THE SIXTH INCUBATOR: Die EON des Death Metal

Freude kehrte bei mir ein, als ich hörte, dass Chris Mummelthey, der ehemalige Sänger meiner alten Helden INCUBATOR wieder aktiv ist. Viele Fragen waren offen und wurden an einem schönen Montagabend geklärt…

Freude kehrte bei mir ein, als ich hörte, dass Chris Mummelthey, der ehemalige Sänger meiner alten Helden INCUBATOR wieder aktiv ist. Sein neues Kind hört auf den Namen THE SIXTH INCUBATOR und liefert den Fans das was sie hören wollen: Verrückten Death Metal, der heftig, aber mit einem Augenzwinkern versehen daherkommt. Grund genug, dem Guten Chris mal auf den Zahn zu fühlen. Erzählfreudig antwortete er mir in einem kurzweiligen Gespräch auf meine Fragen.

Begibst Du Dich mit THE SIXTH INCUBATOR absichtlich auf direkten Konfrontationskurs mit Deinen alten Kameraden?

Ich stelle gleich mal eine Gegenfrage. Was verbindest Du mit INCUBATOR?

Puh, das war wohl eines meiner ersten Konzerte, das ich mit INCUBATOR verbinde. Des weiteren die erste Scheibe, die ich von euch gekauft habe, MCMETALXCVIII, und das irre Konzept eurer ersten beiden Alben Symphonies of Spiritual Cannibalism und McGillroy the Housefly.

Na siehst Du, von wem ist das Konzept? Also, ich bin der Meinung, dass es sehr naheliegend ist, diesen Namen zu wählen, denn dies ist die sechste Besetzung mit der ich aktiv bin. Von meiner Seite her besteht aber schon mal gar nicht das Bedürfnis eine Konfrontation herbeizurufen. Ohne narzisstisch zu wirken bin ich lediglich der Meinung, dass ich einen großen Teil zur Geschichte der Band beigetragen habe und das es mir zusteht, diesen Namen zu benutzen. Die Idee diese Band so zu nennen ging größtenteils nicht mal von mir aus. Dazu sind auch Reaktionen gekommen, wie ich sie mir gar nicht vorgestellt hätte.

Inwiefern Reaktionen?

Es ist so, dass viele Leute mich wissen ließen, dass die Namengebung ist wohl nicht das Glücklichste wäre, womit sie sicherlich auch recht haben. Aber mehr möchte ich dazu jetzt nicht sagen.

Welche Ziele hast Du mit THE SIXTH INCUBATOR?

Es gibt ein primäres Ziel, das sich auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen plump anhört: Ich habe diese CD hauptsächlich für die Leute gemacht, die damals auf unsere Konzerte kamen und uns unterstützt haben, die nach den Shows ein Bier mit uns getrunken haben, mit denen wir geredet haben, denen wir Autogramme gegeben haben oder mal ein T-Shirt geschenkt haben. Es gibt auch nur 500 Stück von Live-Reincanation – Ground Zero, denn wir waren ja nicht so riesig berühmt. Ich will aber zeigen, dass ich diese Leute nicht vergessen habe. Es mag sich nach Schleimerei anhören, aber das ist es definitiv nicht. Ich habe das gar nicht nötig, denn wir sind von niemandem abhängig. Wir müssen nicht von der Musik leben, ich habe einen guten Job mit dem ich genügend Geld verdiene. Auf Arschkriechereinen sind wir also nicht angewiesen. Wenn dennoch in Sachen Plattendeal was passieren könnte, würden wir das sicherlich prüfen. Und wenn ein gutes Label dabei wäre, dass uns einen Deal nach unseren Vorstellungen anbieten würde, würden wir nicht Nein sagen. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir uns nicht darum reißen müssen, einen Plattenvertrag zu haben. Aber das ist schon wieder ein sekundäres Ziel.

Irgendwo ist es dann auch ein positives Album, Wenn schon nicht von der Aussage her, dann eher von dem Gefühl, dass es wiedergeben soll.

