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BETWEEN THE BURIED AND ME: Quer denken – Kreatives schaffen

BETWEEN THE BURIED AND ME sind Sadisten. Den Europäern schenken sie unvergleichlich gute Alben wie jüngst "The Great Misdirect", aber diesen Kontinent reiste die Band bisher so gut wie nie. Die erste ausgedente Europa-Tour wird dann auch noch im Vorprogramm von Bands wie AUGUST BURNS RED und JOB FOR A COWBOY durchgezogen, was maximal dreißig Minuten Set bedeutet. Ein etwas müder, ausgelaugter Dustie Waring, seines Zeichens Gitarrist von BETWEEN THE BURIED AND ME, der hinter der Bühne anzutreffen ist, stellt sich dennoch eine halbe Stunde tapfer und freundlich unseren Fragen.

BETWEEN THE BURIED AND ME sind Sadisten. Den Europäern schenken sie unvergleichlich gute Alben wie jüngst The Great Misdirect, aber auf diesen Kontinent reiste die Band bisher so gut wie nie. Die erste ausgedente Europa-Tour wird dann auch noch im Vorprogramm von Bands wie AUGUST BURNS RED und JOB FOR A COWBOY durchgezogen, was maximal dreißig Minuten Set bedeutet. Ein etwas müder, ausgelaugter Dustie Waring, seines Zeichens Gitarrist von BETWEEN THE BURIED AND ME, der hinter der Bühne anzutreffen ist, stellt sich dennoch eine halbe Stunde tapfer, freundlich und mit trockenem Humor unseren Fragen.


Viel hat sich für BETWEEN THE BURIED AND ME seit unserem letzten Interview geändert, auch wenn die Basis noch immer die selbe ist. Habt ihr keine Angst, dass eure Fans eines Tages keine Lust mehr auf euch haben werden, da ihr ihnen zu sehr ins Progressive abdriften könntet?
 

Nein, davor fürchten wir uns gar nicht, da unsere Fans wirklich loyal sind. Stilistisch gesehen können wir tun, was wir wollen und unser Publikum weiß das auch zu schätzen.

Es ist schon beeindruckend, dass ihr zwei so große Stücke Musik innerhalb von zwei Jahren veröffentlicht, als wäre es das normalste auf der Welt. Wie schreibt ihr die Songs, habt ihr eine Karte, einen Plan, wie ihr vorgeht? Zum Beispiel, dass erst etwas brutales kommen muss, dann ein Break, dann etwas episches, und so weiter?

So ist das gar nicht. Wir jammen dann zusammen und spielen den anderen das Material vor. Wenn jemand eine Stelle hat, dann schauen wir, wer von uns etwas geschrieben hat, das dazu passt. So gehen wir Sektion für Sektion vor und daraus entwickelt sich die Musik. Das ist ein großer Kreis von Ideen, keine große Wissenschaft. Wir jammen, und was passiert, passiert eben.

Das klingt so, als wäre das Songwriting nicht immer sehr zeitintensiv.

Nicht unbedingt, es geht sogar ziemlich schnell, wenn man bedenkt wie lange die Songs sind, und wie komplex die Musik ist. Wir haben The Great Misdirect in vier Monaten geschrieben und aufgenommen.

Mehr Zeit für das Songwriting könntet ihr auch gar nicht aufwenden, weil ihr so enorm viel auf Tour seid. Werdet ihr nicht müde davon?

Das wird jeder mal. Alle Abläufe wiederholen sich dauernd, diese Zeit greift den Körper an, man wird oft krank und alles ist generell recht hart. Aber da muss man sich ins Gedächtnis rufen, dass es einfach seine Arbeit ist, Gitarre oder Schlagzeug zu spielen. Daher haben wir viel mehr Glück mit unserem Beruf als die meisten anderen.

Ich hoffe, ihr könnt auch von der Musik leben.

Naja, manche von uns können das.

Und jetzt seid ihr zum ersten Mal auf großer Europa-Tour.

Die Tour mit MESHUGGAH und THE DILLINGER ESCAPE PLAN kann man nicht als richtige Tour werden. Das ist die erste richtige Europa-Tour und es macht Spaß.

Hättet ihr in der Vergangenheit Europa etwas öfter bereist, müsstet ihr jetzt nicht als Support unterwegs sein. Warum habt ihr euch fast ausschließlich auf die USA konzentriert?

