WOLVES IN THE THRONE ROOM, EARTH FLIGHT und LUSCA am 15. Februar 2009 im Roten Salon, Nürnberg

Egal ob Hardcore-Typ, Drone-Freak oder grimmiger Black Metaller, WOLVES IN THE THRONE ROOM haben sie alle glücklich gemacht.

Die zweite Europatour von WOLVES IN THE THRONE ROOM und die Leute kommen von weit her, und noch dazu so zahlreich, dass an einem Sonntag Abend in der, zugegebenermaßen kleinen, Örtlichkeit ein Besucherrekord aufgestellt wird. Mehr als 200 Leute, an so einem Wochentag und das noch dazu bei US-Black Metal, der noch immer schwer mit dem Underground liebäugelt. Das liegt aber auch daran, dass WOLVES IN THE THRONE ROOM nicht nur Black Metal-Hörer zu ihren Fans zählen, Hardcore-Publikum, Drone- und Doom-Fans sind ebenso anwesend wie vereinzelte Punk- und Alternative-Hörer. So bunt wie diese Zusammenstellung der Zuschauer erscheint, so gespannt ist auch die Atmosphäre, was sich zum Glück nicht auf die ebenso wild zusammen gewürfelten Bands bezieht.

Es ist kurz nach 20:00 Uhr als das Duo LUSCA die Bühne betritt. Der Headliner ist noch auf dem Weg in den Roten Salon, da dank Polizeikontrolle und Festhalten durch staatliche Gewalten mit zu viel Gepäck das Weiterfahren erstmal unmöglich gemacht wurde. Tournanny Martin verzweifelt schier noch einen Ersatzbus aufzutreiben, aber nachdem die letzten Töne von LUSCA verklungen sind, wird die Backline schließlich doch aufgebaut. LUSCA brauchen so etwas nicht, ihnen reicht eine Bassbox, zwei Bass-Amps, ein Mikro und ein Sampler. Das Gespann, bestehend aus Mike und Ingrid, die mit ihrem schleppenden, kalten Sound sehr an GODFLESH erinnern, wird jedoch eher verhalten aufgenommen, auch da es wohl für die meisten die erste Begegnung mit LUSCA ist. Wer sich allerdings in diese dunkel schimmernde Welt hineindenken will, der findet hinter dem Nihilismus und dem stampfen eines Drumcomputers eine schöne musikalische Hypnose, mit knurrenden, dröhnenden Riffs, unbequemen Melodien und unwirtlichen Samples. Dass diese Kompositionen auch nicht zu den Kürzesten gehören, ist ebenso logisch, wie, dass sich einige entsetzt abwenden, andere jedoch immer mehr in diesen Bann gezogen werden. Die etwas unkontrollierte Stimme und der sehr dominante Drumcomputer sorgen jedoch dafür, dass da nicht mehr wird, als ein Achtungsapplaus, was angesichts vieler engstirniger Besucher auch wieder gar kein so schlechtes Zeichen ist.

Jetzt beginnt der Stress: Trotz der vielen Besucher, die Backline auf die Bühne zu bringen, den Soundcheck zu machen, alles so schnell und sauber wie möglich abzuschließen. Das ist kein Zuckerschlecken und dauert auch verständlicherweise auch eine gute Stunde. EARTH FLIGHT lassen es sich dennoch nicht nehmen, mit ihrem 70ies beeinflussten Progressive- und Doom Rock entspannt durch das All zu gleiten, dafür hatten sie bereits zu viele Auftritte und sind viel zu gut. Der Sound ist etwas durchwachsen, logischerweise möchte man sagen, denn Faktor Zeit ist heute der Feind und somit muss der abgespeckte Soundcheck ausreichen. Dennoch regieren König Riff und seine Gemahlin Königin Groove, sie erschaffen einen Teppich auf dem man sich tragen lassen kann. Dabei schweifen die Gedanken auch mal ab, was aber nicht schlimm ist, denn immer wieder wird man von dem epischen Gesang aufgefangen. Hypnose ist das Motto des Abends und EARTH FLIGHT sind in diesem Bereich keine Waisenkinder, auch wenn WOLVES IN THE THRONE ROOM hier klar bessere Karten haben. Dennoch, das Nürnberger Publikum feiert ihre Helden und überraschenderweise machen hier auch ein paar der grimmigen Schwarzmetaller mit.

