JADED HEART: Vom musikalischen Standpunkt aus dürfte es keinen Daniel Kübelböck geben

Ich bin wirklich nicht der größte JADED HEART-Fan, fand die Band aber immer gut und bewunderte ihr Stehvermögen, das durch diverse Besetzungswechsel und Firmenpleiten oft auf die Probe gestellt wurde. Nun legt der Duisburger Fünfer sein aktuelles und zugleich sechstes Album vor, über das ich mich mit Sänger Michael Bormann ausführlich unterhielt.


Es ist wirklich schon zehn Jahre her, dass die Duisburger Hard’n’ Heavyrocker
um Sänger Michael Bormann ihr Debüt „Inside Out“ veröffentlichten.
Die Band um den ehemaligen BONFIRE
und LETTER X-Sänger wurde bereits 1990 von Michael und seinem Bruder Dirk
gegründet und kurze Zeit später von Ex-MAD MAX-Drummer Axel Kruse und
THE SYGNET-Bassmann Michael Müller verstärkt. Beide gehören –
im Gegensatz zu Dirk – auch heute noch zum Line-up der Band, die es im Laufe
der Jahre auf gemeinsame Tourneen mit GLENN
HUGHES
, AXXIS, MOTHER’S FINEST, GOTTHARD
und HEAVENS
GATE
, aber auch TV-Auftritte bei RTL, PRO 7 und diversen anderen Sendern
auf ihrer Habenseite verbuchen konnte. Das Bandgefüge überstand einige
personelle Veränderungen und kann sicherlich mit Stolz auf das Zweitwerk
„Slaves & Masters“ zurückblicken, dass sich satte vier Monate
in den Top Ten der japanischen Import-Charts halten konnte. Aber genug über
die Vergangenheit geredet, denn nun veröffentlicht die Band ihr aktuelles
Album „Trust“, das in Michael Bormanns eigenen „RMB Rock“-Studios
in Duisburg eingespielt und gemischt bzw. von Tom Müller (u.a. NINA HAGEN,
ROSENSTOLZ) in Berlin gemastert wurde. Erscheinen wird das sechste Studioalbum,
über das und viele andere Dinge ich mit Sänger Michael plauderte, erstmalig
beim Berliner Label „Ulftone“ und die Band bleibt damit schon fast einer
Tradition treu, denn immerhin verschliss sie schon einige Labels…

(lacht) Das mit den verschiedenen Labels lag, zumindest in den Anfangszeiten,
daran, dass die Plattenfirmen immer pleite gegangen sind. Das war aber natürlich
nicht unsere Schuld und mit unserem letzten Label „MTM“ ging es ja
auch länger gut, denn immerhin sind dort zwei Studioalben und die „Best
of“-Scheibe erschienen. Leider hat die ganze Zusammenarbeit zum Schluss
nicht mehr gefruchtet und nicht nur wir wollten das Label unbedingt verlassen,
sondern auch das Label wollte, dass wir weggehen. Es ist vieles nicht so toll
gelaufen und wir waren zwischenzeitlich sogar soweit, dass wir das neue Album
über mein eigenes Label herausbringen wollten. Wir haben dann aber von
„Ulftone“ ein wirklich geiles Angebot bekommen, das wir einfach annehmen
mussten. Bis jetzt sind wir auch sehr zufrieden, zumal in unserem Vertrag Sachen
drin stehen, die noch nie in einem unserer Verträge standen. Es gibt aber
eben auch viele Dinge, die nur mündlich abgesprochen wurden und es wird
sich zeigen, ob und wie diese mündlichen Zusagen eingehalten werden.

Was lief denn falsch mit Eurem letzten Label „MTM“?

Also, der Mario hat wirklich an die Band geglaubt und viel Geld in die Band
investiert. Er hat uns auch quasi einen Traum erfüllt, als wir unsere IV“-Scheibe
aus dem Jahre 1999 mit Bobby Barth (u.a. AXE und GUILD OF AGES) in Amerika aufnehmen
durften. Das war das Eine, aber andererseits ist nicht mehr wirklich viel passiert,
d.h. wir sind mit dem Album das erste Mal auf Tour gegangen, als es bereits
anderthalb Jahre draußen war. Und selbst bei der Tour hatten wir einen Riesen-Stress,
weil er eben keine Kohle dazugeben wollte und diverse Male einfach den Hörer
einhängte. Er hat sich wirklich sowas von total daneben benommen und die
Chancen, die ihm mit und durch uns gegeben wurden, einfach nicht genutzt…

Ein Beispiel bitte…

Wir hatten mit „Champions“ einen Song, den der Pay-TV-Sender „Premiere“
für die Übertragung der Eishockey-WM 2001 genutzt hat. Es gab wirklich
nur positives Feedback und Mario hätte mit Leichtigkeit eine Single nachschieben
können. Er hat dafür aber leider keine Notwendigkeit gesehen und ich
finde es einfach Scheiße und unverständlich, wenn man so eine große Chance
nicht nutzt.

