JACK FROST: Einfache österreichische Handwerkerburschen

Nachdem JACK FROST Ende 2002 auf Eis gelegt wurden, legten die österreichischen Gloom-Rocker nicht mal ein halbes Jahr später einen fulminanten Gastauftritt bei der END OF GREEN-Releaseparty hin, was schließlich mit ein Grund war, es noch einmal zu versuchen. Heraus kam das jüngst veröffentlichte Album "Wannadie Songs", ein Werk, welches vor bösartiger Leidenschaft und einfachen, aber guten Songs strotzt. Gitarrist Mournful Morales erzählte, wie es zur Wiederbelebung der Band kam, gewährte Einblicke in die Arbeitsweise der Gloom-Rocker und gab zu Protokoll, was er von der Doom-Szene hält.

Nachdem JACK FROST Ende 2002 auf Eis gelegt wurden, legten die österreichischen Gloom-Rocker nicht mal ein halbes Jahr später einen fulminanten Gastauftritt bei der END OF GREEN-Releaseparty hin, was schließlich mit ein Grund war, es noch einmal zu versuchen. Heraus kam das jüngst veröffentlichte Album Wannadie Songs, ein Werk, welches vor bösartiger Leidenschaft und einfachen, aber guten Songs strotzt. Gitarrist Mournful Morales erzählte, wie es zur Wiederbelebung der Band kam, gewährte Einblicke in die Arbeitsweise der Gloom-Rocker und gab zu Protokoll, was er von der Doom-Szene hält.

Zunächst einmal Gratulation zu einem äußerst gelungenen Album. Seid ihr mit den bisherigen Reaktionen auf Wannadie Songs zufrieden?

Ja, wir sind bisher sehr zufrieden. Wir sehen auch, dass unsere Musik immer weitere Kreise zieht, auch wenn unser lieber Phred die Hörer wieder in Lovers und Haters spaltet. Aber damit leben wir ganz gut.

Die neue Scheibe ist eure erste, bei der es mir richtig Spaß macht, mich von ihr herunterziehen zu lassen. Das Herunterziehen haben die vorherigen zwar auch geschafft, ich empfand dies beim Hören aber immer als eher unangenehm. Habt ihr diesmal etwas bewusst anders gemacht? Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich habe das Gefühl, dass eine gewisse Kälte zwar noch da ist, aber diese ist nicht mehr so stark wie früher, es kommt mehr Leidenschaft rüber.

Die Liebe zum Detail, die wir entwickelt haben, hat ja viel mit Leidenschaft zu tun – möglicherweise liegt dein Gefühl darin begründet. Sonst haben wir nichts bewusst verändert. Ich sehe das aber auch so, dass uns aktuelle Lebensumstände bei den Arrangements beeinflusst haben: die Hälfte der Bandmitglieder hat kurz vor, beziehungsweise während der Aufnahmen langjährige Beziehungen beendet vorgefunden – das macht natürlich etwas mit der Musik, die man schreibt und aufnimmt. Und der Hörer findet seinen Spaß daran.

Ende 2002 wurden JACK FROST auf Eis gelegt, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch wegen schwerwiegender band-interner Differenzen. Wie kam es dazu, dass ihr euch dann doch wieder zusammengerauft habt?

Der eine Teil war, dass es uns allen wirklich schwer gefallen ist, uns an ein Leben ohne die Band zu gewöhnen. Es ist uns erst nach der Trennung eingefallen, welch großen Teil sie in unserem Leben eingenommen hatte. Es gab aber noch vieles zwischen uns zu klären ehe wir wieder anfingen, gemeinsam Musik zu machen – es war längst überfällig, Klartext zu reden und lange unausgesprochene Konflikte zu bereinigen. Im Unterschied zu METALLICA ist uns das aber ohne Therapeut gelungen.

Ihr habt dann ja auch bei der END OF GREEN-Releaseparty einen fulminanten Auftritt hingelegt. Da stand aber noch nicht fest, dass ihr wirklich weitermachen würdet, oder?

