PUNISH: Mein "Das ist nicht Rock´n´Roll"-Veto

PUNISH gehören seit 1996 zum festen Inventar der Schweizer Death Metal-Szene. Die inzwischen zum Quartett geschrumpfte Quartett garantiert Geballer auf hohem technischen Niveau. Bassist Hardy gibt Auskunft zum Innenleben der komplexen Killermaschine…

PUNISH gehören seit 1996 zum festen Inventar der Schweizer Death Metal-Szene. Die inzwischen zum Quartett geschrumpfte Band garantiert Geballer auf hohem technischen Niveau. Dieses sorgt insbesondere bei todesmetallisch interessierten Gitarristen für feuchte Hände und motiviert manchen Saitenhexer zur Erhöhung seines Übungspensums. Mit Dawn of the Martyr präsentieren die Zürcher Death Metaller nun ihr Labeldebüt und Bassist Hardy gibt Auskunft zum Innenleben der komplexen Killermaschine.

Nach drei Outputs in Eigenregie habt ihr mit Dawn of the Martyr euer Labeldebüt abgeliefert. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem noch jungen Schweizer Label QUAM LIBET RECORDS ursprünglich zustande gekommen?

Wir kennen Matt und Jan schon länger, kamen aber erst durch unseren Beitrag für ihren 2005er Heavy Metal Nation II-Sampler so richtig ins Gespräch. Und da QUAM LIBET RECORDS während unserer Labelsuche die Einzigen waren, die Interesse an einer Zusammenarbeit bekundeten, war die Entscheidung für uns mehr als einfach, haha!

Worin seht ihr die Vorteile, ein Label im Rücken zu haben?

Die Vorteile sehen wir momentan darin, dass uns mit dieser Konstellation viele Arbeiten abgenommen werden, und wir uns vermehrt auf die wirklich wichtigen Sachen, sprich die Musik, konzentrieren können. QUAM LIBET RECORDS sind zwar ein junges Mini-Label, aber machen was sie können und halten auch, was sie versprechen. Nur schon das ist aktuell wohl mehr als man auch von bekannten Labels erwarten kann, und verschafft uns vorläufig eine entspannte Basis.

Das hört sich auf jeden Fall gut an! Bereits bei eurer Eigenproduktions-EP Four Songs in Morbid Lust hattet ihr mit Produzent Alex Krull (ATROCITY) zusammengearbeitet. Auch für die Produktion von Dawn of the Martyr habt ihr euch wieder für ihn entschieden. Wie kamt ihr vor Four Songs in Morbid Lust in Kontakt und was hat für euch den Ausschlag dazu gegeben, gerade mit ihm zusammenzuarbeiten? Möchtet ihr auch in Zukunft mit ihm zusammenarbeiten oder habt ihr euch dazu noch keine Gedanken gemacht?

Wir hatten nach nicht so tollen Erfahrungen mit einheimischen Studios schlicht das Verlangen mal Nägel mit Köpfen zu machen und wollten einen Menschen an den Reglern haben, der ebenfalls was von Metal versteht. Die Zusammenarbeit war zu Four Songs in Morbid Lust sehr produktiv und deshalb fiel unser Wahl bei der aktuellen Scheibe auch wieder auf das Mastersound Studio. Eine weitere Zusammenarbeit wird es aber momentan nicht geben, da wir uns für die bevorstehenden Aufnahmen für Andy Classens Stage One Studio entschieden haben und dort über Januar/Februar 2008 die nächsten zehn Songs einprügeln werden.

In dem Fall produziert ihr ja fast so schnell neue Werke, wie ihr spielt… Aber bleiben wir mal noch in der Gegenwart: Was bei Dawn of the Martyr auffällt, ist das moderne, klare Soundgewand, das insbesondere die Gitarren schön zur Geltung bringt. Allerdings kann ich mich mit dem künstlichen Drum-Sound nicht anfreunden. Wie spielten sich die Entscheidungen betreffend des Klanges von eurem neuen Album ab und warum habt ihr euch für getriggerte Drums entschieden?

Die Wahl für Trigger entstand eigentlich aus der Entscheidung, dass Dawn of the Martyr ein brutales und kaltes Album werden sollte ohne jedoch steril zu wirken. Die Möglichkeiten des Mastersound Studios erschienen uns fortschrittlich genug, um einen entsprechenden Drumsound zu erhalten, der sowohl durchschlagskräftig ist, aber auch nicht wie ein Amiga C64 tönt. Wir alle waren nach den Mix mehr oder weniger zufrieden mit dem Endresultat und im Kontext der Songs nagelt das Drum für mein Empfinden mehr als amtlich. Dass das Schlagzeug während der kurzen Solopassagen unverkennbar nach Trigger tönt, ist jetzt halt einfach so, wird aber auf der nächsten Aufnahme definitiv verbessert werden.

