IMPERIAL TRIUMPHANT: Spirit Of Ecstasy

Ästhetisch aus der Zeit gefallen, musikalisch in der Zukunft: IMPERIAL TRIUMPHANT stellen mit „Spirit Of Ecstasy“ ihre Hörer auf eine harte Geduldsprobe.

Als Stanley Kubrick im März 1999 starb, war „Eyes Wide Shut“ noch nicht fertiggestellt. Wäre Kubrick nicht an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben, sondern hätten ihn die letzten Jahre seines Lebens Halluzinationen und Fieberschübe geplagt, und sein Film wäre in John Carpenters Idee von New York mit Snake Plissken angesiedelt, „Spirit Of Ecstasy“ könnte das akustische Pendant dazu sein. Kaum eine Band dieser Tage nutzt die surreale Ästhetik von Meister Kubrick derart zielgerichtet und bildet sie über einen Zerrspiegel ab. Es mag kaum verwundern: Für Hörer ausschließlich traditioneller Musik sind IMPERIAL TRIUMPHANT mit Vorsicht zu genießen.

Schon die Tage, als IMPERIAL TRIUMPHANT noch dem krass-dissonanten Black Metal zuzurechnen waren, lagen ihre Alben schwer im Magen. Der stilistische Wandel mit dem vierten Album „Alphaville“ vor zwei Jahren erzeugte irgendwas zwischen GORGUTS, VOIVOD und DEATHSPELL OMEGA – ganz, ganz grob gesagt. Darauf aufbauend ist „Spirit Of Ecstasy“ die konsequente Fortführung, shiftet stilistisch aber noch weiter in Richtung Jazz und Fusion, ummantelt von einer Noir-Ästhetik und lässt das Gerüst aus dissonant-extremen Metal fast in den Hintergrund geraten. Stellenweise ist das fast ungenießbar, die ganze Stunde ist aber mindestens wahnsinnig anstrengend. Dabei beginnt „Spirit Of Ecstasy“ noch herausfordernd-nachvollziehbar, driftet aber in der zweiten Hälfte zusehends ab.

Auf der Suche nach der Grenze des Hörbaren: IMPERIAL TRIUMPHANT schonen mit „Spirit Of Ecstasy“ weder die Hörer noch sich selbst.

Es ist ja nun nichts Neues, Jazz mit extremen Metal zu verbinden, aber IMPERIAL TRIUMPHANT suchen förmlich die Grenzen des Hörbaren. „Chump Change“ und „Metrovertigo“ sind noch einigermaßen deutlich im Metal zu verorten, aber es dominieren schon Dissonanz und Komplexität. Das geht auf Kosten der Heaviness, die unter diesem rauschhaften Maximalismus leidet. „Tower Of Glory, City Of Shame“, das so fragmentiert ist, dass sich kaum eine Linie finden lässt, setzt dann glücklicherweise etwas mehr auf Dynamik und Direktheit und lässt sich in letzter Konsequenz mehr greifen. „Merkurius Gilded“ ist für die Verhältnisse von „Spirit Of Ecstasy“ dann geradezu straight, Chöre sorgen für eine surreale Atmosphäre und die wilden Soli bringen dann endlich das Blut zum Kochen – so direkt und mitreißend sind IMPERIAL TRIUMPHANT in dieser Stunde kein zweites Mal.

Das ist schade, denn gerade hier macht „Spirit Of Ecstasy“ Spaß und bietet gleichzeitig Brainfood. Bei „Death On A Highway“ ist es IMPERIAL TRIUMPHANT dann egal, dass sie ihre Hörer wieder langsam verlieren, die restlichen Stücke sind dann voller Improvisation und Experimente, dass es schwierig wird, dem Trio zu folgen. Überhaupt, von Trio kann fast nicht die Rede sein. Zahlreiche Gastmusiker, von Bläsern über die Gitarristen Alex Skolnick (TESTAMENT) und Trey Spruance (MR. BUNGLE) und viele weitere Sänger und Chöre, inklusive Snake von VOIVOD, unterstützen die Band und hinterlassen stets das Gefühl, dass hier ein ganzes Orchester spielt.

Improvisationen und Experimente dominieren die zweite Hälfte von „Spirit Of Ecstasy“: IMPERIAL TRIUMPHANT möchten, dass sich das Publikum in rauschhaften Klängen verliert.

„In The Pleasure Of Their Company“ ist dann eine Fusion-Tingelei durch New Yorker Bars und Nachtclubs im Zeitraffer und macht Spaß, wenn man mitswingt. „Bezumnaya“ und das abschließende „Maximalist Scream“ scheinen dann beinahe strukturlos, bestehen aus Klangcollagen, Fetzen und verstörenden Samples. Hier stellt sich die Frage, ob IMPERIAL TRIUMPHANT sich nicht doch berechnend und letztens Endes maßlos angeberisch präsentieren. Wirklich berühren kann „Spirit Of Ecstasy“ somit nicht.

Wer mit IMPERIAL TRIUMPHANT durch die New Yorker Nacht tanzt, verliert sich im Glamour und der Ausschweifung des vergangenen Jahrhunderts, im Rausch der unendlichen Klänge und Saturnalien. Es wäre somit inkonsequent, wenn „Spirit Of Ecstasy“ zugänglicher geworden wäre. IMPERIAL TRIUMPHANT schonen weder sich noch ihr Publikum und bringen den extremen Metal in Richtung Zukunft, ohne sich hypermodernder Stilmittel zu bedienen. Das ist absolut beachtlich und verdient jede Anerkennung. Aber ich persönlich muss anerkennen, dass mich – auch als Freund komplexer und herausfordernder Musik – dieses komplett überbordende Werk überfordert. Kubrick hätte es aber wohl gefallen. Dennoch, dieses Album objektiv zu beurteilen ist ein Ding der Unmöglichkeit, es polarisiert zu stark, es wirkt aber auch bis zu einem wie ein Muskelspiel: Wer ist hier der krasseste Fucker im ganzen Land? So ganz authentisch sind die New Yorker eben nicht.

Wertung: 5,5 von 8 Gangbang-Partys

VÖ: 22. Juli 2022

Spielzeit: 54:45

Line-Up:
Zachary Ezrin – Vocals, Guitar
Steve Blanco – Bass
Kenny Grohowski – Drums

Label: Century Media

IMPERIAL TRIUMPHANT „Spirit Of Ecstasy“ Tracklist:

1. Chump Change
2. Metrovertigo (Official Video bei Youtube)
3. Tower Of Glory, City Of Shame (Official Video bei Youtube)
4. Merkurius Gilded (Official Video bei Youtube)
5. Death On A Highway
6. In The Pleasure Of Their Company
7. Bezumnaya
8. Maximalist Scream (Official Video bei Youtube)

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