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ATHEIST: Gauchohosen verwirren mich

Steve Flynn gibt Auskunft zu seiner Triggeraversion, deutschen Polizistinnen, Tourerlebnissen und anderen bizarren Dingen, die sich bei ATHEIST so abspielen…

 

ATHEIST haben diesen Sommer live bewiesen, dass Reunions keine schlechte Sache sein müssen. Die technisch versierten Amis, die ohne Scheuklappen in progressiven Gewässern unterwegs sind, lieferten nicht nur am JALOMETALLI FESTIVAL frische, schweisstreibende und intensive Shows ab. Dazu kommt das veritable Doppelalbum Unquestionable Presence, das eine Best Of mit dem Live-Mitschnitt des WACKEN-Auftritts ATHEISTs verbindet. Mehr als Grund genug also, mit Drummer Steve Flynn (ATHEIST, GNOSTIC) einen Interviewtermin abzumachen. Die Wahl fällt auf einen Sonntagabend und der ATHEIST-Drummer ist just auf dem Heimweg von seiner Bandprobe…

Hallo Steve. So, ihr probt also sonntags mit ATHEIST?

Normalerweise nicht. Meistens dienstags, donnerstags oder samstags. Aber diese Woche ist es halt ein Sonntag.

Momentan schreiben wir gerade neue Songs für ATHEIST. Außerdem versuchen wir, das zweite GNOSTIC-Album zu schreiben. Wir arbeiten also an verschiedenen neuen Songs zurzeit. Und alle paar Wochen fliegen Kelly und Tony hier rauf und dann arbeiten wir alle zusammen am neuen Material.

Das klingt ja schon mal sehr vielversprechend! Ihr seid ja im August von eurer Europatour heimgekommen, die ihr mit dem Gig am finnischen JALOMETALLI FESTIVAL abgeschlossen habt. Was hast du als erstes gemacht, als du wieder zurück in Georgia warst?

Nicht Schlagzeug gespielt, haha! Und geschlafen.

Nein, im Ernst jetzt: Die Vorbereitungen für die Tour waren extrem intensiv. Dazu kam das Songwriting. Du spielst so viel und dann bist du auf Tour. Bei mir kam noch dazu, dass ich ja in beiden Bands spielen musste – also bei ATHEIST und bei GNOSTIC. Zwei Bands, zehn Tage hintereinander – wenn du also heimkommst, ist das letzte, was du machen willst, Schlagzeug spielen.

Ach ja, einen Drink mit viel Eis habe ich mir nach meiner Heimkehr auch noch genehmigt. Irgendwie bekommt man in Europa nie genug Eis in sein Getränk.

Was uns gleich zur nächsten Frage bringt: Was hast du am meisten vermisst in Europa?

EIS. Eis ist definitiv auf der Liste. Wirklich kalte Drinks. Es tönt blöd, so etwas Simples. Aber es sind diese kleinen Dinge, die man vermisst. Einmal war ich in einem McDonalds in England, und habe extra viel Eis verlangt. Sie gaben mir zwei Eiswürfel in meine Cola, haha.

Meine zwei Töchter habe ich natürlich auch vermisst. Aber sonst eigentlich nichts. Wir haben immer sehr viel Spaß zusammen, wenn wir auf Tour sind. Wir kommen gut miteinander aus und sind alle gute Freunde.

 ATHEIST2009_steveflynn1_fotographiertvonShelleyJambresic
Liebt Europa für das gute Frühstück, Gastfreundschaft, Gelassenheit und Offenheit: Steve Flynn

Gibts denn auch etwas Europäisches, das du vermisst, jetzt wo du wieder in den USA zurück bist?

Ja, da gibt es vieles. Erstens: Das Frühstück. Ein richtiges Frühstück in einem guten europäischen Hotel – das ist etwas, was man hier in den Staaten einfach nicht kriegt. Auch die ganze Geschichte, die verschiedenen Kulturen, die verschiedenen Leute in den einzelnen Ländern, die Architektur – alles Sachen, die man in Europa hat und hier dann vermisst.

Dazu kommt die entspannte Atmosphäre. Die Europäer sind einfach viel lockerer bezüglich so vieler Dinge. Amerikaner tendieren dazu, strikt und streng zu sein, sobald es um Dinge wie Sex und Musik geht. Sie haben eine eingeschränkte Sichtweise der Welt. In Europa ist das anders, dort ist man offener.