Die Priorität lag einfach darauf, uns in den USA einen Namen zu machen und das hat ja auch gut geklappt. Wir sind in unserer Heimat ziemlich groß geworden. Aber wir hätten trotzdem öfter nach Europa kommen sollen, das ist definitiv richtig. Aber trotzdem ist es für uns jetzt schön, das ist eine komplett neue Umgebung, die wir erforschen, und wir können viele neue Fans gewinnen. Wir werden bestimmt innerhalb des nächsten Jahres wieder hier auftauchen.

Wie fühlt es sich an, zuerst in den USA eine Headliner-Tour zu fahren, mit CYNIC und THE DEVIN TOWNSEND BAND im Vorprogramm, und direkt im Anschluss in Europa den Abend vor viel kleineren Formationen eröffnen zu müssen?

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 Dunkler und echter als Colors: The Great Misdirect, das fünfte Album von BETWEEN THE BURIED AND ME.

Das hat uns schon etwas zugesetzt. Wir haben in Amerika so hart gearbeitet und konnten auf dieser Traumtour, mit unseren Helden im Vorprogramm, in den bisher größten und besten Hallen spielen. Unser letztes Konzert war am 6. Februar und am nächsten Morgen flogen wir direkt hier her. Wir hatten keine Pause und konnten uns gar nicht darauf einstellen. Das war wirklich komisch für uns, da verschiebt sich die Perspektive ein wenig.

Seit Alaska ist eure Besetzung unverändert, was man auch hören kann. Hättet ihr euch nicht so entwickeln können, wären Wechsel in der Besetzung erfolgt?

Wir kennen uns inzwischen verdammt gut. Wenn ich mir neue Demos anhöre, kann ich immer sofort sagen, wer welchen Teil geschrieben hat. Wir kennen den Stil der jeweils anderen, wir wissen in welche Richtung wir alle uns entwickeln wollen und gehen sehr konform miteinander. Es ist ziemlich einfach zusammen zu kommen und Musik zu schreiben. Es hilft auch sehr, dass wir viel Vertrauen in die anderen haben und einfach tun können, was wir wollen.

Wenn ich mir eure Sachen anhöre, denke ich mir immer, dass die straighten Sachen von dir stammen, das progressive Zeug hingegen von Paul. Ist das richtig?

Anfangs ja, weil unser Drummer Blake Richardson und ich bei GLASS CASKET gespielt haben und dort immer ziemlich direkte Musik gespielt haben und Paul hat die progressiven Sachen eingebracht. Aber heute sind wir so zusammen gewachsen, dass jeder alles zur Musik beisteuern kann. Meine Riffs sind allgemein aber schon etwas grooviger als die von Paul.

Manche behaupten, The Great Misdirect wäre einfach der zweite Teil von Colors, auch wenn offensichtlich viel mehr jazzige Elemente enthalten sind. Was hältst du davon?

Ich finde, das neue Album ist gar nicht wie Colors. Wir haben große Konzepte und wiederholen uns dadurch nicht. Außerdem klingt The Great Misdirect ganz anders für mich, es ist viel dunkler und viel echter.

Dem gegenüber stehen aber auch ein paar lichtere Momente und auch der eine oder andere Joke. Ist das ein Instrument für euch zu zeigen, dass ihr doch einfach normale Leute seid?

Wir alle sind ziemliche Idioten und haben einen ziemlich behämmerten Sinn für Humor. Wir sind garantiert keine ernsten Menschen und es ist eigentlich schon verrückt, dass wir recht ernste Musik schreiben. Wenn wir mit unserem Produzenten Jamie King zusammen treffen, dann passieren einfach verrückte Dinge. Wir denken an alle möglichen lustigen Sachen und dann kommt eben ein Pferdewiehern auf das Album. Oder so etwas wie der Redneck-Part auf Colors.

Wenn ich an den berühmten Film im Kopf denke, dann ist er bei The Great Misdirect klarer ausgeprägt als in der Vergangenheit. Und das habt ihr auch so durchgezogen. Das Video für Obfuscation ist ein richtiger Kurzfilm geworden. Wer hatte die Idee dazu und wer hat Regie geführt?

Oh, da muss ich Tommy fragen.

Spielt ihr in dem Video versteckt als Statisten mit, vielleicht als die fiesen Clowns?

Nein, leider nicht.

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Songwriting ist ein großer Kreis von Ideen und keine Wissenschaft. Dustie Waring (links) und seine Kollegen haben The Great Misdirect in vier Monaten geschrieben und aufgenommen.