Die Message ist bestimmt nicht positiv, aber, und da kann ich auch für Stefan sprechen, da Live-Reincanation – Ground Zero ein Album für Fans ist, haben wir unseren ganzen Groove und unsere ganze Power reingepackt und haben unser Bestes gegeben. Selbst wenn ich heute kaum mehr Metal höre, so ist es doch ein übriggebliebenes Lebensgefühl, dass es rüberzubringen gilt. Insofern ist das Album schon positiv. Dennoch ist es vollgepackt mit Hass und Brutalität, es ist definitiv das brutalste Album, das ich je gemacht habe. Es ist genau die Platte, die ich seit zehn Jahren machen will. In einer Band gibt es einfach zu viele Kompromisse. Das ist jetzt zum Glück ausgeschaltet, zu zweit können wir tun, worauf wir Bock haben. Aber um zurück zur Frage zu kommen: Das Album ist oberflächlich negativ und tiefsinnig positiv.

Ich habe die Scheibe auch schon auf eBay gesehen, dort heißt es, dass man nicht steigern soll, weil ihr die CD alle Nase lang wieder reinstellt. Daran merkt man schon, dass ihr den Fans das Geld nicht aus der Tasche ziehen wollt…

Irgendwie komme ich mir selber ein wenig blöd dabei vor, wenn ich sage: Zahlt nicht mehr. Aber, wie gesagt, es ist ein Geschenk, eine ehrliche Dankbarkeit und die 7 €; sind eine Unkostendeckung, von denen ein Teil davon übrig bleibt, dass wir mal eine kleine Anzeige schalten oder das nächste Mal einen Teil vom Studioaufenthalt zahlen können.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Stefan Schunke?

Ich kenne Stefan schon seit 15 Jahren. Er kam aus dem Nachbarort und war sozusagen von Anfang an dabei. Wir haben schon öfter zusammen gejammt und alte METALLICA-Gassenhauer in unserer Kuttenträger-Ära gecovert. Er war jemand mit dem ich nie zusammenarbeiten hätte können, vielleicht deswegen, weil ich in meiner Rolle damals viel zu gefangen war. Ich hatte für andere Persönlichkeiten die Augen gar nicht offen, wahrscheinlich aus Desinteresse oder Arroganz, was ich mir heute eingestehen kann. Und das obwohl er als guter Bekannter immer um mich herum war. Im Herbst letzten Jahres traf ich ihn mal wieder an einer Döner-Bude und wir haben uns unterhalten. Einer von uns sagte, Komm doch mal vorbei, lass uns zusammen was machen. Da war die Idee geboren und es funktionierte. Ich habe da Jahre lang über jemanden hinweg gesehen und tat ihm damit unrecht. Stefan ist einer der Menschen mit denen ich bisher am besten zusammengearbeitet habe.

Hat er vorher schon was gemacht oder ist er ein unbeschriebenes Blatt?

Stefan hat ein eigenes kleines Studio, in dem er hier und da mal was gemacht hat, aber es war nichts Großes dabei. Er hat vorher noch in einer Deutsch-Rock Band im Stil von SELIG gespielt und in Eigenregie eine CD rausgebracht, aber ich habe das nicht so sehr verfolgt.

Und mit THE SIXTH INCUBATOR kam er zurück zu seinen Metal-Wurzeln…

Das kann man so sehen, denn eigentlich sind wir ja keine Metal-Fans mehr. Wir sind halt mit dieser Musik groß geworden, so dass diese Musik immer ein Teil von ist. Der Großteil unserer CDs sind auch nicht Metal-Sachen, aber wir können uns ins Studio setzen und ehrlichen Metal spielen.

Ihr habt viele verrückten Ideen auf Live-Reincanation – Ground Zero , ich denke da zum Beispiel an Dance Gore und Western Puss ´n Roll. Ist das der Vorteil eines Zweimann-Projektes? Die mögliche Kompromisslosigkeit und Experimentierfreudigkeit?

