DRAGONFORCE: Live in Nürnberg, Löwensaal – 21. Oktober 2009

Die tun nix, die wollen nur spielen…

In Nürnberg ist nix los. Langweiligste Großstadt Deutschlands und so, ist ja alles bekannt. Zum Beispiel an diesem namenlosen Mittwoch: Da gastieren die Power Metal-Überflieger DRAGONFORCE im Löwensaal droben am Tiergarten, während die US-Elite-Deather ABSU zeitgleich den Roten Salon zerlegen.

Nach langem Hin und Her entscheide ich mich für die Drachenfraktion mit der leisen Hoffnung auf das Duale System, sprich: Nach geschlagener Schlacht direkt ins Batmobil hüpfen, zum Z-Bau düsen und dort noch den Rest von ABSU mitnehmen. Toller Plan – nur haut er leider nicht hin …

Power Metal geht auch im Jahr 2009 nicht. Der Löwensaal ist gerade mal „geht so“ gefüllt, als das internationale Überschall-Syndikat mit Zentralsitz in London loslegt. Und ich bleibe dabei: An und für sich sind DRAGONFORCE eher ein Fall für „André Hellers begnadete Körper“ denn für ein schwermetallisches Tiefenerlebnis. Wie hier das Erbe der alten Schule durch den Fluxkompensator gejagt und in lächerlicher Geschwindigkeit neu aufgelegt wird, ist nüchtern betrachtet ein Witz.

(Unter uns: Wenn man nur ein wenig mit dem Erbe dieser ehrwürdigen Musizierform vertraut ist, lässt sich hier ohne weiteres eine direkte Linie von RAINBOW über YNGWIE MALMSTEEN zu HELLOWEEN weiter zu STRATOVARIUS, STRATOVARIUS-Klonen wie SONATA ARCTICA hin zu einer Band wie DRAGONFORCE ziehen. Damit hätten wir hier die Kopie der Kopie der Kopie – das Surrogat, eben nur auf wahnwahnwitzig aufgebohrt.)

Was soll’s, den Jungen gefällt’s. Jede Generation soll ihre Helden haben, das ist völlig okay. Ich für meinen Teil höre bei DRAGONFORCE keine Hits. Wenn ich das mit dem Power Metal vergleiche, wie ihn Bands wie VICIOUS RUMORS in den späten 80ern/frühen 90ern gespielt haben, dann stinkt das kompositorisch gewaltig ab. Aber das geht mir bei dem ganzen angesagten Thrash-Revival ja ganz genauso.

Von diesem grundsätzlichen Makel abgesehen, machen DRAGONFORCE live in Nürnberg richtig Laune. Sechs fesche Jungens, die genauso aussehen wie auf ihren Plattencovers, spielen Metal von Herzen, vernichten Unmengen an Bier (am liebsten während der halsbrecherischen Soli, bei denen in voller Fahrt jeder gerne auch mal das Instrument des Nebenmanns bedient), posen wie die letzten Tunten, verarschen ihr Publikum, ohne sich dabei auch nur eine Spur ernst zu nehmen und haben selbst sichtlich den meisten Spaß an diesem Abend. So und nicht anders soll das sein!

Wenn das wirklich alles live gespielt war (seit dem WASP-Konzert neulich schleppe ich diesbezüglich ein Trauma mit mir herum), dann Hut ab!

Wer schneller spielt, ist früher fertig. Nach einer höchst amüsanten und kurzweiligen Show springe ich – mit glühenden Ohren und den Geschwindkeitsrausch noch im Nacken – ins Auto und steuere den Z-Bau an. Doch ABSU sind schon fertig (getreu der alten Weisheit „Wer schneller spielt ist früher fertig“). Im Roten Salon ist bereits alles in Auflösung begriffen.

Ein kleines Schwätzchen hier und da (Proscriptor soll ganz schön regiert haben), am End’ lande ich ungefragt mal wieder in einer dieser beliebten „Black Metal und Nazis“-Diskussionen, die ich so liebe – und husche bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ganz schnell durch den Notausgang in die Schatten der Nacht.

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