ZERO HOUR: Agenda 21

ZERO HOUR bleiben auch nach langer Pause souverän: “Agenda 21” ist fordernd, doch niemals verwirrend, obwohl sich die Prog-Metal-Band auf einem spannenden Grat zwischen Moderne und Tradition bewegt.

So haben wir uns das Spiel mit Gegensätzen eigentlich nicht vorgestellt. Wo ZERO HOUR auf ihrem Comeback-Album „Agenda 21“ dank Gitarrist Jasun Tiptons markanter Handschrift weiterhin progressive Pionierarbeit leisten, wirft Ur-Sänger Erik Rosvold mit rückschrittlicher Symbolik so einige Fragen auf. Spätestens die fragwürdige T-Shirt-Wahl für Pressefotos und Videodreh – „Liberty or death. Don’t tread on me“ – hinterlässt einen schalen Beigeschmack: Plötzlich könnten die gesellschafts- und systemkritischen Texte auch ganz anders gemeint sein.

Wenn Rosvold im Titeltrack nach biblischer Vergeltung ruft und den freiheitsraubenden Staat mit Wahrheit bekämpfen will, wissen wir dann kaum noch, wessen „Wahrheit“ der Frontmann nun meint. „Once freedom reigned / In the land of the fathers // But now I am shamed / Misplaced and guarded”, heißt es in “Patient Zero” – dystopische Zukunftsvision oder Solidaritätsbekundung mit Jon Schaffer (ICED EARTH) und Konsorten? Was wir sagen wollen – und zwar ohne dem Sänger Worte in den Mund zu legen: Ist das Kind erstmal in den Brunnen gefallen, wird es schwierig, die lyrische Seite von „Agenda 21“ isoliert und losgelöst zu betrachten.

ZERO HOUR bewegen sich auf einem spannenden Grat zwischen Moderne und Tradition

Leider schmälert das auch unseren Genuss dieser sechs Songs, die ZERO HOUR ansonsten voll auf der Höhe zeigen. Die vergleichsweise knackige Single „Technocracy“ ist mit fünfeinhalb Minuten nicht minder abwechslungsreich als der 14-minütige Opener „Democide“. Stets formieren sich die Kompositionen um das rifflastige und beizeiten lockerleichte Gitarrenspiel Jasun Tiptons, der hier wesentlich zügelloser und energetischer agiert als im verträumten „When The Skies Are Grey“ (2021) seines Projekts A DYING PLANET. Hinzu kommt dank des transparenten Mix das warme und verspielte Bassspiel Andreas Blomqvists (SEVENTH WONDER) sowie das immer souveräne Drumming von POWERWOLF-Schlagzeuger Roel van Helden.

Instrumental bewegen sich ZERO HOUR so auf einem spannenden Grat zwischen Moderne und Tradition – eine ideale Spielwiese für den ausdrucksstarken Gesang Erik Rosvolds, welcher sich im Verlauf der 50 Minuten erstaunlich variabel zeigt, indem er mal mit Biss und Rock-Attitüde agiert, mal unerwartete Gesangslinien einwebt oder in „Stigmata“ der hektisch unruhigen Gitarrenleads mit einer kalkulierten Dominanz Herr wird.

“Agenda 21” ist fordernd, aber niemals verwirrend

Diese Kontraste spielt das Quartett routiniert und bestimmt gegeneinander aus, weshalb an jeder Ecke kraftvolle Passagen in zerbrechlichen Parts sterben und bedächtige Momente sich zu eindringlichen Appellen aufschwingen. Dabei bleibt „Agenda 21“ fordernd, aber niemals allzu verwirrend: schlussendlich also doch ein musikalisches Spiel mit Gegensätzen, wie wir es uns von Anfang an gewünscht hatten.

Veröffentlichungstermin: 13.5.2022

Spielzeit: 50:54

Line-Up

Erik Rosvold – Vocals
Jasun Tipton – Gitarre, Keyboard
Andreas Blomqvist – Bass
Roel van Helden – Drums

Produziert von Kai Stahlenberg

Label: Frontiers Music

Facebook: https://www.facebook.com/zerohourtowers

ZERO HOUR “Agenda 21” Tracklist

1. Democide (Playthrough-Video bei YouTube)
2. Technocracy (Video bei YouTube)
3. Stigmata (Drum-Playthrough-Video bei YouTube)
4. Memento Mori
5. Agenda 21
6. Patient Zero

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