Auch wenn auf Hirnnektar nur solch abgedrehte Stücke waren, so sehe ich es dennoch als großen Vorteil. Du bist im Studio und spielst diese Sachen ein, wie zum Beispiel Dance Gore und machst es einfach aus einer Laune heraus. Im Bandgefüge gibt es diese Konkurrenz, da ist man einfach nicht so kreativ. Nimm doch mal die Bands, die sich im Laufe der Zeit gar nicht weiterentwickelt haben. Wir standen damals, zu Mc Gillroy, the Housefly-Zeiten, auf der gleichen Bühne wie sie, und wenn ich sie mir heute ansehe, haben sie sich keinen Strich weiterentwickelt. Ich sage gar nichts dagegen, das ist ihr Weg, das ist okay, aber für mich gäbe es das nicht.

Ist es nicht dennoch ein Gegensatz, dass ihr keinen Metal mehr hört und dennoch ein solches Album rausgebracht habt?

Ich glaube nicht, denn wir sind ja keine Hip Hop-Kids, die vor drei Jahren noch Techno-DJs waren und jetzt plötzlich Metal machen. Meine Vergangenheit kommt nicht von irgendwo her, denn wir waren voll in der Szene mit drin. Ich habe auch für einige Fanzines geschrieben uns war als Sprachrohr von INCUBATOR in der Presse recht verbreitet, da konnte ich auch oft hinter die Kulissen schauen, und irgendwann habe ich bemerkt dass die Szene manchmal einem riesigem Affenzirkus gleicht. Wenn wir uns ins Studio setzen machen wir dennoch einfach das, worauf wir Bock haben. Selbst wenn ich irgendeine House-Scheibe auf dem Weg ins Studio höre, kann ich dann was CARCASS-mäßiges einspielen. Ich kann das sehr gut voneinander Trennen. Dinger wie Western Puss ´n Roll oder Dance Gore sind halt einfach Experimente, entweder sie klappen oder sie klappen nicht. Wenn wir eine Scheibe für die Fans machen sollte sie der Zeit angemessen sein. Die CD soll eben Charakter haben, nicht nach Schweden oder Florida klingen, sondern nach Mummelthey.

Kommen wir mal ein wenig zum Thema Vergangenheitsbewältigung. Wie kamen die Splits zustande?

Der erste Split kann eigentlich schon vor Hirnnektar zustande. Zu den ersten beiden Alben gab es die exzentrischste und psychotischste Besetzung, die INCUBUATOR hatten, aber sie funktionierte. Vor Hirnnektar stiegen drei davon aus und uns zwei neue Leute an Bord geholt, was immens neuen Wind gebracht hat. Die Aufnahmen zu diesem Album war dann der totale Drogenexzess. Die Scheibe floppte, weil niemand mehr so richtig was damit anfangen konnte. Wir entschieden uns danach uns aufzulösen, auch aus persönlichen Differenzen. Irgendwann habe ich mich dann mit Bassist Marcel (kam auf der Tour zu Mc Gillroy, the Housefly in die Band) zusammengesetzt und wir haben einen neuen Anfang beschlossen. Aus dieser Schaffensphase entstand dann MCMETALXCVIII. Bekannterweise klappte es auch mit dem zweiten Anlauf nicht lange.

Was hast Du in den letzten vier Jahren gemacht?

Ich habe angefangen als Werbegrafiker zu arbeiten und war in Hamburg in diversen Agenturen tätig. Aber musikalisch war nichts los, wenngleich ich immer die Augen offen hatte. Ich wollte mal mit Dirk (Weiß – Ex-RICHTHOFEN & WARPATH) was machen, aber dazu kam es auch nie.

Willst Du mit THE SIXTH INCUBATOR auch live Auftreten?