Ich hoffe es, es war wirklich der einzige Schwachpunkt für mich bei eurem aktuellen Werk. Aber wenden wir uns den Stärken zu. Sowohl bei euren Live-Auftritten als auch auf dem neuen Album fällt die zentrale Stellung der Gitarrenarbeit von André und Ralph auf. Da beide technisch sehr versiert agieren – gibt es bei euch eine Art Lead Gitarrist / Rhythm Gitarrist-Aufteilung oder teilen sie sich das Lead-Pensum etwa zu gleichen Teilen auf?

Das ist eigentlich nahezu 50/50. Die beiden peitschen sich gegenseitig jedes Mal wieder zu neuen Exzessen und verpassen unserer Band mit dieser sympathischen Unart auch einen unverkennbaren Stempel.

Das ist wahr. Mit zwei so ehrgeizigen Gitarristen an Bord und Songs, die kaum ohne Solieren auskommen: Inwiefern kannst du als Bassist Einfluss nehmen auf das Songwriting? Und da die Songs bei euch nicht gerade geradlinig sind:
Wie läuft das Songwriting bei PUNISH üblicherweise ab?

Punish
Das Rhythmus-Rückgrat von PUNISH: Schlagzeuger Reto Crola und Bassist Reto Hardmeier

Auch wir werden älter und erkennen langsam den Wert von geradlinigeren und bangbaren Songstrukturen. Die ganzen Soloeskapaden von Jeff Huber und Kerry Mathieu kommen mir daher als Bassist soweit zu Gute, dass ich erdige Begleitlinien dazu spielen kann und dem ganzen Material damit mehr Boden verleihe. Ansonsten beschränkt sich mein Einfluss momentan eher auf die Gesamtumsetzung der jeweiligen Songs und mein bewährtes Das ist nicht Rock`n`Roll!-Veto, haha! Üblicherweise kommt aber jemand von uns mit einem kompletten Song und dem dazu gehörenden Konzept daher, um das die restlichen Mitglieder ihre Beiträge flechten.

Gerade wegen der Songkomplexität und dem hohen technischen Schwierigkeitsgrad: Arbeitet ihr beim Komponieren auch mit dem Computer, zum Beispiel um Demo-Ideen festzuhalten? Und wie oft pro Woche übt ihr eigentlich, vor allem wenn man bedenkt, dass euer Drummer Reto Crola auch noch bei REQUIEM aktiv ist?

Neben jeweils mehreren Stunden privat für uns selbst proben wir zwei Mal pro Woche als Band. In der Vergangenheit hatten wir oft Streit, da gewisse Strukturen taktmäßig nie aufgingen oder jemand dauernd einen Schlag zuviel oder zuwenig spielte. Dieses Problem konnten wir ausmerzen, seit wir mit einem Freeware-Programm namens PowerTab (PowerTab Website) die Songs via Tablaturen/Noten festhalten und individuell anpassen. Ist ebenfalls scheißpraktisch zum daheim üben, da man Loops einbauen und Tempi verändern kann. Ist jeder Band zu empfehlen!

Eine perfekte Überleitung zum pädagogisch wertvollen Gerücht, dass es über euch gibt. Ich habe mal gehört, dass André und Ralph in Zürich eine Musikschule für Gitarristen betreiben. Ist das wahr?

Tja, das war einmal. Der Zeitaufwand war neben den regulären Jobs und der Band schlichtweg zu hoch. Aktuell ist darum auch keiner von beiden als Gitarrenlehrer zu engagieren.

Beim Anhören euer Songs kommen zum Teil Erinnerungen an DEATH auf. Welche Bands haben dich in deiner Musikerlaufbahn beeinflusst? Und welche Band hat dich ursprünglich mit dem Death Metal in Berührung gebracht?

DEATH waren definitiv ein großer Einfluss. Ich kann nicht sagen, wie viele Stunden ich mir unter Kopfhörern Human und Individual Thought Patterns angehört habe. Es waren auf alle Fälle viele. Unser Musikgeschmack ist mittlerweile aber sehr breit gefächert. Wir unterscheiden nicht mehr nach Genres, sondern nach guter Musik. Nachhaltige Eindrücke verpassten mir persönlich neben DEATH unter anderem Bands wie SEANCE, ATHEIST, IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST und SADUS auch Nichtmetalisches wie den NEKROMANTIX, HANK WILLIAMS III oder BRAD PAISLEY. Die Initialzündung für Death Metal war aber The Ten Commandments von MALEVOLENT CREATION, mich friert es schon, wenn ich nur daran denke…

Anfang 2006 hat euch ja euer Frontmann Chris Block verlassen. Warum ist er nach so langer Zeit bei PUNISH ausgestiegen? Ist er mittlerweile wieder in einer anderen Band aktiv?

