Soft. Ich kann keine Noten lesen und stelle mir die Songs nur vor. Ich lerne seit fünf Jahren durch das Studio, wie man diese Integrierung der klassischen Instrumente immer besser machen kann. Wir haben auf einem kleinen Level angefangen und werden nun größer und größer. Mein Selbstvertrauen wächst und mittlerweile ist das Orchester ein fester Bestandteil von uns. Irgendwann will ich eine Symphonie Nr. 9 schreiben, das ist mein Traum. Nächsten Monat werden mir mit dem Orchester das Jubiläumskonzert in Tokio spielen. Und danach werden wir hoffentlich mit einem Chor arbeiten, das wäre wundervoll.

Es gibt viele Musiker auf Hymn to the Immortal Wind zu hören. Wer hat das alles aufgenommen?

Das war auch Steve. Im selben Studio, natürlich separat von uns als Rockband. Als wir fertig waren, kamen die klassischen Musiker hinzu. Wir haben acht Tage aufgenommen, die Klassiker haben vier Tage gebraucht und die restlichen beiden Tage hat Steve das komplette Album gemischt.

Oh mein Gott, das ist ja unfassbar. Ich kann das wirklich gar nicht glauben.

Doch, so läuft das ab. Wir sind ja seit fünf Jahren in diesem Studio zu Gast. Mit Steve aufzunehmen ist für uns wirklich sehr komfortabel.

Gibt es zusätzlich Songs, die es nicht auf das Album geschafft haben und separat veröffentlicht werden? Ich denke da an die 10-EP Memorie Dal Futuro, die parallel zu You Are There veröffentlicht wurde.

Nein, da gab es dieses Mal nichts. Es hat lange genug gedauert, dieses Material zu schreiben. Ich habe fast 300 Tage ohne Pause und mehrere Stunden gearbeitet. Ehrlich gesagt, habe ich angefangen, die Songs für Hymn to the Immortal Wind im Dezember 2007 nach der Europatour zu schreiben. Bis Ende Januar hatte ich einen Song geschrieben, aus Ideen, die ich auf Tour hatte. Das Stück hat mich aber enttäuscht, weil es so typisch für MONO war. Es war nicht schlecht, aber ich wollte eben nicht auf diese Art und Weise weiter machen. Dann hatte ich eine lustige Idee: Ich habe drei Monate lang irgendwelche Ideen aufgenommen und eines Tages habe ich all diese Ideen komplett vermischt und wild aneinander gereiht. Das war wirklich lustig, und es hat mir geholfen, die Linie für Hymn to the Immortal Wind zu finden.

Ich habe kürzlich den märchenhaften Videoclip zu Follow the Map gesehen und ich finde, dieser setzt gut die Geschichte in Szene. Passend dazu ist es auch, dass die Band im Hintergrund gar nicht auftritt.

Das war überhaupt unser erster Videoclip. Nachdem ich diesen Song schrieb, dachte ich mir, dazu könnte man ein gutes Video drehen, auch weil Follow the Map so kurz und direkt ist. Dann passierte wieder so ein kleines Wunder. Zwei Tage danach kontaktierte uns der französische Regisseur Dimitri Galuret und bot uns an, ein Video für uns zu drehen. Dank Heeya hatten wir auch schon die Geschichte dazu und ich schickte sie Dimitri einfach zu. So kam das Video zustande.

Ich fände es toll, wenn es einen ganzen Film zu eurer Musik gäbe, speziell zu diesem Album. Einen ganz eigen gezeichneten Cartoon vielleicht, den ihr auf die Leinwand projezieren könntet, während der Konzerte.

Oh ja, das wäre schön. Vielleicht machen wir das eines Tages.

Taka, kommen wir langsam zum Ende. Hymn to the Immortal Wind ist euer erstes Album auf CONSPIRACY RECORDS. Habt ihr euch für die Lizensierung in Europa für CONSPIRACY entschieden, weil sie auch euer Booking machen?

Ja, genau. Wir waren in Großbritannien mit JESU auf Tour und da kamen wir zum ersten Mal mit Joris in Kontakt. Wir dachten eigentlich, dass er nur der Tourmanager war, aber ihm gehört auch CONSPIRACY RECORDS. Wir waren zwei Jahre schon in ihrem Bookingroster, als wir gemerkt haben, dass Joris auch der Chef des Labels ist. (lacht) Auf diesem Label zu sein, macht uns sehr glücklich, es ist sehr komfortabel für uns.

Fotos: Conspiracy Records und MONO

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