Das morbid-stimmungsvolle Cover erinnert an ein Szenario aus einem Western. Aber SIGH sind weit westlicher anzusiedeln als der Wilde Westen, ja so weit, dass sie im Fernen Osten zu Hause sind, im Land der aufgehenden Sonne. Neu in der Szene sind die Japaner beileibe nicht, Anfang der Neunziger Jahre waren die Samuraischwarzmetaller als Exoten bei Euronymus´ Label DSP unter Vertrag und präsentierten auf Scorn Defeat bizarren Black Metal und ihre Vorliebe für Schwerter und Äxte.
Anno 2005 sind Corpsepaint und Samuraischwerter vom Bandfoto verschwunden, statt dessen hat es eine Sitar auf das Bild geschafft, die gewohnt ungewohnte Mucke erwarten lässt. In der Tat hat sich die Truppe um Multiinstrumentalist Mirai stilistisch neu orientiert und Gallows Gallery stellt eine Art Klangmuseum mit verschiedensten Exponaten dar. Gleich im groovenden Opener kombinieren SIGH SUIDAKRA-Drive mit DSHINGIS KHAN-Feeling und mischen noch eine große Portion DEEP PURPLE dazu. Die Spielweise der Hammondorgel erinnert an einen sehr abgedrehten Jon Lord, doch SIGH können es auch noch verrückter. Hierzu gesellt sich stellenweise ein hymnischer Klargesang à la BLIND GUARDIAN – vorausgesetzt, man gibt ihnen vor der Performance genügend magische Pilze. Trotz dieser stilistischen Eskapaden wirkt die Kreation noch immer schlüssig und macht hungrig auf mehr, beziehungsweise auf den Anspieltipp mit hohem Ohrwurmfaktor: In A Drowse. Wieder zeigt sich Tastenmeister Mirai von seiner einfallsreichen Seite, wenn es darum geht, die coolen Melodien der NES-Mega Man-Zeiten metallisch zu verwursten und mit stilvollen James Bond-Streicherklängen zu kombinieren. Dazu gesellt sich dann noch der sensationelle Auftritt eines Saxofons.
Ähnlich wild geht der japanische Trip weiter. Seien es indisch anmutende Klänge in The Enlightement Day, welche an die Before These Crowded Streets-Zeiten der DAVE MATTHEW`S BAND erinnern oder die flotten QUEEN-Anleihen in Confession To Be Buried – SIGH behalten den Überblick und geben sich als gewandte Steuermänner für Reisende, die sich auf Gallows Gallery eingelassen haben. Manchmal beschleicht einen der Eindruck, der Stil könne als Disneyland Metal bezeichnet werden, da quasi an jeder Ecke eine neue Sensation, an jedem Riffende ein anderer Stil auf seinen Besucher bzw. Hörer wartet. Doch SIGH können auch anders und gemahnen im bereits dem Titel nach beruhigenden The Tranquilizer Song zeitweise an die unheimlich ruhigen Töne von BOHREN UND DER CLUB OF GORE. In Gavotte Grim werden zudem ebenfalls gemütlichere, stimmungsvolle, soundtrack-artige Dimensionen erforscht. Denn so wild und abwechslungsreich SIGH auch kredenzen und herumtoben, es ist stets Leidenschaft, Atmosphäre und Geist in ihren manchmal fast schon überladenen Kreationen.
Leider hat Gallows Gallery einen bedauerlichen Schwachpunkt: die Produktion. Obwohl das Werk mit einem guten Mastering versehen wurde, wirken die Drums etwas unausgewogen und manche der Rhythmusgitarren etwas dumpf. Hier wünschte man sich, dass SIGHs Werk sich die transparente Produktion von THYRANEs Travesty Of Heavenly Essence hätte krallen können, da so die einzelnen Elemente einfach soundtechnisch besser zur Geltung gekommen wären. Abgesehen davon reihen sich SIGH in die Riege der musikalischen Freaks ein, wo etwa STARGAZER, TRANSCENDING BIZARRE? oder CROTCHDUSTER (wenn man die pornographischen Anleihen und Cain weglässt) zu finden sind. Das störrische Gallows Gallery empfiehlt sich somit für Querdenker, interessierte Japanologen, Freaks und als Soundtrack für bewusstseinserweiternde Experimente.
Veröffentlichungstermin: 03.10.2005
Spielzeit: 44:38 Min.
Line-Up:
Shinichi (CUTTHROAT): Gitarre
Satoshi: Bass
Junichi: Drums
Mirai (NECROPHAGIA, CUTTHROAT): Vocals, Keyboards, Sitar, Tabla etc.
Label: Candlelight Records
Homepage: http://sigh.gospel-virus.net
Tracklist:
1. Pale Monument
2. In A Drowse
3. The Enlightenment Day
4. Confession To Be Buried
5. The Tranquilizer Song
6. Midnight Sun
7. Silver Universe
8. Gavotte Grim
9. Messiahplan
10. –
11. The Tranquilizer Song (David Harrow Mix)