Schließlich sind die Shows in Europa anders. Hier in den USA hat man keine großen Metalfestivals wie in Europa – man denke nur schon an WACKEN, das wäre unmöglich hier. Auch an den Konzerten spürt man die europäische Offenheit und vor allem: die Gastfreundschaft! Bezüglich der Gastfreundschaft haben die Europäer ein Gespür, das die Amerikaner einfach nicht haben. Wenn wir in Europa ein Konzert geben, kommen wir in der Location an und gewisse Dinge sind einfach da, ohne dass wir die Organisatoren darum gebeten hätten. Man kommt also an und da stehen Früchte, gutes Essen, Getränke – immer. In den USA kann man diese Art der Gastfreundschaft vergessen. Dort gilt: Die Band reist an, sie wurde gebucht – wenn alles gut geht, geben sie dir ein paar Dollar und du holst dir irgendwas zu futtern. Ich übertreibe jetzt ein bisschen, aber es ist einfach etwas ganz anderes als in Europa. In Europa kriegt man nach der Foodauswahl auch noch ein gutes, leckeres Nachtessen obendrauf – das ist in den Staaten nicht Usus.

Diese Begeisterung für Europa konnte man eurem Sänger Kelly ja auch in seinen Ansagen am JALOMETALLI-Gig anhören. Er erzählte, dass ihr hier ne tolle Zeit hattet. Gibt es Unterschiede zwischen den europäischen und den amerikanischen Metalheads?

In den Staaten könnte man niemals so unterschiedliche Bands auf demselben Billing haben wie das etwa beim WACKEN Festival der Fall ist. In Europa kannst du WHITESNAKE und ATHEIST, MORBID ANGEL und die SCORPIONS alle auf demselben Billing haben. In den USA könnte man das nie durchziehen, weil die Leute hier einfach zu engstirnig sind – auch die Metalheads. Sogar innerhalb des Metalgenres gibt es diese Engstirnigkeit. Schon nur die Kombination einer Black Metal- und einer Grindcore-Band auf demselben Billing würde nicht funktionieren. Die Fans des einen Genres würden der Band des anderen Genres keine Chance geben und die Location verlassen.

In Europa gibt es zudem eine größere Konstanz bei den Gigs. In den USA kann es dir passieren, dass sich die Show am einen Abend wie eine Beerdigung anfühlt. Am nächsten Abend gehts wiederum voll ab. In Europa hingegen ist das Publikumsfeedback konstanter. Die Fans sind loyaler, verlässlicher und vergeben dir auch mal – anders als in den USA. Natürlich habe ich großartige Shows in den USA erlebt, zum Beispiel unseren Gig in New York, der mich stark an eine europäische Show erinnerte. Als wir hingegen in Chicago und Nashville spielten, war es eher wie eine Hochzeit als wie eine Metalshow…

 ATHEISTinterview2009_kelly_fotographiertvonMarkusVeyhle
Wir wurden in Deutschland verhaftet, weil wir Hasch aus Amsterdam dabei hatten… – Tourerlebnisse mit Kelly Shaefer

Was war denn das Verrückteste, das euch auf eurer Europatour passierte?

Wir wurden in Deutschland verhaftet, weil wir Hasch aus Amsterdam dabei hatten, haha!

Das war einer der absolut verrücktesten Tage. Also, wir waren auf unserem Weg nach Österreich. Zuvor hatten wir in Zürich gespielt – wo wir einander trafen – und diese Idioten beschlossen, den Hasch, den sie vor dem Schweizer Gig in Amsterdam gekauft hatten, mizunehmen auf die Reise. In der Schweiz war nichts damit passiert, aber als wir an dieser Tankstelle in Bayern waren, kamen einige deutsche Undercover-Polizisten auf uns zu. Sie fragten uns, ob sie den Tourbus durchsuchen dürften. Kelly und zwei andere hatten Hasch dabei und wurden verhaftet. Handschellen, ab aufs Revier. Die Polizisten waren freundlich und alles, aber wir mussten eine 1000 Euro-Buße zahlen.

