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FINNTROLL, NAGLFAR, AMORAL: Münster-Breitefeld, Live-Arena – 07.05.2005

Die Trolle waren wieder einmal im Lande und boten den Zuschauern der Live-Arena zu Münster unterstützt von der finnischen Death Metal-Hoffung AMORAL und den Black-Metallern NAGLFAR einen mehr als außergewöhnlichen Konzertabend, der sich als hervorragender Appetizer für die kommenden Sommerfestivals entpuppte…

Die Trolle waren wieder da! Nachdem FINNTROLL mit ihrem überaus erfolgreichen Nattfödd-Longplayer verdientermaßen den wohl bisher größten Ruhm der Bandhistory erwirtschaften konnten, haben die eigenwilligen Schwarzmetaller und Humppa-Freaks ihre Zeit eigentlich mit nichts als ausgiebigem Herumtouren verbracht. Die Reiseroute des vergangenen Jahres erscheint jedenfalls auf der Landkarte wie ein undurchdringliches Spinnennetz, mit welchem die Musiker definitiv einige neue Fans einfangen und in ihren Bann ziehen konnten. Nun, nach einer bejubelten Albumtournee und einem eher durchschnittlichen Auftritt beim X-MAS FESTIVAL 2004 in Frankfurt, melden sich die Finnen schon wieder in den deutschen Konzerthallen zurück, was sich trotz des Verdachts auf Übersättigung der Fans wiederum als ein voller Erfolg herausstellte. Die Live-Arena in Münster-Breitefeld war zumindest ziemlich prall gefüllt, als am Samstag, 07. Mai 2005, das Knüppeltrio AMORAL, NAGLFAR und FINNTROLL den Zuschauern einheizte…

AMORAL:

Heizten den überraschten Besuchern mächtig ein: AMORAL

Wer schon einmal einen Lauschangriff auf Wound Creations, seines Zeichens das fulminante Debüt der finnischen Deather AMORAL, gewagt hat, der müsste mitbekommen haben, welch hochklassisches Material sich hinter diesem Bandnamen verbirgt. Auch im Publikum der Live-Arena schien es einige Anhänger der interessanten Mischung aus melodischem Death- und Progressive Metal zu geben, jedenfalls war die Stimmung von Anfang an euphorisch und der wild headbangenden Belegschaft der ersten Reihen rutschte mehr als einmal die ein oder andere Textzeile über die Lippen. Unterlegt von einem druckvollen Soundfeuerwerk sprang die Energie bei Abrissbirnen wie Other Flesh (Stimmungshighlight!), die live einen wesentlich härteren Sonor entfalten als auf Konserve, binnen kurzer Zeit auch auf die restlichen Besucher über, denen der Name AMORAL im Vorfeld noch völlig schleierhaft gewesen war. Die sympathische Bühnenpräsenz und die filigranen Spielfähigkeiten der sechs äußerst engagierten Mucker (die sich dank eines Insiders im Publikum als DESTINYS CHILD-Anhänger outen mussten) sorgten dafür, dass sich so mancher Besucher als frisch bekehrter Fan der Finnen nach Hause ging. Ein denkwürdiger Auftritt also, der sich als die große Überraschung des Abends herausstellte. Man darf gespannt sein, was aus der überaus jungen Band noch werden wird – Konkurrenten wie NECROPHAGIST müssen sich jedenfalls schon einmal warm anziehen!

NAGLFAR:

NAGLFAR:
Mit Pappschiff und Zöpfen quer über die Black Metal-Bühne: AMORAL

Oft schrecken Black Metal Bands Laien durch ihre stets bitterböse Bühnenpräsenz ab: Egal, ob das Publikum den Akteuren auf der Bühne nun mit verschränkten Armen den Rücken zuwendet oder über das gesamte Konzert in überschwängliche Euphorie ausbricht – ein Black-Metaller verzieht in der Regel keine Miene und kommt niemals in die Verlegenheit des Grinsens oder Lachens, so lange er die Bühne nicht verlassen hat oder das Corpsepaint nicht vollständig heruntergeschwitzt ist. Gerade deshalb ist es manchmal wirklich erfreulich, dass es auch alberne Formationen wie FINNTROLL gibt, die jeden auch noch so mürrischen Support-Act auf gemeinsamer Tournee zur witzigen Spaßkapelle mutieren lassen. Und wenn man es mit in dieser Beziehung augenscheinlich widerspenstigen Kandidaten wie den Schweden NAGLFAR zu tun hat (die sich aber immerhin den Gag erlaubten, einige eigene Songs als Midnattens Widunder oder Jaktens Tid anzukündigen), legt man notfalls eben einfach selbst Hand an: Während NAGLFAR nämlich ihren Gig auf das gierige Publikum einhämmerten, sorgten die sechs Trolle im Hintergrund immer wieder für den ein oder anderen Lacher. So betrat beispielsweise der als Wirt verkleidete Obertroll Wilska in einer Stimmpause die Bühne und servierte den schweißgebadeten Black-Metallern mit tiefer Verbeugung ein Tablett Getränke (!) und als später mehrere AMORAL-Mitglieder in einem aus Pappe gebauten Wikingerschiff über die Bühne schipperten, zückten die wenigen Besucher begeistert den Fotoapparat, die nicht bereits vor Lachen zu Boden gegangen waren.

