ABSOLUTE TOPSCHEIBE 2023
CROWN LANDS: Fearless
Danke, danke, danke! Zwei kanadische Nerds lassen mit ihrem zweiten Album den immer noch spürbaren Verlust von RUSH (R.I.P. Neal Peart), der bedeutendsten Progrockband aus Maple Leaf Country, etwas weniger schmerzvoll erscheinen. Sanfte Spuren von LED ZEPPELIN (und irgendwie auch GRETA VAN FLEET) schimmern zwar noch unverkennbar durch, ansonsten findet man auf “Fearless” ausschließlich perfekt rezipierte Siebziger- und Frühachtziger-Spielkunst im Stile der drei Ikonen Lee, Lifeson und Peart, die CROWN LANDS vom 18-minütigen Epos ‘Starlifter: Fearless Pt. II’ bis zum samtenen Abschluss ‘Citadel’ auf liebe- und würdevollste Weise auf diesem 10-Punkte-Meisterwerk festgehalten haben. Danke, danke, danke!
WEITERE JAHRESHIGHLIGHTS 2023
RIVERSIDE: ID.Entity
A propos R.I.P.: Nach dem düsteren “Wasteland”, mit dem RIVERSIDE den plötzlichen Herztod von Originalgitarrist Piotr Grudziński verarbeitet haben, besinnt sich die polnische Proggröße auf dem darauffolgenden “ID.Entity” wieder ihrer eigenen Identität und nimmt sich zugleich auf behutsame Weise jenem komplexen Thema mit seinen unterschiedlichen Facetten in unserer postfaktischen Welt an. Und das in sieben kleinen Artefakten, in der sich RIVERSIDE auf ihrer achten Studioscheibe stets traumhaft sicher zwischen technischer und songdienlicher Raffinesse, einfühlsamen Arrangements und teils überraschenden, aber im Kontext schlüssigen Wendungen und Übergängen bewegen. Ihr wollt aus dem Gesamtkunstwerk nur einen Song anchecken? Eigentlich unmöglich, aber fangt ruhig mal mit dem mehrteiligen ‘The Place Where I Belong’ an. Die anderen Songs werden sicherlich dann bald folgen…
THRONEHAMMER: Kingslayer
In Sachen Epik kommt in diesem Jahr niemand an “Kingslayer” vorbei, denn mit dem dritten Album ist THRONEHAMMER der ganz große Wurf gelungen! Das fränkisch-britische Bataillon bringt in einem ausgewogenen Klangkontext sowohl die monströs-riffbetonte Doom-Komponente des eisigen Erstlings “Usurper Of The Oaken Throne” als auch die eingängigere Verspieltheit von “Incantation Rites” kongenial zusammen und gibt dazu jedem einzelnen der überlangen Schlachtvertonungen einen eigenen, charakteristischen Richtungsschwenk mit Hommage-Charakter (u.a. dürfen sich PARADISE LOST, BOLT THROWER, SLAYER und CELTIC FROST angesprochen fühlen). Spiel, Spaß und Spannung heißt hier: Kill, Slay, Erase!
TEMPLE OF DREAD: Beyond Acheron
Der friesisch herbe und thrashverzierte Old School Death Metal von TEMPLE OF DREAD geht auch 2023 in die nächste Runde. Und alle Jahre wieder muss man attestieren, dass die norddeutschen Jungs nochmal einen draufpacken konnten. “Beyond Acheron” (natürlich wieder knietief in der griechischem Mythologie versunken) knallt dir nicht nur in Stücken wie ‘Carnality Device’ oder ‘All-Consuming Fire’ wie gewohnt einen vor den Latz, sondern überrascht diesmal auch mit MELECHESH-artigen Rhythmuspatterns und Harmonien (‘Damnation’) sowie orchestralem Bombast (‘World Below’), die sich allesamt bestens in das Todesgerüst einfügen. Unterm Strich springt die abwechslungsreichste und ausgefeilteste Scheibe aus dem Hause TEMPLE OF DREAD heraus, mit der das rumpelnde Trio munter den Weg nach oben weiter voranschreitet.