Mir liegt zwar nur die Promo zum neuen Album „Trust“ vor, aber
ich gehe mal davon aus, dass sich an der Herangehensweise nicht viel geändert
hat und Du weiterhin für das Songwriting hauptverantwortlich bist…

Ja, im Prinzip ist es so gelaufen wie immer, d.h. das etwa die Hälfte des
Songmaterials komplett von mir alleine stammt und der Rest dann eben von mir
zusammen mit unserem Gitarristen Barish Kepic geschrieben wurde. Das ist auch
gut so, damit die Farbe des Albums stimmt, denn Barish kommt eben oft mit Riffs
an, die sicherlich gut sind, aber die ich so nicht schreiben würde.
Ihr klingt auch nicht „typisch deutsch“…
Das hat natürlich in erster Linie mit der Musik zu tun, liegt aber auch
und sehr wahrscheinlich daran, dass ich keinen Akzent habe. Selbst die Amis
halten mich ja für einen Landsmann (lacht). Ich brauchte den Akzent auch
gar nicht wegtrainieren, was man sicherlich kann. Bei mir war es schon in der
Schule so, dass ich im Englischunterricht ohne jeden Akzent gesprochen habe…

Hast Du schon mal die Idee gehabt, einen deutschsprachigen Song zu schreiben
oder aufzunehmen?

Ich habe schon mehrere deutsche Songs aufgenommen und geschrieben, u.a. für
WOLFGANG PETRY, der den Song aber leider nicht genommen hat. Es gibt auch den
einen oder anderen deutschen Song, den ich gerne singen würde, aber jetzt
gezielt ein ganzes Album aufzunehmen, ist nicht unbedingt das, was ich mir vorstelle.
Aus Jux und Dollerei vielleicht, aber zum Singen finde ich die deutsche Sprache
nicht gerade präsdestiniert, auch wenn es immer wieder Leute wie z.B. XAVIER
NAIDOO gibt, die die deutsche Sprache beim Singen wirklich gut umsetzen. Ich finde
auch bei RAMMSTEIN,
obwohl ich die Band eigentlich ziemlich Kacke finde, super, wie sie mit der deutschen
Sprache arbeiten und bei denen ein Satz manchmal drei, vier Bedeutungen haben
kann!!

Das neue Album ist für einen Fan eigentlich keine grosse Überraschung…

Sollte es ja auch gar nicht. Wenn das der Fall wäre, dann wäre etwas
schiefgelaufen. Wo JADED
HEART
draufsteht, soll auch JADED HEART drin sein. Ich bin kein Freund von
Experimenten oder davon, aufgrund einer angesagten Musikrichtung seinen Stil zu
ändern. Man kann zwar immer mal einen Song aufnehmen, der etwas anders klingt,
es darf aber nicht soweit gehen, dass man quasi einen Stilbruch begeht. Achtzig
Prozent des Songmaterials sollten immer nach JADED HEART klingen…

Du hast ja im Jahre 2002 ein Soloalbum veröffentlicht, das ich allerdings
nicht kenne. Wieso macht ein Sänger, der eh in seiner Band für das
Hauptsongwriting verantwortlich ist, ein Soloalbum?

Wenn
Du das Album kennen würdest, dann hättest Du diese Frage wahrscheinlich
nicht gestellt. Du hättest dann nämlich gehört, warum das Album
kein JADED HEART-Album geworden ist. Ich habe halt in den letzten Jahren viele
Sachen gemacht und das war, wenn man Bands wie LETTER X oder THE SYGNET sieht,
eher die härteren Gangart . Aber keiner kennt meine andere Seite, zumal ich
ja mit den BEATLES und ELVIS aufgewachsen bin. JADED HEART beleuchtet eher beide
Seiten, aber die softere Seite ist eben die, die mir am meisten liegt. Deshalb
hab ich auch keine Probleme, an einem Tag zehn Balladen zu schreiben. Und auf
dem Soloalbum sind eben Sachen zu hören, die definitiv nicht zu JADED HEART
gepasst hätten.

Weisst Du denn beim Songwriting von Beginn an, für welches Album/Projekt
Du Songs schreibst oder entscheidest Du das erst, nachdem das Stück fertig
ist?