NAGLFAR:
Hat live große Konditionsprobleme: NAGLFAR-Sänger Kristoffer Olivius

Auch wenn mich Schwarzmetall-Puristen vielleicht in Stücke säbeln werden: Der Auftritt von NAGLFAR litt unter den erwähnten Spaßeinlagen nicht, er erhielt vielmehr eine ganz eigene Atmosphäre. Die Schweden lieferten ein sattes Best of-Programm, das bei allen Wahrzeichen der Diskographie Halt machte und besonders bei den Klassikern vom legendären Vittra-Album und dem kongenialen I Am Vengeance die beste Resonanz erhielt. Problemkind des Auftritts war jedoch der neue Sänger Kristoffer Olivius, der seine Rolle als Bassist kürzlich auf Neuzugang Morgan Lie übertragen hat. Nicht nur, dass sich der Glatzkopf im Rampenlicht völlig unsympathisch gibt, er hatte vordergründig erhebliche Probleme mit seiner Kondition. Schweißgebadet bellte und röchelte er das Songmaterial herunter, bis er fast schon zu zerbersten drohte und schließlich mal so ganz nebenbei eine in Magensäure getränkte Lache auf die Bühne buxierte. Trotz der fragwürdigen Oliviusschen Performance schienen die Besucher jedoch ihren Heidenspaß am satten Best Of-Programm der Band zu haben und man störte sich offenbar auch nicht am durchwachsenen Sound, der den meisten Songs Transparenz und Dynamik zu rauben schien und somit eine gewisse Monotonie erzeugte, so dass man als Klangfetischist eigentlich nur erleichtert sein konnte, die Band nach einer knappen Stunde von der Bühne gehen zu sehen.

FINNTROLL:

FINNTROLL:
Musikalisch hochwertig, tolle Songauswahl und jede Menge Spaß: FINNTROLL und Gitarrero Routa

Nun war es also Zeit für den Headliner FINNTROLL und ich war ziemlich gespannt, ob das Sextett den eher durchschnittlichen Gig beim X-MAS FESTIVAL 2004 toppen können würde. Und tatsächlich sollte ich dieses Mal nicht enttäuscht werden: Kurz nachdem die Musiker die Bühne geentert hatten, brach nämlich eine derartige Euphorie im Publikum aus, dass man sogar über die anfänglichen Soundschwierigkeiten problemlos hinwegsehen konnte. Die eigenständige Mischung aus Black Metal und finnischer Humppa-Musik entfaltete sehr schnell ihre Wirkung und die Leute wussten die großartigen Songs stets durch engagiertes Mitklatschen zu würdigen. Egal, ob Wilska und Co. nun neuere Songs, wie den Überhit Trollhammaren und das experimentierfreudige Nattfödd präsentierten oder ältere Stücke a lá Slaget Vid Blodsälv sowie Midnattens Widunder aus der Kiste kramten: FINNTROLL haben bislang noch kein schlechtes Album veröffentlicht und dies konnte die Ausnahmeband auch an diesem Abend wieder eindrucksvoll unter Beweis stellen. Da sich der Sound schnell gebessert hatte und anders als beim X-MAS FESTIVAL auch alle Intrumente zu hören waren, wirkte das Programm ziemlich abwechslungsreich und wer nicht am kollektiven Stimmungsreigen teilhaben wollte, konnte sich etwas abseits stellen und ein musikalisch ausgetüfteltes Programm genießen, das nie seinen Reiz verlor und nach unterhalsamen anderthalb Stunden schließlich sein Ende fand. Die große Überraschung des Abends erreichte die Zuschauer jedoch erst kurz vor dem Nattfödd-Knaller Ursvamp, als sich nämlich tatsächlich auch die bösen Buben von NAGLFAR nicht lumpen ließen, den völlig durchgeschwitzten Trollen das ein oder andere Kaltgetränk zu servieren – na also, es geht doch! Nach zwei genialen Zugaben (darunter das grandiose Eliytres), schien die Show dann aber endgültig am Ende angelangt zu sein. Doch was war das? Da die Band nun nicht nur am Ende des Gigs, sondern auch Schlußpunkt der gesamten Tournee angelangt war, erlaubte man sich noch einen kleinen Joke, indem man die gesamte Tourmannschaft auf die Bühne rief, eine witzige kleine Jam-Session einlegte und den völlig vor den Kopf gestoßenen Zuschauern somit noch einen coolen Rock´n´Roll-Gassenhauer vor den Latz knallte. So ging ein insgesamt doch sehr überzeugender und vor allem außergewöhnlicher Konzertabend zu Ende, der sich bei den meisten als cooler Appetizer für die FINNTROLL-Gigs auf den kommenden Sommerfestivals herausstellte: Ich freue mich jedenfalls schon auf das WACKEN– und das DONG OPEN AIR!

Fotos: Der Pohl

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