KATATONIA: Sky Void Of Stars
Ich muss zugeben, dass ich als Die Hard-KATATONIA-Fan für “Sky Void Of Stars” vergleichsweise länger gebraucht habe, um Zugang zum Material zu bekommen. Was im Nachgang aber für die Qualität des neunten Studiofabrikats gesprochen hat: harte, angedoomte Anders Nyström-Riffs werden hier auf elegante und harmonische Weise in weiche, pop- und postrocknahe Arrangements eingebettet, woraus filigrane, technisch gehobenere Deprirocknummern mit sorgsam mitfühlendem Unterton entstehen. Dabei unverkennbar und stilprägend: Jonas Renkse, der sich auf dem Napalm Records-Einstand zu gesanglichen und kompositorischen Höchstleistungen aufschwingt. “Sky Void Of Stars” ist ein rundum wundervolles Stück Schwarzkunst, mit dem die Band mit dem schwarzen Symbolvogel ihren Ruf als innovative Vorreiter des melancholischen Metallverarbeitungsgewerbes untermauert.
JAG PANZER: The Hallowed
Eine der dienstältesten Stahlschmieden Amerikas haut mit “The Hallowed” ein furioses Heavy Metal-Geschoss und ihr bestes Album seit “Mechanized Warfare” heraus. Dass es dazu gekommen ist, hat mehrere Gründe:
1. Der nun fest etablierte Ken Rodarte hat den Altmeistern mit seinem lebendigen und mannschaftsdienlichen Gitarrenspiel eine Frischzellenkur verpasst
2. Drummer Rikard Stjernquist hat sich diesmal für eine straightere und kraftvollere Auslegung seines Jobs entschieden
3. was auch durch Ken Mary’s fabelhafte und organische Produktionsarbeit optimal zur Geltung kommt
4. Harry Conklin ist Harry Conklin und sogar noch einen Tick besser
5. das Wichtigste: nahezu durchwegs bärenstarke Songs im typischen JAG PANZER-Heavy Metaljargon, die akribisch ausgearbeitet worden sind und in unterschiedlichen Ausprägungen jeden einzelnen Aspekt der postapokalyptischen “The Hallowed”-Story in ausgezeichneter Weise wiedergeben
SATURNUS: The Storm Within
Wie konnten SATURNUS bislang an mir vorbeigehen? Vielleicht weil sie die letzten elf Jahre von der Bildfläche verschwunden waren und seit der Milleniumswende nur drei Alben veröffentlicht haben? Vielleicht weil ihre vorangegangen 5 Langspielveröffentlichungen nicht in dem Maße den Fokus auf die niederländische Death/Doom-Combo legen konnte, wie es jetzt “The Storm Within” tut? Wie auch immer: alle Freunde der gepflegten Langsamkeit, die auch einen starken Hang zu klagevollen My Dying Bride-Melodiebögen haben und ebenso gelegentlichen Funeral Doom-Avancen was abgewinnen können, brauchen unbedingt dieses Album. Nie war 2023 ein sanftes Abdriften in die gepflegte Tristesse stilvoller!
EREMIT: Wearer Of Numerous Forms
Das i-Tüpfelchen in dem zwölfmonatigen und reichlich bestückten Doomzyklus heißt “Wearer Of Numerous Forms”. In jenem bringen Osnabrücks Slowest EREMIT ihre Trilogie über den Einsiedler auf den unendlichen Weiten der hohen See mit einem ambitionierten Mammut(doppel)album zu einem Finale furioso. Bedeutet in diesem Kontext: Fieser Sludge, dronige Weiten, lavaförmiger Tonstillstand! Und das nicht nur beim 63minütigen (!) ‘Conflicting Aspects Of Reality’, dem ersten von drei überlangen Stücken, in denen der hypnotische Entschleunigungsprozess zudem durch den punktuellen Einsatz einer phänomenal schauerlichen Trompete begleitet wird. Kaufpflicht für alle Tunnelblicker!
