WITH FULL FORCE 2001

Das WITH FULL FORCE 2001 war mal wieder ein vorbildliches Metal-Festival! Ihr wollt euch selbst davon überzeugen? Dann lest diesen Bericht..!




With Full Force Open Air 2001

22.06.2001 bis 24.06.2001

Die Bericht-Übersicht:

Freitag, 22.06.2001

FARMER BOYS

MEGADETH

CRADLE OF FILTH

SUICIDAL TENDENCIES

H-BLOCKX

MOTÖRHEAD

SIX FEET UNDER

VADER

Samstag, 23.06.2001

TANKARD

GLUECIFER

IN FLAMES

DEVIN TOWNSEND

PAIN

CRACK UP

Sonntag, 24.06.2001

HOLY MOSES

UNLEASHED

CATHEDRAL

NEVERMORE

STAMPIN GROUND

JUDAS PRIEST

Ende gut? ALLES gut!

FREITAG, 22.06.2001

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Tief im Osten, wo sich Bemme, Broiler und Spreewaldgurke gute Nacht wünschen, fand auch dieses Jahr wieder das WITH FULL FORCE-Festival statt. Wie schon in den vergangenen Jahren war das With Full Force auch im Jahr 2001 ein rundum gelungenes Open Air: Nette Security, relaxte Leute und eine Running-Order, die für jeden Freund harter Klänge etwas bereit hält und nicht zur Hatz nach den Bands ausartet, wie es zum Beispiel auf dem Wacken Open Air der Fall ist. Das einzige, was da noch schief gehen könnte, ist das Wetter – aber auch das war, trotz anders lautender Prognosen, durchaus festivalfreundlich (am Sonntag musste sogar die Feuerwehr ausrücken, um den Mob vor der Bühne mit einem massiven Wasserstrahl abzukühlen). Abgesehen von kleineren Staus bei Leipzig verlief die Fahrt durch halb Deutschland ohne Probleme bis zum Festivalgelände in Roitzschjora, wo wir, im Gegensatz zum letztjährigen WITH FULL FORCE nicht eine Minute mit dem Auto vor dem Einlass warten mussten. So muss das (organisiert) sein! Nachdem die erste Bierdose zum persönlichen Festivalbeginn geöffnet war, machten wir uns auf den Weg zur Mainstage, von wo aus uns schon laute Klänge entgegen schallten: Es war endlich wieder so weit – es war Festival-Zeit!

FARMER BOYS

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Letztes Jahr noch auf der kleinen Bühne im Zelt, 2001 auf der Hauptbühne. Ein weiterer Beweis, dass die Band mit ihrer Scheibe “The World Is Ours” alles richtig gemacht hat. Trotzdem konnten die Stuttgarter nicht vor allzu vielen Leuten auftreten, da am Freitag nachmittag noch viele Leute mit Zeltaufbau beschäftigt waren, bzw. am Einlass warteten. Beim zweiten Song fiel der Bass komplett aus, die Reaktionen der Fans waren bei weitem nicht so euphorisch wie bei den Clubshows,
die Setlist bestand fast nur aus Songs der aktuellen Scheibe, an der ich mich wohl auch etwas überhört habe. Kurzum: Der Gig war o.k., aber nicht umwerfend. Wird einfach Zeit für neuen Stoff. Positiv erwähnen muß ich noch, dass Matze
diesmal auf seine dämlichen “Ich liebe den VfB”-Ansagen verzichtete und mit einem superkultigen alten METALLICA Shirt auftrat. Nicht falsch verstehen, der Gig hat trotzdem Spaß gemacht. Aber eine etwas bessere Setlist (“Never Let Me
Down again!!!), mehr Bewegung auf der Bühne (einzig Alex bangte ab und zu) und aus einem befriedigenden Gig, hätte wieder ein sehr guter werden können.

