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LAST ONE DYING: Metalcore ist tot – Es lebe LAST ONE DYING!…und es lebe die Sendung mit der Maus!

Metalcore ist tot – Es lebe LAST ONE DYING! …und es lebe die Sendung mit der Maus!

Der Metalcore-Zug ist endlich abgefahren und tuckert nur noch vereinzelt in ländlichen Jugendheimen vor sich hin, so dass die Metal-Welt wieder aufatmen kann und sich den wirklich relevanten Sachen wie Bier, Grillen und Currywurst widmen kann. Na, da sind wir aber froh… Trotzdem gilt es aufzupassen, dass die ein oder andere wertvolle Band, die nur durch ungeschicktes Verhalten oder gar schuldlos in dieses Ungemach verstrickt, ja von ihm eingenommen wurde, nicht zusammen mit dem Kroppzeug in den Orkus geschleudert wird, um dort im ewigen Circlepit gefangen zu sein. Verurteilt für alle Ewigkeit zu Wall of Death und Ausdruckstanz mit heraushängernden Boxershorts –  aber Vorsicht: keine der Bewegungen darf auch nur im Mindesten mit der Musik oder gar dem Rhytmus zusammenhängen…Grausam!

 

Eine Band, die wir vor diesem Schicksal bewahren sollten sind LAST ONE DYING  aus Köln, die einfach nur guten Heavy Metal mit Melodien machen und einen Sänger haben, der ab und zu zeigt, das er auch singen kann. Das ist ja schließlich kein Verbrechen, oder? Und wenn es selbst mir gefällt, kann es ja auch nicht so schlimm sein…

Logo

 

Einen Tag nach der Releaseparty zum wunderbaren Album The Hour of Lead traf sich Vampster mit dem Sänger Jan Hades Müller in seine Wohnung in Köln, unweit der Stromberg-Brücke zu einem kleinen Plausch über Dies und Das und den Kinderkanal…

Was habt ihr als Band für eine Erwartung an einen CD-Release generell, so als Band an der Schwelle?

Das kann man gar nicht so genau sagen. Nach dem überraschenden Erfolg unserer EP sind wir natürlich etwas verwöhnt, aber man muss trotzdem abwarten, was die CD bringt. Wir sind froh, dass sie erschienen ist, werden sie ordentlich bespielen und hoffen, dass sie den Weg in viele Haushalte findet.

Ihr habt eine Art Vertriebsdeal oder ist es doch ein Labeldeal?

Es ist schon ein Labeldeal mit Good Old Boys Records, einem kleinen Indie-Label, das sich bisher nicht so auf den Metal-Markt konzentriert hat und diese Experiment nun mit uns wagen will. Als Vertrieb hängt da Intergroove dran, die ja relativ groß sind. Es ist schon ein klassischer Plattenvertrag.

Ihr musstet aber die Studio-Aufnahmen selbst finanzieren?

 Das hatten wir sowieso schon getan. Wir sind erst mit dem fertigen Produkt an Labels heran getreten. Ich weiß aber ehrlich gesagt über die Vertragsdetails erschreckend wenig, wie ich gerade feststelle.

Heutzutage ist das für Bands mit eurem Status ja ein kritischer Punkt, denn der Plattenvertrag, wie man ihn aus den Erzählungen der Älteren kennt, mit Vorschuß, Tour. etc., den gibt es ja faktisch nicht mehr.

Mit CIRCLE OF GRIN  (Hades´ vorherige Band – Der Verf.) hatten wir ja mal sowas wie einen Plattenvertrag bei Eat the Beat bzw. Roadrunner, aber das war ziemlich ernüchternd. Ich bin mittlerweile auch ein Feind des klassischen Label-Modells. Es gibt viel mehr kleine Labels mit Enthusiasmus und du hast als Band selber mehr Möglichkeiten. Bei einem Major bist du nur eine von vielen Bands, die an die Wand geworfen werden und man guckt, was passiert. Dieses Modell stirbt zurecht aus. Momentan versucht die Industrie mit ihren 360 Grad-Deals, bei denen sie noch Prozente vom Merchandising einkassieren, ihren Staus zu retten. Aber die klassische Rolle, die ein Label hatte, ist durch das Internet und die Vetriebs- und Promotion-Möglichkeiten, die man dadurch hat, wenn  man ein bisschen motiviert ist, fast schon hinfällig.

Verkauft ihr die CD auch direkt auf eurer Homepage per Versand oder als Download?

Wir haben keinen eigenen Online-Shop. Das wäre zu aufwendig. Die CD steht bei Itunes oder bei Musicload. Den Eigenvertriebs-Rattenschwanz haben wir dieses mal nicht.

Gab es denn ein Leak? War die CD schon vor Veröffentlichung im Netz?