Schade. Swim To The Moon ist ziemlich abgefahren, wohl euer bisher wildester Song. Es klingt, als würdet ihr um den großen Preis kämpfen, auf dem steht, wer der abgedrehteste Typ von euch ist.

So schlimm ist es nicht. Ein Album ist wie ein Puzzle und jeder hat seine Teile, die wir zusammen fügen. Es fing so an, dass Paul ein Solo hatte und dann wollte, das Tommy ein Solo nach ihm spielte. Wir haben uns einfach durch diese Teile gejammt.

Habt ihr auch im Studio gejammt?

Die ganze Musik war schon geschrieben als wir ins Studio gingen. Aber Jamie ist musikalisch gesehen einer der intelligentesten Menschen, die ich bisher getroffen habe. Er weiß was wo passt und spornt die Kreativität des Musikers extrem an. Über ein paar Solos und Strukturen waren wir uns nicht ganz sicher, da haben wir viel daran gearbeitet. Er ist wirklich gut darin, jemanden zum denken zu bewegen.

Auf Swim To The Moon gibt es noch einen großartigen Gesangseinsatz von Chuck Johnson. Der kann wirklich was, wer ist das eigentlich?

Wer? Jack? Ach so, Chuck! Ich dachte, du hättest gerade behauptet Jack Johnson ist auf The Great Misdirect zu hören. (lacht) Chuck ist Gitarrist und Sänger bei NIGHTBEAR und spielt Bass bei TORCH RUNNER, außerdem macht er bei uns den Merchandise-Verkauf und das Licht auf Tour. Er schießt sogar unsere Bandfotos. Jedenfalls mögen wir seine Stimme, und als wir diesen altmodischen, angepissten Hardcore-Part geschrieben haben, fanden wir, dass es wie gemacht für ihn ist.

Gastgesang ist bei BETWEEN THE BURIED AND ME ja nicht gerade üblich.

Tommy schreibt die Gesangslinien und entscheidet, ob er einen Gast auf den Alben haben will. Auf The Great Misdirect hatten wir zum ersten Mal einen zweiten Sänger an Bord, abgesehen vom Debütalbum, als Will Goodyear noch den Klargesang beigesteuert hat. Er weiß ganz genau, was er will, wenn es sich um Gesang dreht. Lange bevor wir anfingen The Great Misdirect zu schreiben, hat er schon davon geredet, dass Chuck auf dem Album singen solle. Es fehlte nur noch der richtige Part für ihn.

Eigentlich ist es nicht nötig zu fragen, da ich den MR BUNGLE -Sticker auf Tommys Keyboard gesehen habe, aber ist Mike Patton wirklich so ein großer Einfluss für euch?

Ich finde, der Typ ist völlig krank, aber keiner von uns steht auf ihn so wie Tommy. Ich mag von seinen Bands FAITH NO MORE am liebsten. Aber Tommy ist von allen Projekten Mikes sehr beeinflusst.

Wenn es bei BETWEEN THE BURIED AND ME Teile im Stil von THE MARS VOLTA, von OPETH, von PINK FLOYD und auch von brutalen Sachen gibt, ist das so, als würdet ihr euch in einem Supermarkt einfach so bedienen?

Wir stehlen von niemandem. Wir spielen einfach das Zeug, das wir mögen. Wir hören uns auch diese Bands alle an, aber wir stehlen nicht von ihnen. Das haben wir auch gar nicht nötig.

Ist das noch immer euer Hardcore-Background, einfach das durchzuziehen, was ihr wollt, ohne Rücksicht auf Verluste?

Ja, darum sollte es doch beim Musik machen gehen. Das zu tun, worauf man Lust hat. Viel zu viele Bands folgen Trends und spielen das Gleiche. Aber The Great Misdirect und natürlich BETWEEN THE BURIED AND ME allgemein drehen sich nicht darum. Uns ist es wichtig, quer zu denken und etwas Kreatives zu tun.

Das Albumkonzept handelt davon, was unser Gehirn alles kann, von dem wir aber gar nichts wissen.

Darum geht es in Obfuscation. Tommy kann das soviel besser erklären. Aber dennoch, es geht darum, so vieles nicht zu verstehen, egal ob Außerirdische, Gott, oder das menschliche Gehirn und den Körper. Das ist einfach zu groß für uns.

Kommen wir zu einem einmaligen Event für BETWEEN THE BURIED AND ME: Die Colors Live-Show war eine einmalige Sache. Wir hat sich das für euch angefühlt?

