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MACHINE MEN: Antony kann nicht tanzen

Sänger Antony gibt Auskunft über den Entstehungsprozess des Narrenzirkus-Albums, den damit verbundenen Alkoholkonsum und stöbert in seinem Gedächtnis nach Ereignissen aus längst vergangener Zeit.

Obwohl das aktuelle Album Circus Of Fools überraschend bissig klingt, sind MACHINE MEN sich und ihrem Stil durchaus treu geblieben. Sänger Antony Parviainen gibt Auskunft über den Entstehungsprozess, den damit verbundenen Alkoholkonsum und stöbert in seinem Gedächtnis nach Ereignissen aus längst vergangener Zeit.

Während den Aufnahmen war ursprünglich eine Tour mit TRISTANIA geplant, die dann abgesagt wurde. Was habt ihr in den Wochen gemacht, die ihr plötzlich frei hattet?

Die Tourabsage hatte auch eine gute Seite, denn wir hatten mehr Zeit, die Songs zu überdenken und die Arrangements auszuarbeiten. Es war für uns keine besonders große Enttäuschung, da wir so fünf zusätzliche Wochen hatten.

Einige der neuen Stücke klingen ziemlich wütend und aggressiver als in der Vergangenheit. Seid ihr zornig gewesen, als ihr die Sachen geschrieben habt?

Das hat sich natürlich ergeben. Wir wollten aggressivere Sachen schreiben. Es klang klasse und fühlte sich gut an, diese Art von Musik zu spielen. Sie unterscheidet sich nicht all zu sehr vom Vorgängeralbum, ist aber aggressiver, dunkler und heavier.

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Ich bringe die Texte nicht sehr oft durcheinander. Es passiert, wenn ich anfange, darüber nachzudenken, während ich eigentlich singen muss. Dann vergesse ich alles. (Antony macht sich auf der Bühne keine großen Gedanken.)

Habt ihr gleich, nachdem ihr 2005 von der Tour mit SONATA ARCTICA heimgekehrt seid, mit dem Songwriting angefangen?

Wir haben mit dem Schreiben der neuen Stücke vor ziemlich genau einem Jahr begonnen. Wir hatten keine alten Ideen übrig, sondern fingen nach der Veröffentlichung des letzten Albums wieder bei Null an. Es war ein frischer Start, was mir gut gefiel.

Haben wieder euer Schlagzeuger Jarno und du das Material geschrieben?

Unser Schlagzeuger ist immer noch unser Hauptsongschreiber. Ich schreibe die Texte. Unser Gitarrist J-V schreibt auch Lieder. Wir schrieben dieses Mal zwei Songs zusammen. Einer befindet sich auf dem Album und einer wurde Japan-Bonustrack.

Wie schwierig war es, die Liedreihenfolge festzulegen?

Die Wahl des Openers war recht einfach. Als wir Circus Of Fools geschrieben hatten, wussten wir sofort, dass das der Opener werden würde. Ansonsten war es auch nicht so schwierig.

Bedauerst du manchmal, dass auf euren Alben die epischsten – und meiner Meinung nach mit die besten – Stücke immer erst am Ende stehen?

Ich mag es, wenn Alben auf diese Art aufhören. Denn es muss das Gefühl vermittelt werden, dass das der Abschlusstrack ist. Wenn man dann einen epischen und emotionalen Song hat, hört man sich das Album viel eher noch einmal an. Denn als erstes Stück gibt es dann wieder eine harte, aggressive Nummer. Darum ging es uns zumindest.

Wie schwierig war es, The Cardinal Point zu arrangieren?

Es ist natürlich schwieriger, wenn man mehr Sachen in den Song einbringt, so Sachen wie Akustikgitarren, Klavier und Klangeffekte. Das ist immer schwerer als bei einem dreiminütigen Rocksong. Ich mag aber die epischen Stücke auf den Alben, weshalb ich mich nicht beschweren will.

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Antony über die Verpackung des aktuellen Albums: Wir wollten ein simples Cover mit dem Bandlogo drauf. Wir hatten ansonsten keine konkreten Ideen, etwa was die Farben anbelangt. Das ist auf dem Mist des Grafikers entstanden.

Warum habt ihr euch dieses Mal für ein eher abstraktes Titelbild entschieden?

Die gesamte Idee kommt ursprünglich von einem deutschen Grafikdesigner. Wir wollten ein simples Cover mit dem Bandlogo drauf. Das war die Hauptsache. Wir hatten ansonsten keine konkreten Ideen, etwa was die Farben anbelangt. Das ist auf dem Mist des Grafikers gewachsen. Ich mag das Cover sehr.