Nein. END OF GREEN haben uns ganz lieb gebeten, ob wir nicht ein kleines Set spielen würden. Wir haben lange überlegt und uns entschlossen, das nur unter anderem Namen zu tun. Die Show hat dann Spaß gemacht und wir haben begonnen, darüber nachzudenken, unter welchen Voraussetzungen wir bereit wären, weiter zu machen.

JACK
Die Show hat dann Spaß gemacht und wir haben begonnen, darüber nachzudenken, unter welchen Voraussetzungen wir bereit wären, weiter zu machen. – Mournful Morales über die END OF GREEN-Releaseparty.

Wie ist denn eure Beziehung zu END OF GREEN? Michael Huber hat ja auf The Wannadie Song auch die Backing Vocals eingesungen, und wenn ich die Texte der beiden Bands vergleiche, kann ich mir gut vorstellen, dass ihr auf einer Wellenlänge liegt.

Im Grunde sind die beiden Bands völlig unterschiedlich. Wir haben völlig andere musikalische Einflüsse und klingen ja auch gar nicht mal ähnlich. Wir haben aber wohl eine inhaltliche Nähe, die mit unseren Lebensthemen zusammenhängt. Wir lieben die Jungs und ihre Musik, und sie lieben uns. Es wurde höchste Zeit, dass wir mal einen Song zusammen machen.

Soviel ich weiß, sind manche Texte erst relativ spontan entstanden. Ein Konzept, dem alle Texte unterzuordnen waren, in diesem Fall der Freitod, gab es also im Vorfeld nicht, oder?

Nein, wir haben die meisten Texte erst im Studio verfasst. Vielleicht war es ja nur der Einfachheit halber, dass sie sich alle um’s gleiche drehen. Wir arbeiten nie mit Konzept, sondern immer mit Spontaneität, um nicht zu sagen mit dem Stress, alles zur rechten Zeit hinzubekommen.

Wie ernst sind euch eigentlich eure Texte? Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie doch eher mit einem Augenzwinkern zu verstehen sind, da sie doch alle Klischees bedienen, die man eigentlich von SENTENCED erwarten würde. Andererseits ist Phreds leidender Gesang dermaßen authentisch, dass es schwer vorstellbar ist, dass das alles nur Imagepflege sein könnte.

Phred leidet im Grunde nur darunter, dass er nicht richtig singen kann, hahaha. Nein, im Ernst: wir benützen das Klischee, den Pathos und die Primitivität wenn man so will, um simple but effective zu klingen. Wir wären lebensunfähige Krüppel, wenn wir mit der Weltsicht, dass alles unerträglich und beschissen ist, unser Tagwerk fristen müssten. Im Gegenteil: uns hält der Hedonismus davon ab, das Leben mit Trauer zu verschwenden – aber natürlich kann das auch selbstzerstörerische Ausmaße annehmen…

Einige Songs sind erst kurz vor den Aufnahmen entstanden, viele waren erst halb fertig, als ihr ins Studio gegangen seid. Habt ihr gar keinen Druck empfunden, gut vorbereitet ins Studio zu gehen?

Nein, wir wollten die Magie des Augenblickes nutzen um die Songs im Studio fertig zu schmieden. Wir wissen auch, dass wir – vor allem in unserem CCP Studio – schnell und diszipliniert arbeiten können und haben daher darauf vertraut, dass wir das Richtige tun.

Könnt ihr euch überhaupt vorstellen, mit einer perfekten Vorproduktion ins Studio zu gehen, bei der also alles vorab geplant ist, oder käme da bei euch nichts bei herum? Die Experimente, die ihr im Studio macht, könnte man ja theoretisch auch schon während der Vorproduktion machen.

Wir haben schon oft darüber nachgedacht, aber das entspricht nicht unserer Arbeitsweise. Wir sind keine Technikfreaks, keine Soundtüftler und keine Frickler, sondern einfache österreichische Handwerkerburschen.

