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IN THE WOODS…: Diversum

Tschüss, Wälder: IN THE WOODS… endgültig fern ihrer Ursprünge, mit „Diversum“ als konservativem Goth-Doom-Album.

Norwegische Bands haben anno 1997 unfassbare Alben zustande gebracht: „Anthems To The Welkin At Dusk“, „La Masquerade Infernale“, „Nattens Madrigal“, „The Olden Domain“, „Witchcraft“ und natürlich auch die ultimative Einstiegsdroge für 1982 geborene namens „Enthrone Darkness Triumphant“. Zumindest mir geht es so, dass die hier aufgezählten Werke mehr als nur Nostalgiewert besitzen, und mich noch immer begeistern. Doch welches Album habe ich vergessen? „Omnio“ von IN THE WOODS…. Mit Black Metal hat dieses Werk nichts am Hut, daneben es ist unperfekt, manchmal holprig, wahnsinnig sperrig, aber unglaublich emotional, kreativ, überraschend, originell und durch und durch leidenschaftlich.

Was IN THE WOODS… schon in den Neunzigern auszeichnete, war ihre Unkonventionalität. Mit nur drei Alben drehten sie das (Black) Metal-Genre auf links, wurden aber auch eher links liegen gelassen und belächelt. Dass „Diversum“, das dritte Album seit der Reunion 2014 auch dem Wandel unterworfen ist, so wie die beiden Vorgänger „Pure“ und „Cease The Day“ war also vorprogrammiert. Ob diese Wandlung wirklich geglückt ist, ist die andere Sache. Es fehlt die Beteiligung der Botteri-Brüder, die immerhin „Pure“ noch vertraut wirken ließ. Drummer Anders Kobro, der einzige, der von der Urbesetzung noch übrig ist, lässt zu, dass sich IN THE WOODS… zu einer fast schon generischen Goth-Doom-Band entwickelt haben.

Handwerklich solide, emotional nur selten berührend: „Diversum“ ist ein enttäuschendes IN THE WOODS…-Album

Handwerklich ist „Diversum“ solide. Hier holpert nichts mehr wie in den Neunzigern und was einst schief – aber charmant – klang, wurde eliminiert. Der eher unbekannte Neusänger Bernt Fjellestad, der den stimmlich limitierten, aber irgendwie charismatischen James Fogarty ablöst, schafft mit seiner Mischung aus tiefem Cleangesang und extremen Vocals eine technisch deutlich bessere Performance als seinerzeit Jan Kenneth Transeth und schreibt recht gute Gesangslinien, die in „Humanity“ sogar einen ordentlichen Chorus ergeben. Anders Kobros Drumming ist deutlich tighter geworden, wenn auch nicht einfallsreicher, und auch bei den Gitarren gibt es etwas zu entdecken: Hinter den meist recht platten Riffwänden versteckt sich die ein oder andere packende Melodie, und zumindest in „We Sinful Converge“ und „Humanity“ hört man eine Verneigung der Botteri-Riffs auf den ersten beiden GREEN CARNATION-Alben raus.

Das alles reicht aber nicht, um wirkliche Gänsehautmomente zu schaffen. Zu schwer wiegt die Bürde der ersten drei Alben. Es ist ein Kreuz mit dem sechsten Album der norwegischen Band, und wer die Band in den Neunzigern, ob ihrer Eigenwilligkeit und Kreativität liebte, sollte aufpassen. Freunde von Bands wie AMORPHIS, die das aus der Zeit gefallene Feeling der 90er Gothic Metal-Bands mögen, könnten IN THE WOODS… im Jahr 2022 mit in die Playlist aufnehmen. Aber so richtig griffige Stücke, wie sie „Cease The Day“ wenigstens noch hatte, gibt es auf „Diversum“ leider auch nicht, im Gegenteil. Trauriges Lowlight ist „Master Of None“, das eingangs wie unmotivierte SOUNDGARDEN klingt.

„Diversum“ hat immerhin ein kleines Happy End: IN THE WOODS… versöhnen am Ende zumindest ein bisschen mit einem starken Song.

Mit „Your Dark“ gibt es am Ende, wenn der Verdacht naheliegt, das sprichwörtliche Kind sei schon gänzlich in den Brunnen gefallen, einen großen Refrain zu hören, der zeigt, was IN THE WOODS… tatsächlich hätten erschaffen können. Es ist zum Zähne ausbeißen mit „Diversum“: Neben „Your Dark“ gibt es sieben weitere Songs, die sogar immer wieder gute Momente haben und die im Jahr 2002 für eine neu gegründete Formation in Ordnung gegangen wären, nicht jedoch 20 Jahre später . Und vor allem: Die Leidenschaft und Liebe, sie fehlt fast gänzlich auf „Diversum“. Somit ist diese einst so magische, besondere, unbequeme Formation zu einfach nur einer weiteren Band verkommen. Schade!

Wertung: 3,5 von 8 gerodete Wälder

VÖ: 25. November 2022

Spielzeit: 49:40

Line Up:
Anders Kobro – Drums
Bernt Sørensen – Rhythm & Lead Guitars
Nils Olav Drival – Bass, Keyboards
Bernt Fjellestad – Vocals
Kåre André Sletteberg – Rhythm & Lead Guitars, Acoustic Guitars, Keyboards

Label: Soulseller Records

IN THE WOODS… „Diversum“ Tracklist:

1. The Cowards Way
2. Moments
3. We Sinful Converge
4. The Malevolent God (Official Audio bei Youtube)
5. A Wonderful Crisis (Official Audio bei Youtube)
6. Humanity
7. Master Of None (Official Audio bei Youtube)
8. Your Dark

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