Für kurze Zeit war es so, ich habe sich aber nach dem Release nicht mehr gefunden. Wer das war, keine Ahnung. Wir verfolgen das aber nur aus Interesse, denn machen kann man da ja nicht wirklich viel.

Für Bands wie euch ist das sicher eine fatale Sache, da sich die Verkaufszahlen ja nicht in Regionen bewegen, wo einem sowas egal sein kann…

Das stimmt. Ich denke, der Grund ist ein grundlegender Mangel an Unrechtsbewußtsein in diesem Bereich. Es hat aber auch damit zu tun, dass viel zu viele Labels viel zu viele Veröffentlichungen auf den Markt schmeißen. Früher hat sich einer die Far Beyond Driven gekauft, man hat sich getroffen, die Platte gehört und gekauft oder vielleicht auf Kassette aufgenommen. Das betraf aber nur einen kleinen Kreis von Leuten, daher war die Dichte angekauften Platten beim Einzelnen viel höher. Jetzt ist alles jederzeit als Datei verfügbar und die Künstler werden anonymisiert. Andererseits sind auch die Preisefür CDs  viel zu hoch. Wir hatten das Glück, aktiv an der Preisgestaltung mitwirken zu können, zumindest, was die Höchstgrenze angeht und soweit wir das beeinflussen können.

Anderes Thema: Wenige Wochen vor dem Release und den dafür anstehenden Konzerten hat sich euer Drummer Rhadamanthys vor einem Gig mit  CALLEJON  auf dem WITH FULL FORCE FESTIVAL den Arm gebrochen. Was hast du gedacht, als du es gehört hast?

Mit einem Wort: SCHEISSE!! Aber ich wusste auch, was er für ein kranker Kämpfer ist. Ich habe anderen Leute mit Armbrüchen gesehen, die nach 4 Wochen nicht in der Lage waren einen Stift zu halten, aber er sitzt wieder da und trommelt. Er ist irgendwo ein Mutant. Der hätte auch mit gebrochenem Genick gespielt.

 Band2
 4 Musiker und 1 Mutant (blond)

 

Ein Frage an dich als Sänger: Die Platte ist vom Gesang her relativ anspruchsvoll und aufwendig. Schade ist, dass du live alleine singst und somit keine mehrstimmigen Passagen gesungen werden können.

Ich arbeite daran, mir Obertongesang beizubringen (lacht – der Verf.). Der Drummer singt live Background, was schon mal etwas untergeht. Auf dem Album sind aber drei- bis vierstimmige Sachen, was bedeutet, dass auch noch anderen Bandmitglieder da heran geführt werden sollen. Das liegt aber noch vor uns.

 Den Gesang konzipierst du allein…

 Ja, das mache ich alleine.

Bei Until we meet agein ist der Gesang sehr schön unerwartet und fast schon proggig. Teilweise erinnert mich das an YES. Wie kommt es dazu?

YES kenne ich zwar und besitze auch CDs von Ihnen, aber als Einfluss würde ich das nicht bezeichnen. Bei manchen Gesanglinien hat mir unser Produzent geholfen. Ich komme aber auch eher aus dem Klar-Gesang und habe von Jazz bis Alternative schon eine Menge gemacht. Ich fände es auch schade, wenn ich mich in der Band aufs reine Shouten beschränken müsste, denn so gibt es dem ganzen einen weitere Facette. Nur Brüllen gibt es ja schon. Oder man hat dann direkt zwei Sänger, was irgendwie  krampfig wirkt. Solange ich Spaß an beidem habe, mache ich auch beides.

Da du ja den Klargesang auch richtig gut beherrschst, im Gegensatz zu dem ein oder anderen Shouter, der sich daran versucht, ist das natürlich auch ein Pfund, mit dem ihr wuchern könnt. Andererseits winken dann viele Leute ab und sagen: Ahhnee, Metalcore – Komm geh wech!

Das wird es immer geben. ich denke, im Metal wurde immer schon geschrien, es wurde aber auch immer schon gesungen, warum soll man jetzt nicht beides zusammen machen? Natürlich sind wir irgendwo dem Metalcore-Schema nicht unähnlich, aber darüber hinaus ist unsere Musik eher klassischer Metal.

Ihr seid aber auch selber schuld, da ihr die Band anfangs als Metalcore-Spaß-Projekt bezeichnet habt, haftet euch dieses Etikett natürlich noch an.

Das stimmte ja auch. Es war ja nur ein Spaß-Projekt, ein Experiment von drei Leuten. Mit den neuen Musikern und dem Entstehen einer richtigen Band haben sich aber auch die Einflüsse erweitert und das hört man auf der CD gegenüber der EP doch deutlich. Aber wir sind immer noch auf dem Entdecker-Kurs. Das nächste Album kann wieder ganz anders klingen. Wir wachsen noch als Band.