Er schien andere Prioritäten zu haben und tauchte nie mehr auf. Wir haben auch keine Ahnung was er momentan treibt, der Kontakt ist völlig abgebrochen.

Das ist tatsächlich mysteriös. Meistens folgt auf den Verlust des Frontmanns ja eine langwierige Nachfolgersuche. Ihr habt das Problem anders gelöst – du übernimmst neben dem Bass-Spielen die Growls, André steuert die Screams bei. Da diese neue Aufgabenteilung so gut funktioniert: Habt ihr überhaupt jemals darüber nachgedacht, ein fünftes Mitglied aufzunehmen? Und wie sind die Publikumsreaktionen auf diese Frontmann-Verdoppelung?

Punish
Die PUNISH-Gitarrenfraktion:: Gitarrist Ralph Huber und Sänger André Mathieu

Momentan fühlen wir uns als Quartett so stark wie niemals zuvor, quasi reduziert auf das Maximum. Die Publikumsreaktionen sind ebenfalls durchwegs positiv, der Doppelgesang kommt gut an, wir seien aggressiver als vorher und da wir große Teile hinter den Mikros verbringen müssen/dürfen/wollen, kommt der Vorwurf von fehlender Bewegung auf der Bühne auch viel seltener auf als bis anhin, haha!

Soweit ich weiß, warst du der erste PUNISH-Bassist, doch eine Zeitlang war Mirko Siegwart für den Bass zuständig. Stimmt es, dass du eine Zeitlang nicht mehr bei PUNISH dabei warst? Falls ja: Warum? Und was hat dich dazu motiviert, bei den anderen Jungs wieder einzusteigen?

Ich war eines der Gründungsmitglieder, verließ die Band aber während meiner berufsbegleitenden Weiterbildung aus zeitlichen Gründen. Der Kontakt zu den Jungs riss aber nie ab und als sich andeutete, dass Mirko sich wieder verstärkt auf UNLIGHT konzentrieren wollte, wechselte ich mit fliegenden Fahnen wieder vom Posten als Die-Hard-Supporter zur Stamm-Mannschaft. PUNISH ist einfach das Geilste!

Davon durfte sich dann ja auch Europa überzeugen. Ihr seid ja dann als Quartett mit HELHEIM auf Tour gegangen. Bei eurer stilistischen Ausrichtung als technische Death Metaller hat mich diese Kombination ziemlich erstaunt. Warum habt ihr euch gerade für diese Tour entschieden? Und wie haben die Viking Metal-Fans – die ich typischerweise an einem HELHEIM-Konzert erwarten würde – auf euch reagiert?

Ehrlich gesagt war es das einzige Tourangebot, das auch bezahlbar war ohne dauernd das Gefühl haben zu müssen, ausgenutzt worden zu sein. Zudem hatten wir damals nicht den Luxus, aus verschiedenen Angeboten auswählen zu können. Wir freuten uns schlichtweg darauf, endlich mal aus dem Proberaum raus und auf Tour gehen zu können! Die Reaktionen und Livekritiken waren ausnahmslos positiv, die Bands allesamt supercool, kein einziger Idiot dabei und nur glückliche Erinnerungen. Braucht es mehr?

Nein, nicht wirklich! Soweit ich weiß, war die HELHEIM-Tour eure erste Europatour. Welches Erlebnis ist dir am meisten geblieben? Und was war das Merkwürdigste, was euch auf dieser Tour passiert ist?

Da passiert so viel, wir sind nach wie vor am Rekapitulieren, was da überhaupt alles abgegangen ist. Von der chaotischen Anreise wegen gesperrten Straßen, einem kleinen Grünzigarettenausfall in Eindhoven, einer blutigen Schlägerei mit einem Besoffenen in Ostdeutschland bis zu den üblichen, nicht wirklich druckreifen Eskapaden, war alles vorhanden. Ich schätzte, dass an jedem Abend ein Gig mit dem dazu gehörenden Adrenalin anstand und wir zusammen mit HELHEIM eine wirklich coole Truppe im Bus hatten.

Kommen wir zurück zu eurem aktuellen Album. Im Booklet ist mir die Grafik eines gespaltenen Steins aufgefallen, auf dem religiöse Symbole wie der Davidsstern, der Halbmond und das christliche Phi-Rho Signet zu sehen sind. Was wollt ihr mit dieser Graphik aussagen?

