SEPULTURA, BORN FROM PAIN, DISBELIEF und LAST ONE DYING: 02. August 2007, Köln, Live Music Hall

Holla die Waldfee! SEPULTURA zerlegten eine, leider höchstens halbvolle Live Music Hall. Pech für die, die nicht da waren.

SEPULTURA gaben sich für zwei Konzerte die Ehre in Deutschland. Und da eines davon quasi direkt vor der Haustür stattfand, machte ich mich natürlich an diesem, vom Wetter her recht beschissen geratenen Augusttag auf den Weg in die Kölner Live Music Hall. Dass nicht all zu viel los sein würde, hatte ich irgendwo schon erwartet, schließlich war ja dieses Wochenende auch WACKEN und somit ein großer Teil der Zielgruppe einige hundert Kilometer entfernt. Das Bild, welches sich eine halbe Stunde vor dem Beginn bot, war dann aber doch erschreckend. Die erste Reihe war so gerade mal besetzt und einige verstreute Gestalten standen noch in der Live Music Hall, deren hinterer Teil bereits abgesperrt war, herum. Na das konnte ja heiter werden. Die Merchandise-Preise an diesem Abend waren durch die Bank fair. BORN FROM PAIN verkauften zum Beispiel alle ihre CDs für einen schlanken Zehner und die neue DISBELIEF hab ich in der Special Edition für fünfzehn Euro eingesackt. Shirts gab es ab dreizehn Euro. Zum SEPULTURA-Merch kann ich nicht viel sagen, da dieses, bis auf ein paar Wifebeater-Hemden, komplett ausverkauft war. Immerhin hier scheint es für die Brasilianer also ganz gut zu laufen. Das lässt ja vermuten, dass die Tour ansonsten etwas besser besucht war.

Den Opener machten die Kölner LAST ONE DYING. Und diese boten Modern Metal bis Metalcore von der Stange. All zu deutlich orientierte man sich an Bands wie KILLSWITCH ENGAGE, klang absolut gesichtslos und austauschbar, sodass wir nach wenigen Songs die Halle verließen um Luft zu schnappen. Sicher, es ist nicht so, dass die Band wirklich mies gewesen wäre, ihre Instrumente nicht beherrschen würde, oder sonst was. Auch der Gesang war dem Genre entsprechend durchaus gut. Aber ganz ehrlich: Eine weitere Band dieser Machart braucht kein Schwein.

Da waren die folgenden DISBELIEF schon von einem ganz anderen Kaliber. Los ging es mit Sick und schon rollten die Schädel der anwesenden Fans. Zwar war die Halle immer noch zu weniger als der Hälfte gefüllt, aber DISBELIEF machten das Beste draus. Frontmann Jagger ist als Sänger sicherlich großartig. Was der Mann aus seinem Organ rausholt, wie er schreit, leidet, das hat große Klasse. Aber als Entertainer taugt der Gute mal so gar nicht. Die Ansagen wirkten extrem verplant und konfus. Ob es, wie mein Nebenmann vermutete, am hohen Alkoholkonsum lag, kann ich nicht sagen. Die Saiten-Fraktion bangte währenddessen nonstop. Jedenfalls fönten mir DISBELIEF mit einer absolut mörderischen Soundwand und einer größtenteils aus Songs der letzten beiden Alben bestehenden Setlist, gewaltig die Frisur nach hinten. Highlight war das abschließende Rewind It All (Death Or Glory).

Und weiter ging es im lustigen Brachial-Theater. Als nächstes standen die Holländer BORN FROM PAIN auf dem Plan. Diese hatten mich bereits auf der letztjährigen Tour mit NAPALM DEATH mehr als nur überzeugen können und ließen auch dieses Mal nichts anbrennen. Der Ersatzfronter machte seinen Job okay – besonders was das Stageacting angeht war der Gute sehr präsent. Von der gesanglichen Performance her schlug er sich zwar gut, blieb aber weit hinter den Vorgaben seines Vorgängers Che zurück. Das änderte aber nichts daran, dass BORN FROM PAIN hier die Stimmung richtig anheizten. Das erste Mal war Bewegung im Pit und das teilweise nicht zu knapp. Die Versuche von Circle Pits scheiterten zwar allesamt an der zu geringen Zahl freiwilliger Teilnehmer, aber ansonsten gab es ordentlich Action. Mit sympathischen Ansagen fiel – wie schon letztes Jahr – Bassist Rob auf. Sei es der Aufruf zu mehr Miteinander ob nun Metal, Hardcore oder Metalcore oder die klare Ansage gegen Faschos vor The New Hate. Mit Stop At Nothing setzten BORN FROM PAIN den Schlusspunkt unter einen starken Auftritt.

Sepultura
Sollen die Cavaleras machen was sie wollen – auch ohne die beiden Brüder sind SEPULTURA live eine Macht

Zu SEPULTURA stellte ich mich dann in die erste Reihe, was aufgrund des erwähnten Zuschauermangels kein großes Problem war. Wollten wir doch mal sehen, was die Brasilianer live noch so zu bieten haben. Immerhin ist von der Originalbesetzung inzwischen nur noch Bassist Paolo Xisto übrig, nachdem auch Igor Cavalera seinen Ausstieg verkündet hat. Dessen Ersatz Jean Turrer Dolabella, dies schon mal vorweg, machte an diesem Abend einen Bomben-Job und trommelte jeden Gedanken an seinen Vorgänger hinfort. Die Halle war inzwischen immerhin gut zur Hälfte gefüllt und SEPULTURA machten von den ersten Tönen an klar, dass heute keine Gefangenen gemacht werden. Direkt as Zweites gab es den Chaos A.D.-Kracher Refuse/Resist und es folgte Knaller auf Knaller. Neben neueren Songs gab es heute auch verdammt viele Klassiker und was am besten war: Göttergaben wie Arise oder Beneath The Remains wurden endlich mal wieder ausgespielt und nicht in Medleys verhackstückt. Dazu kamen Kracher wie Dead Embrionic Cells, Desperate Cry oder Troops Of Doom. Von den Songs aus der Post-Max-Ära ist vor allem das großartige Sepulnation nicht mehr aus der Setlist wegzudenken. Derrick Green begrüßte das Publikum auf Deutsch und bewies sich mal wieder als absolut sympathischer Frontmann. Ich muss sagen, dass ich an diesem Abend ein solides Konzert erwartet habe. Da habe ich SEPULTURA aber mal gewaltig unterschätzt, denn was die Brasilianer hier in den etwa achtzig Minuten ablieferten war einfach nur gewaltig. Ganz ehrlich? Sollen die Cavaleras machen was sie wollen, auch mit ihnen würden SEPULTURA kein zweites Arise oder Beneath The Remains schreiben, das sollte jedem klar seinder mal SOULFLY gehört hat. Und auch ohne die beiden Brüder sind SEPULTURA live eine Macht, das hat die Band an diesem Abend mehr als eindeutig bewiesen! Zu erwähnen wäre noch der Zugabenblock, für den Andreas Kisser sich stilsicher ein Trikot des 1.FC Köln überzog. Eingeleitet wurde das Finale von Kaiowas, gefolgt von Biotech Is Godzilla. Nach einem weiteren Song beendeten SEPULTURA standesgemäß mit Root Bloody Roots eines der bislang besten Konzerte des Jahres, welches auf jeden Fall ein größeres Publikum verdient gehabt hätte.


Photos: Maya Stremke

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