MORTEM: Mit Dead am Getränkeautomaten

MORTEM haben sich nach einem unglaublich langen Dornröschenschlaf mit ihrem ersten Album „Ravnsvart“ eindrucksvoll zu Wort gemeldet. Die norwegischen Schwarzmetaller klingen wie Zeitreisende aus der „Aspera hiems symfonia“-ARCTURUS-Ära. Da bietet es sich an, dem Reisenden Steinar Sverd ein paar Fragen zu stellen.

mortem_ravnsvart-cover

Ravnsvart“ hat mich richtig überrascht, weil es so „alt“ klingt. Wann seid ihr eigentlich auf die Idee gekommen, endlich ein MORTEM-Debütalbum aufzunehmen?

Einige der Parts des Tracks „Ravnsvart“ sind tatsächlich etwas älter. Ich hatte den Traum, wieder richtiges dunkles Zeug zu machen, und diese Riffs entstanden im Februar 2017. Nach ein paar Proben mit Marius habe ich ihm diese Riffs im Frühling 2018 vorgespielt und wir entschieden, ein neues Album zu machen.

Tor (1349, PANTHEON I) liefert bei MORTEM elegante Basslines

Wiederauferstehung beim Einkaufen

War das also der Zeitpunkt für die Wiederauferstehung MORTEMs? Schliesslich hattet ihr euch nach dem MORTEM-Demo ja primär anderen Bands gewidmet.

Die Wiederauferstehungsidee kam im Herbst 2017 – völlig ungeplant. Ich traf Marius per Zufall in einem Laden und nach ein bisschen Bandgeplauder entschieden wir uns, mit den alten Tracks was zu machen. Das eskalierte dann komplett und wurde zu einem neuen Album. Das inspirierte neue Songs. Und ja, wir hatten uns damals nach dem MORTEM-Demo wirklich zerstreut – Marius ging zu STIGMA DIABOLICUM und ARCTURUS wurde gegründet…

Erinnerungen an Dead

MORTEMs Demo „Slow Death“ hatte ja ein Cover, welches der legendäre Dead (MAYHEM) für euch gestaltet hatte. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Und was ist deine eindrücklichste Erinnerung an ihn?

Als wir das Demo “Slow Death” fertig hatten, fehlte uns ein Bild für das Cover. Wir hatten auch kein Bandlogo, das uns gefallen hätte. Euronymous (MAYHEM) hatte mal erwähnt, dass Dead gut zeichnen könne. Als wir also bei MAYHEM zu Besuch waren, fragten wir Dead, ob er uns ein Cover machen könnte. Er hat es sogleich gemacht. Dead fragte uns einfach, was wir wollten. Wir antworteten “einen Sensemann auf dem Friedhof” (ja, ich weiss, nicht besonders originell). Er hatte ungefähr eine Stunde daran gearbeitet.

Die eindrücklichste Erinnerung… die hat eigentlich eher mit dem Ort zu tun, wo Necrobutcher und Dead sich Zimmer gemietet hatten. Dort gab es einen Getränkeautomaten mit einer Art Metallreifensystem. Man warf Geld rein und die Flasche kam auf diesen Metallschienen zu dir. Irgendetwas war jedoch kaputt und Necrobutcher und Dead hatten herausgefunden, wie man die Flaschen, die an den Schienen hingen, noch innerhalb des Getränkeautomaten öffnen und mit einem Trinkhalm austrinken konnte. Irgendwann kam der Besitzer allerdings dahinter, war gar nicht glücklich darüber und der Getränkeautomat kam weg.

Das Lieblingsalbum aus dem Reigen meiner Ex-Bands

Marius geisterte auch bei ARCTURUS durch die Klangwelt.

Ungewöhnlicher geht es ja wohl nicht mehr… Zurück zur ernsthafteren Musikseite: Du hast schon mit ULVER, EMPEROR, ENSLAVED, SATYRICON und THE KOVENANT gespielt. Welches ist  dein persönliches Lieblingsalbum aus all deinen Ex-Bands?

Ohne Zweifel „Nexus Polaris“ von THE KOVENANT. Einfach alles, was mit diesem Album zusammenhing, das ganze Package. Die Aufnahmen im Woodhouse Studio in Deutschland, die darauffolgende Europatour – einfach unvergesslich. Wenn ich diese Tracks heute wieder auf dem Keyboard spiele, und ja, das tue ich noch immer, dann fühlt sich das beinahe magisch an.