MEGADETH

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Laut Eintrag von Dave Mustaine auf der offiziellen Homepage spielte die Band in Leipzig einen der schnellsten Gigs ihrer Karriere. Er hatte wohl Recht, denn nach den beiden neuen Songs am Anfang (“Dread And The Fugitive Mind”, “Kill The King”) gab es nur noch schnellen Stoff. “Wake Up Dead”, “Tornado Of
Souls”, “Peace Sells…”, “Symphony Of Destruction”, “Holy Wars”. Und zu Mitte des Gigs “Return To Hangar” gefolgt von “Hangar 18”. Da gab es keine Zeit zum Luftholen. Vor der Bühne war es auch richtig eng und ständig wurden Leute
rausgezogen. Stimmungsmäßig war um einiges mehr los, als bei SAVATAGE oder CRADLE OF FILTH. Legendär war der durchgeknallte Typ im MISFITS-Shirt, welcher sich bei den schätzungsweise 78 Soli der beiden Hangar Songs, Luftgitarre spielend am Boden wälzte. Coooool. Für einige war das letzte Werk der Band doch eine kleine Enttäuschung, bzw. die Aussagen im Vorfeld kontraproduktiv. Live sind MEGADETH 2001 aber eine echte Einheit und treten mächtig Hintern.
Sympathisch wirkte auch das Auftreten von Mustaine, welcher seine Ansagen bzw. die Vorstellung der Band in deutscher Sprache versuchte.

CRADLE OF FILTH

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Die Voraussetzungen waren recht ungünstig, der verhangene Himmel brach auf und vereinzelte Sonnenstrahlen bahnten sich durch die Wolken. Die englischen Vampirliebhaber trauten sich trotzdem auf die Bühne – leider war es nicht nur einfach zu hell für die Band, sondern auch der Sound ließ zu wünschen übrig. Nun, CRADLE OF FILTH machten dennoch das Beste aus der Situation und nahmen die zahlreichen Fans mit auf einen Streifzug durch die Bandhistory, von “The Principle Of Evil Made Flesh”, “The Forest Whisper My Name”, “Dusk And Her Embrace” sowie neuere Stücke wie “Lord Abortion” war für jeden etwas dabei. Als Backgroundsängerin verlieh Sarah den Songs zusätzlich Gewicht, und auch showtechnisch hatten sich CRADLE OF FILTH etwas einfallen lassen: Kreischzwerg Dani war ständig in Bewegung und zu “The Principle Of Evil Made Flesh” durften sich im mittlerweile einsetzenden Regen zwei Damen entkleiden – der Wettergott schien ein Einsehen zu haben und bedachte das Publikum mit Windböen und Regenschauern, was zwar ungemütlich war, aber weitaus besser zur Musik passte. Zwischendurch erschien ein Teufel auf Stelzen, der allerdings gegen die Stripperinnen kaum eine Chance hatte – die Blicke der meisten Zuschauer waren gebannt auf die beiden gerichtet, deren Show lange nicht so ordinär wirkte wie man sich das vorstellen könnte. Insgesamt ein ganz guter Auftritt, bei dem aber nicht viel Atmosphäre aufkam – um die Show zu sehen musste man schon sehr weit vorne stehen und ein Open Air ist einfach nicht der Rahmen, in dem die richtige Atmosphäre für eine Band wie CRADLE OF FILTH aufkommen will.

SUICIDAL TENDENCIES

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Nichts habe ich erwartet von Psycho Mike und seinen Mannen. Zu dämlich und überflüssig war sein letztes Konzert 1998 in Nürnberg. Schnelle Hardcore Nummern, durchgeknallte Ansagen, ein matschiger Sound, kompletter Verzicht auf Songs der “Metal”-Scheiben der Band… Nee, das waren nicht mehr die SUICIDALS die ich Anfang der 90er geliebt habe. Das letzte Studiowerk war auch nicht das Gelbe vom Ei. Aber nach diesen 60 Minuten war ich wieder Fan der Band. Was war geschehen? Mike rannte in seiner unnachahmlichen Art wie ein Irrwisch über die Bühne. Aber es wurden Songs gespielt und nicht doofe Statements in atemberaubender Geschwindigkeit vorgetragen! Dies ist schon mal ein ganz dicker Pluspunkt, ebenso der verzicht auf überflüssige Lieder, die nichts mit SUICIDAL zu tun haben (wie “Su Casa Es Mi Casa” – diese Funknummer braucht nun wirklich keiner). Stattdessen Hits wie “You Can`t
Bring Me Down” oder “Send Me Your Money”. Zu Abschluß des Gigs, dann das Highlight des Abends. Mike bat die Fans auf die Bühne um mit ihm die
Hymne “Pledge Your Allegiance” zu singen. Ca. 50 Leute ließen sich das natürlich nicht zweimal sagen und in kürzester Zeit versammelten sich die Fans auf der Bühne, tanzten, gröhlten “S.T.” und hatten einfach nur Spaß. Die Ordner hatten keine Chance mehr, denn immer wenn es ihnen gelungen ist einen von der Bühne zu bitten, kamen im selben Augenblick, mit Hilfe von Mike Muir, drei neue nach oben. Und das positivste an dieser Aktion: Der Song war zu Ende, die Band verabschiedete sich und alle gingen friedlich von der Bühne. Nur schade, dass unser Cheffotograf diesen Gig nicht gesehen hat. Wären bestimmt verdammt coole Bilder geworden.