Wir haben doch gerade erst ein Live-Album aufgenommen (lacht). Ernsthaft: Sicherlich werden in ferner Zukunft irgendwelche Sachen anstehen müssen, denn wir können ja nicht auf der einen Seite sagen, dass wir alles für unsere Fans tun, aber auf der anderen Seite aber nicht live auftreten. Das Ganze wird aber sehr koordiniert über die Bühne gehen müssen, denn auf Assi-Touren in alten abgewrackten Wohnmobilen haben wir keine Lust; dann doch eher Festivalauftritte. Das ist aber Zukunftsmusik, denn wir haben ja das große Problem der Live-Besetzung. So wie es jetzt aussieht haben weder Stefan noch ich uns Lust auf eine Band oder Gastmusiker. Also müssen wir wohl viel von Band kommen lassen. Des weiteren gibt es noch viel von der finanziellen Situation zu klären, wo uns eventuell eine Plattenfirma unter die Hände greifen sollte.

Die Publikumsgeräusche, die ihr unter Live-Reincanation – Ground Zero gemischt habt, lassen mich darauf schließen, dass es Dir fehlt, live zu spielen.

Das weniger, denn ich bin immer jemand gewesen, der Bandproben und Live-Auftritte wie die Pest gehasst hat. Live-Auftritte sind irgendwo schon schön, aber das Feeling von der Platte kommt nie so richtig rüber. Ich denke, man muss schon eine größere Band sein, damit es klappt, sprich die Mittel zu haben eine richtige Show aufzufahren, die Platte richtig rüber zu bringen. Die Live-Geräusche sind eher dazu da, das sich die Fans, die mit uns gehen und in unserem Tribe sind, auch wie in einer Familie fühlen. Die Leute, die zuhören könnten genauso gut im Publikum stehen, sie sind von Anfang an mit eingeplant.

Kommen wir zu den Lyrics: Symphonies of Spiritual Cannibalism und McGilroy the Housefly waren zusammenhängende Konzeptalben. Hirnnektar war eher sozialkritisch. Auf MCMETALXCVIII und Live-Reincanation – Ground Zero sind die Texte nicht mal abgedruckt. Legst Du keinen Wert mehr darauf oder sind die Texte zu persönlich?

Auf MCMETALXCVIII gibt es eigentlich keine Texte. Als es auf den Studioaufenthalt zuging, schauten mir meine Bandmitglieder pausenlos auf die Finger, wie es denn mit Texten aussähe. Ich habe mir die ganze Zeit überlegt, über was ich den schreiben hätte sollen; eine kleine Verantwortung bestand nämlich durchaus. Aus dem Gore- und Splatteralter bin ich ja schon raus gewesen und mir fiel nichts ein, was ich sagen wollte. Deshalb habe ich mich entschieden die Texte in dem Moment zu schreiben in dem ich im Aufnahmeraum stehe und diese Stücke einsinge. Somit sind es keine Texte in dem Sinn, sondern eher eine Art Filmsequenz. Sequenzen aus meinem Leben und der Welt, die größtenteils Schlagworte sind und mein Gefühl wiedergeben, was die eigentliche Message ist. Im Aufnahmeraum zu stehen, mit dem Textblatt vor mir und zu einem bestimmten Punkt einen bestimmten Schrei abzuliefern finde ich, naja, eher Scheiße. Dabei geht eine Menge Energie verloren. Das heißt jetzt aber nicht, dass ich die ganzen Texte nicht mehr wüsste, ich könnte sie Dir sofort rausschreiben, das wäre gar kein Problem. Die Message ist eher: Was ich singe, ist egal, aber die Energie, die ich reingepackt habe soll Dir helfen Deinen Arsch hoch zu kriegen, für Deine Sachen einzustehen und Deinen Weg vernünftig zu gehen. Ich kann nur über meine Vocals vermitteln, dass es um Hass, Kraft, Ehrfurcht und um Aufrichtigkeit geht. Das waren jetzt vier Worte und damit kriegt man keine Platte voll. Ich kann nicht an Leuten rumkritisieren, die ich gar nicht kenne. Ich kann sie nur unterstützen ihren eigenen individuellen Weg weiterzugehen.

Die Hälfte der Texte auf MCMETALXCVIII sind nach diesem Prinzip entstanden. Auf Live-Reincanation – Ground Zero war es im Grunde genommen genauso. Ich habe es auf diesem Album bewusst ausschließlich so gemacht. Schwarzlichtbirne reindrehen, grooven und böse sein (lacht). Eigentlich ist es ja nicht böse sein, sondern Energie verkaufen. Im Grunde genommen sind wir die EON des Death Metal (lacht). Wir verkaufen nur Energie, keine Phrasen. Ich denke mit dem Song Weihnachten sagen wir alles, was wir in den restlichen Tracks ohne Texte sagen.