Ich schreibe eigentlich permanent. Denn aus mir fließen wirklich kontinuierlich
die Ideen, die ich jederzeit auf Diktiergerät bannen kann. Diese Ideen
können kommen, wenn ich auf dem Klo sitze oder im Bett liege und ich brauche
wirklich nicht mehr als zehn Minuten, bis der Song fertig ist. Dann noch eine
Stunde im Studio und der Song ist fix und fertig aufgenommen. Es gibt aber auch
Bands wie AXE oder GUILD OF AGES, wo dere Mitglieder einige Riffs hatten, aber
irgendwie nicht weiter kamen. Da hab ich denn die Melodie zu geschrieben und
das geht genauso schnell. Schliesslich hab ich als Deutscher dann noch für
die Amis die Texte geschrieben, was ich übrigens sehr lustig finde.

Würdest Du bei all Deinen Projekten trotzdem sagen, dass JADED HEART
das wichtigste und die uneingeschränkte Nummer Eins für Dich ist?

Mir sind natürlich alle meine Projekte und Arbeiten wichtig, aber JADED
HEART hat immer ein gewisses Vorrecht, denn ich habe JADED HEART vor fast vierzehn
Jahren zusammen mit meinem Bruder Dirk gegründet und wir sind auch die
besten Freunde. Man kann auch alles so gut arrangieren, dass sich da nichts
in die Quere kommt. Was im Moment ja auch nicht der Fall ist!

Ich habe im Vorfeld dieses Interviews mal ein bisschen im Internet gestöbert
und konnte feststellen, dass es für Eure bisherigen Album kaum schlechte
oder durchschnittliche Kritiken gab. Gemessen daran finde ich Euren Bekanntheitsgrad
eher gering…

Ja, und zum neuen Album sind die Kritiken noch besser und überschlagen
sich förmlich. Eigentlich waren die Kritiken durchweg immer gut, auch wenn
mal die eine oder andere dabei war, die vielleicht nicht ganz so gut war. Aber
bei „Trust“ hab ich noch keine Kritik gelesen, wo der Reviewer auch
nur ein einziges Haar in der Suppe gefunden hat. Man sollte aber trotzdem realistisch
bleiben. Ich verspreche mir davon nicht, dass wir jetzt zehn Schritte nach vorne
machen. Wenn wir ein paar mehr Platten verkaufen und vernünftig auf Tour
gehen können, dann ist für mich schon alles im grünen Bereich.
Wäre zwar schön, wenn es mehr werden würde, aber die Euphorie
ist in diesen Zeiten und mit unserer Art von Musik einfach vorbei.

Und wie sehen die Verkaufszahlen im Ausland aus?

Wir verkaufen zwar auch im benachbarten Ausland die eine oder andere Scheibe,
aber kommen wir dort bei weitem nicht an die deutschen Verkaufszahlen ran…

Es ist natürlich klar, dass Du Euer aktuelles Album als das beste JADED
HEART-Album bezeichnest. Aber welches Eurer Album magst Du eigentlich am wenigsten?

Ganz
klar “And The Journey Will Never End”, die letzte Scheibe. Ich mag den
Sound und die Produktion nicht. Außerdem hatten wir eine Scheißzeit im Studio,
denn wir waren nie alle gleichzeitig dort und haben die jeweiligen Parts alleine
eingespielt, weil das Label halt die Kosten für die Unterbringung möglichst
gering halten wollten. Negativ war auch, dass die Vorbereitung zur Scheibe nicht
so ideal war, denn der Rest der Band hat praktisch die fertigen Bänder erst
zu den Aufnahmen bekommen. Ich weiß aber auch, dass ich mit meiner Meinung über
die Scheibe ziemlich alleine stehe.

Mit Michael Voss (Ex-CASANOVA, Ex-DEMON DRIVE, Ex-MAD MAX) hast Du ja unter
dem Namen „20th Century Boys“ kürzlich ein T.REX-Tributealbum
eingespielt. Erzähl’ doch bitte etwas darüber!

Der Grund für dieses Tribute-Album war eigentlich der Tod von Mickey Finn
(Percussionist von T.REX, der am 11.01.2003 im Alter von 55 Jahren verstarb
– der Verf.). Ich hab lediglich mit Vossi, der das ganze Fundament und
die Produktion der Scheibe im Alleingang erledigt hat, die Stücke eingesungen.
Ich bin ins Studio gekommen und wir haben dann dort entschieden, wer welchen
Song singt. Und im Studio wurde mir auch erst richtig bewusst, wie viele Hits
T.REX eigentlich hatten…

Du hast ja, zusammen mit Angel Schleifer (Gitarre, (Ex-PRETTY
MAIDS
, Ex-SABU, Ex-DEMON DRIVE, Ex-BONFIRE,
Ex-SINNER),
Marc Ribler (Gitarre, arbeitete u.a. mit HELIX,
LEE AARON oder MITCH MALLOY zusammen), Jörg Deisinger (Bass, Ex-BONFIRE,
Ex-SOUL
DOCTOR
, Ex-SABU) unter dem Namen CHARADE ein Album gespielt, das leider nur
in Japan veröffentlicht wurde. Gibt es da vielleicht ein weiteres Album?

