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EMPYRIUM: Über den Sternen

EMPYRIUM bescheren ihrem Label Prophecy Productions zum 25-jährigen Jubiläum einen liebevollen Querschnitt aus ihrem Schaffen – in Form hervorragender neuer Songs.

Anno 1997 gab es keinen Superlativ, den mein 15-jähriges Ich nicht für die ersten beiden Alben von EMPYRIUM zur Verfügung gehabt hätte: „A wintersunset…“ und „Songs of moors & misty fields“ – vor allem Letzteres – erschütterten mich derart positiv in meinem Innersten, dass ich tagelang nichts anderes tat, als zu dieser Musik in naturromantischen Phantasien zu versinken: EMPYRIUM waren der Katalysator meines jugendlichen Überschwangs. Dass Markus Stock und Andreas Bach mir auch noch alters- und namensbezogen ähnlich waren, tat sein Übriges, und meine Lieblingsband war gefunden.

Im Laufe der Jahre wurden wir gemeinsam erwachsen, und gemeinsam verloren wir die Naturromantik etwas aus den Augen; unvergessen Markus “Schwadorf” Stocks Ankündigung, nach dem vierten Album „Weiland“ alles zum Thema gesagt zu haben und sich nun eher auf sein Projekt THE VISION BLEAK konzentrieren zu wollen: Es war mir recht, hatte ich mich doch so langsam auch zu anderen, urbaneren Gefilden orientiert.

Irgendwann kommen sie wieder

In der Mitte des Lebens jedoch kehren wir zurück. Schon seit einigen Jahren höre ich am liebsten wieder (natur-)romantische Musik, und auch EMPYRIUM sind nach der für mich musikalisch zunächst eher enttäuschenden Reunion 2010 seit der hervorragenden 7“ „The Mill“ 2015 sukzessive auf dem Weg zurück zu Wald und Flur und alter Stärke, zunächst nur live, nun endlich, pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum des Labels, das sich einst wegen ihnen geründet hatte, auch auf Platte. Die Ankündigungen zum nun vorliegenden Werk „Über den Sternen“ mussten jede*n Liebhaber*in der alten Klänge regelrecht verrückt machen vor Vorfreude, und als dann die Vorabsingles kamen und das Fan-Feedback regelrecht euphorisch ausfiel, konnte ich mich auch nur sehr schwer davon abhalten, vor Erhalt der Promo die Singles anzuhören.

Zum Glück jedoch hab ich’s getan, denn ich bin nicht nur seit jeher unverändert fanatischer Album-Hörer, ich bin auch davon überzeugt, dass es meiner Rezeption des Werks nicht gut getan hätte, wenn ich den abschließenden Titeltrack zuerst gehört hätte – zu dramatisch und bombastisch kommt er daher, so dass ich vermutlich von den Songs davor etwas anderes erwartet hätte als das, was ich dann bekommen habe.

„Über den Sternen“ nämlich startet angesichts der Old-School-Ankündigung erstaunlich ungewöhnlich, mit einem Schlagzeugspiel, das eher an NOEKK erinnert, jenes andere Projekt von Markus Stock und Thomas Helm, das sich auf seinen letzten Veröffentlichungen auch schon der naturmystischen Atmosphäre EMPYRIUMs massiv angenähert hatte. Gleichzeitig brilliert „The Three Flames Sapphire“ aber auch mit klassischen EMPYRIUM-Trademarks wie dem nun leider erwachsen gewordenen Kreisch- und dem zum Glück unverändert sonoren Klargesang Stocks; beide inzwischen auch gut bekannt von seinem Black-Metal-Projekt SUN OF THE SLEEPLESS, dessen triumphale Rückkehr die Besinnung auf die gute alte Zeit ja vor einigen Jahren mehr oder weniger eingeläutet hatte.

“Über den Sternen” ist eine Quintessenz

Ja, alles in allem wirkt „Über den Sternen“ insgesamt wie eine logische Zusammenführung aller drei Projekte – und von EMPYRIUM zudem aller Schaffensphasen. Das ist nicht immer toll – „Moonrise“ z.B. enttäuscht als halbakustisches instrumentales Zwischenstück doch ein wenig, lässt es doch die Magie der herrlichen Gitarrenstücke auf „Where At Night The Wood Grouse Plays“ und „Weiland“ einfach vermissen. Auch die esoterisch anmutenden Elemente aus der „Turn Of The Tides“-Phase – Dulcimer und einzelne Percussions – stören für meinen Geschmack das Album eher, als dass sie es bereichern, auch wenn Dulcimer und Cello in „In The Morning Mist“ durchaus eine dem Titel entsprechende, sehr angenehme Stimmung erzeugen.

Der Qualität der Songs an sich tut das Gemecker ohnehin keinen Abbruch: Jedes Stück weist fabelhafte Gänsehaut-Momente auf, und in puncto Bombast macht EMPYRIUM hier so schnell keiner was vor. Meine Favoriten sind „The Oaken Throne“ und das etwas an „Mourners“ erinnernde „The Wild Swans“, die mich zuverlässig mit einfachen Mitteln in meinen Lieblings-Finsterwald entführen. Richtig angenehm altbacken wird es jedoch erst am Ende, eben mit dem Titeltrack, dessen Synthesizer-Flächen und schamloser Prunk deutlich die jugendliche Leidenschaft des Debütalbums aufflammen lassen.

So richtig wird die Magie der Frühwerke freilich nie erreicht – wie denn auch? Dass die Melange aus skandinavischem Prog der Marke NOEKK und EMPYRIUM der Marke 90er, garniert mit etwas „Turn Of The Tides“, aber grundsätzlich funktioniert, daran besteht auf Albumlänge kein Zweifel: „Über den Sternen“ ist ein überzeugendes Comeback, das Nostalgikern wie mir einige Freude bereitet. Die große Magie wird zwar weiterhin von der Jugend vollbracht, aber dafür ist sie ja nun auch da.

Spielzeit: 52:34 Min.

Veröffentlichung am 26.2.2021 auf Prophecy Productions

EMPYRIUM “Über den Sternen” Tracklist

1. The Three Flames Sapphire (Video bei YouTube)
2. A Lucid Tower Beckons On The Hills Afar
3. The Oaken Throne
4. Moonrise
5. The Archer
6. The Wild Swans
7. In The Morning Mist
8. Über den Sternen (Audio bei YouTube)
9. The Crimson Heath (Bonustrack Artbook und Box)

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