Wie viel Alkohol war bei der Produktion des Albums im Spiel?

Zu viel. (lacht) Wir nehmen immer alles nüchtern auf. Aber nach den Aufnahmen fängt die ganze Hölle an. Das ist immer so. Denn der Aufnahmetag hat 24 Stunden. Wir waren in Hoto im Studio und haben dort auch übernachtet. Wir haben in Hoto nichts anderes gemacht außer aufzunehmen und zu schlafen; und natürlich trinken. Man schlägt damit die Zeit tot. Wenn ich gerade nicht singe und jemand Gitarre spielt, kann ich da nicht zuhören, weil es einfach so langweilig ist. Deshalb sitzt man auf der Couch rum und trinkt Wein und ähnliche Sachen. Es war jedenfalls zu viel Alkohol.

Ihr geht in Kürze im Rahmen der Earthshaker Roadshocktour auf große Europatour. Wie verbringt ihr die letzten paar Tage, bevor es losgeht?

Viele Proben. Wir verbringen gerne viel Zeit im Proberaum, bevor wir auf Tour gehen.

Probt ihr ausschließlich das Liveprogramm oder nehmt ihr euch auch Zeit, um zu jammen oder ältere Songs zu spielen?

Wir spielen immer die Setlist. Immer und immer wieder. Am Ende wird es zwar langweilig, aber das muss sein.

Wann bist du zum letzten Mal im Zirkus gewesen?

Ich glaube, ich war noch nie im Zirkus. Ich erinnere mich nur – ich weiß nicht, ob es wahr ist oder ein Traum war -, dass ich vor 20 Jahren im Zirkus war. Aber ich bin mir nicht sicher. Da war ein kleiner Zirkus in unserer Heimatstadt. Ich erinnere mich vage daran, aber kann nicht sagen, ob es wirklich so war. Nicht, dass ich damals betrunken gewesen wäre!

Wenn MACHINE MEN als Zirkus auftreten würden, welche Kunststücke, Tricks oder Tiernummern könntet ihr vorführen?

Oh Gott, ich glaube, wir wären Affen. Ich weiß nicht.

Wann hast du zum letzten Mal auf der Bühne deinen Text vergessen?

Das war eine seltsame Sache. Wir haben vor drei Wochen in Nordfinnland in Lappland gespielt und bei den ersten beiden Zeilen vom ersten Lied habe ich zwar richtig gesungen, aber in dem Moment, als ich diese Zeilen sang, dachte ich: Oh Scheiße, ich singe den falschen Text. Obwohl es eigentlich der richtige Text war. Aber ich hatte das schreckliche Gefühl, das Falsche zu singen. Es war eine beängstigende Situation. Nach dem Auftritt stellte ich dann fest, dass ich doch den richtigen Text gesungen hatte. Ich bringe die Texte nicht sehr oft durcheinander. Es passiert, wenn ich anfange, darüber nachzudenken, während ich eigentlich singen muss. Dann vergesse ich alles. Ansonsten ist es normal, dass man hin und wieder etwas vergisst. Ich singe dann irgendwas, nur eben nicht unbedingt die richtigen Worte.

Wann hast du zum letzten Mal eine Schneeballschlacht gehabt?

Vor etwa 15 Jahren.

Aber ihr habt zu dieser Jahreszeit noch Schnee, oder?

Ja, aber nicht so viel, was seltsam ist. Aber es ist kalt hier in Finnland. Vor zwei Tagen hatten wir minus 30 Grad. Es war die Hölle.

Wie gehst du als Sänger mit solch niedrigen Temperaturen um?

Die meiste Zeit über bleib ich drinnen. Man muss sich ansonsten alle Kleider anziehen, die man im Schrank hat. Minus 30 Grad sind zu viel. Aber minus 20 Grad sind in Ordnung.

Wann warst du zum letzten Mal in der Kirche?

Vor etwa 15 Jahren. Wir hatten Konfirmationsunterricht. Das war vor 16 oder 18 Jahren. Moment, ich bin jetzt 25; ich habe mich geirrt: vor elf Jahren oder so.

Hast du dich danach bewusst von der Kirche abgewandt?

Bei solchen Sachen lege ich mich nicht fest. Wenn ich zur Kirche gehen muss, werde ich gehen. Mir sind ohnehin keine bösen Dinge über die Kirche bekannt.

Du hast immerhin so Sachen wie Falling geschrieben über den Jüngsten Tag.

