MONSTER MAGNET, GLUECIFER & THE QUILL – 16.03.2004 Köln Live Music Hall

I never gonna work another day in my life!!!

Die Pflichten und Fähigkeiten eines guten Magazin-Schreiberlings messen sich an seinen Tugenden. Solche sind: gute Recherche, objektive Berichterstattung, manchmal eingefärbt durch subjektive Kommentare, Disziplin, Genauigkeit und ein klarer Blick. Nun geht es hier aber um ein MONSTER MAGNET Konzert, für das gänzlich andere Tugenden erforderlich sind, um es in seiner ganzen Schöhnheit erfahren zu können. Ich denke da an ein paar Kumpels, viel Bier und keine Ohrenstöpsel. Der Zwiespalt ist offenkundig. Aber tricky wie der moderne Mensch nun mal ist, entscheide ich mich für keine der beiden Varianten, sondern wähle den Mittelweg. Das ist Evolution. Also, alle, die hier einen extrem fundierten Bericht, mit Berechnung der Gitarrensaitenspannungsvariablen und Phonstärken-Koeffizienten erwarten, sorry, aber es geht um Rockmusik. Alle, die DAVE und seine Jungs schon mal erlebt haben, werden wissen was passiert…

19h, super pünktlich am Venue angekommen, die Formalitäten hinter sich gebracht (Fotopass gibt´s nicht, der WDR filmt, irgendwie alles Chaos, aber am Ende sind wir drin), kann man ja mal das erste Bier trinken. Pünktlich betreten THE QUILL die Bühne und spielen ihren 70´er LED ZEPPELIN meets SOUNDGARDEN Rock sehr routiniert und mit hervorragenden musikalischen Fähigkeiten und sehr gutem Sound, können mich aber irgendwie nicht begeistern. Zu hippiemässig. Der Weg zur Theke ist aber schön frei, also auf geht´s…

Mittlerweile sind die Bonner Kumpels eingetroffen, erstmal ein Bier auf die weite Reise und die Umbaupause und warten auf die Kings of Rock.

Kurz vor neun, ein paar Biere später: Auftritt: GLUECIFER. Super. Erst mal vier Stücke der neuen Platte „Automatic Thrill“, die live noch deutlicher unterstreichen, was das für eine Klasse-Platte ist, dann wird „Bossheaded“ der Rockthrone bestiegen, mit einer „Car full of Stash“ die Bühne geputzt, das „Year of manly living“ eingeläutet und überhaupt schweinegeil abgerockt. Diese Jungs sind einfach eine Klasse für sich. Ich habe noch nie einen schlechten Auftritt der Norweger erlebt, vom Mini-Club bis zur Festival-Bühne, immer cool, immer Vollgas, immer lässig. Vor allem Sänger BIFF MALIBU, der seinen stattlichen Bierbauch (Du Bist mein Held, Biff!) locker über die Bühne schiebt, das Publikum anflirtet, zwar schon mal gesünder ausgesehen hat, aber immer noch einer der besten Frontmänner im gesamten Business ist. Das Publikum weiss das zu honorieren und die Kings werden entsprechend furios abgefeiert. Den Bierbecher zwischen den Zähnen, die Hörnchen gen Himmel und wohlfühlen. Nur dabei gleichzeitig noch Pfeifen und Johlen muss ich wohl noch mal üben…

Bei jeder Band, die danach auftreten muss, würde ich mir Sorgen machen. Aber heute nicht. Heute kann es sogar noch besser werden. Man könnte aber trotzdem die eventuell vorhandenen Sorgen noch mit dem ein oder anderen Bier herunterspülen, man weiss ja nie…

Dann wurde es allerdings nicht nur besser, es wurde gigantisch! Der Bullgod als Backdrop, mit Lava-Lampen-Licht psychedelisch veredelt, zwei Podeste am Bühnenrand, auf die die Musiker wechselweise zum Abposen steigen können, alles sieht perfekt aus. Ausserdem zeugt es schon von großem Selbstbewußtsein die „South of Heaven“ von SLAYER als Pausenmusik laufen zu lassen! Als dann die gänzlich in Schwarz gekleideten Protagonisten die Bühne betreten, wird klar, wer uns heute abend zeigt, wie man zu singen und zu tanzen hat: MONSTER MAGNET! Bummer“ vom „Powertrip“ Album eröffnet den Reigen des Rocks, der Sound ist spitze und schön laut, das Publikum in der mittlerweile pickepackevollen LMH tickt völlig aus und wir mit. Was folgt ist im Endeffekt ein einziger, langer großartiger Rocksong, ein Ausleben von heißgeliebten Klischees vor und auf der Bühne, allgemeine Entrücktheit im Lava-Sound…kurz Kindergarten und Höllenfeuer zur gleichen Zeit. Und es macht einen Wahnsinnsspaß! „Monolithic Baby“, „Negasonic Teenage Warhead“, „Supercruel“, und und und… Aus jeder Phase der Band genau die richtigen Songs und natürlich „Powertrip“. In diesem Augenblick singt ganz Köln aus voller, rauchiger Kehle „I never gonna work another day in my life“ und glaubt es auch. Was für ein großer Song! Dann noch „Spacelord“ und überhaupt. Jegliches Zeitgefühl verloren, man ist gleichzeitig in den 70´ern, 80´ern und irgendwie auch in der Zukunft und vor allem ganz intensiv in diesem Moment. Glücklich verschwitzte Gesichter, Bier und Gitarren.

Dave als Zeremonienmeister und Kumpel an der Bar gleichzeitig. Lendenschwingend auf den Podesten, auf dem Boden kriechend, die verschwitzen Haupthaarreste als Maccaronis durch die Luft schwingend, tropfend und erstklassig singend. Seine Mitmusiker, vor allem die neuen, fügen sich musikalisch wie optisch perfekt in das Schauspiel ein. Genau die richtigen Verbrecher-Visagen mit tiefhängenden Gitarren. Und spielen können sie natürlich auch, aber wer hätte da anderes erwartet. Es wird standesgemäß noch eine Gitarre „geopfert“, sprich mit den üblichen Schwierigkeiten zerschlagen (sind schon verdammt hartnäckig, die Dinger), dann noch 20 min. psychedelische Zugabe und keiner hat mehr Fragen.

Diese Band hat im Rock-Bereich mittlerweile einen ähnlichen Status wie MOTÖRHEAD im Metal-Bereich. Absolute Referenz und verlässliche Grösse. Ein Konzert, dass die Welt wieder gerade rückt.

Danach will man nun wirklich nichts mehr wissen von der Moderne, schnell noch zwei Bier auf Ex bevor die Theke dichtmacht (nur um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen,…) und glücklich nach Hause gehen. Denn man weiss jetzt wieder definitiv: Rock is alive!

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