Keyboardmagie bei MORTEM und ARCTURUS

Deine Keyboardmagie erinnerte mich auf „Ravnsvart“ schwer an das ARCTURUS-Meisterwerk „Aspera Hiems Symfonia“ aus dem Jahr 1996. Wie hängen MORTEM und ARCTURUS für dich persönlich zusammen?

Es ist der gleiche Komponist und ich benutze auf „Ravnsvart“ die gleichen Keyboards wie damals auf „Aspera Hiems Symfonia“. Der Unterschied ist, dass für „Aspera Hiems Symfonia“ die Musik auf dem Keyboard komponiert wurde und für „Ravnsvart“ wurde ursprünglich alles auf Gitarren komponiert. Zuerst habe ich den ARCTURUS-Kumpels verkündet, dass ich wieder bereit sei, ein richtiges Black Metal-Album zu machen mit vielen Blastbeats und Kreischvocals. Ihre Antwort war ziemlich vage – und dann traf ich eben zufällig Marius wieder beim Einkaufen. So kam die Wiederauferstehung MORTEMs zustande.

Als ich noch jung war-Musik

Wer bei MORTEM MAYHEM sagt, muss auch Hellhammer sagen.

„Ravnsvart” klingt allerdings nicht klinisch nach 2019 – warum habt ihr eine „älter“ klingende Produktion gewählt?

Nun, ich werde älter. Ich denke, viele Musiker lieben dieses „als ich noch jung war“-Gefühl. Also habe ich meine alten Keyboards aus 1990 und 1996 benutzt und habe versucht, mich daran zu erinnern, wie es wirklich war vor 25 Jahren. Ich habe seit 25 Jahren nicht mehr Gitarre gespielt – das war also auch ein Experiment. Ausserdem haben wir das gleiche Studio gebucht wie damals für „La Masquerade“ und auch wieder Børge Finstad dazu. Er war bei „La Masquerade” auch für die Produktion verantwortlich.

Soweit ich weiss, warst du damals bei MORTEM für Bass und Gitarre zuständig. Heute für die Keyboards und die Gitarren. Woher kam die Motivation zum Instrumentenwechsel?

Mein Musikerdasein begann 1986/1987. Da fing ich an, Gitarre zu spielen und das Resultat war das „Slow Death“-Demo. Weil ich mit den Fingern etwas geschwinder war als Marius, spielte ich im Studio auch noch den Bass ein. 1990 kriegte ich mein erstes Keyboard und das veränderte vieles. Dieses Instrument war das, was mir immer gefehlt hatte – ich war sofort hin und weg davon. Zur gleichen Zeit wurde ich ein grosser Fan von klassischer Orgelmusik und so war meine Begeisterung fürs Keyboardspielen sogleich total.

Bachs Toccata und Fuge (BWV565) in der Kirche

Welches Instrument spielst du am liebsten?

Klassische Orgelmusik und Black Metal – Steinar

Klassische Orgeln sind wunderbar. Viele Knöpfe, viele Pedalen. Ich habe 1993 Bachs Toccata und Fuge (BWV565) in einer Kirche gespielt. Es war nur eine Person dort, die zuhörte, er war der Boss des Konservatoriums in Norwegen. Er empfahl mir, Musik zu studieren. Heute mag ich das Keyboard am meisten, es ist mein Instrument.

Du hast ja Keyboards und Piano auf SATYRICONs Meisterwerk „The Shadowthrone“ gespielt. Was ich mich immer gefragt habe: Welchen Anteil hattest du am Songwriting?

Haha, wegen dir musste ich das Album grad nochmals anhören, um mich genauer erinnern zu können! Also: Wir probten ziemlich lange, bevor wir das Album aufnahmen. Die Songs waren nicht alle fertig komponiert und ich höre gerade, dass ich das Thema in „Hvitekrist Død“ (ab 2:20) geschrieben habe. Ich erinnere mich auch daran, dass ich versuchte, Sigurd (SATYRICON) beizubringen, gleichzeitig zu singen und Gitarre zu spielen. Aber…sagen wir mal, im Universum gibt es nicht genug Zeit, um das geschehen zu lassen.

Wird es im Universum genügend Zeit geben, um „Ravnsvart“ mit MORTEM zu promoten oder werdet ihr aufgrund der anderen Bandverpflichtungen ein Studiogespenst bleiben?

Wir haben ein komplettes Live-Set bereit – also uns einfach kontaktieren oder den lokalen Promoter dazu motivieren, uns zu buchen. Wir sind bereit für Gigs!

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