H-BLOCKX

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So ganz war mir ja nicht klar, was die H-BLOCKX in diesem Billing zu suchen hatten. Ihre Crossovermelange ist schließlich doch besser bei Popfestivals mit hohem Anteil junger Hüpfer aufgehoben, so sah das zumindest der vorurteilsbeladenere Teil von mir. Doch die mit drei Sängern angerückte Band zog sich recht achtbar aus der Affäre. “Move It” mußte zwar eigentlich nicht sein, aber immer wieder blitzen auch Songs auf, die für Singleveröffentlichungen zu räudig sind, und genau dann wurde es richtig unterhaltsam. Bei “Little Girl” sangen dann sogar ein paar Metaller verschämt mit (manche auch ziemlich unverschämt laut, hehe, aber wir wollen keine Namen nennen…), und spätestens bei der
Coverversion von “Rings of Fire” hatten die H-BLOCKX zumindest mich davon überzeugt, dass sie durchaus ihre Existenzberechtigung haben, zumal sie auf der Bühne alles gaben, dabei fett groovten und fast ständig in Bewegung blieben.

MOTÖRHEAD

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Eigentlich eine Schande, da höre ich seit einem Dutzend Jahren Metal und schaffte es bislang noch nicht einmal, MOTÖRHEAD live zu erleben. Dem sollte nun
Abhilfe geschaffen werden. Lemmy, im edlen Outfit, betrat nach einer ewig dauernden Umbaupause (laut Durchsage mussten sich die Herren um Herrn Kilmister erstmal warm machen… was bei MOTÖRHEADS Musik vermutlich weniger mit
Eintrommeln und Gitarrestimmen zu tun haben dürfte, hehe) die Bühne des With Full Force. Und gemäß dem Festivalmotto wurde dem Publikum eine äußerst kraftvolle Show geboten. Große Effekthascherei sucht man bei Lemmy und Co. vergebens, man verlässt sich – zurecht – auf die Ausstrahlung von Lemmy. Das ausgedehnte Set
beinhaltete einen Klassiker nach dem anderen, besonders gefielen mir “Orgasmatron” und “Killed by Death”. Gegen Mitte der Show durfte dann Doro als Gastsängerin die Bretter stürmen, und das, obwohl sie es mal gewagt hat, Lemmy Vitaminpräparate anstelle von Jacky und Kippen ans Herz zu legen, hehe! Den Abschluss bildeten die obligatorischen Zugaben “Ace of Spades” und “Overkill” – eine tolle Abrundung des ersten Abends auf der Hauptbühne!

SIX FEET UNDER

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Die Death Metal Groove Maschine arbeitete bereits auf Hochtouren, als wir an der Zeltbühne der Knüppelnacht ankamen. Schätzungsweise die Hälfte des SIX FEET UNDER Sets überschnitt sich leider mit dem verspäteten Auftritt von Motörhead – zusammen mit vielen anderen machten wir uns nach Lemmys Rock n` Roll-Lehrstunde auf zur Zeltstage, wo es schon recht voll war. Etwas irritierend empfand ich das Gehüpfe vor der Bühne. Mag sein, dass ich in der Betziehung etwas stur bin, doch ich bin einfach der Meinung, dass es bei SIX FEET UNDER nichts zu hüpfen gibt. SIX FEET UNDER boten nun nicht gerade eine umwerfende Liveshow, doch spieltechnisch waren sie an diesem Abend ziemlich gut – sehr tight und druckvoll. Und seinen wir mal ehrlich: wer kann sich bei einem Mördergroove wie dem der Amis auf eine Bühnenperformance konzentrieren, wenn die Nackenmuskulatur unwillkürlich zuckt?! Neben bekannten Material boten SIX FEET UNDER auch einen Vorgeschmack auf das neue Album, “Impulse to Disembowl” und “The Murderers” (wobei ich mir jetzt nicht wirklich 100prozentig sicher bin, ob es wirklich dieser Track war…), die aber dankbar angenommen wurden.

