VIXEN: Live & learn

Wer aus Erinnerung an den straighten 80iger L.A.-Rock und die heißen VIXEN-Miezen zugreift, wird vielleicht anfangs enttäuscht sein, "Live & learn" braucht ein paar Durchgänge.

VIXEN waren klasse! Vier wirklich hübsche Mädels, die – egal ob sexy aufgedonnert von den High Heels zur höchsttoupierten Megafrisur in den tollen Videos und stylischen Shows oder überraschend locker in Jeans und Shirt (unvergessen die klasse Show in den Hamburger Docks) – richtig herzhaft rockend nicht nur optisch für feuchte Träume sorgten und die perfekte Gegenwaffe waren, wenn die Freundinnen mal wieder (durchaus nachvollziehbar) den jungen BON JOVI angeschmachtet haben. Überzeugt haben die aus der Hard Rock-Hochburg L.A. antretenden VIXEN auch musikalisch, mit sogar studierten Musikerinnen an Bord haben sie so manche männliche Megaseller blass aussehen lassen. Die Hits der weitestgehend Selbstgeschriebenen Rew it up von 1990 und vor allem vom Debüt Vixen von 1988 mit den noch von Profis wie RICHARD MARX oder GREGG TRIPP und JEFF PARIS perfekt auf den wohlgeformten Leib geschriebenen Songs wie Edge of a broken heart oder der tollen Ballade Crying sorgten in den Rock-Discos für volle Tanzflächen. Danach gingen die Damen aber leider wieder eigene Wege. Sängerin Janet Gardner brachte 1998 noch die Scheibe Tangerine raus mit neuen Leuten, die aber außer der tollen Stimme von Janet nicht wirklich viel zu bieten hatte und an die Klasse der ersten VIXEN-Platten kaum heranreichte. Nach einer Best Of-Platte war dann Feierabend.

Da war die Überraschung doch groß, als nun eine neue VIXEN-Scheibe auftauchte, diesmal allerdings unter der Regie von Bandgründerin und Gitarristin Jan Kuehnemund mit neuem Damenkränzchen. Das man eher keinen reinen 80iger Haarspray-Rock mehr geboten bekommt, war vorauszusehen und die Neugier groß. Stattdessen gibt es ein sehr abwechslungsreiches Album, das vom eröffnenden 70iger LED ZEPPELIN-Riff über eher zart groovende Nummern wie dem starken Titeltrack mit tollen Melodien, einigen Riffs, die an die Vergangenheit der Band erinnern, tanzbaren Discofox-Beats (ja ja, Fernsehen bildet!) über die freakige DAVID BOWIE-Nummer Suffragette city vom ´72iger Kultalbum Ziggy stardust bis zum balladesken Schlusstrack mit Country-Touch sehr erwachsen wirkt und eine Band zeigt, die natürlich weit weg ist von der knackigen Frische der Anfangstage. Heute gehen hier erwachsene Frauen zu Werke, die einiges zu sagen haben und sich nicht mehr ins zu harte Rocken werfen. Jan Kuehnemund spielt eine sehr erdige, abwechslungsreiche Gitarre, Bass und Drums bieten durchaus mehr als biederen Hausfrauen-Beat. Jenna Sanz-Agero versucht gar nicht erst, wie die Urfüchsin Janet Gardner zu klingen, das wäre kaum möglich. Jenna überzeugt mit recht eigener Stimme, die mich aber immer mal etwas an die große Dame des Country, LINDA RONSTADT, erinnert. Ihr Gesang hat Charme und rundet den neuen, sehr femininen Sound von VIXEN passend ab. Wohl als Gruß an die eigene Vergangenheit lässt Frau Kuehnemund Live & learn mit dem gleichen Keyboardsound ausklingen, der 1988 das tolle Debüt einläutete.

Keine Ahnung, ob das nun Frauen-Rock für Frauen ist. Ich denke, es ist einfach gute erwachsene Rockmusik. Wer aus Erinnerung an den straighten 80iger L.A.-Radio-Rock und die heißen Miezen zugreift, wird vielleicht anfangs enttäuscht sein. Live & learn braucht ein paar Durchgänge, dann lernt man, dass die neuen VIXEN nicht besser oder schlechter sind, halt einfach anders.
Parallel zu Live & learn erscheint mit Extended versions eine Best Of-Scheibe mit Songs der ersten beiden Klassiker, eingespielt von den neuen VIXEN. Dürfte eine interessante Sache sein. Die für Dezember geplanten Shows in Europa wurden leider abgesagt, neue Dates sind für nächstes Jahr geplant.

Veröffentlichungstermin: 13.10.2006

Spielzeit: 43:48 Min.

Line-Up:
Jenna Sanz-Agero – Vocals
Jan Kuehnemund – Guitars
Lynn Louise Lowrey – Bass
Kathrin Kraft – Drums

Produziert von Dennis MacKay
Label: Demolition Records

Homepage: http://www.vixenrock.com

Tracklist:
1. Anyway
2. Live & learn
3. I try
4. Little voice
5. Pacifist
6. Don´t want it anymore
7. Love song
8. Angry
9. I´m sorry
10. You wish
11. Suffragette city
12. Give me away

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