Dann wurde es bizarr. Der Sohn des Polizisten mit dem Schnüffelhund war ein grosser ATHEIST-Fan. Der Polizist erzählte uns das und bat uns, ein ATHEIST-Poster für seinen Sohn zu signieren. Da sind wir also in dieser deutschen Polizeiwache und signieren ein Poster für den Sohn eines Polizisten. Insgesamt waren wir fünf Stunden dort. Irgendwann kam dann noch diese deutsche Polizistin. Fast 1.80m gross, blond und sehr charmant. Sie flirtete mit uns und zeigte uns ihre Tattoos am Hüftknochen. Wirklich ein sehr bizarres Erlebnis. Aber lustig. Im Nachhinein. Zu diesem Zeitpunkt fanden wir es weniger lustig, weil wir vierzehn Stunden unterwegs waren und sehr spät in Wien ankamen. Wir mussten quasi direkt aus dem Tourbus raus auf die Bühne…

Haha, tolle Geschichte. Und nicht überraschend, dass ihr in der Schweiz keine Probleme hattet wegen eurem holländischen Hasch… Da ist dieses kleine Gedankenspiel fast schon zu normal: Ein nackter Fan springt während eines ATHEIST-Gigs auf die Bühne. Wohin schaust du?

Ein Mann oder eine Frau? Hm, ich denke, ich würde mal schauen, was der Fan nun tut. Es ist uns allerdings noch nie passiert, obwohl es lustig klingt.

Kommen wir zu musikalischeren Dingen. ATHEIST sind ja immer als progressive Band bekannt gewesen und ihr habt keine Berührungsängste gegenüber anderen Metalgenres oder Jazz. Gibt es überhaupt ein Metalgenre, mit welchem du nichts anfangen kannst?

Ja, Power Metal. Manchmal kriege ich auch ein Durcheinander mit diesen Subgenres. Mit Black Metal kann ich auch nichts anfangen. Zu Black und Power Metal finde ich einfach keinen Draht.

Dafür aber wohl zu anderen Genres. Was hörst du dir zurzeit am meisten an?

CANDIRIA. Die Band hat einige Alben veröffentlicht, so um 1999/2000 rum. Es ist erstaunliche Musik und sehr empfehlenswert. Eine Mischung aus Big Band Jazz, Death Metal, Latin – einfach der Wahnsinn. Abgesehen von CANDIRIA höre ich mir viele alten Sachen an, etwa SLAYERs Reign in Blood, METALLICAs Master of Puppets, STYX, JOURNEY. Alles großartige Musiker und Songwriter. Und natürlich höre ich mir oft RUSH an. Immer RUSH. RUSH sind der Grund, weswegen ich angefangen habe, Schlagzeug zu spielen.

 ATHEIST2009_jalometalli_fotographiertvonArletteHuguenin
Deklarieren OBSCURAs Cosmogenesis zum Album des Jahres 2009: ATHEIST 

Und was ist dein Album des Jahres 2009?

Defintiv die neue OBSCURA. Einfach ein beeindruckendes Album. Starke Musik, tolle Musiker. Da kann man einfach nur noch wow sagen. Und die Bandmitglieder selber sind echt nett.

Von ATHEIST gabs ja dieses Jahr kein neues Album, sondern das Unquestionable Presence-Best Of inklusive WACKEN Live-Mitschnitt. Ihr arbeitet ja an neuem Material…

Ja, genau. Neue Parts, neue Songs. Wir haben noch einiges zu tun dieses Jahr. Das neue Album sollte nächsten Frühling erscheinen und wir werden am HELLFEST und am WACKEN auftreten.

Cool! Blicken wir kurz in die Vergangenheit. Was hat dich ursprünglich dazu gebracht, Drummer sein zu wollen? Meistens kriegen ja die Gitarristen und die Sänger die ganze Aufmerksamkeit…

Hm, es ist schwer zu erklären. Ich war 14 Jahre alt und hörte La Villa Strangiato vom RUSH Hemispheres-Album. Ich hörte mir also diesen Song an und er beeindruckte mich extrem. Ich wusste plötzlich, dass ich Schlagzeug spielen musste. Es war wie ein Blitz, der eingeschlagen war. Eine Offenbarung. Ich kann es nicht erklären, es war einfach eine so starke Berufung.