VADER

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konnten absolut nix dafür, dass ich fast im Stehen einschlief. Obwohl die Band äußerst druckvoll zu Werke ging und mit beeindruckender Konsequenz drauflosprügelte, war das unglaublich Geballer nicht dazu angetan, mich aufzuwecken. Die Stimmung im Zelt war auf alle Fälle sehr gut, um zwei Uhr nachts noch so viele Fans zu Sprechchören zu bewegen, schafft auch nicht jede Band. Selbst das unglaubliche, präzise Drumming und die sägenden Gitarren konnten die bleierne Müdigkeit nicht vertreiben – bedauerlich, denn was die Jungs an Brutalität aufboten, war beindruckend.

So war nach Vader der erste Festival-Tag für uns zu Ende und nach einem weiteren kleinen Umtrunk zum wohlverdienten Gunther Schmäche-Chill Out machten wir uns auf den Weg in die Kojen.

SAMSTAG, 23.06.2001

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Nachdem der Freitag festivaltechnisch absolut zufrieden stellend über die Bühne gegangen war und nur das Wetter noch nicht hundertprozentig mitspielte, sollte der Samstag mindestens genauso relaxt, und wie erhofft, mit milderem Wetter über die Bühne gehen. Nach einem ausgewogenen (*g*) Frühstück waren wir genau rechtzeitig fit, um uns eine ordentliche Ladung Thrash Metal verpassen zu lassen:

TANKARD

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Tankard live zu sehen – das ist so, wie mit guten Kumpels auf eine Party zu gehen, auf der es reichlich Alkohol und laute Musik gibt. Nix Alltagsprobleme, nix schlechte Laune, nix Ärger und Stress – Feiern ist angesagt!! Das weiß vermutlich jeder, der mindestens eine Platte der Frankfurter im Regal stehen oder schon mal ein Konzert des Vierers besucht hat und so war das natürlich auch auf dem WITH FULL FORCE, wo Tankard bereits am frühen Samstag Morgen (so zwischen 14 und 15 Uhr) kräftig zum Bier trinken und gut drauf sein animierten. Begrüßt wurde das wieder (oder noch) durstige Publikum mit „Aliens“, danach ging es dann quer durch fünfzehn Jahre Bandgeschichte: „Empty Tankard“, „Chemical Invasion“, „Tattoo Coward“, „Space Beer“ und etliche weitere Songs aus dem alkoholgetränktem Repertoire wurden mit offensichtlichen Spaß an der Freude von der Bühne in die Menge geblasen. Die Jungs waren guter Dinge, konnten für die frühe Festivals-Tageszeit erstaunlich viele Leute vor die Bühne bewegen und boten insgesamt einen astreinen, spaßigen Gig. Unschön wurde es allerdings immer dann, wenn Frontschwarte Gere meinte, dem johlenden Publikum voller Stolz seine durchaus ansehnliche (öh!!) und nackte (bäh!!) Wampe präsentieren zu müssen! Das meinte der Gute leider ekelerregend oft tun zu müssen, was dann doch die ein oder andere angewiderte oder zumindest verblüffte Miene im Publikum hinterließ, hehe. Was für ein Anblick!! Da bleibt eigentlich nur ein Fazit: Tankard sind live echt FETT! 😉

GLUECIFER

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Live sind die Poser aus Norwegen einfach Könige! GLUCIFER sind Rockstars! GLUECIFER sind schlicht und ergreifend eine der coolsten Bands! Musikalisch boten sie die gewohnte Rotzrock-Kost durch die GLUECIFER Diskographie, verfeinert durch ein Stageacting, das mich immer wieder begeistert. Sänger Biff Malibus Bäuchlein wird zwar immer runder, doch in seinem blütenweißen Anzug und der extrakuulen Sonnenbrille ist dieser Mann ein perfekter Fronter, der mit unnachahmlicher Lässigkeit am Mikro steht, eine Hand in die Hosentasche steckt und dabei immer spitzbübisch mit sämtlichen Rocker-Klischees kokettiert. GLUECIFER schrammten an diesem Nachmittag einmal mehr haarscharf an einer Parodie vorbei, doch sie beherrschen die Balance zwischen Lächerlichkeit und glaubhaftem Auftreten, das einfach Spaß vermittelt, immer besser.