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Wir sind garantiert keine ernsten Menschen und es ist eigentlich schon verrückt, dass wir recht ernste Musik schreiben. Dustie Waring und seine Freunde sind auch nur Menschen.

Es war fantastisch. Leute aus der ganzen Welt kamen angereist um nur uns zu sehen. Sie zahlten viel Geld, nur um BETWEEN THE BURIED AND ME live sehen zu können, ohne eine andere Band dabei zu haben. Wir sind für diesen Abend sehr dankbar und glücklich, dieses Konzert gespielt zu haben. Die harte Arbeit, die wir die Jahre zuvor in die Band gesteckt haben hat sich bis zu diesem Zeitpunkt dort am meisten ausgezahlt.

Die strahlendste Stunde in der Geschichte von BETWEEN THE BURIED AND ME?

Ich weiß nicht so recht, die letzte Tour in den USA war noch ein Stück besser. Diese Tour war das Highlight unserer Karriere.

Und nach der jetzigen Tour geht es auch gleich weiter in die USA mit MASTODON und BARONESS.

Nicht ganz. Am Tag nach dieser Tour werden wir wirklich gleich nach Singapur fliegen und in Thailand, Japan, Australien und Hawaii spielen. Danach haben wir anderthalb Wochen frei und dann wird es mit MASTODON weiter gehen.

Wow, dann habt ihr aber keine Familien, oder?

Doch, wir haben alle Freundinnen. Glücklicherweise wissen sie, dass wir in dieser Band schon lange bevor wir sie kennen gelernt haben, spielten. Ihnen ist es wichtig, dass wir unseren Traum leben können, denn wir sind in der glücklichen Situation, gerne zur Arbeit zu gehen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Das ist natürlich manchmal auch hart für die Beziehung, sogar für Menschen, die keine Beziehung haben. Auf Tour zu sein, ist garantiert kein einfacher Lebensstil.

Denkt ihr manchmal über ein Leben nach BETWEEN THE BURIED AND ME nach?

Ich glaube nicht, dass es ein danach geben wird. Wir machen das hier schon lange, und wir werden so lange weiter machen, wie es uns die Zeit erlaubt. BETWEEN THE BURIED AND ME ist unser Leben.

Progressive Rock und Progressive Metal sind in den USA ziemlich angesagt. Aber MASTODON und THE MARS VOLTA sind doch noch etwas größer als ihr. Liegt das daran, weil ihr extremer seid?

Ich weiß es nicht. MASTODON haben einfach ein größeres Team hinter sich, sie sind auf einem Major-Label und wir haben erst seit acht, oder neun Monaten überhaupt ein Management. MASTODON sind doch etwas leichter verdaulich und sprechen eine größere Masse an als wir.

Wie sieht es mit BETWEEN THE BURIED AND ME und einem Major-Label aus?

Ich weiß es nicht. Wir haben unseren Vertrag mit VICTORY RECORDS jetzt erfüllt und wir haben noch nichts ins Auge gefasst. Momentan sind wir dafür vor lauter touren auch zu beschäftigt.

Immerhin habt ihr schon einen großen Schritt in eine Richtung getan, die den Massen gefällt. Prequel To The Sequel ist ein Song auf Rock Band. Bist du darin gut?

Nein, überhaupt nicht, ich spiele es auch gar nicht. Es geht nämlich nichts über eine richtige Gitarre. (lacht)

Glaubst du, das solche Spiele die Kids dazu bringen, wirkliche Musik zu spielen.

Da bin ich ehrlich gesagt komplett überfragt. Aus dem Bauch heraus denke ich, dass dies eher das Gegenteil erzeugt. Wer wirklich gut bei Rock Band und Guitar Hero ist, der wird an seinem ersten Tag mit einer richtigen Gitarren fürchterlich versagen. Es dauert lange und erfordert harte Arbeit, an der Gitarre gut zu werden. Meistens sind es sogar Jahre bis man richtig gut wird, und die wenigsten haben die Geduld dafür.

Wie lange spielst du eigentlich schon dein Instrument?

Circa dreizehn Jahre.

Magst Du die South Park-Episode über Guitar Hero.

Nein, ich mag sie nicht. Ich finde sie brillant.

Dustie, danke für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg mit BETWEEN THE BURIED AND ME.

Ach ja, kommt auf unsere Konzerte und ladet euch unsere CDs runter. Wir haben nämlich keine.

Foto 1 und 2: (c) Justin Reich, Foto 3: (c) Chuck Johnson, Artwork: (c) Victory Records
Layout: Captain Chaos

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