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WOVENHAND: Silver Sash

Sechs Jahre nach „Star Treatment“ endlich ein neues WOVENHAND-Album, und David Eugene Edwards Mission ist Gott sei Dank nach wie vor dieselbe. Doch ist der alttestamentarische Goth-Americana-Prototyp noch so frisch und intensiv wie gewohnt?

Ob David Eugene Edwards Glaube ähnlich auf die Probe gestellt wurde, wie derjenige von vielen Katholiken dieser Tage? Seit 2016 kein neues WOVENHAND-Album, da wächst die Sorge – ist der Großmeister in der Krise? Wie gut, dass der charismatische Musiker weiterhin auf seinem Pfad wandelt. Denn nur wenige christliche Musiker sind im Metalbereich ähnlich anerkannt und respektiert (obwohl WOVENHAND keine Metalband sind) wie er, und doch bleibt er seiner Spiritualität stets treu. Es ist WOVENHANDs eigener Weg, bei dem Düsternis hier auf Licht trifft, die etwas in der Seele aller Musikhörer mit Hang zur Tiefe auslösen. Ich meine, wer sonst schreibt Endzeit-Songs wie Gleichnisse in einer Ästhetik ähnlich der von Cormac McCarthy?

WOVENHAND suchen wieder das Licht: Mit „Silver Sash“ kehrt David Eugene Edwards zurück zur Klarheit früherer Alben wie „Mosaic“

Mir persönlich war etwas mulmig zumute, von David Eugene Edwards so lange nichts zu hören. „Star Treatment“, das im Herbst 2016 erschien, war das letzte Album von WOVENHAND, dazwischen gab es nur ein Projekt des Frontmannes mit Alexander Hacke von den EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN. Umso schöner ist es, dass WOVENHAND nun wieder predigen. Staubig, mystisch und archaisch ist „Silver Sash“, das zehnte Album der urtümlichsten aller Goth-Americana-Formationen – und bietet Vertrautes und ein wenig Neues zugleich.

Zusammen mit Gitarrist und kreativem Kollaborationspartner Chuck French (ex-PLANES MISTAKEN FOR STARS) arbeitete sich David Eugene Edwards durch viele musikalische Fragmente und puzzelte neun Stücke zusammen, die am Ende aber sehr homogen wirken. Natürlich, allein die Präsenz von Edwards bewirkt, dass WOVENHAND auch mit diesem Album unverkennbar sie selbst sind: Der unglaublich beschwörende Gesang und die Gitarren sind zu einhundert Prozent charakteristisch.

Von wegen Fragmente: WOVENHAND zaubern auf „Silver Sash“ neun kompakte, starke Songs, deren Charakter unverkennbar ist.

„Silver Sash“ mag ein kurzes Album sein, aber es wirkt absolut komplett und ist wunderbar ausgewogen. Schon „Refractory Obdurate“ und „Star Treatment“ waren dicht und praktisch frei von schwachen Stücken, dieses Mal funktioniert die Musik noch ein wenig besser. Die Pole, zwischen denen WOVENHAND seit langem pendeln – die folkige und die rockige Seite – werden großartig ausbalanciert, die Stärken des Projekts sind hier optimal gebündelt. „Temple Timber“, der Startpunkt des Albums, der sich durch meditative Heaviness auszeichnet, deutet schon an, dass es hier ums Ganze geht.

WOVENHAND gaben sich noch nie mit Schönklang zufrieden, auch nicht mit griffigen Riffs, „Silver Sash“ ist da keine Ausnahme. Dunkle, ruhige Stücke wie „Duat Hawk“ stehen neben zeremoniellen Nummern wie „Acacia“ und bezeugen, dass hier etwas mit Bedeutung geschieht. Auch die treibenden, staubig-rockenden und höllisch groovende Stücke im Mittelteil des Albums „Dead, Dead Beat“, „Omaha“ und „Sicanagu“ werden mit der Ernsthaftigkeit einer von Feuer und Schwefel untermalten Predigt eines Weltuntergangspropheten dargeboten. Sicher, an dieser Stelle bieten WOVENHAND nach über zwanzig Jahren nichts Neues mehr – aber die Frische ist geblieben.

Auch wenn WOVENHAND auf „Silver Sash“ nichts Neues bieten, klingen sie frisch und klar wie seit langem nicht.

Dass große Teile des Albums in der Pandemie entstanden, ist kaum zu hören. „Silver Sash“ ist organisch, lebendig und instrumental kaum reduzierter als die Vorgänger. Höchstens die dezent eingesetzten elektronischen Elemente in „The Lash“ und dem abschließenden Titelsong erneuern den Sound subtil. WOVENHAND beeindrucken aber vor allem auf der Metaebene: Die langen Jahre der Arbeit an diesem Album haben nicht dazu geführt, dass sich „Silver Sash“ verzettelt anfühlt, viel mehr ist eine Klarheit zu hören, wie es sie seit „Mosaic“ nicht gab – das lässt sich auf dem unfassbar guten „8 Of 9“ nachhören. Ganz klar, das Highlight des Albums

Ob David Eugene Edwards an diesem Album gezweifelt hat, lässt sich nicht sagen. Das Publikum braucht das jedenfalls nicht zu tun. Die Angst, dass WOVENHAND ihren eigenen Standard nicht mehr halten können, ist unbegründet. „Silver Sash“ bringt WOVENHAND ins neue Jahrzehnt, ohne auch nur eine Spur Altersstarrsinn und Müdigkeit zu zeigen. Die Spiritualität und Tiefe wirkt ebenso frisch und authentisch wie vor zwanzig Jahren. Das trifft mitten in die Seele und erzeugt durchaus die Sehnsucht nach tiefen, religiösen Gefühlen; nach etwas, das Bedeutung hat und Trost bietet. Ganz ehrlich: Die einzige Kirche, der ich folgend würde, ist die von WOVENHAND.

Wertung: 2,5 Dreifaltigkeiten

VÖ: 4. Februar 2022

Spielzeit: 32:37

Line-Up:
David Eugene Edwards
Ordy Garrison
Chuck French
Neil Keener

Label: Glitterhouse

WOVENHAND „Silver Sash“ Tracklist:

1. Temple Timber
2. Acacia
3. Duat Hawk (Official Audio bei Youtube)
4. Dead Dead Beat (Official Audio bei Youtube)
5. Omaha
6. Sicagnu
7. The Lash
8. 8 Of 9
9. Silver Sash

Mehr im Netz:

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