Da war Bewegung auf der Bühne, da lebte der Geist des Rock n` Roll – die fünf Musiker posten um die Wette, wobei Mr. Malibu unangefochtener Sieger bleibt, obwohl auch Captain Poon an der Gitarre sämtliche Gitarristen-Bewegungsabläufe aus dem Effeff beherrscht. Ohne Monitorboxen könnten die Buben wahrscheinlich gar nicht spielen – nicht weil sie sich nicht hören, sondern weil sie ja irgendwo ihre Füße abstellen müssen. Westentaschen-Elvis Biff schleuderte angesichts der positiven Reaktionen in den ersten Reihen auch schnell vor lauter Begeisterung seine Sonnenbrille ins Publikum. Die Dreiviertelstunde war leider viel zu schnell vorbei, eine glückliche, aber auch sichtlich erschöpfte Band danke dem Publikum, spielte noch einen Song vom kommenden neuen Album („The Black Book“) und musste dann auch schon die Bühne räumen, denn IN FLAMES standen in den Startlöchern.

IN FLAMES

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Ich unterstelle Anders Fridén einfach mal, dass er vor dem Auftritt das ein oder andere Bierchen zu sich genommen hatte. So ganz taufrisch wirkte der Gute nämlich nicht, mit leicht glasigem Blick starrte er ins Publikum – erschwerend kam noch der Soundmatsch hinzu, so dass die ersten Songs eine ziemliche Enttäuschung waren. Doch zum Glück fingen sich die Jungs – für den bescheidenen Sound, der zudem auch noch von den Windböen verweht wurde, konnten sie ja nichts. Anders besann sich dann auch recht schnell und jagte wie ein Derwisch über die Bühne, der Mann hatte einen Aktionsradius, der von einem Rand der Bühne bis zum anderen reichte, wobei er immer erst kurz vor dem Ende der Bretter zum Stehen kam, bangte sich die Seele aus dem Leib und war einfach nicht zu bremsen. Am Rande sei noch bemerkt, dass er diesmal nicht in einem verwaschenem Rot-ton, sondern in Grau gekleidet war – steht ihm um einiges besser. Die Setlist konzentrierte sich weitgehend auf die neueren Alben, “Bullet Ride”, “Pinball Map”, “Square Nothing” kamen aber genauso gut an wie ältere Songs wie “Epidode 666”, “Behind Space” oder “Clad In Shadows”. IN FLAMES litten zwar wirklich unter dem Mischer, der die Soundprobleme den ganzen Gig über nicht in den Griff bekam, doch wenn man großzügig darüber hinweghörte, dass man viele Songs erst nach etlichen Sekunden erkannte, dann konnte man sich wirklich gut amüsieren, zumal die Band mit einer Spielfreude antrat, die einfach mitreißend war. IN FLAMES sind schlicht eine der besten Livebands dieser Zeit, weshalb sie trotz des matschigen Sounds in guter Erinnerung bleiben werden.

DEVIN TOWNSEND

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Zugegebenermaßen erstaunt war ich gewesen, als ich DEVIN TOWNSEND so weit oben im Billing entdeckt hatte. Vor dem Auftritt lichteten sich die Reihen auch
vorerst mal, viele Leute beobachteten erstmal aus sicherer Entfernung, was da nun kommen sollte. Was letztlich auf der Bühne stattfand, war ein absoluter Höhepunkt des ganzen Wochenendes, denn Devin kam, sah und bretterte, was das Zeug hielt! Nachdem seine Diskographie mittlerweile selbst ausgebildete Bibliothekare in den Wahnsinn treiben dürfte, hatte er genügend Knaller in petto, um die Stunde Spielzeit zu einer Lehrstunde an Tightness, Brutalität und zugleich für untrügliches Melodiegespür zu nutzen. Daran sicher nicht unbeteiligt dürfte Drumtier Gene Hoglan gewesen sein, der das Schlagzeug bearbeitete, als ginge es um sein Leben. Die meisten Songs stammten von Strapping Young
Lad, aber auch einzelne Tracks von Physicist, Ocean Machine und der “Infinity”-Platte fanden ihren Weg ins Set. Devin war in bester Spiellaune, glänzte mit definitiv Rockstar-würdigen Ansagen sowie einer Gesangsleistung, die getrost als überirdisch bezeichnet werden darf, ohne Sanktionen von oben fürchten zu müssen. Noch nie hab’ ich einen Sänger erlebt, der mit solcher Inbrunst und Aggressivität solch wunderschöne Hooklines auch live perfekt rüberbringt! Unfaßbar! Entsprechend viele offene Münder sah man, nachdem die Band von der Bühne gegangen war…