Ich kann übrigens auch Gitarre spielen und habe einige Songs für ATHEIST-Alben geschrieben. Ich glaube, ich spiele schon länger Gitarre als Schlagzeug. Und wenn ich nicht Schlagzeug spielen würde, wäre ich wohl Bassist. Aber eben – ich bin Schlagzeuger. Die Drums haben so was Einfaches, Grundlegendes an sich, eine Art animalisches Kommunikationsmittel. Sie bewegen einen. Und die Drums haben mich immer viel stärker bewegt, als es die Gitarre je konnte. Die Drums haben einfach eine unglaubliche Energie und Kraft in sich.

Schön, wenn man sein Instrument so gefunden hat. Du bist ja jetzt schon lange Teil von ATHEIST – hattet ihr jemals Probleme mit eurem Bandnamen in den USA?

Ja, früher. Als wir 1989 Piece of Time rausbrachten, hatte der Bandname ein ziemliches Schockpotential. Die Leute waren schockiert, als sie den Namen hörten. Wir wollten T-Shirts drucken und die Leute in der Druckerei weigerten sich, den Namen auf die Shirts zu drucken. Der Name war einfach so kontrovers.

Heutzutage ist das anders. Die Leute reagieren im Sinn von ATHEIST – oh, cool. Sie akzeptieren es einfach. Natürlich gibt es noch immer Teile in den USA, wo wir mit unserem Namen anecken – etwa im sogenannten Bible Belt, also dem Teil der Staaten, wo die radikaleren Christen wohnen. Aber meistens achten die Leute heute nicht mehr so sehr auf unseren Bandnamen.

Gibt es etwas, was du aus dem Jahr 1984 vermisst?

Meinen Freund Roger, unseren Bassisten, lebendig. Abgesehen davon wohl nichts. Aber ich vermisse ihn. Er ist brillant und er wäre ein richtig erfolgreicher Musiker heutzutage. Was ich definitiv nicht vermisse: die Musik und die Mode aus 1984!

Ich nehme aber an, dass dich ein Drummer aus dieser Zeit am meisten beeinflusst hat…

Ja, ohne Wenn und Aber war Neil Peart von RUSH mein grösster Einfluss. Wenn du dir ihn anhörst und mich, dann hörst du, wie ich von ihm abkupfere.

Gene Hoglan (DARK ANGEL, DEATH, TESTAMENT, STRAPPING YOUNG LAD) war auch ein grosser Einfluss. Vor allem sein DARK ANGEL, -Drumming. Seine Doublebass-Sachen sind toll. Er kriegt nie genug Respekt dafür, wie revolutionär er Doublebass spielte. Er hat mein Doublebass-Spiel sehr beeinflusst.

Auch Lars Ulrich war wichtig für mich. Ich spreche von seiner Arbeit auf Kill `em all und Ride the lightning. Damals gab es niemanden, der so schnell und komplex spielte. Und dann Master of puppets. Damals war das the thing. Niemand war so extrem. Damals galt zum Beispiel auch Tommy Lee als harter, brutaler Drummer. Tja, die heutigen Standards sind anders als die damaligen. Schliesslich muss ich auch noch Sean Reinert von CYNIC nennen – ebenfalls eine grossartige Inspiration.

 ATHEISTinterview2009_SteveFlynn_fotographiertvonShelleyJambresic
Trigger sind eine technische Neuheit, die mir gestohlen bleiben kann. – Steve Flynn 

Und was hältst du von Triggern?

Ich benutze sie nicht. Klar gibt es einen guten Grund, sie zu benutzen: In diesen grossen Hallen schneiden sich die getriggerten Drums besser durch die Soundwand, der Klang erscheint klarer. Aber abgesehen davon mag ich die Idee, getriggerte Drums zu nutzen, wirklich nicht. Sie geben allen das Gefühl falscher Konstanz, sie verfälschen die wahren Fähigkeiten eines Drummers.

Bei den Drums muss man einfach die Fluktuationen hören. Wenn man sich Dave Lombardo anhört oder ANTHRAX – da hört man die Schwankungen. Heutzutage sind die Alben doch einfach zu perfekt. Es sind nur noch Nullen und Einsen. Total computerisiert. Und so geht die Dynamik flöten.

Beim GNOSTIC-Album haben wir zum Beispiel keine Trigger benutzt. Keine Trigger, keinen Clicktrack. Also hast du Schwankungen bezüglich Geschwindigkeit und Dynamik. Aber es ist real. Echte Musik. Organische Drums. Trigger sind eine technische Neuheit, die mir gestohlen bleiben kann. Andere Schlagzeuger können sie von mir aus verwenden. Aber für mich ist es nichts.