Ja, aber das sind nur Texte über absolute religiöse Fanatiker. Ich habe schlechte Erfahrungen mit diesen Leuten gemacht. Das sind keine Geschichten direkt über Gott. Es könnte dein Nachbar sein, den du hasst, oder sonst irgendwer. Das ist schwierig zu erklären auf Englisch.

Warum schreibst du keine Texte über globale Erwärmung oder Naturschutz?

Weil ich darüber wohl nicht all zu viel weiß. Vielleicht bin ich dumm. Ich möchte lieber über Sachen schreiben, die in meinem eigenen Kopf vorgehen, und über Erfahrungen, die ich gemacht habe. Es ist angenehm, über persönliche Sachen zu singen.

Kannst du dir vorstellen, mit den Jungs aus der Band in Urlaub zu fahren?

Ja, das könnte ich mir schon vorstellen. Aber nein, ich würde wohl eher jemand anderes als Begleitung wählen.

Welches Bandmitglied ist am klügsten?

Oh Gott, ich schätze, das ist unser Gitarrist J-V. Er ist gebildeter als der Rest.

Hast du Angst vorm Älterwerden?

Nein. So ist das Leben einfach. Ich habe vor derartigen Sachen keine Angst. Es wäre natürlich schön, gesund zu bleiben. Vielleicht bekäme ich Angst, wenn ich eine schlimme Krankheit bekommen würde wie beispielsweise Krebs. Krebs ist ein großes Thema in Finnland. Es ist hier eine Art Fluch. Es ist natürlich überall ein Fluch. Aber ich möchte nicht groß über solche Sachen nachdenken. Ich will Tag für Tag leben und das Leben genießen.

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Antony (rechts, live in Wacken 2005) über seine Texte: Ich möchte lieber über Sachen schreiben, die in meinem eigenen Kopf vorgehen, und über Erfahrungen, die ich gemacht habe.

Magst du Jazz?

Äh, nein. Denn ich verstehe diese Art von Musik einfach nicht. Ich hab keine Ahnung.

Hattest du jemals Tanzunterricht?

Einmal in meiner Schulzeit, vor zehn Jahren oder so. Wir hatten eine Stunde Tanzunterricht und ich habe es gehasst, die ganze beschissene Sache. Ich kann nicht tanzen und habe folglich nie getanzt; außer betrunken in irgendwelchen Diskos. Aber das ist nicht Tanzen, sondern irgendetwas Sonderbares.

Wie stehst du zu einstudierten Choreographien auf der Bühne?

Wenn man sich zu viele Gedanken über die Choreographie macht, sieht das am Ende meistens sehr dämlich aus, weil man jeden Schritt genau kennt. Wenn man sich nicht damit beschäftigt, läuft jeder Gig anders ab. Es sieht natürlich auch komisch aus, wenn man überhaupt keine Ahnung hat, was man auf der Bühne macht. Man wirkt verloren. Unsere Gitarristen unterhalten sich manchmal darüber, wie sie sich bei manchen Stellen verhalten, z.B. gehen sie bei melodischen Leadstellen zusammen vor an den Bühnenrand. Darüber sprechen wir bisweilen, aber wir haben keine Tanzschritte. Und auf Pyros müssen wir momentan auch keine Rücksicht nehmen. Wir werden aber vielleicht in Zukunft auch Feuer und Bomben auf der Bühne haben. Dann müssen wir uns mehr Gedanken darüber machen, wo wir uns auf er Bühne bewegen. Sonst wird es gefährlich.

Hast du in deinen Anfangstagen als Sänger zu Hause vor dem Spiegel geübt?

Nein. Als ich sechs, sieben Jahre alt war, sang ich gerne Metal-Songs nach. Ich hatte eine Akustikgitarre ohne Saiten. Ich sang Wild Child von W.A.S.P. und ein paar MAIDEN-Songs. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich das vor dem Spiegel gemacht habe. Vielleicht hier und da, wenn ich neue Klamotten habe, die ich auf der Bühne tragen will. Aber auf der Bühne verhalte ich mich dann eh ganz anders. Das ginge niemals vor einem Spiegel.

Wann hast du zum letzten Mal ein Lied oder eine Platte gehört, bei der du vor Begeisterung unwillkürlich durchs Zimmer gesprungen bist?

Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht war das vor zwei Wochen. Ich war zu betrunken, um mich genau zu erinnern. Ich müsste vielleicht meine Nachbarn fragen.

Wacken-Livefoto: Der Pohl
Anderes Livefoto: Jutze

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