PAIN

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An Peter Tägtgren, dem Herrn der Augenringe, war es nun, mit seinem Projekt PAIN die zweite Nacht auf der Zeltbühne zu eröffnen. Projektcharakter hatte der Auftritt aber ganz und gar nicht, PAIN wirkten vielmehr wie eine sehr gut eingespielte Band, die live wie entfesselt rüberkam. Vor einer an eine gekachelte Irrenanstalt erinnernden Kulisse rannte der gute Peter von einem Eck zum anderen, um die Fans mitzureißen, was ihm auch bestens gelang. Als Belohnung gab’s zwei neue Tracks, die verdammt neugierig machen auf die kommende PAIN-Veröffentlichung. Zusammen mit Devin Townsend die Überraschung des Festivals!

CRACK UP

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Welcher Teufel Vampi und mich geritten hatte, dass wir uns CRACK UP gegen viertel vier Uhr morgens noch ansehen mussten, weiß keiner. Dass es jedoch definitiv das Ankämpfen gegen den Schlaf wert war, steht außer Frage. CRACK UP zockten ihre kurzen, fett groovenden Death ‘n’Roll-Stücke am laufenden Band mit großer Spielfreude runter. Ich kenne kaum eine Band, bei der es einen live gleichzeitig im Bangernacken wie auch im Tanzbein gehörig zuckt. Wer sich zu
dieser Musik nicht bewegt, kann sich schon mal ein Plätzchen auf dem Friedhof ausgucken, denn lang wird’s dann nicht mehr gehen! Das Quartett legte das Zelt bildlich gesprochen in Schutt und Asche und rockte sich und das Publikum ins
Morgengrauen, dass es eine helle Freude war. Von mir aus hätten die noch bis zum nächsten Mittag weiterspielen können!

SONNTAG, 24.06.2001

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Nach der für uns recht langen Samstag Nacht, dauerte es eine Weile, bis wir am Sonntag aus den Federn und wieder einigermaßen aufnahmefähig waren. Nachdem wir uns um die Mittagszeit den ein oder anderen Liter Wasser über Kopf und Körper gegossen hatten, um wieder (zumindest etwas) wie Menschen auszusehen, wurde recht schnell deutlich, dass der Tag HEISS werden würde! Die Sonne sengte gegen 13 Uhr regelrecht vom Himmel, was von uns erst mal mit einem guten Morgen Bier gefeiert wurde. Frisch gestärkt ging es dann wieder in Richtung Festival-Gelände, wo wir unbedingt pünktlich sein wollten. Warum? Ganz einfach, uns erwarteten:

HOLY MOSES

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Da war klein boxi aber mal gespannt: die Helden seiner Jugend – und vor allem die Heldin seiner Jugend: Sabina Classen – feierten auf dem WITH FULL FORCE ihr Comeback! Ende der Achtziger verbrachte er etliche Stunden mit seinen HOLY MOSES Tapes, rastete beim Hören der FINISHED WITH THE DOGS und THE NEW MACHINE OF LIECHTENSTEIN-Alben, fast aus – und da waren sie plötzlich wieder, und im Gegensatz zu boxis MOSES-Shirt von Anno dunnemals sehen HOLY MOSES auch heute noch richtig fit aus. Das liegt zum einen natürlich an der neuen Besetzung, außer Ur-Bassist Jochen Fünders und Sabina sind alle Mitglieder neu in der Band, und auch Sabina Classen selbst strahlt eine Power und Energie aus, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. Dass die Band bereits vor zwanzig Jahren ihr Unwesen trieb, merkte man ihr nicht an. HOLY MOSES sind heiß, nichts verkörpert das deutlicher als die Kraft, die aus Frontfrau Sabina strahlt. Dass es bei den älteren Songs das ein oder andere mal nicht so hundert prozentig im Zusammenspiel klappte, war zwar etwas befremdend aber nicht weiter tragisch, die Band scheint da noch nicht perfekt aufeinander eingespielt zu sein. Dafür kamen die neuen Songs von der „Master Of Disaster“-EP umso tighter rüber. Der Auftritt von HOLY MOSES war einer der sympathischsten des gesamten WITH FULL FORCE Festivals, schade nur, dass HOLY MOSES ihr Set kürzen und auf zwei absolute Kracher („Defcon II“ sowie „Life´s Destroyer“) verzichten mussten und ihr Set recht frühzeitig mit dem DEAD KENNEDYS-Cover „Too Drunk To Fuck“ beendeten. Naja, diese Songs können HOLY MOSES dann ja vielleicht auf dem Wacken Open Air nachholen!