Wie weit wollt ihr wachsen? Was sind die Ziele?

Ich lehn mich da ganz entspannt zurück. Wenn wir durchstarten, ist es schön, wenn  wir es so weitermachen wie bisher, dass wir unseren Spass haben –  wunderbar. Ich bin mit beidem sehr zufrieden und habe die Band gerne in meinem Leben.

Eigentlich engagiert ihr euch nicht doch schon zuviel, um es ganz entspannt und zurückgelehnt betrachten zu können.

Klar haben wir auch konkrete Ziele, wie Festivals oder sowas. Wenn man schon eine Band gründet, dann muss man auch alles dafür geben, ansonsten kann ich mich auch mit einer Modell-Eisenbahn in den Keller verziehen. Das ist dann auch ein Hobby. Aber die Hauptsache ist der persönliche Spaß. Wenn du es nur wegen der Kohle machst, wirst du verbissen und drehst dich nur noch wie ein Fähnchen im Wind. Dann wären wir so eine Band, wie uns viele vorwerfen zu sein, nämlich eine Band, die Trends aufgreift und versucht mit zu schwimmen. Das wollen wir aber nicht sein.

 Da wäret ihr jetzt auch schon zu spät dran, um auf den Metalcore-Tend aufzuspringen.

Eben! Ich hoffe, dass viele Leute sich nicht durch den Metalcore-Vorwurf abschrecken lassen und trotzdem ein Ohr riskieren und uns eine Chance geben.

Vorwurf klingt jetzt aber sehr negativ…

So blöd das klingt, ich höre manche Metalcore-Bands gerne, trotzdem wird es aber als Vorwurf benutzt.

Und trotzdem sind die Säle voll, wenn  KILLSWITCH ENGAGE kommt. Sooo schlecht können es die Leute dann auch wieder nicht finden. Oder es findet jeder zweite der da ist Metalcore ja eigentlich Scheiße.

Die sind auch eine klasse Band. Du hast aber erstaunlicherweise auf den Konzerten immer wieder Leute, die dir was von Trueness erzählen und fragen, warum du es wagst zwischendurch zu singen. Ich denke, ein guter Song ist ein guter Song, das Genre spielt dabei keine Rolle.

An modernen Produktionen, und das ist durch den Metalcore-Boom gekommen, stört mich kolossal dieser vollkommen übertriebene Sound, die übertriggerten Drums, die ganze Produktion wird lautstärketechnisch ans Limit gefahren und drückt die Dynamik komplett raus aus den Songs.Und live klingt dann kein dieser Band auch nur annähernd so wie auf Platte, weil das auch schlichtweg nicht möglich ist.

Es sei denn die Hälfte kommt vom Band, was es leider immer mal wieder gibt. Wir wollen uns da auch distanzieren und benutzen für die Drums zum Beispiel keine Trigger-Systeme, auch live nicht.

Obwohl auch bei euch die Drums im Sound auch sehr weit vorne stehen.

Sie knallen schon rein, das stimmt. Aber wir sind Trigger-Feinde und benutzen nur die Trigger-Schokoriegel aus dem Supermarkt. Der Drummer sollte mit Kraft und Technik spielen und damit den Wumms erzeugen und nicht nur Antippen und Trigger. Das ist für mich genauso Fake, wie Backgroundgesang vom Band kommen zu lassen. Wir sehen uns da klar in der Tradition des klassischen Metal.

Was den Gitarren-Sound angeht, habt ihr das auch geschafft. Der Bass ist etwa zu wenig präsent und die Drums, wie gesagt… Aber das ist im Studio ja auch immer eine Budget-Frage.

Bei unseren Mitteln haben wir natürlich keine Möglichkeit. die Aufnahmen erstmal sacken  zu lassen und dann noch mal zwei Wochen Studio dranzuhängen. Wir sind aber auch total zufrieden mit der Produktion. Ich halte auch den Moment, in dem du dein eigenes Album in den Händen hältst und perfekt findet für eine Utopie. Du wirst immer das ein oder andere finde, was du besser oder anders machen könntest.

Wie kann man ich denn den Spaß, von dem du vorhin gesprochen hast,  erhalten, wenn man mit viel Aufwand Platten aufnimmt, Konzerte organisiert, um dann doch vor sieben Leuten zu spielen.

Das ist auch alles schon passiert. Wir haben schon zwei Touren hinter uns, die teilweise auch sehr wechselhaft verlaufen sind. Es gibt dann Abende, da ist es rappelvoll und auch die Abende, wo 10-20 Leute im Laden stehen. Das sind aber die Momente, da musst du dich als Band eben selber feiern. Und wenn dann der Funke auf die 20 Leute überspringt –  umso besser. Das ist natürlich manchmal frustrierend, aber auch spannend. Man weiß eben nie, was einen erwartet.