Interessant, dein Statement erinnert mich stark an dasjenige von Ed Warby zum selben Thema… Du hast nun schon viel erreicht als Musiker. Welche Ziele hast du noch vor dir?

Ich habe keine abschließenden Ziele. Ich bin nie fertig. Mein Ziel ist es, besser und besser zu werden. Immer weiterzukommen. Besser sein, kreativer sein. Solange ich ein Paar Sticks halten kann, will ich besser werden. Ich bin ein Perfektionist, also habe ich kein Ziel, sondern bin immer daran, besser zu werden. Ich tue das für mich. Ich liebe es zu spielen. Ich schreibe die Songs für mich, damit ich sie mag.

Es ist so: Sogar wenn die Leute die neue ATHEIST-Platte nicht mögen, so muss ich sie mögen. Das reicht, um stolz auf meine Band zu sein. Ich bin stolz auf unsere Songs. Du musst sie nicht mögen, du musst meine Band nicht mögen. Ich mag meine Band, meine Songs. Natürlich werden nie alle unsere Musik mögen, aber das ist okay. Es wird immer Leute geben, die uns schlecht finden. Aber gleichzeitig gibt es Die Hard-Fans. Es ist alles eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Was mich jedoch aufregt, sind Kritiker, die über das Absolute sprechen. Statt es als persönlichen Geschmack zu deklarieren, schreiben sie es müsste aber so sein. Aber es gibt kein Regelwerk! Keiner von denen kann zu mir kommen und sagen: Schau, Steve, hier ist das Regelbuch des Death Metals und es besagt hier auf Seite 12, dass man keine Latin-Einflüsse in Death Metal Blastbeats haben darf. Das regt mich auf. Abgesehen davon ist es mir egal. Ich fühle mich wohl bei ATHEIST. Ich mache die Musik nicht um des Geldes willen und ich mache sie auch nicht, damit sie der ganzen Welt gefällt. Es ist schon genug harte Arbeit, in einer Band zu sein. Und du überlebst nur, wenn du magst, was du machst.

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Und wenn ich nicht Schlagzeug spielen würde, wäre ich wohl Bassist. – Diesen Job hat bei ATHEIST jedoch Tony Choy inne und nicht Steve Flynn. 

Wahre Worte. Was ist eigentlich am besten daran, bei ATHEIST zu sein?

Zeit mit meinen Freunden zu verbringen und Musik zu machen. Sie sind schon mein ganzes Leben meine besten Freunde. Und Schlagzeugspielen ist klasse.

Wie bringst du eigentlich GNOSTIC und ATHEIST unter einen Hut? Schliesslich sind beide Bands technisch anspruchsvoll…

ATHEIST und GNOSTIC nutzen denselben Übungsraum in Atlanta, Georgia. Alle GNOSTIC-Jungs leben hier. Meistens läuft es so ab, dass zuerst die GNOSTIC-Probe stattfindet. Dann gehen die beiden Jungs, die nicht bei ATHEIST sind, und die ATHEIST-Probe fängt an. Wir drei Atlanta-Mitglieder von ATHEIST arbeiten dann am neuen ATHEIST-Material. Es ist ein Marathon.

…und du hältst dich ja unter anderem mit Schwimmen fit. In Zürich warst du in der Limmat schwimmen und wir haben uns damals ja über Speedos unterhalten. Später habe ich in einem Magazin gelesen: Kein Mode Faux-Pas, den eine Frau je begehen könnte, kann schlimmer sein als der Speedo. Was meinst du dazu?

Ich stimme diesem Statement von Herzen zu. Obwohl – Gauchohosen verwirren mich und sind ein großer Mode Faux-Pas für Frauen. Ist es ein Rock? Sind es Hosen? Und die 80er, Beinstulpen sowie toupiertes Haar – auch große Modesünden.

Aber die Männer haben den Speedo. Und den Vokuhila. Den haben ja die Rednecks. Der Vokuhila fordert den Speedo heraus. Aber den Speedo will definitiv niemand, nicht mal ein gut aussehender Mann.

Haha… Kommen wir nochmals zum Sport: Welche Art von Sport kann man am besten betreiben zu Piece of Time?