Zum Titelsong ist auf der CD auch ein Videoclip enthalten. Tatsächlich handelt es sich bei dem Song aber um eine Art Auftragsarbeit, da euer Regisseur einen entsprechenden Song benötigte. Sollte es nicht gewöhnlich anders herum, dass also eine Band mit einem fertigen Song an einen Regisseur herantritt?

Naja, eine Auftragsarbeit war es in dem Sinne, dass er uns gebeten hatte, einen Song auszuwählen, der sich für ein Videoformat eignen würde. Wir hätten im auch Leaving the Fields geben können, der Song war zu dieser Zeit bereits fertig. Es war eher unser Anspruch einen schnelleren und kürzeren Song zu schreiben. Die Story für das Video hat Gottfried (der Regisseur – Anm.) erst geschrieben, als er den Song kannte. Wir finden seine Interpretation des Stückes sehr interessant, uns gefällt es, interpretiert zu werden und nicht Inhalte erklären zu müssen.

Inwiefern hat diese Vorgabe, die euch durch euren Regisseur gemacht wurde – kurzer, eingängiger Song – in eurer Kreativität beschnitten? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist, Songs, die einem bestimmten Muster entsprechen, auf Knopfdruck auszuspucken.

Unsere Kreativität ist in der Regel immer auf zwei Akkorde beschränkt, insofern war das auch bei diesem Song kein Problem, haha. Nein, im Gegenteil: es war sogar sehr einfach, herzugehen und zu sagen, jetzt machen wir einen flotten Vier-Minuten-Kracher. Vielleicht sollten wir das auf dem nächsten Album bei jedem Song so machen.

Welche Erwartungen habt ihr an dieses Video? Musikalisch spricht der Song meiner Meinung nach durchaus Hörer von Bands wie THE 69 EYES an, auch wenn er etwas härter und finsterer ausgefallen ist.

Wir haben dieses Video gemacht, weil wir die Möglichkeit dazu hatten und es für eine nette Idee hielten, es auf die Platte zu packen. Um Hörer von THE 69 EYES ansprechen zu wollen, müssten wir andere Summen zur Verfügung haben, da werden wir mit einer low budget Produktion keine Meter machen. Aber wer will das schon.

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Doom ist so ein Begriff, den ich immer weniger zuordnen kann – die Doomszene scheint ja auch tatsächlich immer engere Grenzen zu ziehen, was sie als das ihre gelten lässt und was nicht. – Mournful Morales über die Doomszene

Vor einigen Jahren seid ihr mit WARNING durch Deutschland getourt, und in der Vergangenheit wurdet ihr auch immer wieder mal in die Doom-Ecke gepackt. So hundertprozentig hat dies aber noch nie gepasst. Seht ihr euch selbst überhaupt als Doomband, oder sind die Erwartungen in der Doomszene daran, wie eine Doomband zu klingen hat, zu eng gefasst für euren Sound?

Wir sehen uns in erster Linie als Rock’n’Roll Band. Doom ist so ein Begriff, den ich immer weniger zuordnen kann – die Doomszene scheint ja auch tatsächlich immer engere Grenzen zu ziehen, was sie als das ihre gelten lässt und was nicht. Das bringt meinem Eindruck nach auch eine neue Intoleranz hervor, die ich nicht so toll finde. Aber im Grunde tangiert uns das nicht. Die Leute sollen das, was wir machen, nennen wie sie wollen.

Bei einigen der neuen Songs sind wieder Cello und Piano zu hören. Angesichts der ansonsten ziemlich minimalistischen Ausrichtung eurer Songs: Wie wollt ihr solche Stücke live umsetzen, bei denen diese Instrumente einen wichtigen Teil ausmachen und sonst nicht mehr viel bleibt, wenn man sie weglässt?

Wir spielen alle Songs live, und zwar ohne Cello oder Klavier, und wir haben bis jetzt nicht das Gefühl gehabt, dass da nicht mehr viel übrig bleibt. Wir haben die Stücke auch nicht so arrangiert, dass sie unspielbar werden – wir sehen da keine Gefahr.

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