Nachdem sich mir Hamburg im Januar von seiner garstigen Seite gezeigt hat, ist es an der Zeit, der Nordmetropole eine zweite Chance zu geben. Zwar gehts an diesem Montagmorgen nicht ohne Regen, aber kaum rückt der Auftritt der norwegischen Ausnahmeband ULVER im Rahmen des Sommerfests im Kampnagel näher, lichten sich die Wolken und zartes Sommerwetter herrscht. Dieses lädt auch gleich zum Verweilen im Park des Kampnagels ein – blaues Streuglas, Sonnenblumen, eine Welle aus Plastiksäcken (Umweltaufklärung trifft auf Kunst) und riesige Schaukeln sorgen hier für wiederauflebende Kindheitserinnerungen und Unterhaltung.
Installationen, Theaterstücke – und irgendwo in diesem Kunstsammelsurium werden heute Nacht ULVER einen ihrer raren Auftritte absolvieren. Kurz vor 21 Uhr scharen sich die Fans um den Merchandise-Tisch, wo es für 20 Euros Shirts der Band gibt. Und um neun ist es Zeit, sich in die Halle zu begeben und sich einen Sitzplatz zu sichern, um sowohl visuell als auch auditiv voll auf seine Kosten zu kommen.
Und dann erscheinen sie, die norwegischen Wölfe
Lassen sich von einem Intro begleiten
Verzaubern mit “Eos” und einem Feuerball
Erinnern ans Enden mit “Let the Children Go”
Raunen ein Nachtstück für “Little Blue Bird”.
Unvollständige Bilder und zerhackende Zensur
Lassen “Rock Massif Pt. 1” auf deutschem Boden nackig
Visuelle Zähne kommen zurück, bohren sich
Erbarmungslos ins Sehzentrum des Betrachters
Reiben ihn mit “For The Love Of God” ein.
Unerbittlich-verstörende Spitalbilder blitzen auf
Leben ″In the Red″ mit packenden Jazz-Basstönen
Verletzte Adern in der “Operator”-Badewanne
Enden mit Garms “I know it’s grim” und Klatschen
Respektvoll, ruhig – denn Magie geschieht.
Unter Pianoklängen erhebt sich ein Vogelschwarm
Lässt den trauten Himmel indes nicht für “Funebre” allein
Verschafft vielmehr ein Exzerpt von “″Silence Teaches You How To Sing”
Endet in einer befederten Tänzerin und Blake…
Richtet seine “Plates 16-17” an.
Unmittelbar danach schreiten ULVER durch die “Hallways Of Always”
Lassen “England” mit Pferden auf die Jagd gehen
Verzaubern mit dem zweiten Akt von “Porn Piece Or The Scars Of Cold Kisses”
Erden sich selbst mit dem kollegialen Teilen von Zigarretten
Rauchende Realitätsräuber im Wolfsgewand.
Und gänsehautüberzogen lauscht man “Like Music”
Lächelt ob dem ausgedehnten rhythmusintensiven “Not Saved”
Versteht Tores Flucht vor öffenlichen Geburtstagswünschen
Ehrt das Sextett mit Applaus und Staunen…
Realitätsferner Gehirnfick ohne LSD – ULVERbar!
Fotos und Layout: Arlette Huguenin Dumittan
Bildbearbeitung und Titelgraphik: Markus Hampel