Religionen sind grundsätzlich so überflüssig wie eine offene Schienbeinfraktur. Glaube an dich selbst und sei kein Arschloch!

So kann man sich kurz und bündig ausdrücken! Als Titeltrack habt ihr ja Dawn of the Martyr gewählt. In den Lyrics kommt unter anderem die Textzeile Fundamentalist medium for a certain terrorist vor. Von welchem Märtyrer ist hier die Rede und von welchen Terroristen?

Fundamentalist, Nährboden für einen überzeugten Terroristen. Für mich geht das Hand in Hand – Fundamentalist = Extremist = Terrorist – und in diesen Hochtagen von Selbstmordattentaten stirbt dieser in der (falschen) Annahme auf heldenhaften Empfang im Elysium den Märtyrertod. Nur um dann festzustellen, dass nichts als Scheiße auf ihn wartet, jedoch nicht das versprochene Paradies. Womit wir dann schon wieder beim Song Guiding the wandering lost souls angelangt wären…

…der sich eben mit den nicht gerade rosigen Aussichten solcher Toten beschäftigt. Nicht nur diese Textzeile, sondern auch der I can see god (…) I can`t see god-Gegensatz in Miss Anne Thrope lässt auf eine religionskritische Einstellung schließen. Wie wichtig ist dir Religion in diesem Fall noch?

Wie gesagt halte ich persönlich nicht viel von Religionen. Aber ich schätze ein gutes Gespräch darüber und nehme durchaus auch Teile davon in meiner eigenen Weltanschauung auf. Aber dieses fanatische Indoktrinieren von logisch nur schwer nachvollziehbaren Dogmen ist mir ein Gräuel.

Mir gefällt das Wortspiel im Titel von Miss Anne Thrope. Was steckt dahinter? Und wessen Idee war es?

Der Text ist von mir und handelt von einer Selbstmordattentäterin, die sich selbst und ein paar dummerweise herumstehende Passanten mit ein paar Kilo Sprengstoff und einer Packung Nägeln ins Jenseits befördert. Ein Misanthrop ist bekanntlich ein Menschenfeind, Miss Anne Thrope spricht sich im Englischen gleich aus, verweist durch die Schreibart auf eine Frau und dass diese Aktion eine misanthropische Tat ist, wird mir wohl jeder bestätigen, voilà.

Quod erat demonstrandum, kann man da nur sagen. Wortspiele sind ja nicht gerade an der Tagesordnung, wenn man nicht in seiner Muttersprache schreibt bzw. spricht. Worin siehst du die Vorteile, Englisch als Lyrics-Sprache zu verwenden? Und gab es bei euch auch schon mal die Überlegung, einer anderen Sprache den Vortritt zu lassen?

Punish
Fundamentalist, Nährboden für einen überzeugten Terroristen. Für mich geht das Hand in Hand – Fundamentalist = Extremist = Terrorist – und in diesen Hochtagen von Selbstmordattentaten stirbt dieser in der (falschen) Annahme auf heldenhaften Empfang im Elysium den Märtyrertod. – Bassist Hardy über den Titelsong des neuen Albums.

Englisch ist nun mal die internationale Sprache und macht es dir als Band einfach am leichtesten, überall auf der Welt verstanden zu werden. Andere Sprachen zu verwenden haben wir uns eigentlich noch nie überlegt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass eine brutale Passage durchaus in Russisch gegrunzt werden könnte… müsste man mal ausprobieren.

Live macht ihr ja die Ansagen – zumindest in der Deutschschweiz – nicht auf Englisch, wenn ich mich recht erinnere. Wie sieht es in naher Zukunft mit den PUNISH-Live-Aktivitäten aus? Ist für die Promotion von Dawn of the Martyr eine Tour geplant? Falls ja – kannst du dazu schon einige Informationen preisgeben?

Der Veröffentlichungstermin Ende Juli war soweit ein bisschen unglücklich, da wir im September und Oktober privat verhindert sind und uns danach verstärkt auf die Aufnahmen im Januar 2008 konzentrieren wollen, beziehungsweise müssen. Der einzige bestätigte Gig ist bis dato unser Auftritt als Support von MELECHESH am DEATHFEST URI am 24. November im Transilvania in Erstfeld. Dort werden wir aber die Bude abfackeln und auch gleich die Plattentaufe zelebrieren! Falls aber ein Veranstalter gegen Ende Jahr noch ein paar Gigs im Angebot haben sollte, sind wir natürlich für jede Schandtat bereit!

In dem Fall vielen Dank fürs Beantworten meiner Fragen.

Ist gern geschehen! Vielen Dank fürs Interesse und viel Erfolg mit vampster.com, ihr habt da eine wirklich coole Page auf die Beine gestellt.

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