Das neue Album ist sogar schon fertig und muss nur noch von mir gemischt werden.
Auf dem ersten Album, das 1998 erschien waren ja viele Songs zu hören,
die ich zusammen mit Angel ursprünglich für BONFIRE geschrieben habe…

Du warst ja zwei Jahre bei BONFIRE ohne das ein Album veröffentlicht
wurde. Warum hat es denn nicht geklappt?

Kann ich Dir gar nicht sagen. Fakt ist, dass BONFIRE mit mir als Sänger
keinen Deal bekommen haben, was wahrscheinlich auch daran gelegen hat, dass
die Band zum Zeitpunkt des Lessmann-Ausstiegs soweit unten war, dass keiner
mehr etwas von der Band wissen wollte und keine Firma Bock hatte, Geld in die
Band zu investieren, obwohl wir viele Songs geschrieben und etliche Gigs gespielt
hatten. Aber BONFIRE waren für mich eh schon immer eine Band, die nicht
in der Lage ist, wirklich gute Songs zu schreiben. Ich fand die Fähigkeiten
der Songschreiber noch nie so toll und abgesehen vom „Fire Works“-Album
ist das alles so lala. Aber sie hatten in ihrem Umfeld halt die richtigen Leute
– und davon zehren sie heute noch.


Nun hast Dich ja im letzten „Breakout“ nicht sehr positiv über
Daniel Küblböck geäussert, was viele seiner Fans gegen Dich aufbrachte
und zu recht lustigen Einträgen im Gästebuch auf Eurer Homepage führte.
Nun hast Du ja vor Ohren selber mal an ein ähnlich gelagerten RTL-Show teilgenommen
und bist zu Deutschlands bestem BON
JOVI
-Double gewählt worden. Was hast Du also gegen solche Casting- und
Talentshows?

Nichts. Gar nichts. Ich finde es natürlich gut, dass man Leuten, die wirklich
etwas können, die Chance gibt, sich vor eine Jury zu stellen damit sie
zeigen können, was die drauf haben. Wenn Du dann aber siehst, wer von einem
Publikum, das überhaupt kein Know-How hat, zum Sieger gewählt wird,
dann frage ich mich natürlich schon, was das soll. Wenn das Publikum wenigstens
den Sänger nehmen würden, der die beste Stimme hat!! Nein, es gewinnt
der, der am besten oder eben auch am lustigsten aussieht. Es geht doch in solchen
Shows nicht darum sich gut zu verkaufen. Wenn ich Sänger werden oder sein
will, dann muss ich doch in erster Linie singen können, oder? Oder nimm’
doch diesen ALEXANDER. Ich war zum Zeitpunkt, als der beim „World Idol“-Contest
aufgetreten ist, in Norwegen und hab’ mir das wirklich angeguckt. Und der
ist wirklich aus dem Grunde Vorletzter geworden, weil er wirklich mit Abstand
der Schlechteste war. Das war ’ne Wurst, die nicht einen einzigen Ton getroffen
hat. Und der Sieger aus Norwegen hat gewonnen, weil er zwar Scheiße aussah,
aber von allen die geilste Stimme hatte. Und genau darum geht es doch bei einem
Gesangswettbewerb. Aber der Industrie ist es halt egal. Die sehen die 13- und
14-jährigen Teenies, die die Scheiben kaufen. Aber vom musikalischen Standpunkt
aus gesehen dürfte es keine DANIEL KÜBLBÖCKs geben. Der soll
meinetwegen als Komiker oder Kakerlakenfresser sein Geld verdienen, aber bitte,
bitte nicht als Sänger. Es hat auch nichts damit zu tun, dass ich es ihm
nicht gönne im Rampenlicht zu stehen. Es kann nur nicht sein, dass er als
Sänger mehr Geld als ich verdient obwohl er nichts kann. Das ist doch ähnlich
wie damals mit diesem Holzkopf Zlatko. Der war der letzte Asi und Penner und
wurde von vielen schon fast zum Helden gekürt. Ich fand es übrigens
schon wirklich beeindruckend und belustigend, dass die eine oder andere 14-jährige
das „Breakout“ liest…

Was steht demnächst denn noch bei Dir an?

Ich werde mein zweites Soloalbum aufnehmen, ein paar Bands produzieren und gegen
Ende des Jahres mit der norwegischen Band RAIN ein weiteres Album aufnehmen.

Interview: Oliver Loffhagen
Layout: Alex Cwiertnia

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