Jeglicher Konditionssport. Laufen, Treppensteigen – irgendwas Hirnloses, andernfalls verwirrt die Musik dein Gehirn. Rasenmähen, Rennen – das passt dazu. Ich selber höre mir meine eigene Musik nicht an, wenn ich Sport treibe. Aber ich höre mir immer technisch versierte Musik an, wenn ich Konditionssport oder sonstige geistig nicht-anspruchsvolle Arbeit verrichte.

So, jetzt muss ich noch ein paar Wissenslücken füllen. GNOSTIC und ATHEIST – hast du jemals Probleme, die Aktivitäten in den beiden Bands zu kombinieren? Das mit dem Übungsraum klingt auf jeden Fall schon mal praktisch…

Die einzigen Probleme haben mit Zeit und der physischen Erschöpfung zu tun. Dass man genügend Zeit hat für beide Bands, das ist schwierig. Ansonsten gibt es keine Probleme, alles läuft wie geschmiert. Die Tour, das Proben – alles funktioniert. Alle wissen, wo sie dabei sind und welche Rolle sie spielen. GNOSTIC kennen ihre Rolle und ihren Platz, ATHEIST kennen ihre Rolle und ihren Platz.

Was geschah eigentlich im Jahr 1991, als du bei ATHEIST ausstiegst?

Wir lösten uns auf, weil unser Bassist getötet wurde. Er war die treibende Kraft im Songwriting, er war verantwortlich für vieles, was uns technisch gemacht hat. Damals mochte niemand unsere Musik, unsere Alben wurden nicht gekauft. Es gab keine anderen Bands in diesem Genre, niemand mochte uns oder kaufte unsere Alben, obwohl wir gute Rezensionen bekamen. Manchmal wurden wir sogar von der Bühne gebuht. Und zu diesem Zeitpunkt kam die Einsicht Es wird nie funktionieren. Es war an der Zeit, aufzuhören. Ich ging zur Uni, um zu studieren. Wir blieben Freunde, aber wir hörten auf zu spielen.

Und zehn Jahre später wurden ATHEIST plötzlich populär.

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Das Internet und Ebay als Motivationsimpuls für die Reunion: ATHEIST 

War das der Grund, ATHEIST zu reanimieren?

Nun, das Ganze wuchs über die Jahre. Ich kann mich daran erinnern, als Ebay aufkam und zum Internetphänomen wurde. Überhaupt war das Internet zu einem großen Teil schuld daran, dass wir ATHEIST wiederbelebt haben. Zuvor war mir nicht bewusst, wie beliebt und respektiert wir mit ATHEIST waren. Anno 1998 oder 2001 sah ich, wie jemand 80 US$ für eine ATHEIST-CD auf Ebay zahlte. Ich dachte erst, das müsse ein verrückter Sammler sein und tat es als einmalige Sache ab.

Irgendwann realisierte ich jedoch, dass das kein Einzelfall war. Als dann RELAPSE fragten, ob sie unsere Alben wiederveröffentlichen könnten, dachte ich mir: Klar, wieso nicht. Irgendwie fürchtete ich jedoch, dass unsere Alben antiquiert klingen könnten. Aber das taten sie nicht, denn alle diese Magazine schrieben, dass sie die Alben mochten und sie so frisch klängen. Wir waren also plötzlich aktuell.

Das passt auch zu einer Story, die mir Christian von OBSCURA erzählte. Er hatte unser 1991er Album Unquestionable Presence einem Freund gezeigt, der ATHEIST nicht kannte. Dieser Kumpel konnte nicht glauben, dass das Album so alt war! Ein besseres Kompliment kann es doch gar nicht geben!

Und eben, irgendwann fragten die Leute nach Reunion-Shows. Und wir schlitterten da so rein. Ich meine – für nichts in der Welt würde ich jetzt wieder aufhören wollen! Wir finden es klasse, dass wir nun das tun können, was wir lieben. Aber wir haben es nie gesucht – es ist einfach passiert!

Albumcover: Label
Live-Foto von Kelly Shaefer (ATHEIST): Markus Veyhle
Live-Fotos von Steve Flynn (ATHEIST): Shelley Jambresic (metalpics.eu)
Übrige Live-Fotos und Layout: Arlette Huguenin D.

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