Titelbild von Avantasia: Here Be Dragons

AVANTASIA: Here Be Dragons

Die Musik zeigt einen frischen Blick auf vertraute Motive. Trotz der vielen verschiedenen, teils ikonischen Stimmen, klingt das Album wie aus einem Guss.

Tobias Sammet hat mit seiner zur Hauptband AVANTASIA mutierten Gastsänger-Parade inzwischen eine stilistische Stabilität wie einst RUNNING WILD erreicht. Kritische Stimmen behaupten da natürlich: Kennste eine Platte, kennste alle. Fans fangen bei dieser Aussicht hingegen an zu sabbern. Einmal mehr gibt es melodischen Metal – mal poppig, mal speedig, mal bombastisch, mal glattgebügelt. Die poppigen Songs sind nicht so eingängig wie bei BON JOVI, die Speed-Sachen sind nicht so fesselnd wie bei BLIND GUARDIAN, die bombastischen Sachen sind nicht so opulent wie bei NIGHTWISH, die glattgebügelten Sachen sind (zum Glück) nicht so seelenlos wie ALL FOR METAL.

AVANTASIA bleiben sich selbst treu

Doch genug objektive Beschreibungen. Letzten Sommer hatte ich das Vergnügen, AVANTASIA live in Mannheim zu erleben, es war ein großartiges Erlebnis. Die Musik funktionierte tadellos, das Publikum ging vom ersten Ton an mit. Die Refrains sang ich unweigerlich mit, auch wenn ich manche Songs nur sehr entfernt kannte. Als dann noch Bob Catley (MAGNUM) die Bühne betrat, kamen mir gar die Tränen. Magie, Metal, Ansagen, die Thomas Gottschalk neidisch werden lassen! All diese Erinnerungen kommen beim Anhören von „Here Be Dragons“ wieder hoch. (Nein, Ansagen gibt es nicht auf dem Album.)

Magie, Metal, kein Gelaber

Aus dem Liebhaber-Projekt ist tatsächlich eine Band gereift, deren Songs den latenten Drang haben, auf der Bühne gespielt zu werden. „Here Be Dragons“ verfolgt den eingeschlagenen Kurs, dass es in der Regel einen Gast am Gesang gibt, wodurch jeder Song für sich homogen und schlüssig klingt. Die alten Hasen machen ihre Sache ordentlich. HELLOWEENs Kiske ist natürlich wieder flott dabei, die Qualität ist durchgehend hoch.

Leuchtturm-Songs, die wie „Moonglow“ oder „Kill the Pain Away“ funkelnd herausstechen, sucht man dieses Mal vergeblich. Dafür ist aber „The Witch“ eine durchaus mitreißende Nummer, bei der Neuzugang Tommy Karevik (KAMELOT, ex-SEVENTH WONDER) am Mikro eine sehr gute Figur abgibt. Im Diskographie-Abgleich rangiert das Album Nummer 10 im Mittelfeld – deutlich stärker als Album Nummer 2, „Angel of Babylon“ und „The Mystery of Time“, aber nicht so mitreißend wie „The Scarecrow“ und „Ghostlights“.

„Here Be Dragons“ bietet Vertrautes statt Innovatives

Es spricht für die Entwicklung von AVANTASIA, dass „Here Be Dragons“ wie aus einem Guss klingt, trotz der vielen verschiedenen Stimmen. Freilich hilft dabei auch, dass die ganz düsteren Ausflüge und die ganz brachial schnellen Parts fehlen. KREATOR-Shouts? Fehlanzeige. Womit wir wieder bei der RUNNING-WILD-Analogie sind. Die Musik zeigt einen frischen Blick auf bekannte Motive, erfreut meine Ohren mit reichlich Vertrautheit, die manch anderem wie eine Selbstkopie vorkommen mögen, meine Zuneigung zu AVANTASIA jedoch stärkt und festigt.

Das Album ist kein Pflichtkauf für Freunde des gepflegten Melodic Metals, im Zusammenhang mit der anstehenden Tour aber eine angemessene Vorbereitung. Die Mischung aus Eingängigkeit und Epik funktioniert sowohl beim aufmerksamen Zuhören als auch beim beiläufigen Mithören. So oder so summt oder singt man schon bald mit. Vertrautes statt Innovatives – und mit Kenny Leckremo von H.E.A.T, die seinerzeit mit EDGUY auf Tour waren, noch eine weitere „neue“ bärenstarke Stimme, die prima in den AVANTASIA-Klangkosmos passt. So kann es meinetwegen gerne noch einige Alben lang weitergehen.

Veröffentlichungsdatum: 28.02.2025

Spielzeit: 50:11

Line-Up:
Tobias Sammet: Gesang, Bass
Sascha Paeth: Gitarre
Felix Bohnke: Schlagzeug

Label: Napalm Records

Homepage: avantasia.com

AVANTASIA „Here Be Dragons“ Tracklist:

1. Creepshow (3:09) (Video bei YouTube)
2. Here Be Dragons (featuring Geoff Tate) (8:53)
3. The Moorlands at Twilight (featuring Michael Kiske) (5:09)
4. The Witch (featuring Tommy Karevik) (4:15) (Video bei YouTube)
5. Phantasmagoria (featuring Ronnie Atkins) (3:41)
6. Bring on the Night (featuring Bob Catley) (4:08)
7. Unleash the Kraken (5:19)
8. Avalon (featuring Adrienne Cowan) (5:35)
9. Against the Wind (featuring Kenny Leckremo) (4:41) (Video bei YouTube)
10. Everybody’s Here Until the End (featuring Roy Khan) (5:21)

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