Dieser Song erinnert mich sehr an RICHTHOFEN, sowohl musikalisch als auch textlich. Leider versteht man den Text nicht so richtig. Um was geht es darin?

Ich will nicht zu viel versprechen, da das zweite Album noch ins Land steht, aber dieser Song ist nur ein kleiner Vorgeschmack, auf dass was die Hörer erwarten wird. Dagegen wirkt Weihnachten wie ein Kindertischgebet. Prinzipiell geht es um diese Anklage gegen die Menschheit. Die heile Welt wird angeklagt, die eigentlich viele Todsünden beinhaltet. Auf der einen Seite geht es um diese geheuchelte Harmonie, auf der anderen Seite wirft es Fragen auf, wie Warum habt ihr den Tiger in den Zoo gesperrt, warum habt ihr den Negern ins Genick geschossen? Da können sich kleingeistige Antifa-Leute gerne drüber aufregen, aber es ist wirklich gar nichts Rassistisch dran. Ich habe dieses Sample zum ersten Mal gehört und gedacht, dass das wirklich gesagt werden muss. Du hast recht, es hätte definitiv von RICHTHOFEN kommen können, von deren Seelenwalzer-Album ich übrigens ein großer Verehrer bin.

Was hat das kryptische Cover zu bedeuten? Stellt es Dich und Stefan als Metapher dar?

Wäre natürlich naheliegend, aber es entstand eher durch eine Grafiksession. Wir brauchten halt ein Cover, da habe ich ein wenig rumexperimentiert. Er hat irgendwann gesagt, was sein Favorit war, das haben wir verwendet und das ganze Booklet danach gerichtet.

Der Albumtitel ist ja eher schwarzhumorig durch die offensichtliche Anspielung an der Anschlag vom 11. September 2001. Bedeutet es die Verwüstung nach einem THE SIXTH INCUBATOR-Konzert oder dass es auch ihr geschafft hättet das World Trade Center in Grund und Boden zu walzen?

Im Grunde genommen ist es wiederum etwas, das viel Interpretationsmöglichkeiten zulässt. Ground Zero ist ja die Nullinie, also ein Neubeginn, dass wir mit diesem Album auch verdeutlichen wollten. Als wir auf die Idee kamen ein Live-Album zu machen wuchs in mir die Idee heran, das wir während des Einsturzes im World Trade Center ein Konzert spielen, also während der Apokalypse mit diesem ausgewählten Fankreis. Auf der anderen Seite ist ja hinten drauf ein (schwer erkennbarer – Amn. des Verf.) Terrorist, der vor dem World Trade Center steht. Also ein wenig bissiger Humor ist durchaus vorhanden und diese Geschehnisse mit reinverpackt. Ich habe vor solchen Sachen in der Regel sehr wenig Respekt, es sei dahingestellt, ob dies nun gut oder schlecht ist. Es ist also ein bisschen von allem reingemischt, Eigenpersiflage, Kritik am amerikanischen System und unser Neuanfang.

Sind Dance-Gore, der Blurgh-Blast und Western Pus ´n Roll reine Spaß-Songs oder haben sie hintergründige und fiese Botschaften?

Prinzipiell ist dieses Album natürlich Spaß. Es ist aus der Ideologie des old-school Grindcore entstanden. Es ging darum Sozialkritik an den Tag zu legen, sich mit coolen Leuten zusammen zu finden, eine gute Zeit zu haben und eine verdammt harte Platte aufzunehmen, die richtig Arsch tritt. Ich würde nicht sagen, dass es einen tieferen Sinn oder irgendwelche Gemeinheiten beinhaltet. Es ist konzeptionell wie ein Spät- 80er, Anfang 90er Grindcore-Album. Allerdings ist es der Zeit ein wenig mehr angepasst. Es sind auch keine Songs vorhanden, die da Fight for poor People heißen, es ist lediglich ein Lebensgefühl. Vom Feeling und von der Philosophie ist es definitiv ein sarkastisches Grindcore-Album mit Sozialkritik, Selbstironie und ein bisschen persönlichem Schnickschnack.