UNLEASHED

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Elf geschlagene Jahre musste ich warten, um das Elchtodurgestein UNLEASHED nochmal live erleben zu dürfen. Besonders gut waren die Rahmenbedingungen eigentlich nicht, heller Sonnenschein und warme Temperaturen sind für eine Band aus dem “Land of Ice” nun wahrlich nicht das richtige Wetter, um einen brachialen Deathmetalsturm loszulassen. Davon ließen sich die Herren um Frontmann und Basser Johnny Hedlund jedoch nicht beeindrucken und ballerten mit altgewohnter Urgewalt drauflos. Es folgte ein Querschnitt durch die alten Platten sowie ein Vorgeschmack auf die in Bälde erscheinende neue Platte. Besonders die Bandhymne “The Immortals” zauberte ein zart nostalgisches Lächeln auf so manche Deathmetallermiene, und auch “Never-Ending Hate” und die Zugabe “Before the Creation of Time” ließen einen nochmal so richtig jung und rebellisch fühlen. Meister Hedlund hatte die Menge fest im Griff und sang mit Inbrunst,
wenngleich auch mit etwas höherer Stimme, was dem Songmaterial einen leicht thrashigen, irgendwie coolen Touch verlieh. Bevor es zu hitzig herging, spritzte dann noch die Feuerwehr mit einem Schlauch volle Pulle in die Menge, so dass endgültig Festivalstimmung aufkam. Irgendwann kamen die Herren dann auch auf die Idee, dass es vielleicht nicht so toll ist, direkt auf die Zuschauer zu zielen, sondern drüber hinweg… Fazit: Mit nassen Haaren bangt es sich schwer, UNLEASHED machten ihrem Namen aber dennoch alle Ehre und weckten die Neugier
auf zukünftige Untaten. Welcome back!

CATHEDRAL

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Ehrlich gesagt, war ich ziemlich gespannt, wie sich CATHEDRAL bei strahlender Nachmittagssonne präsentieren würden. Um es gleich vorneweg zu nehmen: Für mich boten Lee Dorian und seine Kumpanen einen der schönsten Auftritt des Festivals. Zu dieser ganz subjektiven Meinung komme ich vielleicht auch, weil ich nichts erwartet hatte. Umso beeindruckter war ich von der schnörkellosen Show, die die englischen Doomer boten. Die wenigen Fans, die sich vor der Bühne versammelt hatten, genossen sichtlich die warmen Sonnenstrahlen und den entspannt-lockeren Sound – nach UNLEASHED war CATHEDRAL ein wirklich gelungenes Kontrastprogramm, man konnte sich die Nackenmuskeln ein wenig beim relaxten Mitnicken entspannen und Mr. Dorian zusehen, wie er bei Übersongs wie “Whores to Oblivion” oder “Melancholy Emperor” völlig in der Musik aufging. Die Songs kamen um einiges grooviger rüber als auf CD und irgendwann standen sehr viel mehr Leute als zu Beginn des Sets vor der Bühne, die sich mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht im tonnenschweren Rhythmus wiegten.

NEVERMORE

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Es dürfte schwer gewesen sein, NEVERMORE in den letzten Monaten NICHT live gesehen zu haben, so umtriebig wie die Jungs um Warrel Dane waren. Auch auf dem WFF ließen sie es sich nicht nehmen, einige Tracks ihrer Monsterscheibe “Dead Heart in a Dead World” sowie ein, zwei ältere Songs zum Besten zu geben. Und nachdem M.O.D. abgesagt hatten, war auch die Gefahr gebannt, dass Warrel wie vor einiger Zeit auf dem Metalfest in L.A. in die Faust von Billy Milano lief und nicht auftreten könnte. Ganz in Schwarz begannen die Amis mit “Narcosynthesis”, und als erstes fiel der agile zweite Gitarrist auf, der nicht nur Jeff Loomis Raum für dessen abgedrehten Soli gibt, sondern auch showmäßig alles gab. Den Grund dafür, dass dennoch nicht so recht Stimmung aufkommen wollte, hatte Warrel Dane bald ausgemacht: “Tell that fucker to put the light out!” rief er mit Blick auf die direkt über der Bühne scheinende Sonne… die ließ sich leider davon nicht weiter beeindrucken, so dass sich NEVERMORE zwar redlich mühten und auch durchaus Druck entwickelten, aber dennoch an diesem Nachmittag nicht die gleiche Durchschlagskraft wie in einem dunklen Club besaßen.

