BOSTON: Life, Love & Hope

Mitreißendes Songwriting, starke Stimmen und der unverkennbare, herrlich warme Gitarrensound von Tom Scholz – eigentlich hat die CD alles, was ein tolles Melodic Rock-Album ausmacht. Und doch schmälert die unausgereifte Produktion einmal mehr das Hörerlebnis.

Mitreißendes Songwriting, starke Stimmen und der unverkennbare, herrlich warme Gitarrensound von Tom Scholz – eigentlich hat die CD alles, was ein tolles Melodic Rock-Album ausmacht. Und doch schmälert die unausgereifte Produktion einmal mehr das Hörerlebnis. Schon alleine das Plastikschlagzeug killt einen Großteil der Atmosphäre. Dazu kommt, dass die Stücke manchmal recht plötzlich enden oder aber uninspiriert ausgeblendet werden. Und schließlich geht im Durcheinander der Instrumente ein Großteil der Dynamik verloren. Tolle Gitarrenleads verkümmern beim Instrumental Last Day Of School auf halber Lautstärke, während bei Didn`t Mean To Fall In Love ein – wirklich passendes – Orgelbreak plötzlich mit einer Wucht auftritt, die einfach nur irritiert. In dieser Hinsicht macht es auch wenig Sinn, dass gleich drei Songs vom Vorgänger-Album Corporate America in überarbeiteter Form mit am Start sind.

Das Songwriting bietet 100% BOSTON. Die Melodieführung ist dermaßen typisch, dass das ständige Weiterreichen des Mikrofons von Lied zu Lied kaum auffällt und erst recht nicht stört. Selbst das von Tom Scholz selbst gesungene Love Got Away fügt sich nahtlos ins Gesamtbild ein. Traumhaftige Harmonien treffen auf grandiose Melodien. In dieser Hinsicht hätte Life, Love & Hope auch problemlos Anfang der 80er entstanden sein können. Anno 2013 wirkt gerade die optimistische, aber nie kitschige Grundstimmung, die sich auch im Albumtitel widerspiegelt, wie ein Anachronismus. Liebe statt Zynismus!

Es ist ein Jammer, dass die Musik ihr Potenzial nicht entfalten kann, weil sie in einer Produktion steckt, die bestenfalls Demoniveau hat. Manchmal möchte mal einfach noch mal einen Gesangsdurchgang mit weniger Zurückhaltung einfordern (was im Falle des 2007 verstorbenen Brad Delp freilich unmöglich ist). Manchmal sollten die Backing Vocals einfach im Hintergrund bleiben, statt die Hauptmelodie zu überlagern (Someday). Ach, was ergehe ich mich an Details? Hier bräuchte es einen ordentlichen Schlagzeuger, einen zumindest passablen Tontechniker und einen gescheiten Mix, der für ein ausgewogenes Klangbild sorgt. Vielleicht sollte Tom Scholz auch einfach das nächste PLACE VENDOME-Album komponieren.

So bin ich am Ende dieses Reviews nicht nur hin- und hergerissen, was ein Fazit angeht. Meine Eltern haben und mögen die alten BOSTON-Alben, weshalb ich mit dem Gedanken spiele, ihnen Life, Love & Happiness zu Weihnachten zu schenken. Doch ich zögere, weil ich eigentlich nichts verschenken will, das derart halbfertig klingt. Somit verbleibe ich mit der Empfehlung, dass nur AOR-Fans mit hoher Frustrationstoleranz viel Freude mit diesem Album haben werden.

Veröffentlichungstermin: 06.12.2013

Spielzeit: 42:52 Min.

Line-Up:
Tom Scholz: Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard, Gesang (7,8,9)

David Victor: Gesang (1)
Brad Delp: Gesang (2,4,10)
Kimberley Dahme: Gesang (4,6,9)
Tommy Decarlo: Gesang (5,7,9,11)

Produziert von Tom Scholz
Label: Frontiers

Homepage: http://bandboston.com/

Tracklist:
1. Heaven On Earth
2. Didn`t Mean To Fall In Love
3. Last Day Of School
4. Sail Away
5. Life, Love, And Hope
6. If You Were In Love
7. Someday
8. Love Got Away
9. Someone (2.0)
10. You Gave Up On Love (2.0)
11. The Way You Look Tonight

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