Um 23:00 Uhr, eigentlich normale Headlinerzeit, sind endlich WOLVES IN THE THRONE ROOM bereit, ihre etwas andere Art der Meditation zu durchleben, zum ersten Mal vor dem Nürnberger Publikum. Nach dem Triumpfzug auf dem letztjährigen ROADBURN FESTIVAL sind Erwartungen natürlich himmelhoch, doch die Umstände verhindern es, dies zu schlagen. Das liegt einerseits an dem Stress und der Quälereien der Stunden zuvor, andererseits auch am Sound. Der neue Gitarrist, ehemals Tourbassist Will Lindsay kriegt seinen Amp nicht zum laufen, muss den von EARTH FLIGHT verwenden. Die Folgen sind stellenweise verheerend, trotz der bestmöglichen Einstellungen ist in den schnellen Passagen hauptsächlich ein Rauschen zu hören. Aber Gitarrist und Sänger Nathan Weaver und sein Bruder Aaron Weaver am Schlagzeug geben mit ihren beiden Mitstreitern Ihr Bestes und zelebrieren Black Metal auf einer völlig anderen, neuen Ebene, so dass man die Augen schließen muss und sich dem Sog hingibt.

Überraschenderweise beginnt das Set mit I Will Lay Down My Bones Among the Rocks and Roots, das WOLVES IN THE THRONE ROOM geschickt dafür verwenden, dass auch spontane Konzertbesucher in diese Welt hineinfinden. Denn es bietet schlicht und ergreifend alles, was diese Band ausmacht, die rasenden Riffs, das furiose Drumming, alles aus einem ambivalenten Blickwinkel, so dass sich die Boshaftigkeit in Schönheit und Wahrhaftigkeit verwandelt. Man muss es gesehen, gehört und gefühlt haben, denn in Worte kann man dieses Erlebnis beim besten Willen nicht fassen, auch wenn dieses Mal wie gesagt, nicht die volle Stärke entfaltet werden kann. Besonders schwer ist es bei Ahrimanic Trance, einem Vorgeschmack auf Black Cascade, beizuwohnen, da auch geübte Ohren ihre Probleme haben. Dennoch, die epischen, großen Momente und das doomige, atmosphärische Finale sorgen für Begeisterung im Publikum. Danach beginnt eine Zeitreise in Richtung Diadem of 12 Stars, von dem Queen of the Borrowed Light mit all seinen vielen Facetten, unerwarteten Wechseln und liebevoll gestalteten Arrangements ebenso zu glänzen vermag, wie im heimischen Wohnzimmer, oder im finstersten Wald. Generell sind die Songs von ihrem Debüt live immer die Highlights des Sets. Nach einer guten Stunde ist nach Vastness and Sorrow, das ebenso makellos wie emotional dargeboten wird Schluss, die Kerzen auf der Bühne werden ausgeblasen, eine erschöpfte Band, die ihre Musik lebt und nicht nur spielt, verlässt die Bretter, die die Welt bedeuten und kümmert sich um die heimatlosen Seelen, die noch nicht den schönen und gemütlichen Club verlassen wollen. Nathan und Aaron sind klatschnass, auch für Gastbassist Ross Sewage und Gitarrist Will Lindsay ist dies mehr ein Exorzismus, als ein normales Konzert.

Um kurz nach 12 ist der Spuk vorbei, egal ob Hardcore-Typ, Drone-Freak oder grimmiger Black Metaller, WOLVES IN THE THRONE ROOM haben sie alle glücklich gemacht. Ihr Siegeszug ist trotz der widrigen Umstände gewiss. Und auch wenn die Fanschar stetig wächst und die Band an Popularität gewinnt: Bitte bleibt in den kleinen Clubs. Das ist eure Heimat. Neben den kaskadischen Wäldern.

Setlist WOLVES IN THE THRONE ROOM:
I Will Lay Down My Bones Among the Rocks and Roots
Ahrimanic Trance
Queen of the Borrowed Light
Vastness and Sorrow

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