Ist der Song Symphonies of Spiritual Individualism ein Seitenhieb in Richtung Deiner alten Bandkollegen, die Dich Deine Individualität nie erreichen ließen?

Das ist ein interessanter Blickwinkel, aber ich habe es gar nicht nötig, INCUBATOR eine rein zu drücken, da ja auch das ganze Symphonies of Spiritual Cannibalism- Album, zumindestens textlich aus meiner Feder stammt. Aber du hast recht, es stellt eine Art freischwimmen dar. Es ist eher ein Wortspiel. Ich will niemanden anklagen. Es drückt für mich eher dieses Endlich habe ich es geschafft aus. Nach zehn Jahren endlich keine Kompromisse mehr. Außerdem signalisiert dieser Titel, dass ich nicht vergessen habe, was in der Vergangenheit war.

Dein Gesang hat sich im Vergleich zu den frühen Alben von INCUBATOR deutlich verbessert, weg vom 08/15-Grunzer, hin zu einer charakteristischen, powervollen Brüllstimme. Eine bewusste Veränderung?

Das war eine persönliche Entwicklung, weil ich damals eher geschrieen habe und das auch mehr Kraft gekostet hat. Irgendwann habe ich im Laufe der Jahre eine neue Technik entdeckt, die es mir einerseits ermöglicht hat tiefer zu singen, und andererseits mehr Druck zu erzeugen. Eigentlich war es eher Zufall, dass ich diesen Gesangsstil entdeckt habe. Ich durfte mir früher nicht mal Zigaretten ansehen, da ich sonst meine Stimme verloren hätte. Aber mit der heutigen Technik könnte ich touren, bis mir der Arsch abfällt, die Stimme wäre immer noch da. Außerdem gefällt er mir auch persönlich besser.

Ist Deine Stimme auf diesem Album ohne Effekte? Gerade bei Terrarism möchte man das nicht glauben.

Ich habe keinen einzigen Effekt verwendet, jeder Part wurde von mir ohne Techniken übernommen. Das einzige war ein wenig Hall hier und da, aber kein Harmonizer wurde verwendet. Außer bei dem Song Puppenmord (auf Symphonies of Spiritual Cannibalism – Anm. d. Verf.) kam so was noch nie vor. Ich finde, das ist Verarsche. Chris Barnes glaube ich bis heute nicht, dass er – zumindest bei CANNIBAL CORPSE – nie mit Harmonizer gearbeitet hat. Das ist auch eine Sache, die wir den Fans irgendwo schuldig sind, denn wenn ich eine Death Metal-Scheibe kaufe, will ich hören, dass der Sänger dafür geblutet und geschwitzt hat. In den Harmonizer reinreden und dann ein verzerrtes Ergebnis haben kann der Fan auch selber, wenn er einen Kumpel mit Studio hat. Der nimmt sich die Platten dann selbst auf. Es ist ein Ehrenkodex, der nicht gebrochen werden darf!

Aber manche Fans denken sicherlich, dass Techno-Beats eher untrue sind als Harmonizer…

Natürlich, das ist Ansichtssache, aber aus meiner Sicht ist diese Moderne wieder ein Zeichen dafür, dass ich mich bemüht habe und mein Blut reingesteckt habe. Wenn Puristen das nicht gefällt, so muss ich es akzeptieren. Aber sie sollen auch verstehen, dass ich mich weiterentwickeln will. Außerdem gefiel es den meisten Leuten bisher eh.

Ich habe mal eine Geschichte mit Dir und einer alten Nachbarin gehört. Ihr hattet einen kleinen Akkustik-Krieg. Ist die Geschichte wahr? Um was ging es da genau?