UND ANDERE SEHR GUTE SCHEIBEN (in alphabetischer Reihenfolge)
AHAB: The Coral Tombs
AUTOPSY: Ashes, Organs, Blood And Crypts
BLOOD CEREMONY: The Old Ways Remain
CARDINALS FOLLY: Live By The Sword
CRYPTOPSY: As Gomorrah Burns
DIABOLIC NIGHT: Beneath The Crimson Prophecy
DOOL :Visions Of Summerland (Live At Arminius Church Rottterdam)
FIRMAMENT: We Don’t Rise We Just Fall
IN FLAMES: Foregone
IRON VOID: IV
LEGENDRY: Time Immortal Wept
MALOKARPATAN: Vertumnus Caesar
MORNE: Engraved With Pain
NINE ALTARS: The Eternal Penance
PRIMORDIAL: How It Ends
RIVAL SONS: Darkfighter
RUNEMAGICK: Beyond The Cenotaph Of Mankind
Sadus: The Shadow Inside
SPECTRAL SOULS: Towards Extinction
SULPHUR AEON: Seven Crowns And Seven Seals
TANITH: Voyage
THE NIGHT ETERNAL: Fatale
THRON: Dust
VOMITORY: All Heads Are Gonna Roll
WOLVENNEST: The Dark Path To The Light
VIRGIN STEELE: The Passion Of Dionysus
Nichts erwartet und trotzdem enttäuscht worden! Das muss man auch erst mal schaffen! VIRGIN STEELE haben mit “The Passion Of Dionysus” jedoch genau dieses Kunststück vollbracht und ihre eigene langjährige Demontage auf ein neues Level gezogen. Die Band um Strippenzieher David De Feis, die Ende der Achtziger in Sachen heroischer Epic Metal amerikanischer Couleur fast auf Augenhöhe mit Manowar waren, ist mittlerweile nur noch ein schlecht gezeichneter Schatten seiner Selbst und man fragt sich hier 80 spröde Minuten lang, wie es dazu kommen konnte: uninspiriertes Keyboardgetipse (kann Spuren von saftlosen Gitarren enthalten) und dazu wirre Gesangslinien vom Mainman himself, die scheinbar von allen guten Geistern verlassen zu sein scheinen, sind die grausligen Bestandteile dessen, was VIRGIN STEELE uns anno 2023 als “Songs” verkaufen wollen. Setzen, sechs!
Unter die Kategorie “von dieser Scheibe hab ich mir wesentlich mehr erwartet” fällt u.a.:
HOST: IX
HEAVY LOAD: Riders Of The Ancient Storm
HELL OVER HAMMABURG
MORNE, THE RUINS OF BEVERAST
BRAINCRUSHER IN HELL
BÖLZER, AFSKY
DARK EASTER METAL MEETING
TRIUMPH OF DEATH
KEEP IT TRUE XXIII
VISIGOTH, PAGAN ALTAR, FIFTH ANGEL, GEOFF TATE
DESERTFEST BERLIN
UNCLE ACID & THE DEADBEATS, MESSA
CHAOS DESCENDS FESTIVAL
ULI JON ROTH, BLACK CURSE
BRUTAL ASSAULT
BENEDICTION, ZEAL & ARDOR, ENSLAVED, BIOHAZARD
STORM CRUSHER FESTIVAL
DEPRESSIVE AGE, RIOT V, ATLANTEAN KODEX
KEEP IT TRUE RISING 3
EVIL INVADERS, WATCHTOWER
ROCK IM WALD
SMOKE BLOW
HAMMER OF DOOM FESTIVAL
MY DYING BRIDE, ARD
NIGHTS OF THE POSSESSED
CRUEL FORCE, NOCTURNAL WITCH, HORNS OF DOMINATION
EINZELGIGS
DISILLUSION (Backstage, München), WUCAN (Backstage, München), BRUTUS (Colos-Saal, Aschaffenburg), VENATOR (Golden Nugget, Nürnberg), LIFE OF AGONY (Hirsch, Nürnberg), RIVERSIDE (Täubchenthal, Leipzig), SODOM (Airport Obertraubling)
Frankens dienstälteste Metalradiosendung ZOSH!, in der ich nun schon seit fast 20 Jahren Teil des Redaktionsteams bin, wurde 35 und wir haben dazu ein denkwürdiges Geburtstagskonzert veranstaltet. THRONEHAMMER, THRON und POWERTRYP haben dabei mit fabelhaften Auftritten den fast ausverkauften Kunstverein (Nürnberg) zum Beben gebracht! Die Vampster-Buddies Markus und Andrea waren ebenfalls vor Ort und haben kräftig mitgeknipst:
Der in Deutschland seit Jahren wiederaufkeimende Rechtspopulismus und Antisemitismus wird in stärkerem und verantwortungslosem Maße von bürgerlichen Parteien in die Mitte der Gesellschaft hineintragen und manifestiert sich weiter in den AfD-Wahlergebnissen. Danke Söder, Aiwanger und Merz ! Fuck AfD!
“Ein Fallschirm, der sich nicht öffnet. Unter die rasselnden Raupen eines Panzers zu geraten. Die Eier von einem Watussi abgebissen zu bekommen, so möchte ich mal sterben.”
(Frank Drebin, Spezialeinheit)