 Jan

 Da musst du dich als Band eben selber feiern  –
Eine gute Methode für den Umgang mit schlecht besuchten Gigs

 Was plant die Plattenfirma? Gibt es da Pläne oder Unterstützung?

Ich weiß nicht, ob es Pläne gibt. Da es aber ein sehr kleines Label ist, werden sie keine Möglichkeit haben, uns zum Beispiel auf die nächste TRIVIUM  -Tour rein zu kaufen oder so. Wir haben aber bisher alle Support-Slots oder Touren ohne finanzielle Unterstützung bekommen und wir möchte auch auf diesem Weg weitermachen und durch Qualität überzeugen und die Gigs bekommen. Wir haben eine Booking-Agentur und ein gutes Managment, die sich um alles kümmern und sehr enthusiastisch sind. Unser Manager Christian Klug ist an den Einnahmen beteiligt, bringt aber auch den Funken an Struktur und Disziplin mit, der diesem Sauhaufen von Band ansonsten fehlt. Das ist ein wichtiger Faktor, denn eine Band kann nicht professionell funktionieren, ohne diese Leute, die mitarbeiten.

 Ihr seid ja auch in erster Linie Musiker und nicht Buchhalter oder Telefonist.

Richtig, das versuchen wir auch zu bleiben. Wir haben zwar noch sehr viel in puncto Artwork etc. mitgearbeitet, werden das aber in Zukunft noch weiter abgeben, damit wir unsere kreative Energie in die Musik stecken können. Wir sind ja durch die regulären Jobs, die wir ja alle noch haben, zeitlich ohnehin schon so eingespannt, dass wir die wenige Zeit, die wir für die Band haben, dann für die Musik nutzen wollen.

Wovon lebst du? Kann die Band überhaupt genug abwerfen?

Nein, man lebt eher für die Band als von der Band. Ich versuche, so viele Jobs wie möglich auf die Kette zu bekommen, um die Band zu finanzieren. Ich bin so eine Art Allround-Dilettant. Ich arbeite als freier Auto, als Cutter und als Darsteller beim Fernsehen. Dann mache ich noch Gesangs-Jobs, wie den ein oder anderen Radio-Werbespot einsingen oder Sprecher-Jobs. Welche Radio-Spots sag ich aber nicht.

Der Raushör-Wettbewerb ist hiermit eröffnet. Das verträgt sich aber auch besser mit dem Musiker-Zeitplan.

 Ja, zum Teil schon. Für die Jobs vor der Kamera ist es halt so, dass die Leute es wissen, was ich für Musik mache und das es schon ein gewisser Image-Wechsel ist, wenn ich tagsüber durch den Kinderkanal renne und abends auf der Bühne rumbrülle. Aber das ist für die vollkommen in Ordnung.

 Was machst du da genau? Ich gucke jetzt nicht sooo oft KiKA…

Ich mache für Wissen macht Ah!, so eine Art Wissenschaftsmagazin ähnlich der Sendung mit der Maus, den Erklär-Onkel. Als Kind habe ich schon viel für die Sendung mit der Maus gesungen vom vierten bis zum 12. Lebensjahr, bis zum Stimmbruch eben. Das mache ich seitdem immer mal wieder. Und eben auch andere Jobs beim Fernsehen, auch für Erwachsenen-Produktionen.

Also jetzt so richtige Erwachsenen-Produktionen?

 Ja genau, Kuschelfilme (lacht – der Verf.). Nein, nein.

 Vielleicht lässt sich deine Arbeit ja verbinden und ihr spielt auf dem KiKA…

 Wer weiß…Ich habe zumindestens auf LOD Konzerten schonmal Müttern Autogramme für ihre Kinder geben müssen (lacht – der Verf.)

 Wie kommt man den als Vierjähriger zur Sendung mit der Maus? Durch die Eltern?

 Witziger weise haben meine Eltern nur sehr begrenzt damit zu tun. Eine Kollegin meiner Mutter hat die Sendung mit der Maus produziert und hatte meine Mutter damals gefragt, ob ich singen kann, weil sie einfach noch ein singendes Kind brauchten, und meine Mutter meinte nur: Keine Ahnung, probier es. Aus dem einen Song sind dann 47 geworden über die Jahre verteilt. Darüber habe ich aber Spaß am Singen bekommen.

 Zumindest verdankst du deine Karriere der Sendug mit der Maus.

 Das ist richtig. Man muss ja auch immer sehr wenig tragen als Sänger.

 Naja, dann eben der Kram der anderen Musiker..gefälligst….

 Jaja, natürlich, natürlich…(Lacht – der Verf.) 

Fotos: (c) LAST ONE DYING/Nola Bunke

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