(lacht) Ach die Geschichte… Das war zu MCMETALXCVIII-Zeiten, ich habe da mit einem Freund in einer WG zusammen gewohnt. Ich bin morgens irgendwie aufgewacht, weil das ganze Haus gepoltert hat. Die Alte hat mit ihrem Schwachsinn eh das halbe Haus unterhalten. Wenn´s denn sein muss, gehe ich einer Konfrontation nicht aus dem Weg, versuche dennoch immer eine friedliche Lösung zu finden. Nur Primitivität kann ich absolut nicht ausstehen, da werde ich sofort aggressiv. Ich habe also bei ihr geklingelt und mitgeteilt, dass es auch leiser geht und sie entgegnete mir mit einem freundlichen: Verpiss dich, du Assi-Schwein oder sowas. Da ist das Fass übergelaufen, ich habe in die Tür getreten und gebrüllt: Wenn du nicht augenblicklich leiser machst, reiß ich Dir den Kopf ab! Sie hat das anscheinend für bare Münze genommen, denn am nächsten Tag stand die Kripo im Haus wegen Sachbeschädigung und einer Morddrohung. Aber das wurde zum Glück eingestellt. Sowas passiert mir kontinuierlich.

Ich habe übrigens letztens einen Bericht im Fernsehen über Leute gesehen, die am ADS-Syndrom, dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom leiden und immer eine Konfrontation brauchen. Ich weiß nicht, ob auch ich darunter leide, aber auch ich brauche immer die Konfrontation und lasse auch nie ein Fettnäpfchen aus. Jetzt habe ich übrigens eine Plattform, die ideal dafür ist, denn mit THE SIXTH INCUBATOR wird es noch ätzender zugehen, noch viel mehr Leuten wird die Scheiße aufstoßen. Es geht auch darum den pausenlosen Konflikt zu suchen, was auch leider nötig ist, da die Menschen teilweise so borniert und dämlich sind und man diesen extrem provokanten und lauten Weg wählen muss, um der eigenen Meinung und den eigenen Bedürfnissen Gehör zu verschaffen.

Hast Du nicht Angst, dass das nächste Album den Fans zu individuell wird und sie es nicht mehr mögen?

Nein, denn es wird definitiv in dieser Richtung bleiben, es könnte jedoch sein, dass es etwas mehr in Richtung Dance Gore geht, aber es wird auf jeden Fall ein Death Metal-Album bleiben. Aber ich denke, dass ich mich auf der nächsten Platte wieder dazu entschließe, Texte zu schreiben, die dann wirklich ein Schlag ins Gesicht sind. Wir haben derzeit keine Plattenfirma, das sollten wir ausnützen um Dinge zu sagen, die schon lange fällig sind. Das wird vielleicht wieder das Megadebakel geben, aber für was, wenn nicht für diese Sache? Wie gesagt, das Stück Weihnachten ist ein Kindertischgebet, gegen das, was kommen wird. Dann wird es sicherlich heißen, Der Mummelthey hat jetzt entgültig über die Strenge geschlagen, der geht gar nicht mehr. Der bekommt jetzt Szene-Verbot! (lacht). Aber über die Jahre hat sich so viel angestaut, das muss einfach raus.

Dann sind wir mal gespannt. Wann werden wir dann mit einem neuen THE SIXTH INCUBATOR- Album erfreut werden?

Das bin ich auch. Im Winter wird es erscheinen, freut euch drauf (lacht).

Hast Du noch irgendwelche letzte Worte?

Ich glaube nicht, dass ich letzte Worte habe, denn ich bin ja noch da, ich gehe nicht weg. Höchstens, dass, wenn sich jemand ob meiner Arschkriechereien angepisst fühlt, gerne an thesixthtribe@aol.com seine Wut auslassen kann. Ich will aber hier keine letzten Worte abgeben, denn ich erwarte in den nächsten vier Wochen nicht den Tod. Ich hoffe aber, dass ich viele von den Leuten, die das hier lesen oder die Platte gekauft haben, auch mal sehen werde.

Chris, ich danke Dir für dieses Gespräch und wünsche Dir viel Glück für Deine Zukunft!

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