Die devot programmierte, auf Männerphantasien hindesignte, Androidin Maria serviert neun neue Songs der Promiskuität, hoffentlich ein wenig bekömmlicher als das gestreckte MDMA-Präparat mit Bad Trip-Garantie aus dem Jahr 2022. „Spirit Of Ecstasy“ wirkt auch knapp drei Jahre nach seinem Erscheinen ziellos und überambitioniert – insofern ist es schön, dass „Goldstar“ IMPERIAL TRIUMPHANT mit Fokus auf dissonanten Death-Black Metal zeigt. Es ist ganz so, als hätte die Band nach diesem schwierigen fünften Album für die sechste Runde wieder mehr aus der ureigenen Quelle geschöpft, ohne dabei das Absurde, das Extravagante und ihren Hang zur Entwicklung aus den Augen zu verlieren – kurz, als hätten sie ihren Sound schlicht aufgeräumt.
Ein wenig unschlüssig darf das Publikum dabei schon werden: Kapitulieren IMPERIAL TRIUMPHANT nun, indem sie die Improv-Jazz-Momente auf das Level eines Gimmicks reduzieren, oder fokussieren sie sich auf ihre Stärken? Immerhin: Den Spagat zwischen diesen Extremen – Metal und Swing, extremer Prog und Barber Shop – haben sie bereits im Jahr 2020 auf „Alphaville“ manisch perfektioniert. Schlug das stilistische Pendel IMPERIAL TRIUMPHANTs zuletzt zu sehr in die unmetallische Richtung aus, ist „Goldstar“ nun das eigentlich ekstatische Werk; und somit ein großer Schritt nach vorne.
„Goldstar“ ist ein ekstatisches Werk mit Fokus auf extremen Metal: IMPERIAL TRIUMPHANT lassen Genrefremdes subtiler in den Bandkontext einfließen.
Dabei ist vieles von dem, was Zachary Ezrin und seine Band auf „Goldstar“ nicht zwingend originell: Von Dissonanzen getragener Black und Death Metal, unterlegt mit Polyrhythmen oder extremem Drumming mit Nähe zu den üblichen Verdächtigen: DØDHEIMSGARD, GORGUTS, ULCERATE, INGURGITATING OBLIVION und BLUT AUS NORD lassen IMPERIAL TRIUMPHANT verglichen mit früheren Arbeiten schon fast konservativ wirken – doch der Fokus auf Songwriting macht sich mehr als bezahlt. Es gibt noch immer genügend bizarre Momente, Überraschungseffekte, die den jeweiligen Songs als Würze dienen und IMPERIAL TRIUMPHANT als eben sie selbst definieren. Außerdem heben sich die Musiker durch das rhythmisch jazzige Feeling noch genügend vom Rest der Avant-Szene ab.
Insofern lässt sich „Goldstar“ überraschend gut zerlegen. Die Triobesetzung aus Gitarrist und Sänger Zach Ezrin, Bassist Steve Blanco und Drummer Kenny Grohowski steht im Vordergrund und holt aus dem Line-Up eine Menge heraus, vor allem aber: Kompositionen, die nach lebenden, atmenden Songs klingen. Das ist besonders dort auffällig, wo IMPERIAL TRIUMPHANT für ihre Verhältnisse reduziert spielen, siehe die unverschämt sexy groovenden Momente in „Gomorrah Nouveaux“ und „Pleasuredome“. Selbst wenn sich die Stücke im weiteren Verlauf in Richtung Wahnsinn steigern, finden sie immer wieder zu klaren Strukturen. Und genau das von dieser Band zu erleben, ist nicht nur überraschend, sondern sogar höchst erfreulich – zeigt es doch, welchen gewaltigen kompositorischen Schritt das Trio geschafft hat. Das schließt sich auch nicht mit der Lebendigkeit aus, die IMPERIAL TRIUMPHANT seit jeher auszeichnet: Das Organische ist vielleicht mehr denn je in der Musik zu finden, aber auch das Unperfekte. Auffällig wird Letzteres besonders bei den zu gleichförmigen Vocals.
Keine Atempause für die Hörenden: IMPERIAL TRIUMPHANT verdichten „Goldstar“, um die Intensität zu steigern.
Es bleibt abgesehen vom kurzen Barbershop-Titelsong in der Mitte von „Goldstar“ kaum ein ruhiger Moment, um zu atmen, so dicht ist das sechste Album der New Yorker gepackt: Die Songs sind auf den Punkt arrangiert und lassen kaum eine Pause, doch IMPERIAL TRIUMPHANT schälen aus dem Lärm immer wieder Momente, die durch Harmoniegespür aufhorchen lassen, seien es die Leads in „Eye Of Mars“, die opulenten Analog-Synthesizer in „Hotel Sphinx“ oder Dave Lombardos brillant-perkussiver Gastbeitrag in „Pleasuredome“. Dem gegenüber stehen Momente des puren Wahnsinns, nicht nur in der einminütigen NAKED CITY-Hommage „NEWYORKCITY“, sondern auch dann, wenn sich die zunächst gebremst wirkenden Stücke in nach allen Seiten entfalten, wie in „Lexington Delirium“, „Rot Moderne“ und „Industries Of Misery“.
Insofern klingen IMPERIAL TRIUMPHANT auf „Goldstar“ für ihre Verhältnisse etwas bekömmlicher, obwohl sie sich selbst nicht ausbremsen. Die verwirrenden Jazz- und Improv-Elemente von „Spirit Of Ecstasy“ reduzieren sie auf ein Minimum, ohne dabei besonders bekömmlich zu werden. Insofern ist IMPERIAL TRIUMPHANT ein Album gelungen, das vielleicht weniger extravagant ist, als die vergangenen beiden Werke, in Sachen Songwriting und Kohärenz ist „Goldstar“ aber ein gewaltiger Schritt nach vorne, unter Berücksichtigung der Stärken der New Yorker. Ein verdichtetes, intensives Album, das unter seiner schroffen Fassade zahllose Details, auch aus fremden musikalischen Kulturen verbirgt, die sich erst nach und erschließen. So macht die Ausschweifung wieder Spaß, ob mit oder ohne Sexroboter in Fritz Lang-Ästhetik.
Wertung: 8 von 9 Kinetische Romanzen
VÖ: 21. März 2025
Spielzeit: 38:24
Line-Up:
Zachary Ezrin – Vocals, Guitar
Steve Blanco – Bass
Kenny Grohowski – Drums
Gastmusiker:
Thomas Haake – Vocals (Tracks 3, 8)
Dave Lombardo – Drums (Track 8)
Yoshiko Ohara – Vocals (Track 5)
Label: Century Media Records
IMPERIAL TRIUMPHANT „GoldStar“ Tracklist:
1. Eye Of Mars (Official Video bei Youtube)
2. Gomorrah Nouveaux
3. Lexington Delirium (Official Video bei Youtube)
4. Hotel Sphinx (Official Video bei Youtube)
5. NEWYORKCITY
6. Goldstar
7. Rot Moderne
8. Pleasuredome (Official Video bei Youtube)
9. Industry Of Misery
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