STAMPIN GROUND

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Dann wurde es Zeit für einen Abstecher ins Hardbowl-Zelt, wo STAMPIN GROUND ihre heftige Mischung aus groovigem Hardcore und Slayerriffs unters hüpfende und moshende Volk brachten. Irgendwer musste den Jungs verklickert haben, dass das WFF ein Metalfestival sei. Nicht nur, dass zwei der Herren aus England mit Maiden- und Priest-Shirts rumsprangen, nein, auch die Ansagen des Sängers gingen immer wieder in die Richtung, dass es ihnen eine Ehre sei, mit den mächtigen Judas Priest gemeinsam auf diesem Billing zu stehen. Dabei hätte er das Geschleime gar nicht nötig gehabt, waren doch fast nur Hardcoreler im Publikum. Diese nahmen die mächtig aus den Boxen knallenden Songs dankbar auf und bescherten STAMPIN GROUND eine der besten Zuschauerresonanzen überhaupt. Die Engländer zeigten sich überglücklich und gaben ihrerseits wiederum das beste. Der Gig gipfelte schließlich in einer “Moses”-Aktion des Sängers: Er teilte die Zuschauermengen per Handzeichen, um zu Beginn des nächsten Liedes beide Seiten munter aufeinanderzumoshen zu lassen… Beeindruckend und für die Band ein absolut verdienter Erfolg!

JUDAS PRIEST

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Ich glaube nicht, dass es daran lag, dass ich von JUDAS PRIEST eher die neueren Sachen und vor allem die gute, alte “Painkiller”-Scheibe bevorzuge, dass mir die Judaspriester nicht wirklich zusagen wollten an diesem Abend. Das Set begann äußerst lahm, auch wenn Tim “Ripper” Owens im ganzmetallischen Mantel und in ordentlicher stimmlicher Verfassung beeindrucken konnte. Doch wenn man statt Knallern à la “Night Crawler” Tracks wie das verhaltene “Touch of Evil” ins Programm nimmt, braucht man sich nicht wundern, dass die
Publikumsreaktionen für eine Legende ganz schön mau ausfielen. Vor uns begannen gar zwei
Zuschauer ein gekonntes Standardtänzchen auf’s staubige Parkett zu legen, wofür es dann auch verdienten Beifall von den dahinter stehenden Leuten gab! Die Langeweile wurde erst vertrieben, als plötzlich “Breaking the Law” und “Painkiller” (natürlich inklusive Harleyeinlage) nacheinander folgten. Doch was war das? Nachdem alle nun dachten, jetzt gehe es richtig los, verließen die Herren die Bühne, um sich für ein paar Zugaben nochmal zurückholen zu lassen! Diese fielen auch ganz ansprechend mit “Electric Eye” und “Hell Bent for Leather” aus, ein schaler Beigeschmack blieb jedoch angesichts so mancher nicht

gespielter Klassiker.

Ende Gut? Alles Gut!

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Das war es also schon wieder – es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell ein Drei-Tages-Festival über die Bühne gehen kann. Spaß hat es gemacht, gute Shows waren zu sehen, die Stimmung war durchweg gut und abgesehen vom zu bassigen Gesamtsound vor der Mainstage gab es nicht einen einzigen Grund zu meckern. Wir haben das WITH FULL FORCE in vollen Zügen genossen, haben auch mal die ein oder andere Band sausen lassen, denn bei einem Festival zählt einfach mehr als nur die Musik – ein Festival soll eine einzige große Party sein, und die war das WITH FULL FORCE definitiv! Wenn ihr euch davon selbst überzeugen wollt, könnt ihr noch einen Blick in unsere Foto-Gallery vom WFF 2001 werfen, unser Tipp ist aber ganz klar folgender: Seit einfach dabei beim WITH FULL FORCE 2002!

Bericht: boxhamster, vampiria, Frank, Rachendrachen

Fotos: boxhamster



Bericht vom WITH FULL FORCE 2000

Bericht vom WITH FULL FORCE 1999

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